Asperger Syndrom - Umgang mit Menschen und Probleme

Du könntest mein Freund sein.
Er nimmt Antidepressiva und hat "es" damit recht gut im Griff, natürlich nicht immer und dann ist es an mir zu erkennen, dass die manchmal unverständlichen Reaktionen im Asperger begründet liegen. Ich bezeichne sein Verhalten immer mal wieder als egoistisch, er sieht das ganz anders. Gibt es "Verstimmungen" können wir die nicht am Telefon besprechen, das geht gründlich schief. Sitzen wir uns gegenüber und können uns in die Augen schauen, kommen die Lösungen viel fließender. Da er wie ich sehr kuschelbedürftig ist, lassen sich durch bloßes Umarmen Verspannungen leichter lösen, das ist ein Geschenk.

Im Team" werden wir immer besser. Als Partner eines Aspis muss man ein gesundes Selbstbewusstsein haben, ebenso wie ein unabhängiges Leben mit gut funktionierendem sozialen Umfeld.

Er braucht immer Harmonie, mit Wut und Frust kommt er überhaupt nicht klar.

Trotz dieser Schwierigkeiten hatte ich niemals einen lieberen und verständnisvolleren Partner an meiner Seite.

Das mit dem Egoismus ist so eine Sache. Ich würde mich, auch wenn ich darüber nicht froh bin, als gezwungenermaßen egoistisch bezeichnen. Das ist, wenn alles zu viel wird, einfach unumgänglich für ein dauerhaftes Funktionieren. Sich aus allem rausnehmen, die Batterien wieder aufladen, egal, wie dringend man gebraucht wird. Manchmal muss jeder Mensch egoistisch aus diesem Grund sein, bei Aspies passiert das halt viel schneller. Das ist aber nicht böse gemeint, auch kein fehlendes Interesse, kann aber vielleicht nicht immer verständlich kommuniziert werden oder trifft nicht immer auf Verständnis.

Schön, das ihr einen Weg eines verständnisvollen Miteinanders gefunden habt - das ist beneidenswert!

Wir arbeiten noch am Weg, gerade heute kam wieder so ein Cut.

Es ist schon seltsam, wenn ich von ihm völlig andersartige Reaktionen bekomme als ich sie erwarte und die ich nicht verstehe. Das ist ein technischer KO und ich weiß ganz genau, dass er mir niemals weh tun will. Wenn ich traurig bin leidet er genau so, deshalb verheimliche ich das und warte auf "gute" Gesprächszeiten. Die Reaktionen können heute Abend schon wieder ganz anders sein, zB euphorische Freude über unsere Seelenfreundschaft. Manchmal bin ich überfordert!

Dein Beitrag trifft fast zu 100 % auf die SMS von heute mittag.

Mal eine höfliche, aber sehr interessierte Frage:

Kann man denn nicht auch als "Aspie" mit der Zeit lernen, das auf eine angemessene Art zu kommunizieren, dass man jetzt Zeit für sich und für einen Rückzug braucht, ohne geliebte Menschen zu verletzen?

Auch wenn dafür intuitive Fähigkeiten fehlen mögen, so kann man sich das doch auch als "Aspie" durchaus - so meine Meinung - mit der Zeit auf kognitivem Weg aneignen. Oder nicht? Und wenn nicht, woran genau hapert es denn dann?

(Der Antaghar)

Mein Freund nimmt Antidressiva, sonst käme er in der "normalen" Welt nicht zurecht.
Er eignete sich viel an, kann zB Emotionen erkennen und lesen, so lange sie ruhig und harmonisch sind. Schwierig wird es dann, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle und auch mal emotional reagiere. Frust oder Zorn, auch in kleinster homöopathischer Dosis, kann er nicht verarbeiten. Er kann nur leise und lieb, was er nicht versteht, ist auch nicht. Wenn er aufgeregt ist, hat er Wahrnehmungsstörungen, das macht die Sache auch nicht leichter.
Er reagiert gut auf Körperlichkeiten, das können viele Aspis anscheinend nicht. Eine sanfte Umarmung entspannt ihn. Bei wichtigen Gesprächen ist ein Augenkontakt unumgänglich und er braucht ihn zum verstehen, das soll unüblich sein.
Wenn er mich traurig macht, wird er noch trauriger, er will das ja nicht, liebt mich aufrichtig aber die Liebe ist anders, egoistischer, er liebt sich am Meisten.
Er macht nur was er will, ich habe aber das gleiche Recht. Offenheit und Ehrlichkeit sind sehr sehr wichtig.

