Als ich damals vom Tod meines Freundes erfuhr traf es mich völlig unvorbereitet. Mehr noch, es muss ein wahr gewordener Alptraum sein. Der Tod schlägt unvermittelt zu wie ein Blitz. Man wird von einer Minute zur anderen vom Himmel in die Hölle gestoßen. Der Schock, die Verzweiflung, die Fassungslosigkeit, der unendliche Schmerz. Und als wenn das nicht schon genug gewesen wäre verstarb genau vier Wochen später völlig aus dem Leben gerissen meine Mama, die in der ganzen Zeit mein einziger Halt war, mein Rückgrat. Ein Deja-vu, wie man es sich grausamer kaum vorstellen kann. Und kurz darauf noch mein Hund. Da war für mich...für sehr sehr lange Zeit...Schicht im Schacht. Ich habe den Boden unter den Füßen verloren, war wie zur Salzsäule erstarrt.
Ich konnte damals ...lange Zeit nicht mehr sprechen...mir hat es im wahrsten Sinne des Wortes...die Sprache verschlagen. Ich habe Zettel geschrieben...aber nur das nötigste. Das schlimmste war für mich...mich von den zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben nicht verabschieden zu können. Kein letztes Wort, kein Kuss, keine Umarmung, kein..Rückblicken auf die gemeinsame Zeit, der oft tröstet, wenn man einen Menschen nach langer Krankheit verliert. Wer Zeit hat, sich auf den Tod einzustellen spürt nicht weniger Schmerz, kann aber den Verlust im Geiste durchspielen und wichtige Dinge noch ansprechen oder regeln. Der Schockzustand und das Nicht-Wahr-Haben-Wollen dauern beim plötzlichen Tod viel länger. Diese große Wut dem Schicksal und auch Gott gegenüber.
Ich sage heute noch - für jede Träne einen Cent, ich wusste nicht, daß ein
Mensch soviele Tränen vergießen kann.
Die Zeit heilt gar nichts. Die Trauer geht erst dann richtig los..wenn man den Verlust wirklich realisiert hat. Das kann Wochen, Monate oder Jahre dauern...ich habe mehr als zwei Jahre gebraucht um wieder....in der Spur zu sein, um wieder ..einigermaßen im seelischen und körperlichen Gleichgewicht zu sein.
Es gibt vier Trauerphasen....das Nicht-Wahrhaben-Wollen...der Schock, die Angst vor dem nächsten Tag, der Zukunft, Hadern mit dem Schicksal...immer dieses warum, wieso, weshalb. Irgendwann ist die Vergangenheit nicht mehr so übermächtig...man lernt mit der Wunde zu leben und die Verzweiflung wird weniger. Und in Phase vier hat man ein neues Gleichgewicht, in dem man zwar immer noch jeden Tag an den Verlust denkt, aber wieder an das Leben denkt, das trotzdem weitergeht.
Ich bin an diesen Schicksalsschlägen nicht zerbrochen, ich habe es ...geschafft, wieder aufzustehen auch wenn es sehr lange gedauert hat und sehr schmerzhaft war. Ich habe Antworten gesucht, war beim Heiler, beim Hellseher, bei einem Schamanen, einem Medium, es gibt glaube ich nichts, was ich nicht versucht habe. Ich habe in der Zeit mich mit allen Weltreligionen beschäftigt und dem Tod und dem Leben danach.
Aber es gibt keine Antwort auf die Sinnfrage. Ich bin .....menschlich an der Tragödie gewachsen. Resilenz nennt man das heute, damals konnte ich mit dem Begriff nichts anfangen. Ich habe mich mit mir selbst auseinandergesetzt..wenn schon Phönix, dann muss es auch Asche geben. Ich habe schließlich lange genug darin gewühlt.
Ich habe damals durch meinen Zen-Meister...der mich wieder in die Spur gebracht hat, den Tip bekommen mich mit den Bücher von Elisabeth Kübler-Ross zu beschäftigen, eine der größten und auch bekanntesten Sterbeforscherinnen. Ich habe ALLES von ihr gelesen...und kann es nur empfehlen.
Am meisten geholfen hat mir das Hörbuch " Über das Leben und den Tod danach"..das ich noch heute oft anhöre. Und ich Buch "Geborgen im Leben" ist für mich so eine Art..Bibel, das mich auch überall hin begleitet. Es sollte zur Pflichtlektüre werden, denn es handelt von den Stürmen des Lebens , die uns zu dem Menschen machen, die wir sind und den Dingen, die wirklich wichtig sind im Leben. Das ist kein Trauerbuch..sondern ein Lebensbuch. Es gibt Denkanstöße, daß der Tod, der bisher der modernen Menschheit als Schreckgespenst galt, von dem man der Möglichkeit nach nichts wissen wollte und ignorierte, den man bewußt als Lebensfeind verdrängte, seinen Schrecken beraubt wird und wir uns vor dem Tod eigentlich gar nicht zu fürchten brauchen, da er nicht das Ende ist. Die Beschäftigung mit dem Tod ist keine Flucht vor dem Leben, sondern die Einbeziehung des Todes in seine Gedanken läßt den Menschen bewußter
und konzentrierter leben und bewahrt ihn davor, viel Zeit mit unwichigen Dingen zu vergeuden.