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Making Movies

********mann Mann
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Part II - Vergeltung
„Wozu habe ich die ganze Knoblauch-Zehe klein gehackt, wenn du nur ein Fitzelchen davon nimmst?“ fragte die andere große, blonde Anja in Leipzig gerade.

Der Koch ging gar nicht darauf ein, bat Julia, einen knappen Esslöffel Honig in die Gemüsepfanne zu geben.

„Bitte mal die Handkamera auf dieses kleine Tiegelchen! Danke, Jochen! Hier reduziere ich seit zwanzig Minuten ein feines Portwein-Sößchen!“

„Die Zeit drängt, Christian! Wird Zeit, dass du den Lachs jetzt aus dem Ofen holst und anrichtest!“ drängte die blonde Moderatorin.

Der Sternekoch eilte zum Umluftherd und richtete den Lachs auf einer quadratischen Platte an.

„Probier mal bitte den Kokosreis, Julia!“ wies er die Schauspielerin an.

Julia nahm den Deckel ab, griff nach einem sauberen Esslöffel und kostete.

„Noch ein wenig bissfest, schmeckt wie thailändischer Milchreis! Wusstest du, dass man in Thailand auch schwarzen Milchreis zubereitet?“

„Nee, wusste ich nicht! Das Rezept?“

„Schwarzer Klebereis wird nur auf wenigen Flächen im Isaan, dem Nordosten von Thailand angebaut. Angesetzt wie hier mit Kokosmilch und etwas Zucker, dann läßt man ihn abkühlen und serviert ihn mit Mangospalten!“

„Klasse Idee für ein Dessert, muss ich mir merken, danke, Julia!“

Der Koch gab drei Löffel Reis zum Lachs auf die Platte, dann etwas Fenchel-Paprika-Gemüse und verzierte das Ganze mit dunkelroter Portweinsoße.

„Voíla! Unbedingt nachkochen – saulecker!“ Dann verbeugte sich der bayerische Koch, schüttelte Julia die Hand.

„Ich würde mal sagen: Praxistest mit ‚Ausgezeichnet‘ bestanden! Geht in die Annalen der Fernsehgeschichte ein! Mit dir hätte ich auch Currywurst zubereiten können – deine Anwesenheit veredelt jedes Gericht!“

Dieser Mann ging sogar soweit, ihr den Arm um die Schultern zu legen! Julia lächelte dazu…

Die Kameras konzentrierten sich unterdessen auf die blonde Anja, die ein paar Meter weiter weg in einer anderen Kulisse weiter moderierte.

„Unsere Mikrofone, sind die aus?“ vergewisserte sich der Meister-Koch. Man nickte ihm zu.

„Auch von mir alles Gute für dich und das Baby! Pass auf dich auf, ich meine ja nur, wegen der Übelkeit vorhin…Wo bekommt man denn schwarzen Reis her?“

„Weiß ich nicht, vielleicht in einem sehr gut sortierten Asia-Shop oder man kennt eine Thailänderin, die das mitbringt“, zwinkerte sie ihm zu.

Die Moderatorin hatte schlichtweg vergessen, sie zu verabschieden, dafür hatte es der Koch getan.
In der Regie atmete man auf. Julia war entlassen, gab die weiße Schürze ab.

Draußen auf dem Flur vor der Garderobe trat Holger von einem Fuß auf den anderen.

„Mann, hat det lange jedauert! Ick habe noch keen Geschenk für meine Kleene“, maulte er.

Julia musste sich strecken, um dem Hünen auf die Schulter klopfen zu können.

„Danke für deine Geduld, Holger! Konnte ja nicht wissen, dass die mich noch als Küchenfee brauchen! Wie alt ist denn deine Tochter? Wir kaufen etwas gemeinsam, ist ja noch Zeit!“

Julia huschte kurz in die Garderobe, um sich wieder etwas abzuschminken und hakte dann gutgelaunt ihren Bodyguard unter – wohl wissend, dass demnächst der Traumprinz unter den Personenschützern, Ben, einschweben würde.

„Geht mir zwar nüscht an, aber warum kommste nich‘ einfach mit zurück nach Berlin, Julia?“

Sie ließ die Frage unbeantwortet, das Handy meldete sich unüberhörbar. Sie drückte Markus weg – den ließ sie erstmal zappeln.

„Also, was ist, Holger?“ fragte sie auf dem Weg zum herbei georderten Taxi.

Julia glaubte sich zu erinnern, dass die Tochter etwa vier Jahre alt war.

Sie überließ allerdings im Spielzeug-Fachgeschäft in der City dem Papa die Auswahl, der sich für ein Spielzeug-Handy entschied.
Nicht die beste Wahl, wie Julia befand, aber es musste ja der Tochter von Holger gefallen, nicht ihr.

Dann ließ sie sich zum Steigenberger Grandhotel Handelshof kutschieren, die für einen Hollywood-Star angemessene Adresse in der Messestadt.

Und genau wie eine Diva staffierte sie sich jetzt auch wieder aus mit seidenem Kopftuch und verspiegelter Sonnenbrille, obwohl die Sonne gerade über den Dächern von Leipzig unterging.

