Aus dem Buch "Methoden der Manipulation"
Hier mal ein interessanter Textausschnit aus dem Buch "Methoden der Manipulation"
Ist ein bisschen viel. Bei Interesse kann man sich das Buch hier downloaden:
http://www.steelwarez.com/main/index.php?action=showfile&do=46555
9.1 Wie findet man die Wahrheit?
9.1.1 Grenzen der Erkenntnis
Grundsätzlich sind der menschlichen Erkenntisfähigkeit Grenzen gesetzt. Das beginnt schon damit, daß
unsere Sinnesorgane nur einen Teil der Wirklichkeit erfassen können. Radioaktivität oder Elektrizität können
wir weder hören noch sehen. Haie haben hingegen einen Sinn zur Wahrnehmung von Elektrizität. Das nächste
Problem ist die Interpretation der Sinneseindrücke. Optische Täuschungen beweisen, daß diese Interpretation
nicht immer fehlerfrei funktioniert. Es stellt sich daher die Frage, ob die Wirklichkeit überhaupt so ist, wie
wir sie wahrnehmen. Die Antworten auf diese Frage gehen weit auseinander. Für Buddhisten ist die
wahrgenommene Welt eine Täuschung. Konrad Lorenz behauptet hingegen in seiner evolutionären
Erkenntnistheorie, daß Lebewesen mit höherer Übereinstimmung von Wahrnehmung und Wirklichkeit auch
höhere Chancen zum Überleben haben. Die Wahrnehmung müßte somit in etwa der Wirklichkeit entsprechen.
Die Tatsache, daß etwas offensichtlich ist, bedeutet noch lange nicht, daß es wahr ist. Lange Zeit war es
offensichtlich, daß die Erde eine Scheibe sei, denn wäre sie eine Kugel, so müßten die Menschen auf der
unteren Seite hinunterfallen. Auch das Kriterium, daß das wahr ist, was die Meisten für wahr empfinden,
scheitert aus diesem Grund.
Unanfechtbare Beweise für eine angebliche Wahrheit kann es aus prinzipiellen Gründen nicht geben. Jedes
erkannte Naturgesetz bleibt eine Theorie, also eine unbewiesene Behauptung. Sogar ein mathematischer Beweis
kann Fehler enthalten. Es wäre wiederum ein Beweis notwendig, ob denn der Beweis wirklich stimmt, dieser
Beweis müßte wiederum bewiesen werden und so weiter. Auch läßt sich die Abwesenheit von Fehlern nie
beweisen, sondern nur die Existenz von Fehlern.
Erst recht untauglich ist die Definition der Wirklichkeit aus Dogmen, Zitaten und durch Autoritäten. Eine
Aussage ist nicht dadurch wahr, weil sie irgendwo steht. Fußnoten mit Quellenangaben beweisen nicht die
Wahrheit einer Aussage.
Ein weiteres großes Problem bei der Erkenntnis der Wahrheit ist unsere Unwissenheit und Unfähigkeit. Um
die Aussage eines Wissenschaftlers zu überprüfen, müßten wir diese Wissenschaft selbst beherrschen. Das
verfügbare Wissen der Menschheit ist so umfangreich, daß es unmöglich ist, alles zu kennen und zu
beherrschen.
9.1.2 Kriterien für Wahrheit
Ein allgemeines, unanfechtbares Kriterium für Wahrheit kann es nicht geben. Alle hier angeführten Kriterien
sind daher Kompromisse.
w Wahrheit sollte frei von Widersprüchen sein. Würden Blinde einen Elefanten ertasten, so würde einer, der
die Ohren untersucht zu der Erkenntnis kommen, der Elefant sei ein sehr flaches Tier. Würde einer hingegen
ein Bein untersuchen, so wäre der Elefant für ihn wie eine Säule. Beide Aussagen sind widersprüchlich, da
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keiner von beiden die Wahrheit voll erfaßt hat.
w Wahrheit sollte keine Fehler enthalten. Häufig werden Beweise, die eine liebgewonnene Theorie gefährden,
einfach ignoriert. Durch Betrachtung dieser Gegenbeweise kann man viel über die Wirklichkeit erfahren.
w Wahrheit sollte nicht offensichtlich gefälscht sein. Besonders im kirchlichen Bereich sind viele
Fälschungen nachgewiesen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Konzil von Nizäa, bei dem die Bibel im Sinne
der Kirche überarbeitet wurde.
w Wahrheit sollte der eigenen Wahrnehmung nicht widersprechen. Mitunter muß man auch die eigene
Wahrnehmung in Frage stellen, ob sie einer Korrektur bedarf. Die Theorie, daß die Erde eine Scheibe ist,
hätte jeder selbst aufgrund der eigenen Wahrnehmung widerlegen können, z.B. dadurch, daß Schiffe am
Horizont verschwinden.
w Wahrheit sollte schlüssig begründet bzw. begründbar sein. Mitunter werden nicht die echten Gründe
genannt, wenn diese widerlegt sind, sondern Ersatzgründe.
w Wahrheit sollte einer Überprüfung standhalten.
w Wenn Aussagen offensichtlich den Interessen einer Person, Gruppe, Partei, Firma oder Kirche dienen,
besteht der Verdacht, daß es sich um eine Lüge oder Fälschung handeln könnte. Es bedarf jedoch einer
Überprüfung.
