Partnerschaft. Versuch einer Zustandsbeschreibung
Im Gegensatz zu Love4eva handelte es sich bei mir um kein bewußtes Ändern meines Beuteschemas. Als ich vor einem guten halben Jahr einen Mann kennenlernte, der meinem bisherigen Beuteschema nicht entsprach und sich von Vorneherein weigerte, meine Spielchen mitzuspielen, fehlte mir die Einsicht in mein früheres Beuteschema und in meine langjährigen Muster noch. Und erst nach und nach begriff ich, was dieses Mal anders war. Es war diese Leidenschaftslosigkeit, die ich nicht kannte. Die dafür sorgt, daß ich in dieser Beziehung nicht so leide wie in den letzten, mit der ich aber, und das ist die Kehrseite der Medaille, auch nicht recht umgehen kann, weil ich das bisher nicht kennenlernen durfte.
Wie? Ich muß nichts leisten, um anerkannt, respektiert, begehrt zu werden? Ich muß nicht um die Beziehung kämpfen? Mich nicht verbiegen, nicht verstellen? Darf meine Schwächen und Macken zeigen, ohne Angst vor Ablehnung haben zu müssen? Noch immer fällt es mir schwer, nicht ständig in die als Kind erlernten und in meinen bisherigen Beziehungen gelebten Muster zurück zu fallen. Und was das Schlimmste ist: noch immer will ich mehr, als mir gegeben wird. Die Einsicht, daß mein Freund mir aufgrund seiner Vorgeschichte nicht mehr geben kann, hilft da manchmal nicht weiter. Noch immer sehnt sich das Kind in mir nach leidenschaftlicher Liebe, fühlt sich, wenn es nicht genug beachtet wird, alleingelassen und glaubt wider alle Vernunft leiden zu müssen. Noch fehlt mir die Sicherheit, die Love4eva beschrieben hat: daß
wir uns sicher sein können, auch wenn der andere mal doof ist oder ich doof bin, dass die Liebe bleibt.
Aber vielleicht sind das ja auch überzogene Erwartungen? Vielleicht sind das Gefühle, die sich erst nach 7 Jahren und nicht schon nach 7 Monaten einstellen? Zumal, wenn frau 40 Jahre lang anders geprägt wurde...
Antaghars Bild von der Blume der Leidenschaft, die auf der Partnerschaft wächst, hat mir sehr gut gefallen:
Partnerschaft allein ist großartig und wundervoll, für mich ist das so etwas wie die "wahre Liebe", auf der dann die Blume der Leidenschaft wachsen kann und darf, wann immer sie will. Und sollte sie eines Tages mal z. B. im Herbst verblühen, um im Frühjahr wieder zu erblühen, ist das in Ordnung. Auch wenn sie irgendwann einmal verwelkt sein sollte, ist da dennoch der Boden für eine tiefe und kostbare Verbindung.
Und beim ersten Lesen gab es mir Hoffnung, daß diese Blume auch bei uns wachsen würde, wenn ich nur lange genug geduldig warte. Doch dann überkamen mich Zweifel und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt, daß diese Blume bei uns nie wachsen wird. Weil die letzte Blume, die mein Freund wachsen ließ, zertreten wurde, weigert er sich, eine neue zu pflanzen. Und falls sich, von ihm unbemerkt, doch ein zartes Pflänzchen erhebt, verweigert er ihm Wasser und Licht. Ich kann ihn verstehen, weiß, daß es für ihn das Beste ist, aber da ich nun mal gelernt habe, ab und zu auch an mich zu denken, kann ich nicht umhin, diesen Zustand zu betrauern.
Ich schätze mich, um noch einmal die Worte Norwoods zu bemühen, momentan mit den "eher ruhigen Annehmlichkeiten einer stabilen, innigen Beziehung" glücklich und vermisse die "erregende Intensität einer leidenschaftlichen Liebesaffäre" nicht im Geringsten. Ich genieße die Ruhe nach dem Sturm und daß es gerade mehr oder weniger unaufgeregt vor sich hin plätschert... (speziellen Gruß an Love4eva und Cerberus, deren Auseinandersetzung um das Geplätschere ich interessiert und mit Gewinn verfolgt habe).
Aber ich frage mich immer häufiger, ob ich auf Dauer in einer leidenschaftslosen Beziehung leben kann und will. Was, wenn, um ein anderes (von Lara37 gewähltes) Bild, das mich angesprochen hat, zu wählen, das Feuer nicht (mehr) hochlodert und keine Funken mehr sprühen. Wie lange dauert es dann noch, bis es ganz erlischt, Kälte um sich greift und, womöglich, auch mein Herz ergreift?
Manchmal (wie z.B. während unserer letzten nächtlichen Diskussion, von der ich kurz berichtet habe), wenn das Kind in mir sich gekränkt und tief verletzt fühlt, frage ich mich sogar, ob das, was wir führen, überhaupt eine Partnerschaft ist. Als Love4eva als Reaktion auf meinen Bericht von der nächtlichen Diskussion schrieb, daß Diskussionen zum Alltag gehören, fragte ich mich spontan: zu welchem Alltag? Wir haben keinen gemeinsamen Alltag, sehen uns auch nicht alle Tage, sondern für gewöhnlich nur ein oder zwei Mal die Woche... Und ja, für alle, die uns noch nicht kennen sollten: wir sind beide alleinerziehend, Zusammenziehen kommt unter den uns gegebenen Umständen nicht in Frage. Das sind sicherlich nicht die besten Voraussetzungen für eine unkomplizierte Beziehung. Und mangelnde Leidenschaft, der mangelnde Wille oder die mangelnde Fähigkeit, "sich einer Sache, einer Einstellung, oder sonst etwas mit viel Engagement, Einsatz, Gefühl, Intensität hinzugeben" (Cerberus) macht das Ganze nicht einfacher...
Ich sehe schon, die Herbst-Melancholie ergreift mich und es ist wohl besser für heute Schluß zu machen. Ich bedanke mich noch einmal ganz herzlich bei all denjenigen, die mich in den letzten Tagen hier im Forum und per CM mit Gedanken und Anregungen versorgt haben und würde mich freuen, wenn Ihr mich auch weiterhin auf meinem Weg begleitet.
Wünsche Euch allen einen angenehmen Sonntag Abend,
bis demnächst,
Eure pmz