Autismus / Asperger Syndrom
Klassifikation der WHO nach ICD-10
F84.0 Autismus, Frühkindlicher Autismus, Infantiler Autismus, Kanner Syndrom
F84.1 Atypischer Autismus
F84.10 Autismus mit atypischem Erkrankungsalter
F84.11 Autismus mit atypischer Symptomatologie
F84.12 Autismus mit atypischem Erkrankungsalter und atypischer Symptomatologie
F84.5 Asperger Syndrom
F84.9 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung
Eine grobe Definition:
Autismus / Asperger Syndrom – was ist das?
Autismus, von der WHO als eine tiefgreifende Entwicklungsstörung klassifiziert, wird von Ärzten, Forschern, Angehörigen und Autisten selbst als eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beschrieben, die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht.
Andere Forscher und Autisten beschreiben Autismus als angeborenen abweichenden Informationsverarbeitungsmodus, der sich durch Schwächen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie durch stereotype Verhaltensweisen und Stärken bei Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz zeigt.
In den aktuellen Diagnosekriterien wird zwischen frühkindlichem Autismus (Kanner Syndrum) und dem Asperger Syndrom unterschieden, das sich oftmals erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht.
Erlebnisbericht
Als ich 15 Jahre alt war, absolvierte ich ein 3-wöchiges Praktikum in einem Heim für Mehrfachbehinderte. Einige Dinge werde ich niemals vergessen.
Als ich das Zimmer betrete, zieht er meine Blicke sofort auf sich.
Er sitzt am Rand seines Bettes, die Beine baumeln ein Stück über dem Boden.
Ich schätze ihn auf 7, vielleicht 8 Jahre alt.
Eigentlich ziehen seine Augen, sein Blick, sein Gesicht meine Aufmerksamkeit auf sich. Es sieht aus, als wäre er gar nicht da, ganz weit weg.
Er reagiert überhaupt nicht darauf, das wir das Zimmer betreten haben.
Als wären wir gar nicht hier.
„Das ist Benjamin.“ (* Name geändert) höre ich die Pflegerin hinter mir sagen. „Er ist Autist.“
• Situation so geschehen - der Name wurde aber geändert und ist frei erfunden
Formen von Autismus
Im deutschsprachigen Raum sind drei Diagnosearten des Autismus gebräuchlich:
• Der frühkindliche Autismus, auch Kanner-Syndrom, auffälligstes Merkmal neben den Verhaltensabweichungen: aufgrund des frühzeitigen Auftretens eine stark eingeschränkte Sprachentwicklung; motorische Beeinträchtigungen nur bei weiteren Behinderungen; häufig geistig behindert. Je nach geistigem Leistungsvermögen wird der frühkindliche Autismus weiter unterteilt in Low, Intermediate und High Functioning Autism (LFA, IFA und HFA). Als LFA wird im englischsprachigen Bereich der mit geistiger Behinderung einhergehende frühkindliche Autismus bezeichnet, als HFA derjenige mit normalem oder überdurchschnittlichem Intelligenzniveau. Die Unterscheidung zwischen HFA und dem nachfolgend aufgeführten Asperger-Syndrom ist noch nicht geklärt, weshalb die Begriffe teilweise auch synonym gebraucht werden.
• Der atypische Autismus erfüllt nicht alle Diagnosekriterien des frühkindlichen Autismus oder zeigt sich erst nach dem dritten Lebensjahr. Als Unterform des frühkindlichen Autismus wird er aber differenzial-diagnostisch gegen das Asperger-Syndrom abgegrenzt.
• Das Asperger-Syndrom mit vor allem einer vom Zeitpunkt her altersgerechten Sprachentwicklung (nach der ICD-10 und dem DSM-lV ein Kriterium zur Diagnose – wohingegen nach Gillberg & Gillberg eine verzögerte Sprachentwicklung ein mögliches Diagnosekriterium darstellt) und einem unter formalen Gesichtspunkten korrekten Sprachgebrauch. Menschen mit Asperger-Syndrom sind häufig motorisch ungeschickt.
