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Wahrheit und Illusionen in der Liebesbeziehung

@libre
wir reden aneinander vorbei ...

Ich möchte auf den Unterschied zwischen deskriptiver (metahysisch begründeter, von Philosophen (fest-)geschriebener) Ethik als Normenwerk kulturellen Lebens, deren normative Einteilung in "gut" und "böse" bzw. auf Beziehungsebene in "regelkonform" und "verletzend" und innerer Ethik aus (spiritueller) "Einsicht" in "Wahrheiten" des Lebens, hinaus.

Ersteres wird von vielen derart "assimiliert", das es zum (selbstverständlichen) Teil ihres Selbst wird - daran ist auch erstmal nichts auszusetzen und vermutlich ist es auch unmöglich nicht zu gewissem Teil ein Produkt seiner Umgebung, Kultur, Erziehung ... zu sein.

Auch wir reden aneinander vorbei @*******sres, aber ich verstehe dich *zwinker*

btw.: nein, ich sehe Regeln nicht (nur) als äusseren Zwang an ... sie können es aber mitunter werden, bzw. haben die Tendenz dazu, wenn man in emotional aufwühlendes "Fahrwasser" gerät ...

Überall dort, wo dies nicht geschieht, bleibt der Raum für Illusionen - wie "der Partner wird schon nichts dagegen haben".

Also gilt wohl auch der Umkehrschluss - je klarer die Regeln sind, umso weniger bleibt Freiraum für Illusionen.

Das was ich jetzt schreibe ist bewußt idealisiert: Die (spirituelle) Transzendierung von Vereinbarungen, Regeln bringt die Klarheit und eine ganz andere Art von Sicherheit und Vertrauen, die dann aber keine Illusion ist, daß der Partner wahrhaftig nichts gegen irgend etwas hat.

In diesem Sinne bleibe ich auch dabei, daß "Liebe und tue was du willst" in ugs. Sinne keine Regeln braucht und selbst auch nicht als Regel angesehen werden kann.

Erwin
Das entwickelt sich ja hier zum völlig durchgeistigen Hobbyphilosophen-Fred...

Nun, Erwin, Transzendieren beschreibt ja nun philosophisch die grenenlose Chanceneröffnung, wenn man das Bewusstsein und die dadurch erst mögliche Freiheit betrachtet. Wollten wir das weiterführen, wären wir bei Nitzsche, Kant, Rousseau...und sehr schnell weit weg. Denn die Unterscheidung von Gut und Böse macht ja erst das Bewusstsein möglich, was aber auch wieder das menschliche Dilemma seit Eva und Adam und deren Vertreibung aus dem Paradies darstellt. Und das führt hier einfach zu weit.

Nun, was den anderen Teil betrifft, sehe ich das so:

Einseitig aufgestellte Vorschriften sind Dogmen, die einer dem anderen zum Zwecke des Beherrschens aufzwingt.

Beidseitig aufgestellte Vorschriften sind Regeln, die beide zum Zwecke des friedlichen Miteinanders abgesprochen haben. Sie können auch in emotionalem Fahrwasser nicht zum Zwang werden, da sie u.a ja genau für diese Situationen erstellt wurden.
Regeln brauchen Menschen, die mit Freiheit nicht umgehen können...

Gesellschaften und Autofahrer brauchen natürlich Regeln.. nur damit nicht wieder jemand meint ich wäre für die totale anarchie...
@libre
Einseitig aufgestellte Vorschriften sind Dogmen, die einer dem anderen zum Zwecke des Beherrschens aufzwingt.
wenn ich jetzt Wortklauben anfange, dann sind Vorschriften zwar keine Dogmen, aber mit dem "beherrschen wollen" bin ich deiner Ansicht, auch wenn es da Kontexte gibt, in denen sowas völlig geleugnet wird, ansatzweise auch zB. in der katholischen Sexualmoral - aber das bringt uns vom Thema weg.