Sie hatte Glück, obwohl nicht vorbestellt, war noch eine Suite frei.
Dazu musste Julia allerdings die Sonnenbrille ein Stück hoch schieben, damit man sie an der Rezeption erkannte.

Holger fläzte sich in einen Sessel im Foyer, wartete auf die ersehnte Ablösung.

Julia ließ sich von einem Pagen zur Suite bringen, gab ein paar Euro Trinkgeld, vielleicht hatte der junge Mann von so einer berühmten Schauspielerin sogar mehr erwartet.
Fluch des Ruhms! Man musste ständig aufpassen, was man tat.

Zu dem konnte sie nicht einfach runter ins Restaurant gehen oder gar an die Bar – obwohl ihr der Sinn danach stand.

In ihrem Zustand durfte sie nichts trinken und irgendein Journalist oder aufdringlicher Fan würde sie anquatschen.

Blieb nur das Verweilen im luxuriös ausgestatteten Zimmer, der große Flachbild-Fernseher an der Wand und der Griff zum Telefon, um etwas beim Zimmerservice zu ordern.

Julia entschied sich für Hähnchen Cordon bleu mit Reis und eine Flasche Mineralwasser, was hier genau so teuer war wie anderswo eine Flasche Wein.

Noch spielte sie nicht in der gleichen Liga, wie Meryl Streep, Julia Roberts oder ihre Freundin Natalie Portman.
Aber noch ein erfolgreicher Hollywood-Streifen und man würde ihr eine Gage zahlen, wie Jennifer Lawrence.

Julia träumte davon, mit einem Hubschrauber von Leipzig nach Berlin zu fliegen, döste kurz weg, wurde durch ein Klopfen an der Tür wieder geweckt.

„Room-Service, Frau Lindner!“

wird fortgesetzt..
********mann Mann
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Part II - Vergeltung
Eine junge, adrette und zudem hübsche Frau goss Mineralwasser in ein Glas, hob eine Glosche an und servierte das Essen auf einem Couchtisch.

Julia gab diesmal zehn Euro, damit man sie in Leipzig nicht als geizig in Erinnerung behielt, stocherte zunächst in dem Essen.

Wie hatte ihre Mutter immer gesagt, lange vor der Zeit, als man sich mit Küchengeschirr beworfen hatte?

„Appetit kommt beim Essen!“

Sie hatte das gemeinsame Lachs-Essen mit dem Koch mit dem lockeren Mundwerk vorhin ausgeschlagen, aber jetzt spürte sie tatsächlich Hunger.

Sie musste ja das in ihr wachsende neue Leben mit versorgen.
Nach wenigen Minuten hatte sie zu ihrem eigenen Erstaunen alles weg geputzt.
Die konnten hier wirklich gut kochen, fast so gut, wie Christian Henze, dessen Visitenkarte sie in der Handtasche verstaut hatte.

Julia streckte sich wieder auf dem King-Size-Bett aus, verschränkte die Hände im Nacken.

Es dauerte nicht lange, da klopfte es wieder an die Tür und sie rief: „Herein!“

Es war Ben, groß, schlank, mit schwarzen Haaren und Dreitagebart, gekleidet in einen schicken Anzug.
Der Gegenentwurf zum etwas grobschlächtig wirkenden Holger.

Zwischen ihnen hatte sich etwas entwickelt, das man schlecht beschreiben konnte.

Respekt, Freundschaft, Vertrauen – sie funkten auf der gleichen Wellenlänge.

Aber mehr durfte daraus nicht werden.
Whitney Houston und Kevin Costner – es war schon eine ganze Weile her, dass Hollywood aus der Beziehung zwischen einem Star und dessen Bodyguard ein Drama gemacht hatte.

„I will always love you“ – nein, so weit durfte es nicht kommen. Aber es war unterschwellig da – und sie wussten es beide…

„Schön, dass du da bist, Ben, nimm‘ Platz!“ sagte Julia und spürte die Durchblutung ihrer Wangen.

Ben blieb noch einen Moment stehen, musterte die in seinen Augen unglaublich schöne, junge Frau.
Mit dieser Meinung war er allerdings nicht allein auf der Welt.

„Keinen Flug mehr bekommen, Julia?“ räusperte er sich und nahm mit etwas Abstand nun doch am Couchtisch Platz.

Natürlich fragte auch er sich, ob man das unter den Marotten einer Diva abtun sollte, dass sie sich hier ein Hotelzimmer nahm, obwohl man selbst mit einem langsamen Auto noch weit vor Mitternacht Berlin erreicht hätte.

‚Freiheit bedeutet auch, das zu tun, was man möchte und das zu unterlassen, was einem nicht behagt‘, so oder ähnlich hatte es mal ein kluger Kopf formuliert.
Und Julia war jetzt mit ihrem Einkommen genau an dem Punkt – im Rahmen ihres Terminkalenders.

