53 Wochen
Die Fahrt dauert nun schon 4 Stunden, normalerweise wäre ich in 2 Stunden zuhause gewesen. Heute jedoch reiht sich ein Stau an den anderen. Mist!! Genervt fluche ich vor mich hin.Schon 22.40 Uhr zeigt die Uhr am Amaturenbrett an. Hundemüde und fix und fertig freu ich mich nur noch auf Zuhause und meinen Freund. Die Schulung war anstrengend, aber überraschend war das letzte Meeting schon gegen 16.00 Uhr zuende und nicht wie geplant erst gegen 20.00 Uhr. Als auch das anschließende Essen abgesagt wurde, checkte ich kurzerhand im Hotel aus und machte mich auf den Weg, um Chris zu überraschen.
Im Haus war schon alles dunkel, als ich ankomme. Der Süße schläft schon, lächle ich, und denke sehnsuchtsvoll an unser warmes Bett und Chris schönen, warmen Körper. Leise öffne ich die Tür und ziehe im Flur Schuhe und Mantel aus. Falls Chris schon schläft, will ich ihn sehr liebevoll aus seinen Träumen wecken.
Schnell noch den Sekt holen... Barfuss tappe ich in die Küche zum Kühlschrank, da steht immer einer für besondere Anlässe drin.
Aber der Sekt steht nicht an seinem Platz in der Tür. Komisch. Verwundert verziehe ich das Gesicht. Dann eben ohne, zucke ich mit den Schultern.
Ganz leise schleiche ich die große Treppe in das obere Geschoss hinauf. Voller Vorfreude beginne ich schon auf der Treppe meine Bluse aufzuknöpfen. Auf dem oberen Flur liegen in Schein der Straßenlampen Sachen verstreut. Typisch Chris, denke ich und beginne die Sachen einzusammeln.
Sein Hemd .. geniesserisch ziehe ich den Duft seines Hemdes ein.. mmh..
Vor meinem inneren Auge sehe ich Bilder von uns, wie wir uns vor Verlangen die Klamotten vom Leib reissen, um endlich übereinander herzufallen. Wie lange war es schon her, dass wir so ins Bett gegangen sind. 1 Jahr? 2 Jahre?
Nach dem Hemd kommt seine Jeans, sein Slip...
aber dann noch etwas anderes.. mein Herz beginnt zu wummern.
Was ist das? Ein Kleid? Ungläubig halte ich das zarte Etwas gegen das Licht, das von außen durch die Fenster herein fällt.
Ein Kleid!
Und da.. ein BH... ungläubig schaue ich die Kleidungsstücke in meiner Hand an.
Das darf nicht wahr sein, ist alles, was durch mein Gehirn geht.
Und dann höre ich auch das Stöhnen aus dem Zimmer, unserem Schlafzimmer.
Sprachlos öffne ich die Tür, stehe still im Türrahmen. Nicht fähig zu begreifen, was ich sehe und höre.
Es ist wie in einem Porno.. oder wie in einem schlechten Porno?
Nein, das ist Realität, das ist echt!
Gefühlte 10 Minuten hör ich mir das Gestammel und Gestöhne an, es waren sicherlich nur 10 Sekunden. Ob ich noch denke? Ich weiß es nicht.
Dann jedenfalls schalte ich die Deckenbeleuchtung ein. Gleißendes Licht erhellt die Szene.
Hektisch versucht SIE die Decke auf ihre Blöße zu ziehen. Das Gesicht hätte man fotografieren sollen. Ein echter Koitus Interruptus!!
Stumm blicke ich Chris an. Mein Herz rast und ich muss mich sehr beherrschen nicht loszubrüllen. Am liebsten hätte ich ihr die Augen ausgekratzt, ihn geschlagen, die gesamte Straße zusammen geschrien.
Aber ich bin unfähig dazu. Unfähig zu reden, unfähig zu handeln. Wie immer, wenn es darauf ankommt.
'Tu was!', sage ich mir. 'Tu was, du kannst hier nicht so blöde rumstehen und glotzen!'
Wortlos sammle ich die restlichen Sachen ein, öffnete das Fenster und werfe alles hinaus.
Dann öffne ich den Kleiderschrank und beginne Chris Sachen auch hinaus zu werfen..
„Spinnst du?“, nackt steht Chris vor mir und versucht mir die Sachen zu entreißen.
Hoch erhobenen Hauptes geh ich zum Bett und nehme die Bettdecke. Auch die fliegt in hohem Bogen durch das Fenster auf die Straße. Das Mädchen, plötzlich nackt, kreischt ohrenbetäubend und wickelt sich hektisch das Bettlaken um den Körper.
„Raus! Alle beide raus!!“ Theatralisch zeigt mein Finger auf die Tür.
„Wer ist das?“, fragt ängstlich ihre dünne Stimme.
Oh Gott! Sie weiß nicht einmal, dass es mich gibt. Scheiße... und ich habe ihre Klamotten aus dem Fenster geworfen..
Mein schlechtes Gewissen beschleicht mich..
Moment mal!! Ich hab doch nichts falsch gemacht!! Ich brauche kein schlechtes Gewissen.
„Das!“, kommt da auch schon die ironische Stimme von Chris, „Ist meine Freundin.
Prüde, langweilig und vollkommen unerotisch. Denn, wenn Sie was auf dem Kasten hätte, dann wäre sie zu uns ins Bett gekommen und hätte mitgemacht, statt sich so hier aufzuführen.. aber das hast du nicht drauf! Stimmts??“
Energisch schüttel ich den Kopf..
„Und falls es dir nicht gedämmert ist, du blöde Kuh,“ seine Stimme trieft vor Hohn, „ich mache, was ich will und wann ich es will und falls es dir nicht passt, du kannst ja gehen.“
„Nein!“, sage ich, „Ich nicht! Du kannst deine Sachen packen und verschwinden.“
„Pah!! Packen!! ... stell sie mir vor die Tür, ich hole sie irgendwann ab.. den Rest kannst du behalten. Miststück!“
Damit zerrt er die Kleine aus dem Bett und geht...
Als die Tür unten ins Schloss knallt und ich den Motor seines Autos leiser werden höre, suche ich als erstes die Nummer eines Schlüsseldienstes raus.
Ich bitte ihn, meine Haustür zu öffnen, weil ich meinen Schlüssel verlegt habe. Der Mann am Telefon verspricht in spätestens einer halben Stunde bei mir zu sein.
Chris, der elende Mistkerl, soll bloß nicht glauben, dass er noch einmal einen Fuß über diese Türschwelle setzt.
'Pah!!', wiederhole ich sein Wort in meinem Gedächtnis, da hast du dich gewaltig geirrt.
Dann setze ich mich in mein Auto und warte...