Beidseitig aufgestellte Vorschriften sind Regeln, die beide zum Zwecke des friedlichen Miteinanders abgesprochen haben. Sie können auch in emotionalem Fahrwasser nicht zum Zwang werden, da sie u.a ja genau für diese Situationen erstellt wurden.
tja - und genau da wird die "Sicherheit" solcher Regeln zur Illusion, wobei ich die gute (beiderseitige) Absicht in keiner Weise bezweifel. Kennst du das Milgram-Experiment ... *zwinker*

Auf Beziehungsebene lesen sich Ent-Täuschungen beim Bruch solcher Regeln oft mit den einleitenden Worten: "Ich hätte ja nie geglaubt, daß ich ..."

Du kennst sicher den Spruch: Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin.

Erst wenn ich sicher bin, daß wirklich keiner hingeht, ist jenes Idealbild an innerer Ethik erreicht, das ich meine. Die Erreichbarkeit ist global gesehen ziemlich sicher eine Illusion, auf Beziehungsebene kenne ich einige ganz wenige, die zumindest tendenziell so etwas leben.

Erwin
@Lustbaer
Regeln brauchen Menschen, die mit Freiheit nicht umgehen können... Regeln brauchen Menschen, die mit Freiheit nicht umgehen können...
Das halte ich für eine Phrase...

Unter dem Aspekt, dass auch auch gegenseitige Abkommen und die Definition von gemeinsamen Standpunkten und Erwartungshaltungen eine Art Regel darstellen, geht es meiner Meinung nicht ohne. Auch eine Beziehung ist eine Gesellschaft - nur eine ganz kleine.

Und nochmals: Diese Regeln sind so gestalten, dass sie auch realistisch einhaltbar sind. "Verlieb Dich nie in jemand andreres" ist eine Illusion, "Sag es mir offen, wenn Du dich mal in jemand anderes verlieben solltest" ist eine realistische Vereinbarung.

Selbstverständlich sollte Offenheit in einer Beziehung immer vorhanden sein. Diese Ehrlichkeit ohne Abmachung aber als immer gegeben zu sehen, das halte ich wiederum für eine Illusion. Denn wenn man nicht darüber gesprochen und diese Regel festgelegt hat, lockt wieder der bequeme Weg "Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß" mit der Illusion, dass der Partner es ja eigentlich gar nicht wissen will.

Viele Grüße,
Uwe
Liebe und tue was du willst ...

ist doch eine einstellungs-lebens-gefühlswelt
die mit regeln nichts (mehr) zu tun hat

es ist der zustand, der keine regeln braucht
weil man achtsam/liebevoll mit sich und anderen umgeht.....

eine positive anarchie, die sich auch über gesetze und regeln hebt

eine illusion, in der ich gerne lebe .....dann und wann *lach*
Selbstverständlich sollte Offenheit in einer Beziehung immer vorhanden sein. Diese Ehrlichkeit ohne Abmachung aber als immer gegeben zu sehen, das halte ich wiederum für eine Illusion. Denn wenn man nicht darüber gesprochen und diese Regel festgelegt hat, lockt wieder der bequeme Weg "Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß" mit der Illusion, dass der Partner es ja eigentlich gar nicht wissen will.

es gibt "ungeschriebene codes" in partnerschaften

du kannst doch nicht alle eventualitäten einer beziehung
schon jahre voraus festlegen........ ?

es ist doch wichtig, ständig "am puls" des partners zu sein
UND im gespräch.......

und manches, was hier als illusion dargestellt ist,
ist eine gescheiterte hoffnung.....
@i.m.r.
"Sag es mir offen, wenn Du dich mal in jemand anderes verlieben solltest" ist eine realistische Vereinbarung.
die ist dann realistisch im Sinne, dass ihre Einhaltung frei, zwanglos und gerne erfolgt (es also auch in dem Moment ihrer "nötigen" Anwendung keine - wie du selbst es beschreibst - aufgezwungene Regel ist), wenn auch nicht einmal im Ansatz ein unausgesprochenes Drohen oder eine "Strafe" impliziert ist. Das ist aber in den meisten Fällen schon wieder eine Illusion *zwinker*

@****ole
so, wie du jetzt geschrieben hast - incl. dem leicht humoristischen letzten Satz - habe ich das Gefühl, du kommst in deinem Verständnis dem nahe, was ich beschreiben wollte ...