Nie im Leben würde sie zugeben, das Hotelzimmer gebucht zu haben, um mit ihrem Lieblings-Bodyguard eine Nacht zu verbringen.
Ganz platonisch versteht sich…
Oder etwa nicht?

„Ich würde dir gern etwas zu trinken anbieten, Ben, aber ich darf nicht und du…“

„Ich bin im Dienst!“ grinste Ben.

„Ach, ja, beinahe vergessen. Ich gehe mich dann mal bettfertig machen“, sagte sie im Aufstehen, als fühle sie sich verpflichtet, alle ihre Bewegungen zu rechtfertigen.

„Heißt das, wir beide in einem Zimmer? Hast du kein zweites gebucht?“ rief der erstaunte Ben der durch die Badtür huschenden Julia hinterher.

„War nur noch diese Suite frei!“ Dann klappte die Tür zu.

Die Notfalltasche, die Ben mitgebracht hatte, war mit ihr im Bad verschwunden.


In Berlin-Wilmersdorf klingelte in einer alten, sanierten Wohnung das Festnetztelefon.
Ein Relikt aus vergangenen Zeiten, viele hatten gar keines mehr.

Anja löste sich widerwillig von ihrem Laptop. Sie hatte im Internet für ihre neue Idee recherchiert, mit der sie morgen Markus überraschen wollte.
Es war immer gut, mehrere Pfeile im Köcher zu haben, nicht nur als Sub zu punkten…

„Was hast du an?“ fragte Markus ohne sich mit Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten.

„Na, ja, T-Shirt und Jogginghose, Schlabberlook halt…“

Ehe sie fragen konnte, was das sollte, kam der Befehl:

„Zieh‘ dich aus!“

Anja gehorchte widerstrebend, schlüpfte aus den Wohlfühl-Klamotten.

„Fertig, Herr!“ gähnte sie.

„Wirklich? Auch die Unterwäsche!“

Anja zog auch BH und Slip aus, konnte es sich aber nicht verkneifen, zu sagen:

„Ich bin müde, mir ist kalt, bitte, Markus!“ Das hätte sie besser unterlassen.

„Erinnere mich morgen an deine Bestrafung!“ Anja zitterte tatsächlich.

Wegen der frühlingshaften Temperaturen hatte sie die Heizung gedrosselt.

Wollte der wirklich von nun an ihr ganzes Leben dominieren?
Wenn sie diesen Mann haben wollte, musste sie wohl oder übel darauf eingehen, auch wenn sie das Spiel gerade nicht besonders erregte.
Hoffentlich kam er bald zur Sache!

„Du suchst jetzt im Internet nach den Grundstellungen einer Sklavin, übst sie ein und gehst erst dann zu Bett, wenn du sie beherrscht!“

„Ja, Herr!“ Anja lauschte dem Tuten in der Leitung, der Dominus hatte aufgelegt.

Bei der Grundstellungen wurde sie schnell fündig, setzte den Laptop auf den Teppichboden und begann zu üben.
Im schnellen Wechsel – damit ihr wieder warm wurde…


Julia schwebte im Negligé durch den Raum, hüpfte ins Bett und deckte sich züchtig zu.
Ben verschwand im Bad, putzte sich die Zähne, legte aber nur das Jackett ab.
Dann wollte er es sich auf der hellen Ledercouch bequem machen.

wird fortgesetzt...
********mann Mann
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********mann Mann
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********mann Mann
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Part II - Vergeltung
Markus hatte sich alle Mühe gegeben, Kaffee gekocht, den Tisch gedeckt und den Kuchen auf einer gläsernen Platte angeordnet.

Bei Anja dauerte es naturgemäß immer etwas länger im Bad wegen ihrer langen, dichten Haare.

Bevor sie sich setzen durfte knurrte Markus: „Kontrolle der Kleiderordnung!“

Da Anja nicht sofort reagierte, hob er selbst den Saum des Rockes an und seine Hand glitt zwischen ihre Beine.
Er fühlte frisch rasierte, glatte Haut, hätte gern an dieser Stelle weiter gemacht, aber das zweite Frühstück wartete…

Er zeigte seiner Assistentin, wie sich eine gute Sklavin hinzusetzen habe, mit gelüpftem Rock und gespreizten Schenkeln.

„Darf ich eine Frage stellen, Herr?“

„Aber immer, Subbie!“

„Gelten die Verhaltensregeln jetzt immer…?“

„Immer, wenn wir allein sind! Außerhalb des Session-Rooms darfst du auch ‚Du‘ und ‚Markus‘ sagen – würde sonst zu sehr auffallen, wenn nachher Julia wieder da ist“, räusperte er sich.

Es war schon ein komischer Gedanke, diesmal Julia nicht einzuweihen.