Warum ich das trotzdem so annehme?
Ich liebe ihn, weil er auch Eigenschaften hat, die ich bei noch keinem Normalo so gefunden habe.

Antaghar


Schau mal LustExplorers Beitrag an,
mit viel Arbeit oder Stress, bei meinem Freund ist es zB gerade seine selbständige Tätigkeit und Keller entrümpeln plus Urlaubsreife, MÜSSEN sie Zeit für sich haben und für alles Emotionale brauchen sie zigmal länger als ein Normalo.

auf angemessene art zu kommunizieren auf jeden fall.
das problem liegt meist daran, dass man was ausmacht oder anderen was gutes tun will..............
aber JUST in dem moment ist alles zu in kopf und körper. ICH bin dann meist nicht in der lage zu reden oder schreiben, grad sms geht evtl. noch.
das ist alles nicht voraussehbar oder planbar, deswegen planen wir auch nichts mehr, wir kommen und gehen lieber nach laune.
aber trotz allem ist es freuden gegenüber einfach fair, sein anders-sein und seine eventuellen fehlreaktionen zu erklären, dann klappts auch mit freunden und nachbarn.

Ich persönlich habe gelernt es auszusprechen wenn ich eine Auszeit benötige.
AAAAber- oft hört die Umwelt nicht richtig zu! Bzw andere können die Notwendigkeit jetzt, eben gerade, eine Auszeit zu benötigen nicht nachvollziehen. Nur noch ein paar Minuten, nur noch eine weitere Frage , ist doch gleich zu ende, du- das muss jetzt aber sein...usw.....und dann platze ich weil meine Not so groß ist und nur das Unverständnis noch größer...
Ich gelte dann als launisch weil ich auf meine Bedürfnisse bestehe und anderen gegenüber nicht tolerant genug bin- das meinen Bedürfnissen kein Respekt entgegengebracht wurde wird unter den Tisch gekehrt.

Kann ich mir auf Arbeit nicht erlauben! Mittagspause ist die Auszeit, die ich mir offen nehmen darf, wenn auch es sehr oft passiert, dass ich am Platz esse.

Komm ich dann nach 9 bis 10 std heim, bin ich kaum mehr für irgendwas zu gebrauchen und penn oft auf der couch vorm tv ein. Für haushalt hab ich einfach keine energie mehr. Sogar auf sex muss ich verzichten oder es wird eine eher mechanische nummer. Alles nicht optimal in den Augen meiner Frau.

Danke für Eure Antworten!

(Der Antaghar)

Für uns ist ein ja ein ja und ein nein ist nein. Nur die Umwelt kapiert das nicht und versucht das ja bzw. nein zu interpretieren. Und wenn man dann jemanden erklären muß, warum man etwas will oder nicht, dann ist man sehr schnell gestresst.

@ Torben

in meinem Job gibt es grad mal auf dem WC ne Auszeit, aber da mich der Job zwar ernährt und es dort auch nett ist und auch irgendwie Spaß macht, mich aber nicht im geringsten fordert, schalte ich einfach ab- die benötigten Fähigkeiten laufen automatisch, obwohl ich mit vielen (alten) Menschen und Kollegen zutun habe, kommt das einfach nicht an mich ran- da lasse ich Theater laufen..verstehst du was ich meine? Konversation ohne Nachzudenken, Platitüden halt. Ich möchte nicht völlig gefühllos erscheinen- ich mag die Leute dort schon, ich kümmere mich sehr gern, aber es berührt mich nicht wirklich...

Schwierig ist es, wenn es mich direkt betrifft, z.B. wenn ich als Atheist zu einer Konfirmation in eine Kirche soll und dort am Gottesdienst teilnehmen- sowas birgt wochenlange Diskussionen und viele Bauchschmerzen meinerseits- soetwas quält mich!

@*****gar und alle:

Ich habe gerade per PN Sunny geschrieben, dass ich von einem Asperger, der auch Familienvater ist, weiß, dass in dieser Familie ein Codewortsystem verwendet wird. Mit einem Wort oder Kürzel wird im Ernstfall schnell und genau definiert mitgeteilt, wie es gerade um den eigenen Zustand bestellt ist, und was man jetzt gerade braucht (z.B. absolutes in Ruhe lassen).
Ansonsten kann ich magdalena recht geben: es wird oft genug das Bedürfnis nach einer Auszeit nicht verstanden, wenn für einen gesunden Menschen kein Grund dafür ersichtlich ist.

