Ich habe mich oft..gerade heute am Todestag..gefragt...warum trauen wir? Für mich gibt es nur eine Antwort darauf....weil wir
lieben . Unser Liebe ist der innerste Kern der Trauer, das Epizentrum.
Wir trauern, weil wir einen geliebten Menschen verloren haben und nicht mehr lieben können, jedenfalls nicht mehr leibhaftig, fühlen, spüren, reden, riechen. Das macht uns unendlich traurig. Trauern wir weil wir nicht mehr lieben können oder weil wir jemand verloren haben? Es gibt nur eine Antwort für mich darauf, die beide miteinander verbindet. Wir lieben im Verlust, weil wir nicht mehr lieben dürfen und doch weiterlieben wollen.
Aber was wird nun aus unsere Liebe? Wäre es nicht besser aufzugeben, die Übermacht des Todes anzuerkennen, die Liebe zu beenden? Mache es überhaupt noch Sinn, einen Menschen zu lieben, der meine Liebe nicht mehr erwidern kann?
Ich habe in der Trauerbewältigung wenig Hinweise bekommen, wie ich damit umgehen kann oder soll ..mir der Liebe. Die Trauerpsychologie und die Ratgeber haben mir da nicht viel geholfen.
Doch meine Liebe sagte mir etwas anderes: ich will weiterlieben, auch wenn der geliebte Mensch nicht mehr da ist, auch gegen seine Tod. Und die Liebe sagt noch mehr...ich werde auch das können.
Wir machen zunächst die Erfahrung, dass der Tod uns den geliebten Menschen nimmt. Der Liebe fehlt das Gegenüber. Die Liebe verliert ihr Ziel, den Empfänger. Wie kann sie zum Ziel in der Trauer werden? Doch sie taucht immer wieder auf in der Trauer, sie bringt sich in Erinnerung....schmerzlich, brennend, sehnsuchtsvoll meldet sie sich zu Wort. Man muss der Liebe Raum in Ihrer Seele geben und sie zulassen. Es gibt eine Liebe über den Tod hinaus, die sich durchsetzt gegen den Tod und gegen die Abwesenheit des geliebten Menschen. Die Liebe ist....die Gegenkraft zum Tod.
Dennoch müssen wir die überaus schmerzlichen Gefühle im Trauerprozess aushalten und durchleben und immer wieder spüren, dass die Liebe bedroht ist. Immer wieder nur die Leere erleben und nicht mehr die Liebe. Aber wie kann man die Liebe im Zustand des Schocks, der Verlustes, im Brennen des Schmerzes und in der Lähmung der Verzweiflung und in der Schwere der Trauer bewahren?
Jedes Gefühl in der Trauerbewältigung trägt das Gefühl der Liebe..und sei sie noch so verborgen in sich. Deshalb darf man die Liebe gerade in der Trauer-
Bewältigung nicht verlieren...im Schmerz die Glut der Liebe zu entdecken, die Macht wahrzunehmen..gerade über den Tod hinaus, in der Tiefe der Trauer den Schatz der Liebe zu entdecken.
Es ist die Liebe...nicht der Tod, der durch die Trauerbewältigung führt. Ich habe begriffen, dass eine Liebe mit dem Tod nicht zu Ende ist, sondern dass eine neue, innere Beziehung zu dem geliebten Menschen möglich ist. Nach der Bedrohung durch den Verlust entwickelt unsere Liebe wieder eine andere Ebene. Sie bringt den Verstorbenen aus dem Tod wieder in unser Inneres zurück, in unsere innere Welt. Das nenne ich nicht Trauerarbeit..sondern Liebesarbeit.....