Früher oder später würde seine Frau es heraus finden.
Sie wirkte manchmal etwas naiv, konnte aber auch das Gras wachsen und die Flöhe husten hören…

Markus goss Kaffee ein. „So, nun raus mit der Sprache, Anja! Du hast einen Vorschlag, unsere Arbeit betreffend?“

„Sicher hast du selbst schon einmal darüber nachgedacht, nicht nur für Julia, sondern auch für andere Künstler zu arbeiten, Agentur-Dienste anzubieten. Das Problem ist, dass die bekannten Schauspieler alle schon ein Management oder zumindest einen Agenten haben. Mein Vorschlag ist, Nachwuchs zu casten und die Besten bei uns aufzunehmen…“

Anja rutschte mit dem nackten Po unruhig auf der rauen Sitzfläche weiter nach vorn.

Eine Tür klappte und die Management-Assistentin schlug sofort die Knie zusammen.

„He, wo kommst du denn her, Schatz?“

Markus war aufgesprungen und hauchte seiner Frau einen Kuss auf die Lippen. Anja zuckte unmerklich zusammen.

„Sieht lecker aus, kann ich auch ein Stück haben?“ Seit Beginn ihrer Schwangerschaft hatte Julia Heißhungerattacken.

„Die Synchronisation von ‚Crazy For You‘ fällt heute leider aus, ist jemand krank geworden.“

Julia nickte Anja freundlich zu, registrierte nur am Rande, dass deren Rock irgendwie merkwürdig über dem Stuhl hing, war aber abgelenkt, weil Markus ihr ein Gedeck hinstellte und ein Stück Kuchen auf den Teller schob.

„Ich habe nur das Stichwort ‚Casting‘ gehört – davon gibt es doch schon genug im TV! Bitte, erklärt es mir!“

Sie begann umgehend, mit der Kuchengabel das Gebäckstück zu zerpflücken.

Markus nickte der innovationsfreudigen Assistentin zu.
Es waren deren Job, die eigene Idee zu erläutern, auch Julia schmackhaft zu machen.

„Ich könnte mir einen eigenen Youtube-Channel vorstellen. Junge, talentierte Schauspieler, von mir aus können wir es auch auf Musical-Darsteller erweitern, werden von der Oscar-Preisträgerin gecastet und bewertet. In der Jury könnte neben euch, Julia und Markus, vielleicht noch ein Promi sitzen und dann würde auch das Fernsehen darauf aufmerksam werden – auch wenn die Idee nicht wirklich neu ist“, musste Anja zugeben.

„Also ich könnte mir das durchaus vorstellen“, sagte Markus gut gelaunt und Anja’s Wangen wurden rot überflammt.

„Mein Terminkalender ist zu voll, um das jetzt auch noch dazwischen zu packen“, seufzte Julia.

„Ich weiß“, beschwichtigte Markus sie. „Aber du wirst in Zukunft aus bekannten Gründen kürzer treten müssen und dazu musst du nicht einmal die Villa verlassen, Julia!“

Dagegen konnte sie schlecht etwas einwenden, aber Julia wurde den Verdacht nicht los, dass die beiden wie Versicherungsvertreter argumentierten:
Es ging gar nicht mehr um die Sache an sich, sondern schon um deren Umsetzung.
So nach dem Motto: Wann wären dir denn die Castings lieber? Vormittags oder nachmittags?
Die Veranstaltung als solche wurde gar nicht mehr in Frage gestellt.

Plötzlich sprang Julia auf und rannte nach draußen.
Anja und Markus schauten ihr erst verwundert hinterher, dann sich betreten an.
Was war nun wieder in den Star gefahren?

„Ben! Ben!! Es gibt Kaffee und Kuchen – möchtest du auch etwas?“ schrie Julia in den Park.

Nach einer knappen Minute tauchte der dunkle Haarschopf neben einem Rhododendron-Busch auf.

„Nein, danke, Julia! Ich drehe meine vorgeschriebene Runde!“

„Aber wir haben doch Überwachungskameras!“

„Tja, auch die können kaputt gehen oder außer Betrieb genommen werden!“

Ben tippte an einen imaginären Mützenschirm und verschwand wieder hinter dem Haus.

Julia zuckte mit den Schultern und eilte wieder nach drinnen, wo es ihr schien, als ob Ehegatte und Assistentin die Köpfe zusammen gesteckt hatten, jetzt aber so taten, als würde sich jeder nur mit seinem Kuchenstück beschäftigen.

Julia wollte gerade Markus unter einem Vorwand weg schicken, um Anja zur Rede zu stellen, da kam ihr das Festnetztelefon zu Hilfe und der Manager und Ehemann wuselte in sein Büro.

Sie gab der jungen Frau ein Handzeichen, die sich daraufhin erhob und den Rock glatt strich.

Julia machte sich nicht Mühe, den Saum des Kleidungsstücks nach oben zu schieben.
Sie stellte sich ganz dicht vor die Assistentin und fühlte durch die dünne Stofflage, dass da nichts mehr kam.

wird fortgesetzt...
********mann Mann
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Part II - Vergeltung
Anja senkte schuldbewusst den Kopf. So viel dazu, dass man Julia nichts sagen wolle…

Zu ihrer nicht gelinden Überraschung kam kein Eifersuchtsanfall, sondern sie wurde zärtlich in den Arm genommen.