Diagnosekriterien Autismus
A. Es müssen insgesamt aus 1., 2. und 3. mindestens sechs Kriterien zutreffen, wobei mindestens zwei Punkte aus 1. und je ein Punkt aus 2. und 3. stammen müssen:
1. qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion in mindestens zwei der folgenden Bereiche:
o ausgeprägte Beeinträchtigung im Gebrauch einer Vielzahl nonverbaler Verhaltensweisen wie beispielsweise Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gestik zur Steuerung sozialer Interaktionen,
o Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen,
o Mangel an spontanen Bestrebungen, Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen (z. B. durch einen Mangel, Objekte des Interesses herzuzeigen, herzubringen oder darauf hinzuweisen),
o Mangel an sozialer oder emotionaler Gegenseitigkeit;
2. qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation in mindestens einem der folgenden Bereiche:
o verzögertes Einsetzen oder völliges Ausbleiben der Entwicklung gesprochener Sprache (ohne den Versuch, die Beeinträchtigung durch alternative Kommunikationsformen wie Gestik oder Mimik zu kompensieren),
o bei Personen mit ausreichendem Sprachvermögen deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen,
o stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache,
o Fehlen entwicklungsgemäßer variierter, spontaner Rollenspiele oder sozialer Imitationsspiele;
3. beschränkte repetitive und stereotype Verhaltens-, Interessens- und Aktivitätsmuster in mindestens einem der folgenden Bereiche:
o umfassende eingehende Beschäftigung innerhalb eines oder mehrerer stereotyper und begrenzter Interessenmuster, wobei entweder Schwerpunkt oder Intensität der Beschäftigung abnorm sind,
o auffällig unflexibles Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen,
o stereotype und repetitive motorische Manierismen (z. B. Verdrehen, Verbiegen der oder Flattern mit den Händen oder Fingern oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers),
o beharrliche eingehende Beschäftigung mit Teilen von Objekten.
Diagnosekriterien Asperger Syndrom
• Soziale Beeinträchtigung
(mindestens zwei der folgenden Merkmale):
1. Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu interagieren
2. mangelnder Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren
3. mangelndes Verständnis für soziale Signale
4. sozial und emotional unangemessenes Verhalten
• Eingegrenzte Interessen
(mindestens eines der folgenden Merkmale):
1. Ausschluss anderer Aktivitäten
2. repetitives Befolgen der Aktivität
3. mehr Routine als Bedeutung
• Repetitive Routinen
(mindestens eines der folgenden Merkmale):
1. für sich selbst, in Bezug auf bestimmte Lebensaspekte
2. für andere
• Rede- und Sprachbesonderheiten
(mindestens drei der folgenden Merkmale):
1. verzögerte Entwicklung
2. (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck
3. formelle, pedantische Sprache
4. seltsame Prosodie, eigenartige Stimmmerkmale
5. beeinträchtigtes Verständnis einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen
• Nonverbale Kommunikationsprobleme
(mindestens zwei der folgenden Merkmale):
1. begrenzter Blickkontakt
2. begrenzte Gestik
3. unbeholfene oder linkische Körpersprache
4. begrenzte Mimik
5. unangemessener Ausdruck
6. eigenartig starrer Blick
• Motorische Unbeholfenheit
Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung
Erlebnisbericht
Als ich den Raum betrete, fällt mir gleich die Neue in unserem Kreis auf.
Sie ist still, schaut etwas verkniffen aber interessiert.
Die Gespräche um Sie herum scheinen sie irgendwie zu quälen, aber auch zu interessieren.
Als ich in die Runde frage, ob jemand mit kommt, eine rauchen, schließt sie sich mir an.
Im Raucherraum angekommen, wo außer uns niemand ist, beginnen wir, uns ein wenig zu unterhalten.
Sie stellt sich als Andrea (* Name geändert) vor, freischaffende Künstlerin und Kreative.
Im laufe des Gespräches (aus einer Zigarette werden mehrere) erzählt Sie mir, dass Sie unter einer Art des Autismus, dem Asperger Syndrom leidet.