9.1.3 Probleme auf der Suche nach der Wahrheit
Selbst dann, wenn man nur die oben angeführten Kriterien der Wahrheit anwendet, ist die Suche nach der
Wahrheit unendlich schwer.
w Das beginnt schon mit den eigenen, liebgewonnenen Fehleinschätzungen und Lügen, die so umfangreich
sind, daß sie alle Bereiche des täglichen Lebens erfassen. Man hält an diesen Lügen fest, weil sie einem
Sicherheit, Glück oder Geborgenheit vorgaukeln. Wenn nun dieses Weltbild durch Wahrheiten zerstört wird,
bricht eine Welt zusammen. Daher werden diese Wahrheiten immer zuerst abgelehnt.
w Mitunter sind Lügen so populär, daß die Wahrheit zur Meinung einer Minderheit wird. Besonders
problematisch werden populäre Lügen, wenn sie von offiziellen Stellen vertreten werden oder gar zu
Gesetzen führen. Manchmal wird sogar das Sagen der Wahrheit unter Strafe gestellt, weil die Wahrheit eine
Institution gefährdet. Wenn jemand die jungfräuliche Geburt von Jesus leugnet (Uta Ranke Heinemann) oder
die Unfehlbarkeit des Papstes (Hans Küng), so kann er von der katholischen Kirche ein Lehrverbot erhalten.
Zwangsläufig stellen die Kritiker in theologischen Kreisen eine Minderheit dar.
w Die Wahrheit über viele Themengebiete ist zwar heute zugänglich, wird aber von so vielen Lügen und
Halbwahrheiten umgeben, daß die Wahrheit nicht unmittelbar ins Auge fällt. Alle Aussagen im Abschnitt
"Lüge und Wahrheit" sind aus allgemein zugänglicher Literatur und sogar aus Fernsehreportagen
entnommen, was anhand der Quellenangaben nachprüfbar ist. Das Problem liegt in der Auswahl, also in der
Frage, welche Aussage wahr oder falsch ist. Jeder in diesem Abschnitt aufgeführten Wahrheiten stehen die
vielfache Anzahl an Lügen gegenüber.
9.1.4 Hilfen auf der Suche nach der Wahrheit
w Die Kunst bei der Suche nach der Wahrheit liegt darin, das Wesen der Dinge zu erfassen anstatt sich vom
Schein verwirren zu lassen. Viele verwirrende Einzelheiten verstellen die Sicht auf das Wesentliche. Dann
sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Man darf sich bei der Suche nach dem Wesen der Dinge nicht
vorschnell mit einer Lösung zufrieden geben, denn dann bleibt man am Schein hängen. Wie ein Kind muß
man unermüdlich "Warum?" fragen, solange eine befriedigende Antwort nicht gefunden ist. Man sollte
dabei möglichst viele Aspekte betrachten, berücksichtigen, welche Antworten andere Menschen gefunden
haben, sowohl heute als auch in der Vergangenheit, sowohl hier als auch in anderen Kulturen. Es ist wie mit
Blumen hinter einer Fensterscheibe, die man nicht sehen kann, wenn die Sonne sich in der Scheibe spiegelt.
Man muß nur seine eigene Position verändern, dann spiegelt sich die Sonne nicht mehr und man kann die
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Blumen sehen.
w Man erkennt das Eigene besser, wenn man das Fremde betrachtet. Oftmals wird der Blick auf das
Wesen eines Dinges durch moralische Beurteilungen, Tabus, Gewohnheiten und Sitten verstellt. Da die
Wahrnehmung sofort gewertet wird, wird sie durch die Wertung überlagert. Diesen Mechanismus kann man
umgehen, wenn man sich mit Dingen beschäftigt, wo eine unmittelbare Wertung nicht zu erwarten ist, um
dann die Erkenntnisse auf die Dinge zu übertragen, deren Wahrnehmung durch Wertung verfälscht ist. Über
das menschliche Verhalten bekommt man mitunter sehr gute Erkenntnisse, wenn man das Verhalten von
Tieren beobachtet. Wir sind so stark davon überzeugt, daß Menschen bewußt handeln, so daß die Instinkte,
Schlüsselreize und Triebe des Menschen nicht wahrgenommen werden. Bei Tieren fällt es einfacher, diese
Mechanismen zu akzeptieren und somit wahrzunehmen. Auch die Beobachtung fremder Völker kann einem
den Blick auf die Strukturen und Verhaltensweisen des eigenen Volkes ermöglichen.
w Je mehr man die Wahrheit kennt, um so einfacher kann man beurteilen, ob eine neue Information
wahr ist. Wenn wir die Teile von mehreren Puzzlespielen auf einem Haufen sehen täten, wüßten aber nicht,
wie das eine Bild aussieht, das uns interessiert, so könnten wir von einem einzelnen Puzzlestück kaum
sagen, ob es nun zu dem Bild gehört. Sobald wir aber durch Suchen und Probieren die ersten Teile der Bilder
aufgebaut haben und somit erkennen, was die Bilder darstellen, fällt es viel einfacher, weitere Puzzlestücke
den verschiedenen Bildern zuzuordnen.
w Lügen sind prinzipiell einfacher zu erfassen als die Wahrheit, da man die Anwesenheit eines Fehlers
einfacher nachweisen kann als die Abwesenheit. Es ist einfach zu sagen, daß ein Brief einen Tippfehler
enthält, wenn man auf ihn gestoßen ist. Aber es ist annähernd unmöglich nachzuweisen, daß ein Brief keinen
Tippfehler enthält. Man kann noch so oft prüfen und übersieht ihn doch. Wenn man die Lügen aussortiert,
kommt man auch dadurch der Wahrheit näher. Dieses ist leider ein sehr mühsamer Weg.
w Lügen lassen sich einfacher entlarven, wenn man mit den Methoden der Manipulation vertraut ist.