„Für mich ist das nicht neu, Anja, du bist die dritte! Nur das diesmal meine Abwesenheit ausgenutzt wurde“, seufzte die Schauspielerin.

Sie schnupperte am dichten, kastanienbraunen Haar – viel dichter als ihr eigenes – und hatte nicht übel Lust, diese junge Frau, vier Jahre älter als sie selbst, zu küssen.
Sie konnte sich auch weitergehende Aktivitäten vorstellen.

„Lass‘ mich raten, Anja! Nur Dom-Sub-Verhältnis? Das ist die übliche Einrede im Juristendeutsch meines Mannes. Oder ist da mehr?“

Da sie nicht sofort eine Antwort erhielt, hob sie den Kopf der vermeintlichen Konkurrentin und studierte die hellblauen Augen.

Anja wollte zu einer Rechtfertigung ansetzen, aber Julia schüttelte die hellbraune Mähne.

„Sag‘ jetzt nichts, was du später bereust! Es ist legitim, nur dass ich es diesmal selbst heraus finden musste…“

Sie musste abbrechen, weil Markus zurück ins Zimmer trabte und die Situation sofort erfasste.
Bevor er sich zu einem Plädoyer aufschwang, kam Julia ihm zuvor.

„Warum behandelst du mich seit Wochen wie eine kranke Diva? Markus – ich bin nicht krank – sondern schwanger! Und du hast dir schon Ersatz gesucht. Das ist an sich nicht verwerflich, sondern der Umstand, dass ihr es mir verheimlichen wolltet…!“

Markus versuchte verzweifelt, zu Wort zu kommen, aber der Stern war gerade in seiner eruptiven Phase, schleuderte heißes Plasma durch den Raum.

Da half nur ein Kübel Eiswasser, wie bei den Videos von der Ice Bucket Challenge im vergangenen Jahr im Internet.

„Du vergisst manchmal, dass wir auch in einer Dom-Sub-Beziehung leben und wenn ich die Entscheidung getroffen habe, ich schlage nicht die Frau, die ein Kind von mir unter dem Herzen trägt, dann ist das Gesetz!“

Markus schaffte es mit seiner Stimme, die Raumtemperatur um fünf Kelvin abzusenken.

Es war auch eine Stimme, die keinerlei Widerspruch duldete. Julia kannte ihren Mann gut genug, um zu wissen, wann sich Widerstand lohnte und zu welchem Zeitpunkt es Selbstmord bedeutete.
Anja war noch nicht lange genug dabei, um dies einschätzen zu können.
In ihrer Verzweiflung ergriff sie die Hand ihrer Chefin und umklammerte diese.

„Wegen deines Ausrasters hast du Strafe verdient, Julia! Da ich es aus bekannten Gründen nicht selbst machen kann und will, wird dies eine Person meines Vertrauens übernehmen mit weniger Selbstzweifeln!“

Julia ahnte, was jetzt kommen würde, blieb aber gelassen.

Sie vertraute darauf, so wandlungsfähig wie ein Chamäleon zu sein.

Markus streifte seine Sekretärin mit einem vernichtenden Blick, so dass diese die Hand von Julia noch fester umklammerte.

Er musste davon ausgehen, dass sie alles gebeichtet habe, als er telefonierte, was aber nicht der Fall war.

„Die andere, grüne Sub kannst du gleich mitnehmen, die kann ein paar extra Lektionen gut gebrauchen!“

Markus griff nach seinem Handy und telefonierte.

„Ihr habt Glück…“ Ob das ein Glücksfall für sie war, würde sich erst noch heraus stellen.
„Tom hat gerade Zeit und erwartet euch in einer halben Stunde auf seinem Grundstück! Setzt euch! Ich verfasse eine Instruktion!“

Markus wirbelte auf dem Absatz herum und verschwand in seinem Büro.

Anja lockerte die Umklammerung der linken Hand von Julia und schaute sie verwirrt an.

„Das wird heftig, aber Tom ist kein Unmensch, ich bin bei dir, Anja!“

Es sollte wie ein Trost klingen, bewirkte aber, dass die Assistentin zitterte.
Es hatte gestern wie ein Spiel begonnen, aber nun hatte sie Angst.
Und der einzige Rettungsanker war ausgerechnet jene Frau, die ihr eigentlich am meisten misstrauen müsste…

Markus kam mit einem Umschlag zurück und überreichte ihn seiner Frau.

„Keine Limits, Tom darf nach Gutdünken verfahren!“

Er warf der überraschten Anja einen Autoschlüssel zu.

„Ich schicke keine Security mit, die Verantwortung hast du, Anja! Ich weiß, du fährst lieber Fahrrad, aber bis Kleinmachnow wirst du es ja wohl schaffen! Julia kennt den Weg!“

Jede weitere Diskussion zwecklos. Julia hatte ihren Mann aus der Reserve gelockt – jetzt musste sie mit den Konsequenzen leben.

Anja entriegelte den Audi A 4, verstellte den Sitz, kontrollierte die Außenspiegel.