Andreas Gehirn nimmt eingehende Geräusche allesamt als gleichwertig wahr. Egal ob Vorschlaghammer oder das Schnurren einer Katze, Straßenlärm oder ein ruhiges Gespräch.
Laute Dinge sind für sie daher eine Qual.
Sie hat immer Kopfschmerzen, teilweise schier unerträglich.
Sie muss täglich Schmerztabletten einnehmen, um sich über Wasser zu halten, wie sie mir erzählt.
Ein normales Leben ist für Sie unmöglich.
Der Alltag birgt immense Probleme, an die man gar nicht denken würde. Es fängt schon an mit einafchen Dingen wie staubsaugen oder einkaufen gehen.
Für uns Normalität – für Andrea die reinste Qual.
Discotheken, Tanzveranstaltungen, Konzerte – kennt Andrea nicht. Sie würde es dort nicht aushalten.
• Situation so geschehen - der Name wurde aber geändert und ist frei erfunden
Das Verhalten autistischer Kinder
Autistische Kinder können zunächst keine Geste, kein Lächeln, kein Wort verstehen.
Sie ziehen sich zurück, kapseln sich "autistisch" ab – daher der Name!
Jede Veränderung in Ihrer Umwelt erregt sie stark.
Autistische Kinder können nicht spielen und benutzen ihr Spielzeug in immer gleicher, oft zweckentfremdeter Art und Weise.
Sie entwickeln Stereotypien: z.B. Drehen und Kreiseln von Rädern, u.a. Wedeln mit Fäden oder Papier.
Die schematischen Zeichnungen verdeutlichen die wichtigsten Symptome des frühkindlichen Autismus.
Diese sind allerdings in ihrer Zusammensetzung und ihrem Ausprägungsgrad von Kind zu Kind unterschiedlich.
Autistische Kinder haben häufig vom Säuglingsalter an Probleme beim Essen und beim Schlafen und entwickeln selbststimulierende Verhaltensweisen, die bis zur Selbstverletzung reichen können.
Sie bestehen zwanghaft auf ganz bestimmte Ordnungen oder können ihre Eltern zur Verzweiflung bringen durch exzessives Sammeln bestimmter Gegenstände, durch ihre Weigerung, bestimmte Kleidung zu tragen oder durch Wiederholung immer der selben Verhaltensweisen oder sprachlichen Äußerungen.
Das Verhalten von Kindern mit Asperger-Syndrom
Ähnlich wie Kanner-Autisten haben auch Menschen mit Asperger-Syndrom – besonders Kinder – häufig ein Problem mit Reizüberflutung.
Dies kann sich als eine Überempfindlichkeit in den fünf Sinnen, d.h. gegenüber visuellen, akustischen, Geruchs-, Berührungs- oder Geschmacksreizen äußern. Diese Überempfindlichkeit kann bis zu einem „Overload“, d.h. einem Nervenzusammenbruch durch Reizüberflutung führen.
Im Falle einer Reizüberflutung sollte die Person durch eine reizarme Umgebung geschützt werden, damit sich die fünf Sinne wieder beruhigen können. Es besteht auch die Möglichkeit, durch Ohrstöpsel/Lärmschutzkopfhörer, Sonnenbrillen, Vermeidung von unangenehmen Berührungen/Materialien, sowie durch die Vermeidung von für die Person nicht akzeptabler Nahrung und/oder Geruch eine Reizüberflutung zu reduzieren.
Im Gegensatz zu dieser Reizüberempfindlichkeit steht oft eine Unempfindlichkeit gegenüber Schmerzen, die dazu führen kann, dass Warnsignale des Körpers nicht ernst genommen werden; viele Asperger-Autisten sind auch gegenüber der Außentemperatur unempfindlicher als andere. „Einige Erwachsene fühlen sich durch ihre sensorische Überempfindlichkeit im Leben schwerer beeinträchtigt als durch Probleme beim Schließen von Freundschaften, bei der Gefühlssteuerung und bei der Arbeitssuche.“
∙ Eine kleine Recherche von mir zum Thema Autismus – Quellen Wikipedia (Autismus und Asperger-Syndrom)
Vielleicht hilft es euch weiter.