Ich bin ein Mensch, der Offenheit und Aufrichtigkeit in jedweder Beziehung richtig gut findet. Ich versuche in Beziehungen offen und aufrichtig zu sein.
Macht es für euch einen Unterschied, wenn es Themen aus der Vergangenheit betrifft?
Oder seid ihr der Meinung, dass es grundsätzlich gar keine "Heimlichkeiten" in der Beziehung geben sollte, um das vertrauensvolle Miteinander nicht zu gefährden, egal ob es sich um aktuelle oder vergangene Ereignisse und Erlebnisse handelt?
Mich interessiert alles, was meinen Beziehungspartner bewegt. Dabei ist es nicht relevant, ob dies die Verganenheit, Gegenwart oder Zukunft betrifft. Alles erfahren zu dürfen und alles sagen dürfen, was einen bewegt... jepp... das stellt für mich sogar ein Beziehungsideal dar.
Denn die Erfahrungen die ich machen durfte sind da sehr verquer. Ich hatte einmal einen Partner der sagte gleich zu Beginn der Partnerschaft, dass er sich wünscht, dass man sich alles erzählen kann, dass er sich Vertrauen wünscht, so dass man alles erzählen kann, was einen bewegt. Ich dachte noch BINGO! Und dann? Erfuhr ich nichts mehr von dem, was ihn bewegt, das was mich bewegte wurde banalisiert, ignoriert, zensiert.
Ich spürte und sah: es reicht nicht, selbst offen und aufrichtig zu sein und ebenso zu leben, wenn der Partner damit weder umgehen konnte, noch selbst ein wenig für die Beziehung tat. Die Beziehung entwickelte sich zu einer stummen Beziehung.
Es nützte mir gar nichts, über mich und meine Gefühle, Erlebnisse, Gedanken zu berichten... es interessierte nicht.... und dann erst merkt man auch selbst, wie man sich in Beziehungen auch zum negativen entwickeln kann, wenn man dann in diesem Strudel gefangen ist... ich erzählte immer weniger über mich... Warum auch, es interessierte ja nicht.... Dazu kam dann irgendwann, dass ich mich auch nicht mehr verstanden fühlte...
Ich habe mein Beziehungsideal aber immer in Freundschaften finden können... Offenheit, Aufrichtigkeit... alles sagen/ erzählen zu dürfen und ebenso erzählt zu bekommen. Dadurch entsteht eine sehr tiefe Verbundenheit und Liebe (ohne sexuelles Begehren, Freundschaft in Reinform; ich danke, dass ich das mehrfach erleben darf).
In bzw. mit einer Liebesbeziehung ist mir das noch nicht geglückt.
Was sind für euch die Selbstverständlichkeiten, über die ihr auf dem Laufenden gehalten werden wollt oder die, wenn ihr sie zufällig erfahren würdet, euer Misstrauen oder eure Eifersucht auslösen würden?
Die Beantwortung der Frage hängt doch auch von der Intensität der Beziehung ab. Selbstverständlichkeiten wären Dinge, die ich ohnehin vom Partner weiß und die sich nicht verändert haben. Alles, was wichtig für meinen Partner ist, ist mir auch wichtig. Ich würde mich freuen, wenn ich ebensolches auch ihm mitteilen kann und er mich anhört, auch über Banalitäten.
Zur Offenheit und Aufrichtigkeit in einer Beziehung gehört für mich, dass man intensiv am Leben, den Gedanken und Gefühlen des Partners teilhaben darf. Wenn er mir Dinge verschweigt, die für ihn wesentlich sind... dann würde ich mich schon wundern und auch ggf. verletzt reagieren. Wichtig wäre mir, auch darüber reden zu können, warum irgendetwas aktiv verschwiegen wurde. Ob ich es erwarte? Ich sehe es trotz negativer Erfahrungen auch als Geschenk an, wenn mir mein Partner alles erzählt... ich erwarte es nicht. Ich bin jedoch verletzt, wenn er dies dauerhaft tut - nichts zu erzählen, alles zu verschweigen und ziehe dann doch meine Konsequenzen. Für mich stellen Offenheit und Aufrichtigkeit auch die Eckpfeiler zur Bildung von Vertrauen dar.
Wo beginnt und wo endet in eurer Welt eure Privatsphäre, die ihr trotz aller Aufrichtigkeit vor eurem Partner bewahren möchtet?
Bei allen Dingen, die die Beziehung nicht tangiert - so z.B. Job, anvertraute Dinge von Dritten, Vergangenheit etc. Da kann das eine oder andere immer mal vorkommen, wo man den Partner nicht mit einbeziehen möchte. So gibt es nach wie vor Dinge, die ich als Kind erleben musste, die ich einem Partner nicht erzählen würde, da ich dies überwunden und verarbeitet habe. Vielleicht, wenn er offen dafür wäre... mit einigen Freunden kann ich auch darüber reden (aber auch nicht mit allen). Dienstgeheimnisse gehen den Partner gar nichts an, da stehen andere Verpflichtungen sicherlich höher.
Ich könnte jedoch jetzt nicht vorab sagen: dies oder jenes wäre tabu... Grundsätzlich bin ich da offen für alles und erzähle über alles, wenn mein Gegenüber entsprechend offen ist.
Mir fällt es schwer mich zu öffnen, wenn ich von vornherein auf Ablehnung in der Beziehung/ Partnerschaft stoße. Leider bis zum eigenen emitionalen Rückzug, falls das der eigenen Sicherheit/ Erhaltung dient.