Erwin

edit PS: ich meinte frivoles vorvoriges Posting zu "liebe und tue ..."
*******er69 Mann
26 Beiträge
Auf ein Neues ...
Die Diskussion ist - zumindest nach meinem Eindruck - gerade dabei, sich zu verlaufen ... da will ich das Augenmerk wieder zurück auf das eigentliche Thema lenken:

Durch die Gegenüberstellung der Begriffe "Wahrheit" und "Illusion" wird der Eindruck einer vorhandenen Dichotomie erweckt - das gilt allerdings nur für den Fall, das "Wahrheit" im Sinne von "Wirklichkeit" verstanden wird, denn "Illusion" ist die gestörte Wahrnehmung der Wirklichkeit (im Unterschied zur Halluzination, bei der etwas Nicht-Wirkliches wahrgenommen wird). Dann handelte es sich in der Tat um eine kognitive Fragestellung, die auch philosophisch erörtert werden kann. Wir betrachten dann: Wahrheit/Wirklichkeit <-> Illusion, Irrtum.

Ich bezweifle allerdings, ob das wirklich die Intension der Ausgangsfrage ist, wenn in diesem Zusammenhang von Liebesbeziehungen die Rede ist. Da kommt mir auch der Gedanke, den Begriff "Wahrheit" mit "Wahrhaftigkeit" zu assoziieren, einem der Merkmale der Ehrlichkeit (neben Aufrichtigkeit und Lauterkeit). Dann wäre ein ethisches Problem aufgeworfen: Wahrheit/Ehrlichkeit <-> Falschheit, Lüge, Selbst-)Täuschung.

Muß in einer Beziehung IMMER ALLES offen und (schonungslos) ehrlich ausgesprochen werden? [wg. Wahrheit]
Ist Unehrlichlichkeit (zur Aufrechterhaltung der Beziehung erlaubt? [wg. Illusion]
the gunner

Muß in einer Beziehung IMMER ALLES offen und (schonungslos) ehrlich ausgesprochen werden? [wg. Wahrheit]
Ist Unehrlichlichkeit (zur Aufrechterhaltung der Beziehung erlaubt? [wg. Illusion]


schonungslos bitte nicht....
wie es anfangs schon einmal hieß:
nicht die wahrheit um die ohren hauen
sondern wie einen mantel, in dem man schlüpft, hinhalten

*pfeil* nein, es muss nicht immer alles ausgesprochen werden
kommunikation läuft über viele ebenen - verbale wie nonverbale

*pfeil* und manches, was vorübergehende problematik ist,
kann auch einmal völlig unangesprochen ausgehalten sein/werden

*pfeil* ein gewisses maß an unehrlichkeit kann ein erlaubtes mittel sein,
eine beziehung aufrechtzuerhalten- aber bitte nur in dem maße,
in dem auch diplomatische notlügen erlaubt sind....

