Nackt sein heißt frei sein – zumindest für Nudisten. Doch nicht immer trifft ihre Auffassung von Ungezwungenheit auf positive Reaktionen innerhalb der Gesellschaft.
Das Motiv der Nudisten, sich in freier Wildbahn bis auf das Äußerste zu entblößen, wird oft missverstanden. Nudisten streben nach Freiheit, wenn sie sich entkleiden, nicht nach Provokation. Sie hegen keinerlei sexuelle Hintergedanken, wenn sie ihre Kleider in der Natur ablegen.
Die Bezeichnung Nudismus leitet sich von dem lateinischen Wort "nudo" ab, das schlichtweg nackt bedeutet. Nudismus ist eine praktizierte Lebenseinstellung, keine Krankheit. Der nackte Körper wird als natürlich und frei verstanden, für den sich keiner schämen muss.
Nudisten lieben die Freiheit
Als Nudisten werden Menschen bezeichnet, die in vollen Zügen die Natürlichkeit ihrer Körper genießen. Aus diesem Grund werden sie auch Naturisten genannt. Getreu dem Motto "Back to the Roots" bewegen sie sich in der freien Natur im Adam- und Eva-Kostüm, komplett textilfrei.
Während die Anhänger der Freikörperkultur beim Entkleiden im übertragenen Sinne ihre Zwänge ablegen, werden ihnen zeitgleich von der Gesellschaft neue Lasten auferlegt. Nicht jeder hat Verständnis für nackte Haut in der eigenen Umgebung. Nicht jeden beflügelt das Gefühl von purer Nacktheit. Nudisten müssen sich deshalb mit Vorwürfen auseinandersetzen, dass sie angeblich absichtlich provozieren wollen. Von der Pornoindustrie beeinflusst, geht Nacktheit schließlich seit längerem Hand in Hand mit dem Begriff Sexualität. Doch genau an diesem Punkt ist es notwendig, eine Grenze zu ziehen.
Naturverbundenheit ist nicht Exhibitionismus
Nudisten sind keine Exhibitionisten. Das Vorführen der nackten Körper stärkt das Wohlgefühl der freiheitsliebenden Nudisten, keinesfalls aber ihre sexuellen Ambitionen. Beim Exhibitionismus entsteht die sexuelle Erregung durch das Auslösen von schockierenden Reaktionen. Die Freikörperkultur beabsichtigt aber nicht, derart skandalöses Aufsehen zu erregen.
Nudisten leben ihre Naturverbundenheit aus, indem sie sich so bewegen, wie sie einst zur Welt kamen. Erregende Gedanken bleiben deshalb im Kreis der Nudisten in der Regel aus. Ihr Anliegen ist die Freude an der Natur – ohne eine direkte Verbindung zur Sexualität. Selbstverständlich sind aber auch Nudisten sexuelle Wesen, die ihre Bedürfnisse ausleben, dann jedoch ohne dem Beisammensein unfreiwilliger Zuschauer.
Der feine Unterschied: FKKler und Nudisten
Nudisten sind im Prinzip FKKler. Aber nicht alle FKKler sind Nudisten. Der feine Unterschied der freiheitsliebenden Nacktbader besteht darin, dass Nudisten ihre Vorliebe nicht nur beim Baden und Sonnen ausleben, so wie es die "gewöhnlichen" FKKler tun, sondern in allen Lebensbereichen praktizieren wollen.
Ob in den eigenen vier Wänden oder aber an der frischen Luft, Nudisten verfolgen das Ziel, all ihre Aktivitäten ohne Kleider auszuüben, sofern es ihnen möglich ist. Denn nicht jeder Lebensbereich gleicht einem FKK-Strand.
Als FKKler werden jene bezeichnet, die ihre Freikörperkultur an dafür vorgesehenen Orten oder auch innerhalb organisierter Vereine ausleben. In alltäglichen Situationen ziehen sie es vor, bekleidet ihren Mitmenschen gegenüber zu treten.
Wo Nudisten sich entblößen dürfen
Obwohl die Präsenz von Nacktheit in den Medien seit den 60er Jahren kontinuierlich zugenommen hat, wird Freizügigkeit nur an gesonderten Orten toleriert. Im Gegensatz zu anderen Ländern bietet Deutschland jedoch ausreichend Raum, in dem sich der Nudismus frei entfalten kann.
An Stränden und Badeseen wird nackte Haut weitestgehend toleriert. Bekanntlich können Nudisten ihr Freiheitsgefühl an dazu ausgeschriebenen FKK-Stränden ausleben. Im öffentlichen Raum, sobald die Grenze zwischen Nudismus und Exhibitionismus verläuft, wird das nackte Posieren fernab eines Werbeplakats jedoch als Belästigung der Allgemeinheit angesehen, obwohl kein Gesetz eine Kleiderordnung vorschreibt. Das Recht auf die freie Entfaltung greift nicht immer. Öffentliche Nacktheit wird zwar nicht strafrechtlich geahndet, allerdings müssen Ordnungswidrige oftmals ein Bußgeld für ihr Vergehen zahlen.
Auf den eigenen Privatgrundstücken greift keine fremdbestimmte Ordnung. Solange ein Nudist nicht absichtlich provoziert, ist es im Privatbereich erlaubt auch auf einsehbaren Grundstücken dem Freikörperkult zu frönen. Tolerante Nachbarn machen das Leben aber in jedem Fall leichter.
Fernab der Stadtzentren in der ländlichen Idylle kommt es ebenfalls seltener zu belästigenden Vorkommnissen. Nackige Reiter oder Jogger toben sich outdoor in den Wäldern aus, weil die Wahrscheinlichkeit, Auslöser für die Erregung öffentlichen Ärgernisses zu sein, sehr gering ist. Es haben sich mittlerweile sogar vielerorts in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und auch in Frankreich Gruppen etabliert, die während der Freizeit gemeinsam Aktivitäten textilfrei nachgehen. Radfahren, Wandern oder auch Rudern sind auch nackt ein Erlebnis.
Nudismus kurbelt die Wirtschaft an
Neben FKK-Bereichen an Stränden hat die Freikörperkultur ganze Campingplätze und Feriendörfer erobert. Laut Medienberichten leben etwa zehn Millionen Deutsche ihre nudistische Ader im Urlaub aus.
Das wohl populärste Nudisten-Domizil ist der französische Ort Cap d'Adge an der Mittelmeerküste. Das naturistische Viertel ist die Hochburg für Nudisten und empfängt in der Hauptsaison etwa 40.000 Unbekleidete. In Cap d'Adge scheint die Welt Kopf zu stehen: Nicht nur am Strand, sondern auch in Supermärkten, Bars und Diskotheken bewegen sich die Nudisten frei von Kleidung. Wer im Nudisten-Viertel Textilien trägt, sichert sich den Status eines Außenseiters.
Unter den Nackten tummeln sich aber in den letzten Jahren vermehrt Voyeure und Swinger, die den Strand des Nudisten-Camps zunehmend in eine große Liebesspielwiese verwandeln. Die Wirtschaft stört sich an den Sex-Touristen nicht, da sich Sex bekanntermaßen gut verkaufen lässt. Allerdings leidet leider der Ruf der Nudisten darunter. Und so entstehen Vorurteile.
Auf der folgenden Seite erwartet euch ein Interview mit einem Nudisten. JOYclub-Mitglied nononono gab uns Antwort auf unsere Fragen.
- 1. Teil: Nudismus - Nackt und frei sein
- 2. Teil: Ein JOYclub-Nudist im Interview