erzählen wir weiter...
Zitat:
Man zieht sich selber an den Haaren aus dem Sumpf
und wenn das nicht klappt, hat man immer noch Freunde.
(Münchhausen)
Mir fällt auf, dass es von den letzten 2 Jahren keine Bilder mehr gibt. Digitale Fotografie hat das Problem gelöst. Die meisten Bilder werden auf dem Handy gemacht und irgendwann gelöscht. Die restlichen Bilder befinden sich alle auf seinem Laptop.
Als ich mir diesen schnappen will, da klingelt es wieder Sturm.
Erstarrt halte ich in der Bewegung inne. Oh mein Gott! Nicht schon wieder? Geh weg! Geh weg! Mantra-artig wiederhole ich diese Worte. Geh weg! Geh bloß weg. Nach etwa 3 Minuten klopft es an der Fensterscheibe des Wohnzimmer. Entsetzt schreie ich auf und ducke mich hinter der Couch.
„Laura! Laura-Lee! Bist du da? Laura-Lee? Hörst du mich? Laura Schatz! Bitte mach die Tür auf. Ich weiß, dass du da bist!“
Es ist Tom, ich komme langsam hinter der Lehne hoch.
„Oh mein Gott, du siehst schrecklich aus.“, ruft er durch die Scheibe.
„Ja, danke, mir geht es auch prima.“ ist meine Antwort.
5 Minuten später hocke ich auf meiner Couch, wie ein böser Uhu. Ungekämmt, ungewaschen, in meinem alten Shirt, inmitten kaputter Bilder. Vor mir Tom, der mir eine Standpauke hält.
Das Türschloß ausgetauscht, die Wohnung in totaler Unordnung, die Sachen im Vorgarten. Oh, fällt mir ein, die Sachen hinterm Haus hat er noch gar nicht gesehen. Upps.
Meine Tränen rinnen umgehemmt, ich heule wie ein Schloßhund. Unter Schluchzen und Tränen erzähle ich Tom, was letzte Nacht passiert ist. Alles, wirklich alles, auch, dass Chris meint, mit mir sei im Bett nichts los, inklusive der Überraschung in meinem Bett, dem Schlüsseldienst und schlafen, dem Handy sowie der Orgie mit den Sachen und den Bildern. Jetzt hält er mich im Arm und wiegt mich. „Ach Schatz!“, sagt er, „Du spinnst ganz schön!“
„Wieso spinne ich?“
„Sag mal, wie alt bist du eigentlich?“
„Wieso fragst du? Du weißt genau, wie alt ich bin!“
„Ja, aber sprich mal dein Alter aus! Jetzt, laut und deutlich!“
„30 Jahre!“
„30 Jahre und dein gesamter Sex besteht aus der Missionarsstellung und dem Doggystyle?“
„Doggy was?“, frage ich.
„Na Hündchenstellung, wenn du das kennst. Oder etwa auch nicht?“
Ich kann nicht verhindern rot anzulaufen, ja die Stellung mag ich.. sehr schön.. aber das sag ich ihm nicht.
„Doch, doch, das kenn ich ..“
„Und?“, bohrt Tom.
„Und was?“
„Na, weitere Stellungen?“
„Weitere Stellungen?“
„Aber Häschen!“, sagt Thomas mit theatralisch Pose.. „Kennst du etwa keine weiteren Stellungen? 69, Löffelchen, Reiterstellung?“
„Ähm ja.“, atme ich erleichtert aus, „Das kenn ich.“, froh, nicht ganz so blöde dazustehen.
„So und nun zum Sex. Welche Arten von Sex kennst du?“
„Wie Arten von Sex? Ich versteh dich nicht.“
„Na, Arten. Zwischen Mann und Frau, zwischen 2 Männern, 2 Frauen,
dann noch SM, Fetisch zum Beispiel?“
„Stop, Stop, Stop!“, rufe ich. „Das kannst du jetzt nicht ernst meinen. Oder?“, doch meint er, ich kann es an seinem Gesicht sehen.
„Sag mal, Lauralee, was willst du eigentlich?“
„Ich will einen ganz normalen Mann, der mich liebt.“
Schon wieder schießen mir die Tränen in die Augen.
„Ich will Liebe, Fürsorge und Vertrauen. Ich will angehimmelt werden, auf den Armen getragen. Ich möchte die Prinzessin in seinem Leben sein.“, antworte ich aus tiefster Überzeugung.
Thomas schaut mich aufmerksam an.
„Scheißegal, was dein Vater gesagt hat, du bist keine Prinzessin!“, wiederholt er den Spruch von meinem Lieblings-Frühstücksbrett.
„Du bist so gemein.“, gifte ich zurück. „Wer Freunde wie dich hat, der braucht keine Feinde.“
„Ja! Ich habe dich auch lieb.“, antwortet er und setzt gleich noch einen drauf...