*pfeil* manchmal ist nicht der ort und die zeit für eine konstruktive wahrheit.....

denn es geht doch um ein miteinander
und nicht gegeneinander.....

es geht um l i e b e
@TheGunner69
Danke für Deine Unterstützung, den Praxisbezug wieder herzustellen:

Muß in einer Beziehung IMMER ALLES offen und (schonungslos) ehrlich ausgesprochen werden? [wg. Wahrheit]
Ist Unehrlichlichkeit (zur Aufrechterhaltung der Beziehung erlaubt? [wg. Illusion]

Genau auf diese Fragen bin ich hier Wahrheit und Illusionen in der Liebesbeziehung schon einmal im Detail eingegangen *zwinker*

Viele Grüße,
Uwe
Und nochmals: Diese Regeln sind so gestalten, dass sie auch realistisch einhaltbar sind. "Verlieb Dich nie in jemand andreres" ist eine Illusion, "Sag es mir offen, wenn Du dich mal in jemand anderes verlieben solltest" ist eine realistische Vereinbarung.

Genau.... die erste Regel würde und kann ich nicht einhalten.. kann wohl kaum jemand, die zweite würde ich einhalten, wenn die Konsequenz nicht sofortige Trennung oder die Androhung verschiedener Repressalien bedeutet, weil man erkennt/anerkennt, dass ein Mensch mehrere Menschen lieben kann... dann würde ich diese Regel problemlos einhalten können... meist können Menschen nicht mal erklären warum sie diese oder jene Regel gern aufstellen würden.. sie erklären ganz einfach, akzeptier sie oder es wird nix mit uns.. und dann, noch dazu wenn man sich die Enhaltung einer Regel gar nicht mal sooo schwer vorstellt, denn in dem Moment gibt es ja auch keinen Grund daran zu zweifeln, dass alle Regeln eingehalten werden... ??? *zwinker*

In dem Moment weiß man vielleicht gar nicht, weshalb die Regel so aufgestellt wird, weil erst hinterher, wenn die Regel knallhart eingefordert wird, klar wird wozu sie dient, dienen sollte..
andere nicht soooo explizit aufgestellte Regeln Absprachen wurden vielleicht aus Gutmütigkeit hingenommen.. oder blauäugig stillschweigend hingenommen, weil mit einem darüber kann man ja immer noch reden, wenn es soweit ist... erste Bedenken zerstreut wurden.. etc... Wahrheit ist meist sehr relativ... wer weiß schon, wann, wer, unter welchen Voraussetzungen gelogen oder geheuchelt hat..

Dass das Nichteinhalten dieser einen Regel (fremdgehen) natürlich leicht zu kontrollieren ist, macht sie vermutlich zu der einzigen Frage in der es kaum Toleranz gibt... bei allen anderen Regeln dürfte es schwieriger sein .. außerdem ist man in anderen Fragen viel nachlässiger was die Konsequenzen angeht... auch das wurde bereit bis zum erbrechen debattiert... ihr könnt aber gern weiter nach neuen Ansätzen suchen, ich hab hier bisher nur die üblichen gleichlautenden Erklärungen gelesen... *zwinker*

Der erste Beitrag dieser Seite beschreibt das ganze sehr sehr schön...
...
Ich würde julimeer raten ihr Verständis, was die Wahrheit betrifft, zu ändern und zukünftig damit zu rechnen, dass ein Betrug immerwieder vorkommen kann und dass eine Regel absolut keine Sicherheit bietet - nur die Illusion der Sicherheit. Die einzige wirkliche Sicherheit ist in jedem von uns selbst, nämlich die geistige Haltung, damit fertig zu werden. Andernfalls weiterhin gutes Gelingen mit dem limitierten Denken, dass Regeln keine Illusion sind.
neptun ffm


regeln bieten keine sicherheit- aber einen rahmen....
ich mag da geistig "limitiert" sein *zwinker*

aber ein rahmen ist keine illusion
illusion und enttäuschte hoffnung birgt nur sicherheitsdenken
@****un
wo liest Du eigentlich, dass julimeer betrogen wurde? Ich nirgends...
Abgesehen davon gibt es noch massenweise andere Bereiche in einer Beziehung, in der Illusionen aufgebaut und zerstört werden können. Durchaus auch schlimmere wie ein Betrug.

@****ole
regeln bieten keine sicherheit- aber einen rahmen....
...den Rahmen, die Erwartungshaltung des anderen zu kennen.