Ben huschte um die Ecke, da er mitbekommen hatte, dass seine Schutzbefohlene das Grundstück verließ.
Markus hielt ihn zurück. Er hegte schon lange den Verdacht, der Security-Mitarbeiter habe ein Interesse an seiner Frau, das den dienstlichen Rahmen überstieg – aber in dem Falle ließ es sich nicht so leicht beweisen wie mit einem fehlenden Slip bei der Sekretärin…

„Ist okay, Ben, die fahren nur nach Kleinmachnow zu Tom und Amy, kein Grund zur Sorge, die wird man schon nicht kidnappen!“ sagte Markus und grinste dabei schief.

Ben schien beruhigt, denn Julia hatte in letzter Zeit zwei Mal Amy besucht.
Es war eben nur neu, dass die Assistentin des Managements am Lenker saß…

Anja fuhr vom Hof, setzte den Blinker. Sie musste sich erst wieder daran gewöhnen, zu fahren, da sie kein eigenes Auto hatte.

„Ganz ruhig, Anja! Du musst nur hier rechts abbiegen, dann kommen wir irgendwann auf die E 51, die führt uns genau nach Kleinmachnow!“

„Danke, Julia!“ Ihr war immer noch nicht klar, was das Ganze sollte.

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********mann Mann
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Part II - Vergeltung
Anja konnte nicht schlafen, hatte die verschlüsselte Meldung abgesetzt:
„Montag, Denver, Colorado.“ Und sie hatte zur Antwort erhalten: „Genauer Ort? Hotel?“

Sie hatte sich angezogen und schlenderte im ersten Tageslicht nach draußen.
Es war morgens immer noch empfindlich kühl.

Anja zog die Strickjacke enger um ihre Schultern, beschloss, eine Runde durch den parkähnlichen Garten zu drehen.

Sie sah im Gebüsch einen Schatten und erschrak. Dann beruhigte sie sich wieder.
Markus hatte Security engagiert, welche Tag und Nacht die Grundstücksgrenzen kontrollierte.

Plötzlich spürte sie jemand hinter sich, wirbelte herum. Das Erscheinen der drei Religionsstifter hätte sie nicht mehr verwundert.

„Jürgen? Was machst du denn hier?“ Anja versuchte, ihre Stimme zu kontrollieren.

„Ich habe doch gesagt, wir sehen uns wieder – Jana – oder soll ich Anja sagen? Was ist dir lieber?“

Es klang überhaupt nicht vorwurfsvoll, der Mann strahlte sie verliebt an.

„Okay, ich bin dir eine Erklärung schuldig…“

Jürgen schaute sich um, auch Anja ließ den Kopf kreisen. Persönliche Beziehungen zwischen den Angestellten wurden wahrscheinlich nicht gern gesehen – aber vermutlich schlief Markus noch.

„Die Bewerbung für die Sicherheits-Firma habe ich bereits vor einer Woche abgeschickt, aber dass ich hier gelandet bin bei dir, verdanke ich meiner Qualifikation!“

„Und was qualifiziert dich für diese Aufgabe, Jürgen?“ fragte Anja lächelnd – aber das Lächeln würde bald aus ihrem hübschen Gesicht verschwinden…

„Hauptmann bei der Bundeswehr, war in Afghanistan zuständig für den Schutz des Kommandeurs der Mission. Erinnerst du dich noch an die damalige Fehlentscheidung, zwei Tanklastzüge mit Benzin, die in einem Flussbett feststeckten, zu beschießen? Man ging davon aus, die Taliban hätten die gekapert, wollten rollende Bomben daraus machen. In Wirklichkeit waren es Dorfbewohner, die mit Eimern und Gießkannen Benzin abzapften. Die Piloten der amerikanischen Jagdbomber haben mehrfach nachgefragt, ob sie da wirklich rein ballern sollen und erhielten den Befehl…Der Kommandeur der deutschen Truppen wurde zum Buhmann, traute sich kaum noch aus dem Lager und erhielt Personenschutz…“

„Und du warst der Verantwortliche für den Personenschutz?“ fragte Anja atemlos.
„Aber du hast den Dienst quittiert – sonst wärst du jetzt nicht hier!“

„Zwei Mal Ja – du bist ganz schön neugierig! Aber das ist eine andere Geschichte, hat mit Afghanistan nichts zu tun. Und beim USA-Trip bin ich der Koordinator der Sicherheitsmaßnahmen für die liebe Julia…!“

Anja klappte kurz die Kinnlade nach unten, sie wurde blass – hatte sich aber sofort wieder im Griff.
Der Mann, den sie liebte, würde ihr drüben in den USA gehörig in die Suppe spucken – das musste er auch – es war sein Job!

„Was ist mit dir, Anja, ist dir nicht gut?“ fragte Jürgen besorgt.