„Scheiß auf den Prinz, ich nehm den Gaul! Das kennst du doch oder??“
„Siehst du das so?“, schniefe ich. Es tut weh, was Tom da sagt.
Thomas kramt nach Taschentüchern und hält mir eins hin, das habe ich in nullkommanichts voll.
„Noch eins, bitte.“ Entnervt holt Tom die ganze Küchenrolle aus der Küche und wirft sie mir auf den Schoß.
„Hier, die wirst du brauchen! Wir haben Arbeit vor uns!“, brummt er.
„Arbeit? Was für Arbeit?“, ich verstehe Tom nicht.
„Sei ehrlich. Du willst dir sofort wieder einen neuen Lover suchen? Einen, der gleich hier wieder bei dir einzieht, dem du dein ganzes Leben überstülpst und dich dann wunderst, wenn er überfordert ist?“
„Ja, nein, ja.. weißt nicht.“
Tom lächelt fies.
„Nein, das stimmt nicht. Das ist gar nicht wahr.“, versuche ich mich zu rechtfertigen.
„Weißt du, was ich langsam glaube? Du hast Angst alleine zu sein.“ entgegnet er.
„Angst alleine zu sein?“, wiederhole ich seine Worte ungläubig?
„Ja, warum hat der fremde Typ hier geschlafen?“ Warum kannst du dich nicht freuen, diesen Chauvi-Arsch endlich losgeworden zu sein? Warum kannst du deine Freiheit nicht geniessen? Warum lebst du jetzt nicht endlich einmal?“
„Aber ich lebe doch!“, rufe ich dazwischen.
„Ja, sicher, immer kuschen, immer angepasst. Du lässt dir alles gefallen und rennst dann auch noch hinterher.“
„Das stimmt nicht!“
„Nein? Warum dann heulst du? Warum dann wartest du darauf, dass ER anruft?“
„Ich warte nicht!“
„Ach! Und warum schielst du dann immer wieder auf dein Handy? Du wartest doch auf seinen Anruf oder eine SMS! Sag mal, spinnst du? Willst du diesem Kerl vergeben? Nach allen, was er getan hat. Und nach allem, was du getan hast?"
„Was habe ich getan? Nichts!“, rufe ich entrüstet aus!
„Das ist es ja.“, er redet mit mir, wie mit einem bockigen Kind. "Christian kann dich übrigens nicht mehr unter seiner Handynummer anrufen Laura. du hast sein Handy!"
„So, jetzt hol ich uns erst mal Sekt und dann reden wir Tacheles!“
„sag bloß, das war jetzt nur der Schmusekurs?“ schmolle ich ihn an.
Thomas geht zum Kühlschrank.
„Da ist kein Sekt!“,rufe ich ihm nach!
„Wieso denn das nicht?“
„Frag mich bitte nicht, aber im Keller ist noch welcher!“, zucke ich mit den Schultern
Die 3 Minuten, die Thomas im Keller nach dem Sekt schaut, hole ich 2 Gläser.
Aber Thomas kommt nicht mit dem Sekt, sondern mit Wodka wieder..
"Wodka? Aber doch nicht am Tag, du weißt, dass ich erst ab 17.00 Uhr was trinke."
"Das ist es, du bist so normal, so grundanständig, so so ....", er bricht den Satz ab.
'Entsetzlich prüde.', wiederhole ich die Worte von Christian in meinem Gedächtnis. Wieder schniefe ich daraufhin laut auf. Er geht nicht drauf ein.
"So, Cola oder pur?"
Ich schüttel mich, "Weder noch.", antworte ich..
"Keine Widerrede!", sagt Thomas, während er die Gläser aus dem Schrank holt und die Cola aus der Abstellkammer.
50/50 giesst er in die großen Gläser ein.
"Und jetzt Hopp und Ex! Skol!", er hält das Glas hoch und salutiert. "Weißt du noch?", sinniert er..
Ich trinke, er drückt das Glas hoch..angewidert verziehe ich das Gesicht! Grrr...
"Noch einen, entspann dich! Ex und Hopp!!"
"Skol!" lächle ich.. und salutiere vor ihm.
Da ich seit gestern abend nichts gegessen habe, breitet sich der Alkohol schnell in meinem Körper aus. Warm durchzieht es meinen Bauch, dann mein Gehirn.
„Hast du was zu essen im Haus?“, kommt schon Tom's Frage.
„Ich glaube nicht, einkaufen wär heute dran gewesen.“
„OK!“, sagt er darauf, „Ich gehe jetzt einkaufen und du bekommst eine Aufgabe. Du machst eine Liste von Arten des Sex. Wenn ich zurück komme, will ich Ergebnisse sehen.“
Er nimmt sich einen Schlüssel vom Bund und ich klappe den Laptop auf und gebe ein: Arten des Sex.
Und während Google sucht, frage ich mich, was Thomas im Schild führt.