Viele Grüße,
Uwe
...
Macht nichts. Ich gebe ihr trotzdem den Tipp.
Aus dem Buch "Methoden der Manipulation"
Hier mal ein interessanter Textausschnit aus dem Buch "Methoden der Manipulation"
Ist ein bisschen viel. Bei Interesse kann man sich das Buch hier downloaden: http://www.steelwarez.com/main/index.php?action=showfile&do=46555


9.1 Wie findet man die Wahrheit?
9.1.1 Grenzen der Erkenntnis
Grundsätzlich sind der menschlichen Erkenntisfähigkeit Grenzen gesetzt. Das beginnt schon damit, daß
unsere Sinnesorgane nur einen Teil der Wirklichkeit erfassen können. Radioaktivität oder Elektrizität können
wir weder hören noch sehen. Haie haben hingegen einen Sinn zur Wahrnehmung von Elektrizität. Das nächste
Problem ist die Interpretation der Sinneseindrücke. Optische Täuschungen beweisen, daß diese Interpretation
nicht immer fehlerfrei funktioniert. Es stellt sich daher die Frage, ob die Wirklichkeit überhaupt so ist, wie
wir sie wahrnehmen. Die Antworten auf diese Frage gehen weit auseinander. Für Buddhisten ist die
wahrgenommene Welt eine Täuschung. Konrad Lorenz behauptet hingegen in seiner evolutionären
Erkenntnistheorie, daß Lebewesen mit höherer Übereinstimmung von Wahrnehmung und Wirklichkeit auch
höhere Chancen zum Überleben haben. Die Wahrnehmung müßte somit in etwa der Wirklichkeit entsprechen.
Die Tatsache, daß etwas offensichtlich ist, bedeutet noch lange nicht, daß es wahr ist. Lange Zeit war es
offensichtlich, daß die Erde eine Scheibe sei, denn wäre sie eine Kugel, so müßten die Menschen auf der
unteren Seite hinunterfallen. Auch das Kriterium, daß das wahr ist, was die Meisten für wahr empfinden,
scheitert aus diesem Grund.
Unanfechtbare Beweise für eine angebliche Wahrheit kann es aus prinzipiellen Gründen nicht geben. Jedes
erkannte Naturgesetz bleibt eine Theorie, also eine unbewiesene Behauptung. Sogar ein mathematischer Beweis
kann Fehler enthalten. Es wäre wiederum ein Beweis notwendig, ob denn der Beweis wirklich stimmt, dieser
Beweis müßte wiederum bewiesen werden und so weiter. Auch läßt sich die Abwesenheit von Fehlern nie
beweisen, sondern nur die Existenz von Fehlern.
Erst recht untauglich ist die Definition der Wirklichkeit aus Dogmen, Zitaten und durch Autoritäten. Eine
Aussage ist nicht dadurch wahr, weil sie irgendwo steht. Fußnoten mit Quellenangaben beweisen nicht die
Wahrheit einer Aussage.
Ein weiteres großes Problem bei der Erkenntnis der Wahrheit ist unsere Unwissenheit und Unfähigkeit. Um
die Aussage eines Wissenschaftlers zu überprüfen, müßten wir diese Wissenschaft selbst beherrschen. Das
verfügbare Wissen der Menschheit ist so umfangreich, daß es unmöglich ist, alles zu kennen und zu
beherrschen.
9.1.2 Kriterien für Wahrheit
Ein allgemeines, unanfechtbares Kriterium für Wahrheit kann es nicht geben. Alle hier angeführten Kriterien
sind daher Kompromisse.
w Wahrheit sollte frei von Widersprüchen sein. Würden Blinde einen Elefanten ertasten, so würde einer, der
die Ohren untersucht zu der Erkenntnis kommen, der Elefant sei ein sehr flaches Tier. Würde einer hingegen
ein Bein untersuchen, so wäre der Elefant für ihn wie eine Säule. Beide Aussagen sind widersprüchlich, da
