Ich finde das EP und die entstehende Diskussion (nicht nur für den beschriebenen Einzelfall) sehr interessant und wichtig.
Unabhängig davon, das es sehr sehr unterschiedliche psychiatrisch relevante Erkrankungen gibt, die nicht alles mit gleicher Symptomatik einhergehen, gibt es auch sehr sehr unterschiedliche Menschen, die erkrankt sind und einen sehr unterschiedlichen Umgang mit ihrer Erkrankung haben. Sei es weil sie eben unterschiedliche Persönlichkeiten sind, oder eben auch sehr unterschiedlich gelernt haben, ihre Erkrankung zu akzeptieren und mit ihr zu leben. Über einen Kamm scheren und in die Schublade, der oder die hat eine psychische Erkrankung, gibt es eben nicht.
Bei einer Einschätzung, wie es sein kann, wenn ich einen Menschen mit psychischer Erkrankung liebe und mit ihm leben will, muss ich zumindest für mich den Unterschied machen, besteht eine Beziehung bereits und derjenige erkrankt, oder beginnt da ein Pflänzchen Beziehung erst und ich begegne einem Menschen mit psychischer Erkrankung.
Ich habe mit einem Mann, den ich sehr liebe, vor Jahren eine Beziehung begonnen, die sich nach etwa drei Jahren für beide als unlebbare Beziehung herausstellte. Dieser Mann erkrankte nach etwa 1 1/2 Jahren, entwickelte eine manisch-depressive Episode. Da ich ihn in gesunden Zeiten kennen gelernt habe, zudem als Sozialpädagogin jahrelang mit schwerkranken, chronifizierten Menschen mit psychischer Erkrankung gearbeitet habe, war es für mich selbstverständlich, das ich mit ihm durch diese Erkrankung gehe, in der Hoffnung, dass es wieder Zeiten geben wird, in denen die Erkrankung ihr Gewicht verliert, es ihm besser geht, weil er Unterstützung und Therapie von Aussen annimmt. Die Erkrankung zeigte sich in eher geringen manischen Ausschlägen, aber sehr sehr schweren depressiven Ausschlägen. Und es zeigte sich leider auch, das dieser Mann nicht bereit war, sich in Behandlung zu begeben, medikamentöse Behandlung und auch Therapie für sich ablehnte, dafür aber Alkohol als Selbstmedikamention nutzte und damit in einem weiteren Teufelskreis geriet, der letztlich weder für mich noch für ihn eine Beziehung lebbar machte. Ich kam an meine Grenzen und auch das war ziemlich schwer zu erleben für mich, hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt doch die Annahme in mir, dass ich das stemmen könne. Die Beziehungsnähe hat es unmöglich gemacht eine notwendige Distanz aufrecht zu erhalten, zumal er sich dann in einer schweren Episode getrennt hat. Für ihn war das wichtig, erst danach war es ihm möglich anzuerkennen, das er krank ist und professionelle Hilfe notwendig war. Er hat sich dann doch in Behandlung begeben, Medikamente angenommen und eine Therapie begonnen.
Für mich war das eine wichtige Erfahrung, denn ich habe meine Grenzen kennen gelernt und für mich kapiert, das Liebe und vor allem Altruismus nicht wirklich hilft, in einer Beziehung mit einem psychisch kranken Menschen ich selbst zu bleiben. Es entsteht schnell eine Art Co-Erkrankung oder .Abhängigkeit, die für beide Seiten zu Beeinträchtigungen führen können.
Was mich sehr zermürbt hat, war der Umstand, das dieser Mann selbst keine gute Distanz- und Nähe- Regulation hatte. Das ununterbrochene an sich heranziehen und wieder wegstoßen hat mich selbst sehr verunsichert und damit auch die Basis der Beziehung letztlich zerstört.
Zwischendurch bin ich dann aus einer sehr persönlichen Situation heraus selbst schwer an einer Depression erkrankt. Kenne also auch die andere Seite mittlerweile. Aus dieser Zeit nahm ich mit, das es vor allem auf die Verantwortung für sich selbst ankommt und den Wunsch wieder gesund zu werden, um eine psychische Erkrankung ausheilen zu lassen. Ich war in dieser Zeit in keiner festen Beziehung zu einem Menschen und für mich war das auch genau das richtige, ich habe mich so mit mir selbst auseinander setzen können und vor allem gelernt zu erkennen, wo meine Grenzen sind, was ich aushalten kann und will.
Ende des letzten Jahres habe ich hier einen Mann kennen gelernt, der psychisch krank ist und das anfangs gut verheimlicht hatte. Zu seiner Erkrankung kam zudem ein nicht unerheblicher Substanzmissbrauch verschiedenster Art. Als mir das bewusst wurde, habe ich mich zurück gezogen, denn klar war auch, das dieser Mann nicht bereit ist, seine ihm sehr bewusste Erkrankung an zu gehen, in dem er Therapie macht. Hilfe hat er sich offenbar von mir versprochen.
Fakt ist einfach für mich, das ich einen stabilen Partner für eine feste Beziehung haben möchte, aber zumindest einen, der sich um seine Gesundheit selbstständig kümmert und eine Beziehung nicht als Hilfe missbraucht.
Und auch hier war die Nähe-Distanz-Regulation nicht möglich für ihn.
Fazit für mich, ich werde nicht bewusst in eine Beziehung hineingehen, in der klar ist, dass der Mann, auch wenn ich ihn liebe, nicht bereit ist, selbstständig an seiner Erkrankung zu arbeiten und sich in Behandlung zu begeben.
Für mich ist eine Beziehung in dieser Konstellation von Anfang an zum Scheitern verurteilt.