„Ich bin nur überrascht, wie schnell sich die Dinge entwickeln! Wir beide zusammen in den USA, wer hätte das gestern gedacht…Und niemand darf wissen, wie gut wir uns kennen, das heißt – Julia weiß es – sie hat dich gesehen!“

Anja erschrak erneut. Würde ihre Chefin dicht halten? Was, wenn sie es Markus steckte?
Sie musste noch vor dem Frühstück mit ihr reden…

„Ich habe gegen 18:00 Uhr Feierabend, würde gern weiter mit dir reden. Wir treffen uns am Ende der Hagenstraße, einverstanden?“

„Ja, alles klar, Jürgen, danke!“ sagte Anja und huschte ins Haus.

Dort musste sie erst einmal damit fertig werden, was ihr gerade offeriert worden war.
Viel Zeit blieb ihr nicht, denn der Chef Markus rief zu einem Arbeitsfrühstück.

Anja half Julia dabei, alles herzurichten, denn extra Personal hatte man dafür nicht.

Ben war eingespannt worden, um frische Schrippen zu besorgen, was man außerhalb von Berlin Brötchen oder Semmeln nannte.
Anja stellte noch einen Strauß Tulpen auf den reich gedeckten Tisch – dann konnte es los gehen.

Markus wedelte mit einer Berliner Tageszeitung. Julia ahnte, was jetzt kommen würde – gestern war es noch nicht Thema gewesen – weil ihr Mann nicht die Live-Sendung im TV gesehen hatte, wie sie richtig vermutete.

„Es war mit mir nicht abgesprochen, Julia, aber deine Entscheidung, jetzt ist es amtlich, du bist im zweiten Monat schwanger…“

Julia war ein wenig sauer, weil ihr Mann und Manager sich lieber mit Anja im Session-Room vergnügt hatte, als Fernsehen zu gucken.

„Geht es dir gut, Julia? Musst du noch einmal zum Frauenarzt? Es wird anstrengend, ich habe jede Menge Anfragen von lokalen und überregionalen US-TV-Sendern, dich betreffend?“

„Alles in Ordnung, Markus! Oder möchtest du noch einmal den Spruch hören: Ich bin schwanger, aber nicht krank?“

Alle grinsten über den Tisch, auch Ben und Jürgen, die man hinzugezogen hatte und die am Kaffee nippten.

„Also gut! Ich freue mich, dass die von mir beauftragte Sicherheitsfirma Herrn Jürgen Bergener, Hauptmann a. D., als Personenschutz-Experten benannt hat. Er ist der erste Ansprechpartner für Sicherheitsfragen, obwohl ich in den USA keine vergleichbare Gefahrensituation sehe, wie damals in Israel…“

Anja verschluckte sich beinahe am Kaffee, musste husten. Die würden sich alle noch wundern…

„Freut mich, dich dabei zu haben, Jürgen! Entschuldige die Anrede, wir Duzen uns hier alle!“ sagte Julia.

Anja, die die Luft angehalten hatte, atmete wieder aus.
Diese Klippe war schon mal umschifft.

Jürgen hatte die berühmte Schauspielerin gestern nackt und gefesselt gesehen – aber das musste man ja ihrem Ehemann und Manager nicht auf die Nase binden.

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Part II - Vergeltung
„Ich hatte gestern Denver gesagt“, fuhr Markus weiter fort. „Das ist zwar der Zielflughafen, aber nicht der Zielort. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen wird der Film ‚Crazy For You‘ als beste Comedy-Produktion auf dem Breckenridge Film-Festival ausgezeichnet, die sonst eher den kleinen Independent-Produktionen verpflichtet sind…Wie dem auch sei, prima Werbung für einen Film, der in den USA halbwegs gut läuft und in Europa demnächst startet…Noch Fragen?“

Markus belegte eine Schrippenhälfte mit Wurst und biss ab.

„Ja, entschuldige bitte, Markus!“ meldete sich Anja zu Wort. „Flug, Unterkunft, Terminplan?“

„Ah, ja, gut, dass du mich erinnerst, Anja! Montag 10:45 Uhr Tegel – Frankfurt, dann weiter mit Lufthansa direkt nach Denver/Colorado, Ankunft wegen der Zeitverschiebung bereits um 15:45 Uhr. Wir nehmen zwei Mietwagen, gesteuert von Ben und Jürgen und müssten dann vor Einbruch der Dunkelheit in Breckenridge sein, Hotel Blue Sky. Den Terminplan arbeiten wir beide noch aus, Anja!“

Die Assistentin nickte mit dem Kopf, hatte eifrig mitgeschrieben.

„Ach, kommt Leute, haut rein! Zum Koffer packen haben wir noch alle Zeit der Welt!“

Markus ging mit gutem Beispiel voran, belegte das zweite Brötchen mit Käse.

Der Tag verging für Anja wie im Fluge, weil Chef und Chefin sie ständig mit irgendwelchen Aufträgen versahen.
Julia stand vor dem Kleiderschrank und fragte verzweifelt, was sie mitnehmen solle, im Prinzip brauche sie ja alles:
Abendgarderobe, Winter- und Sommersachen.

Anja gab den Rat, auf die Sommersachen zu verzichten. In den Rocky Mountains wäre es zu dieser Jahreszeit noch empfindlich kühl – aber so genau wisse es sie auch nicht, sie war noch nie da gewesen.