Seite 61
keiner von beiden die Wahrheit voll erfaßt hat.
w Wahrheit sollte keine Fehler enthalten. Häufig werden Beweise, die eine liebgewonnene Theorie gefährden,
einfach ignoriert. Durch Betrachtung dieser Gegenbeweise kann man viel über die Wirklichkeit erfahren.
w Wahrheit sollte nicht offensichtlich gefälscht sein. Besonders im kirchlichen Bereich sind viele
Fälschungen nachgewiesen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Konzil von Nizäa, bei dem die Bibel im Sinne
der Kirche überarbeitet wurde.
w Wahrheit sollte der eigenen Wahrnehmung nicht widersprechen. Mitunter muß man auch die eigene
Wahrnehmung in Frage stellen, ob sie einer Korrektur bedarf. Die Theorie, daß die Erde eine Scheibe ist,
hätte jeder selbst aufgrund der eigenen Wahrnehmung widerlegen können, z.B. dadurch, daß Schiffe am
Horizont verschwinden.
w Wahrheit sollte schlüssig begründet bzw. begründbar sein. Mitunter werden nicht die echten Gründe
genannt, wenn diese widerlegt sind, sondern Ersatzgründe.
w Wahrheit sollte einer Überprüfung standhalten.
w Wenn Aussagen offensichtlich den Interessen einer Person, Gruppe, Partei, Firma oder Kirche dienen,
besteht der Verdacht, daß es sich um eine Lüge oder Fälschung handeln könnte. Es bedarf jedoch einer
Überprüfung.
9.1.3 Probleme auf der Suche nach der Wahrheit
Selbst dann, wenn man nur die oben angeführten Kriterien der Wahrheit anwendet, ist die Suche nach der
Wahrheit unendlich schwer.
w Das beginnt schon mit den eigenen, liebgewonnenen Fehleinschätzungen und Lügen, die so umfangreich
sind, daß sie alle Bereiche des täglichen Lebens erfassen. Man hält an diesen Lügen fest, weil sie einem
Sicherheit, Glück oder Geborgenheit vorgaukeln. Wenn nun dieses Weltbild durch Wahrheiten zerstört wird,
bricht eine Welt zusammen. Daher werden diese Wahrheiten immer zuerst abgelehnt.
w Mitunter sind Lügen so populär, daß die Wahrheit zur Meinung einer Minderheit wird. Besonders
problematisch werden populäre Lügen, wenn sie von offiziellen Stellen vertreten werden oder gar zu
Gesetzen führen. Manchmal wird sogar das Sagen der Wahrheit unter Strafe gestellt, weil die Wahrheit eine
Institution gefährdet. Wenn jemand die jungfräuliche Geburt von Jesus leugnet (Uta Ranke Heinemann) oder
die Unfehlbarkeit des Papstes (Hans Küng), so kann er von der katholischen Kirche ein Lehrverbot erhalten.
Zwangsläufig stellen die Kritiker in theologischen Kreisen eine Minderheit dar.
w Die Wahrheit über viele Themengebiete ist zwar heute zugänglich, wird aber von so vielen Lügen und
Halbwahrheiten umgeben, daß die Wahrheit nicht unmittelbar ins Auge fällt. Alle Aussagen im Abschnitt
"Lüge und Wahrheit" sind aus allgemein zugänglicher Literatur und sogar aus Fernsehreportagen
entnommen, was anhand der Quellenangaben nachprüfbar ist. Das Problem liegt in der Auswahl, also in der
Frage, welche Aussage wahr oder falsch ist. Jeder in diesem Abschnitt aufgeführten Wahrheiten stehen die
vielfache Anzahl an Lügen gegenüber.
9.1.4 Hilfen auf der Suche nach der Wahrheit
w Die Kunst bei der Suche nach der Wahrheit liegt darin, das Wesen der Dinge zu erfassen anstatt sich vom
