Etwas beispielhafter gedacht...
@ Baer_Berlin Ich kann zwar nicht vollziehen, was du damit meinst, den Text mehr durch Abschnitte auflockern zu sollen, da ich das meines Erachtens tat. Aber in Ordnung, das ist Ansichtssache inwieweit das noch weiter vorangetrieben werden müsste.
Inhaltlich kann es gut sein, dass hier gern mehr Subjektivität gewünscht wird, da man sich somit mit diesem oder jenem Argument identifizieren oder auch davon abgrenzen könnte/möchte.
Doch so wie ich es gelesen habe, wollte der Threadsteller eine weniger subjektiv-lastige Antwort, sprich weniger Privatemperie, am besten noch von ganz speziellen Situationen.
Ist es nicht viel schöner, zu versuchen, sich umfassendere Gedanken zu machen, als nur darüber zu schreiben, was bei einem im nächsten Umfeld geschieht? Und das geht eben nur über Abstraktion (was tunlichst von einer Generalisierung zu unterscheiden ist), indem versucht wird, einen Gedankenstrahl darstellen, durch den von einer zur anderen Seite zu erkennen ist, welche Dinge gar keinen und welche einen erheblichen Einfluss haben.
Und nun zum Thematischen: Es wurde bereits vielfach angemerkt, dass von staatlicher Seite kaum noch ein offizieller Einfluss auf unsere "Liebesfähgkeit" besteht. Nur wenige Gesetze verbieten uns Aspekte, welche mit dem Gestalten unserer Partnerschaft und somit auch der Sexualität zusammenhängen. Mir fallen auch nur zwei Verbote so auf die Schnelle ein: Partnerschaft zw. minderjährigen und erwachsenen Personen (pädophiles Handeln) und das Ausleben der Sexualität im Freien (Erregung öffentlichen Ärgernisses).
Ich denke, gerade der zweite Punkt ist aber etwas, was gar nicht so wenig vorkommt bzw. auch gern praktiziert würde. Hier fällt mir beispielsweise der Sex auf dem Balkon ein, der geahndet werden könnte oder auch mehrmaliges angeblich zu lautes sexuelles Treiben in der Mietwohnung (ein erzwungener Auszug aus der Wohnung ist dann eine reale Gefahr für einen selbst, da er per richterlichen Bescheid erzwungen werden kann).
Aber auch Nudisten könnten Probleme durch jenes Gesetz bekommen. Aber auch da heißt es, wo kein Kläger, da kein Richter. Hier ist nun wieder die Frage: Zählt der Stadtpark als öffentlicher Ort ( höchst wahrscheinlich, da eine große Chance besteht, auf andere Menschen zu treffen, die sich empören könnten), sprich ist dort der sexuelle Kontakt verboten? Aber wie sieht es mit einem Wald dagegen aus? Darf hier ungestört den Trieben (es darf auch ruhig romantisch verklärt von Liebe gesprochen werden) nachgegangen werden? Was würde also geschehen, wenn man dort von jemanden beim sexuellen Akt entdeckt würde? Dürfte diese Person (sofern sie uns auf der Polizeiwache benennen kann) anzeigen wegen öffentlichen Ärgernisses?
Ich will mit den Fragen andeuten, dass die Rechtslage da sicher etwas unsicher ist und somit der direkte Einfluss auf einen jeden auch nicht ganz abzuschätzen ist.
Und gerade weil beispielsweise der Sex in der Öffentlichkeit verboten ist, somit ein Tabu darstellt, wird es für viele zum Reiz, dieses Tabu zu brechen, und hat im Umkehrschluss Einfluss auf unsere Liebesfähigkeit. Das soll nicht heißen, dass dieses Gesetz gerade dazu auffordert bzw. einen förmlich dazu provoziert, es zu übertreten. doch es hat Einfluss auf unser Handeln. Der Reiz des Verbotenen halt.
Aber da es bei uns recht wenig Gesetze diesbzgl. gibt, ist der gesetzliche Einfluss auf die persönliche"Liebesfähigkeit" gering. In anderen Ländern zur gleichen Zeit, ist das selbstredend anders. Doch auch bei uns kann es Veränderungen geben, in die eine oder andere Richtung mit weiterer Offenheit oder Retraditionalisierungstendenzen. Die Geschichte ist eben nicht linear und Gesetze veränderbar, auch sehr dehnbar wie ein Kaugummi (also Auslegungssache) in zum Teil entgegengesetzte Richtungen.
Wie beeinflusst uns die Gesellschaft nun im Alltag in puncto "Liebesfähigkeit"? Das tut sie bereits, wenn wir uns Beziehungsratgeber durchlesen, in denen steht, was getan werden sollte, damit eine Beziehung lange hätte, der Partner zum Orgasmus usw. (schön diese Generalisierungen, die auf Personen mit all ihrer Individualität angewendet werden sollen, chapeau). Auch Gespräche mit der Familie, Freunden, Arbeitskollegen beeinflussen unser Handeln in der Partnerschaft, nicht immer bewusst, aber das nimmermüde Unterbewusstsein nimmt alles auf und verarbeitet es später, wenn man gar nicht mehr weiß, durch welchen Anlass, das eigene Denken und die darauf basierende Handlungspraxis verändert wurden. Hierbei ist es auch gleich, ob wir die Ratschläge der anderen annehmen oder uns von diesen bewusst abgrenzen. Schon, dass wir uns damit auseinandersetzen, zeigt den Einfluss auf uns. Auch werden wir sicher dazu geneigt sein, entsprechend dem Milieu und seiner Normen, Wertvorstellungen zu handeln, indem wir leben. Denn Abweichungen davon können mit Ausgrenzung bedacht werden, aber zumindest unsere Person herabsetzen, was gerade heutzutage weniger Menschen eingehen wollen, da man sich durch die sozialen Netzwerke noch viel mehr für die Öffentlichkeit öffnet und sich somit zur Bewertung freigibt. Da ist vielen ein angepasstes Handeln (jedenfalls ein zum Schein dargestelltes) und ihr Ruf wichtiger, als für ihre Individualität einzutreten (Angst vor einem Shitstorm kann man das auch nennen).