Manchmal sind diese Hinweise nicht deutlich, wenn ich zB sage, dass ich ziemlich ko sei, muss ich längst keine Ruhe haben, es ist lediglich ein Info, für meinen Aspi heißt das Ruhe.
Ich sagte ihm auch schon, dass er doch bitte deutlicher werden sollte, wenn ich die dezenten Hinweise nicht verstehe. Er stellt mich gelegentlich vor vollendete Tatsachen und behauptet das von mir . Gedankliche Kompromisse sind kaum möglich, körperliche dagegen schon. Wenn ich ihm sage, dass ich bei "Konflikten" seine Nähe brauche, kann er mich problemlos in den Arm nehmen, auch wenn er es gerade nicht machen würde.
Er ist überdurchschnittlich intelligent, niemals vorher führte ich so intensive Gespräche, da er dazu noch ein sehr sensibler Gesprächspartner ist. Er verfügt über ganz viel Gefühl, ist unglaublich lieb und zärtlich, ich bin bereit an einer eigenen "Sprache" zu arbeiten. Er ist es mir wert!
Wenn wir die Kommunikationsprobleme in den Griff bekommen, kann ich mir keinen besseren Partner vorstellen. Da er über Gefühle und sich reden kann UND will, sehe ich ganz positiv in die Zukunft.

Den Bericht habe ich kürzlich irgendwo als Wiederholung gesehen und finde ihn äußerst interessant.

Auch der Software-Gigant SAP springt meines Wissens auf diesen Zug auf ...

(Der Antaghar)

Hab ich auch grad gelesen. Aber nicht in Deutschland.

Kann mir vorstellen, dass hier eine solche Stellenausschreibung auch wieder als diskriminierend widerrechtlich wäre.

m.M.n. nicht, wenn es in rahmen eines enthinderungsprogrammes wäre!

Wieso soll das diskriminierend sein, die Firma hat ein klares Konzept, das sich auch im Namen wiederfindet.
Ein "Normalo" würde den Ablauf evtl schon wieder stören, ich finde die Idee wirklich gut und wäre froh, in ein paar Jahren die Entwicklung zu sehen.

Nicht unbedingt, es kommt auf die Ausschreibung an, es muss eben dergestaltend so sein, dass da keine offensichtliche Diskriminierung herauszulesen ist. Man schreibt so, dass die gesuchte Qualifikation, die rein zufällig mehr oder weniger besonders auf die Personen mit Asperger-Neigung passen.
Mal davon abgesehen, dass die Grenze zwischen Asperger und Nicht-Asperger fließend ist. Und nach der Lesart der UN-BRK ist jeder Mensch individuell anders, hat andere Fähigkeiten und Neigungen. Also nicht !Behinderte da und Nichtbehinderte hier" und so.

LG Martin

Na, die könnten doch auch eine Nicht-Behinderten-Quote einführen
Dann wäre das doch genauso wenig diskriminierend wie ein Betrieb, der einen Quoten-Behinderten einstellt, oder?

(Ja ja ja ja, ich weiß, dass Aspies nicht als behindert bezeichnet werden möchten. Aber ich darf das! Galgenhumor muss sein)

"Mein" Aspi sieht seinen "Fluch" mittlerweile eher als Segen.

Ein gegenseitiges "Verstehen" und "Sehen" wollen, dann klappts auch in der Kombi

Wie die "Nichtbehindertenlobby" wohl reagieren würde, wenn für die Nichteinstellung Nichtbehinderter eine "Ausgleichsabgabe" fällig wäre?


Ob die sich mit 105,-- Euro abfinden/abspeisen lassen würden??

http://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsabgabe

Sich in andere hinein versetzen' fällt mir extrem schwer. Automatisch geht das schon gar nicht. Z.b. schreibe ich eine informative E-Mail an Kollegen, so kommt diese eher brüsk und harsch rüber, da ich oft nettigkeiten und freundlichkeitstexte weg lasse, mich auf der sachebene austobe. Ich kann mir nur vorstellen wie ich selbst meinen Text auffassen würde, und da ich weder im subtext noch in möglichen Interpretationen mich verliere, fällt es mir nicht auf, dass mein Text unfreundlich ankommen kann. Ich mag ungern mich als Aspie outen, grad wo ich vor einer Übernahme stehe von Temp auf Festangestellter.

Wer kennt diese Schwierigkeit?