Kieler Woche
Durch einen kurzen Mailaustausch wurde ich heute an ein Date erinnert, dass ich zu meiner Hamburger Zeit während der Kieler Woche mit einer Kieler Geschäftsfrau hatte. Es gehört ohne Zweifel zu den schönsten, auch wenn es meine Selbstsicherheit sehr auf die Probe gestellt hat. Ich schreibe es hier mal in meinem als Autor gewohnten Stil, den Namen der beteiligten Frau habe ich natürlich geändert.
„Meinst du, du kannst mich am Strand vögeln?“ Jana hatte ihre Sonnenbrille abgenommen und blickte mich mit ihren hellblauen Augen unschuldig an. Wir kannten uns seit etwa einer Stunde.
„Sicher nicht jetzt, die Strände sind ziemlich voll“, bemerkte ich wie beiläufig und versuchte meine Irritation zu verbergen. „Vielleicht gehen wir noch etwas an der Promenade lang und fahren Abends zum Strand.“ Mir waren die Großsegler an der Promenade vertrauter als die Kieler Strände und wenn ich mit ihr an Bord eines der Schiffe ging, auf dem ich schon einmal als Kapitän gefahren war, fühlte ich mich etwas sicherer, könnte ihr einiges zeigen und dabei wieder an Selbstvertrauen gewinnen. Im Moment hatte sie eindeutig die Oberhand. Als wir am Getränkestand einer der vielen in der Stadt verstreuten Bühnen ins Gespräch gekommen waren, war ich noch ganz ich selbst, dirigierte selbstsicher unsere Unterhaltung so dass keine Verlegenheitspausen aufkamen und gab ihr Gelegenheit, von sich und ihren Interessen zu erzählen, wobei wir natürlich manche Gemeinsamkeit entdeckten.
Natürlich hatte ich mehr im Sinn als einen Nachmittag an der Kieler Hafenspitze und war entschlossen, sie anzugraben und am Abend abzuschleppen. Ihr plötzlicher Vorstoß hatte mir allerdings überraschend den Wind aus den Segeln genommen.
„D’accord. Wir fahren heute Abend zur Ostseite, dort ist kein Betrieb. Vorher können wir noch etwas essen und du zeigst mir dein Segelboot.“ Segelboot! Dass Frauen einen Rahsegler nicht von einem Plastikkreuzer unterscheiden können! Vielleicht würde ihr die Größe des Fahrzeuges imponieren, wenn ich ihr die Brücke zeigte, die beeindruckende Elektronik und die hohen Masten und ihr dabei erzählte, wie es ist, über den Atlantik zu segeln.
Natürlich war sie in keiner Weise beeindruckt, als ich ihr, nachdem ich den Bootsmann begrüßt hatte, der die Gangway bewachte und die Touristen zur Schiffsbesichtigung an die Crewmitglieder übergab, das Schiff zeigte. Weder Messe noch Kombüse nötigten ihr irgendeinen Respekt ab, da ihre einzigen Berührungen mit der Seefahrt aus Überfahrten nach Schweden mit Mammutfähren bestanden. Ich verzichtete daher auch darauf, ihr nähere Einzelheiten des Riggs zu erklären und beschränkte die Besichtigungstour auf einen kleinen Rundgang um gleich darauf wieder einen Stand mit Weinausschank anzusteuern. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass nicht ich sondern Jana die Regie übernommen hatte, während ich nicht nur etwas aus dem Fahrwasser geraten war, sondern zunehmend ins Schlingern geriet. Das Gefühl, einfach angebaggert und abgeschleppt zu werden war ich nicht gewohnt, obwohl rational gesehen das Ergebnis das gleiche bleiben würde. Aber es gibt Situationen, da denken Männer eben nicht mehr rational.
Einige Stunden später am Strand gewann ich für kurze Zeit etwas von meiner alten Sicherheit zurück. Im Schutze einiger Strandkörbe hatten wir eine Decke ausgebreitet und tranken abwechselnd aus der mitgebrachten Flasche Bardolino. Staunend hörte sie zu, als ich ihr nicht nur erklärte, wo die Lichter der Leuchttürme herkamen, die am Horizont zu sehen waren, sondern ihr auch die Sternbilder am klaren Himmel beschrieb, während der Nordwind, der seit Sonnenuntergang die Lufttemperatur merklich abgekühlt hatte, sich langsam unangenehm bemerkbar machte. Doch kaum hatte ich wieder etwas von dem Gefühl gekostet, sie würde zu mir wie zu den Sternen aufblicken, von diesem Gefühl, das Männer ab und zu einfach brauchen, holte sie mich mit einem Ruck auf die Erde zurück: „Hey, du darfst mich nebenbei ruhig etwas anfassen!“
Ihr Tempo wurde mir zwar unheimlich, trotzdem begann ich tapfer, meine Hand unter ihren Pullover zu schieben, als der Nordwind mich und die Situation rettete. Ich spürte, wie sie unter der Kühle zu erschauern begann, die plötzlich ihre bloße Haut erreichte. „Hast du nicht lieber Lust, mit zu mir nach Haus zu fahren? Es wird mir doch zu kalt hier.“ Natürlich hatte ich, besonders, da der Vorschlag von ihr gekommen war und nicht ich hatte zugeben müssen, dass die Nacht inzwischen viel zu kalt war um Sex am Strand zu etwas anderem als einem Überlebenstraining zu machen.
Zielstrebig dirigierte sie mich zu ihrer Wohnung, zeigte mir den Parkplatz und nahm meinen Vorschlag, zunächst gemeinsam heiß zu duschen, gern an. Sie war bis auf die Knochen durchgefroren, genau wie ich, was ich mir allerdings nicht anmerken ließ.
Der Rest der Nacht gestaltete sich jetzt, da wir wieder auf einer Ebene waren, entsprechend schön für uns beide, so schön, dass wir den nächsten Tag und die folgende Nacht gleich daran hängten und das Bett nur für einen kurzen Besuch beim Mexikaner um die Ecke verließen und uns für die kommenden drei Monate die gegenseitigen Exklusivrechte zugestanden.