Schein verwirren zu lassen. Viele verwirrende Einzelheiten verstellen die Sicht auf das Wesentliche. Dann
sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Man darf sich bei der Suche nach dem Wesen der Dinge nicht
vorschnell mit einer Lösung zufrieden geben, denn dann bleibt man am Schein hängen. Wie ein Kind muß
man unermüdlich "Warum?" fragen, solange eine befriedigende Antwort nicht gefunden ist. Man sollte
dabei möglichst viele Aspekte betrachten, berücksichtigen, welche Antworten andere Menschen gefunden
haben, sowohl heute als auch in der Vergangenheit, sowohl hier als auch in anderen Kulturen. Es ist wie mit
Blumen hinter einer Fensterscheibe, die man nicht sehen kann, wenn die Sonne sich in der Scheibe spiegelt.
Man muß nur seine eigene Position verändern, dann spiegelt sich die Sonne nicht mehr und man kann die
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Blumen sehen.
w Man erkennt das Eigene besser, wenn man das Fremde betrachtet. Oftmals wird der Blick auf das
Wesen eines Dinges durch moralische Beurteilungen, Tabus, Gewohnheiten und Sitten verstellt. Da die
Wahrnehmung sofort gewertet wird, wird sie durch die Wertung überlagert. Diesen Mechanismus kann man
umgehen, wenn man sich mit Dingen beschäftigt, wo eine unmittelbare Wertung nicht zu erwarten ist, um
dann die Erkenntnisse auf die Dinge zu übertragen, deren Wahrnehmung durch Wertung verfälscht ist. Über
das menschliche Verhalten bekommt man mitunter sehr gute Erkenntnisse, wenn man das Verhalten von
Tieren beobachtet. Wir sind so stark davon überzeugt, daß Menschen bewußt handeln, so daß die Instinkte,
Schlüsselreize und Triebe des Menschen nicht wahrgenommen werden. Bei Tieren fällt es einfacher, diese
Mechanismen zu akzeptieren und somit wahrzunehmen. Auch die Beobachtung fremder Völker kann einem
den Blick auf die Strukturen und Verhaltensweisen des eigenen Volkes ermöglichen.
w Je mehr man die Wahrheit kennt, um so einfacher kann man beurteilen, ob eine neue Information
wahr ist. Wenn wir die Teile von mehreren Puzzlespielen auf einem Haufen sehen täten, wüßten aber nicht,
wie das eine Bild aussieht, das uns interessiert, so könnten wir von einem einzelnen Puzzlestück kaum
sagen, ob es nun zu dem Bild gehört. Sobald wir aber durch Suchen und Probieren die ersten Teile der Bilder
aufgebaut haben und somit erkennen, was die Bilder darstellen, fällt es viel einfacher, weitere Puzzlestücke
den verschiedenen Bildern zuzuordnen.
w Lügen sind prinzipiell einfacher zu erfassen als die Wahrheit, da man die Anwesenheit eines Fehlers
einfacher nachweisen kann als die Abwesenheit. Es ist einfach zu sagen, daß ein Brief einen Tippfehler
enthält, wenn man auf ihn gestoßen ist. Aber es ist annähernd unmöglich nachzuweisen, daß ein Brief keinen
Tippfehler enthält. Man kann noch so oft prüfen und übersieht ihn doch. Wenn man die Lügen aussortiert,
kommt man auch dadurch der Wahrheit näher. Dieses ist leider ein sehr mühsamer Weg.
w Lügen lassen sich einfacher entlarven, wenn man mit den Methoden der Manipulation vertraut ist.
**ak Paar
169 Beiträge
*top*
sehr umfassend - und es regt zum nachdenken an