Oben wurde noch gesagt, dass die Werte der Eliten unser Handeln bestimmen. Ich weiß zwar nicht, was das Bestreben der Eltern ihre Kinder recht früh in den Kindergarten zu bringen, mit dem Thema zu tun hat (zumal es arbeitstechnisch auch nicht oft nicht mehr anders geht, wenn beide Eltern arbeiten gehen; andererseits ist es für immer mehr Kinder ein Segen, denn dort gibt es warmes Essen, sie lernen Bräuche und Sitten, gar normative Regeln kennen, was bei einigen Familien heute nicht mehr gang und gäbe ist, vermittelt zu werden, dann muss leider Gottes die Gesellschaft dafür eintreten), aber sicherlich sollte das nur ein Beispiel sein, um den Einfluss der Eliten auf alle anderen Nichteliten darzustellen.
Nichtsdestotrotz, die unteren Schichten haben sich schon seit jeher an den Werten der Elite orientiert, um sich von noch tieferen Schichten abzugrenzen oder um aufsteigen zu können. Denn es erleichtert ungemein, wenn man den Gestus der Elite erlernt, um selbst in dieser verkehren zu können, da man dort oft nur mit Menschen zu tun hat, welche jene spezifischen Werte vertreten. Es scheint auch ein menschliches Streben zu sein, sich am höheren (erfolgreicheren, mächtigeren) zu orientieren, um selbst überhaupt die Chance zu bekommen, sozial aufsteigen zu können und sich somit wiederum von jenen, die in der unteren Schicht verblieben sind, abzugrenzen. Es ist eben auch ein System, um die Macht bei wenigen zu halten und deren Werte gegenüber anderen zu verteidigen, um schlussendlich die eigene Macht zu sichern.
Zumal nicht vergessen werden darf, dass sich das ganze romantische Liebesverständnis von wegen Treue aus der ritterlichen Elite (die also aus wenigen bestand) herausbildete und von dort aus in die unteren Gesellschaftsschichten als Ideal einer Partnerschaft getragen wurde, und uns heute noch sehr beeinflusst.
Und was wird uns heutzutage von den Eliten so gezeigt, was man in der Partnerschaft von ihnen nachahmen sollte? Die Politik-, Wirtschafts-, und Kulturgrößen u.Ä. und die wenigen Adligen leben immer noch recht monogam zusammen (jedenfalls offiziell!), aber bei sogenannten Promis (die unglücklicherweise auch zur Elite zählen) sieht das schon anders, eben freizügiger aus.
Das Bild ist also auch bei den Eliten bunter geworden, aber weniger bei denen, die wirklich Macht (politische, finanzielle, rechtliche) innehaben.
Es wurde auch noch gefragt, weshalb viele Menschen annehmen, sie würden bzgl. ihrer Partnerschaft nicht durch die Gesellschaft beeinflusst? Weil sie sich sowieso mainstreammäßig bewegen, also gesetzlich angepasst sowie milieuorientiert oder es wird aus guten Gründen verschwiegen und gemeint, dass dies dann Unabhängigkeit sei (sprich es wird abweichend gehandelt, aber um nicht herabgesetzt zu werden, wird darüber der Schleier des Schweigens fallen gelassen – doch etwas zu verheimlichen, nicht dazu zu stehen, ist nicht Unabhängigkeit von etwas, sondern ein Zeichen von eindeutigem Beeinflusstsein). Offiziell würden sie auch oft nicht zugeben, dass sie gegen die Werte ihres Milieus handeln, um den "guten" Ruf nicht zu verlieren, was nämlich dazu führen könnte, Privilegien zu verlieren und diffamiert zu werden.
Doch nochmals: Jedes Gespräch mit einem Menschen über dieses Thema, der genauso oder auch anders darüber denken mag, jeder Text dazu, jede Nachricht aus dem Radio usw. beeinflusst uns, Unser Bewusstsein setzt sich damit auseinander und wir Handeln auf der Basis dieser verarbeiteten Infos.
PS: Ein User meinte, für ihn sei seine Familie, Freunde u. Ä. Etwas, was außerhalb der Gesellschaft liegt und daher hätte die Gesellschaft kaum Einfluss auf ihn, da er meint, vor allem durch persönliche Beziehungen in seinem Umfeld beeinflusst zu werden.
Der Soziologe Tönnies sah das ähnlich: Er unterschied zw. Gesellschaft und Gemeinschaft.
Gesellschaft war bei ihm das Wirtschaftliche und Rechtliche (bestimmt durch Verträge und Gesetze); Gemeinschaft dagegen das Familiäre, Freundschaftliche und auch Intime, also auf einer emotionalen Basis Beruhende. Doch insbesondere in der Moderne verquicken sich beide Sphären derartig durch die Ökonomisierung selbst der persönlichen Beziehungen, sodass seine Thesen kaum noch passend erscheinen, um unser soziales System zu beschreiben.