*blume*
Ach Neptun....
... ich kann Deinen philosophisch theoretischen Ansatz absolut verstehen.

Aber das reale Leben ist nun mal nicht theoretisch, es ist auf die brutalste Art pragmatisch und damit nicht mit reiner Philosophie meisterbar.

Viele philosophische Grüße,
Uwe (nach zwei guten, hochgeistigen Single Malt Islay-Whiskeys)
Danke an alle Pragmatiker.*top*
Wie schön, das es hier nie lange dauert bis jemand auch meine Gedanken in Worte formt, nach denen ich oft so lange suchen muß...

*wein* für frivole, den bären und uwe.
Dann werfe ich auch hier mal noch eine Frage in Raum:

Sind die Illusionen bzw. die eigene Wahrheit nicht auch das, was die "sich selbst erfüllende Prophezeihung" erst möglich macht?

Ich will damit sagen: redet sich einer ein, der andere ginge sowieso immer fremd und trennt sich bald, wird das daraus resultierende Verhalten genau diese Entwicklung in Gang bringen.

Aber das ließe doch auch den Umkehrschluss zu, dass die Illusion es möglich macht, eine Beziehung derart positiv zu verändern, dass alle "Missetaten" nicht nur nicht auffliegen (weil die Illusion das nicht zulässt), sondern zukünftig auch gar nicht mehr stattfinden lässt, weil der Partner gar nicht mehr anders kann...

Gunner, ich habe jetzt erst mal den Begriff "Dichotomie" nachschlagen müssen, das passiert mir wirklich selten.

Daher auch gleich an Dich, Erwin: ich habe den Begriff "Dogma" sehr wohl sehr bewusst gewählt. Aber es freut mich immer wieder zu sehen, wie ernst auch Du Formulierungen nimmst. Das ist jetzt keine Ironie, wohlgemerkt.
Aber das ließe doch auch den Umkehrschluss zu, dass die Illusion es möglich macht, eine Beziehung derart positiv zu verändern, dass alle "Missetaten" nicht nur nicht auffliegen (weil die Illusion das nicht zulässt), sondern zukünftig auch gar nicht mehr stattfinden lässt, weil der Partner gar nicht mehr anders kann...

Ich hoffe ich habe den Absatz richtig verstanden und antworte mit einem kurzen knappen ja genauso würde ich das sehen.. erlebe das gerade selbst, der Drang mir woanders zu holen, was ich zu vermissen glaube wird immer geringer... erkläre dazu aber auch: alles braucht seine Zeit... noch bin ich zum Beispiel nicht soweit.. *zwinker*
Noch gibt es auch den engen Käfig... und noch nicht einmal ein Freigehege... aber schon einen viel viel offeneren Umgang in so mancher Frage, das mich hoffen lässt, alles wird am Ende doch gut... mag sein dass das meine Illussion ist, die eines Tages doch zerstört wird, durch endgültige Tatsachen und enge Grenzen... noch glaube ich daran... *zwinker*
@inmediasres
Genau, weil die Realität einem öfter mal die Beine wegreißt, habe ich julimeer den praktzierbaren Tipp gegeben, der allerdings vorher einer Wahrnehmungsänderung bedarf, um diese Methode umzusetzen.Geb ihr doch auch mal einen guten Tipp, als sich die ganze Zeit daran hochzuziehen, dass weite Ausführungen und Vergleiche mit komplexeren Verhältnissen, als einer einfachen Zweierbeziehung, nichts mit dem Thema zu tun hätten, du süsser kleiner Scheinpragmatiker *knutsch*
Praxis vs. Philosophie ?!
warum scheint mir, wollen hier manche einen (wertenden) Gegensatz konstruieren. Das bringt weder den "Praktiker" noch den "Philosophen" weiter sondern höchstens den sich zu wichtig nehmenden Selbstdarsteller *zwinker*

Erwin
Erwin, welches Pferd hat Dich denn heute morgen getreten?! So stutenbissig kenne ich Dich ja gar nicht...
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