Zwischendurch traf sie auch immer wieder mal auf Jürgen, aber auf rein dienstlicher Ebene, weil Markus sie gebeten hatte, Herrn Bergener zu suchen.

Es wurde früher Abend. Anja, Ben und Jürgen durften Feierabend machen. Holger übernahm die Security-Nachtschicht.

Anja radelte wie angewiesen bis an das Ende der Hagenstraße, stieg vom Sattel und drehte den Kopf.
Von Jürgen keine Spur.

Es kam ihr vor wie ein konspiratives Treffen und mit jeder Minute wuchs die Furcht, der Mann, den sie liebte, würde das Spiel durchschauen – zumindest aber ein paar unangenehme Fragen stellen.

Anja nahm sich vor, nicht länger als fünf Minuten zu warten – dann würde sie sich wieder auf das Fahrrad schwingen.

Und mit jeder Minute, die verstrich, kam sie dem Punkt immer näher, alles zu sagen – auch auf die Gefahr hin, dass sie die gerade erst aufkeimende Liebe wieder töten würde.
Nicht nur das, man würde der Sache auf den Grund gehen, sie verhaften und den USA-Trip aus Sicherheitsgründen absagen.

Für Julia wäre es das Beste – aber auch für sie?

Sie wurde von zwei Scheinwerfern geblendet, dann hielt ein alter 5er BMW neben ihr.

Jürgen sprang aus dem Wagen, nahm ihr das Fahrrad ab, demontierte binnen Sekunden das Vorderrad und verfrachtete den Drahtesel in den finsteren Kofferraum.

Jürgen hatte während der ganzen Zeit noch kein Wort gesprochen.
Das geriet nun wirklich zu einem konspirativen Treffen. Er fuhr wieder an, nach dem sie sich auf dem Beifahrersitz angeschnallt hatte.

„Du siehst abgespannt und blass aus, Anja! Ein Gläschen Wein oder ein Tässchen Bier nach einem anstrengenden Tag?“

Das klang so fürsorglich, dass es Anja einen Stich ins Herz gab.
Sie war wieder versucht, die ganze Wahrheit zu sagen – aber damit würde sie alles kaputt machen.

Jürgen fuhr mit ihr Richtung City, aber nicht ganz bis ins Zentrum der Hauptstadt.
Er parkte in einer Nebenstraße vor einer urigen Berliner Kneipe, von denen es gar nicht mehr so viele gab.

Über den Bildschirm flimmerte Bundesliga-Fußball. Hertha BSC war auf der Siegerstraße, kassierte gerade in der 90. Minute den Ausgleich – wie Jürgen fluchend feststellte. Aber deshalb waren sie nicht hier.

„Hunger?“ Anja schüttelte die lange, kastanienbraune Mähne. Jürgen bestellte zwei Pilsener.

„Okay, ich spüre, dass etwas nicht in Ordnung ist, bitte sprich mit mir Anja!“

Der Kellner brachte die frisch gezapften Biere, verschaffte so Anja eine kleine Pause.
Die Entscheidung war längst gefallen. Sie würde einen Teil der Wahrheit auf den Kneipentisch packen, um dann zu einer Notlüge umzuschwenken.

Jürgen deutete das Schweigen anders. „Ich habe dir auch nicht alles gesagt. Lassen wir den Zufall entscheiden, wer beginnt!“

Anja riss die blauen Augen weit auf, als Jürgen einen Würfel aus der Jackentasche holte und über den Tisch kullern ließ. Eine Vier.

„Jetzt bist du dran, Anja!“ Diese lächelnden braunen Augen!

Wie weit durfte sie gehen, um diesen sympathischen Mann nicht zu schocken?
Wie weit musste sie gehen, um vertrauenswürdig zu bleiben?

Anja würfelte eine Sechs, zwang sich zu einem Lächeln, trank von dem Bier, wischte sich den Schaum von den Lippen.

„Du beginnst, Jürgen!“

„Hm, also gut, es stand die Frage im Raum, warum ich den Dienst bei der Bundeswehr quittiert habe…“

Auch Jürgen fiel es schwer, der jungen Frau, in die er sich verliebt hatte, die ganze Wahrheit zu offerieren.
Er nahm einen tiefen Schluck Bier, um sich wie vorhin Anja einen kleinen Aufschub zu gönnen.

„Ich war vor 15 Jahren im Kosovo stationiert, KFOR-Friedensmission. Drei Kameraden und ich hatten Sex mit einer sehr jungen Serbin…“ Jürgen wirkte verlegen.

Einer Frau, in die man sich gerade erst verliebt hatte, die Jugendsünden zu schildern, war nicht die einfachste Aufgabe.

„Wir glaubten, sie wäre 18 Jahre alt, hielten sie für eine Nutte, weil sie Geld nahm…“

Anja hielt die Luft an. Das war eine Beichte, die sich gewaschen hatte.

Damit hatte sie nicht gerechnet.

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Part II - Vergeltung
„Um es kurz zu machen: Jene Anna Kostelic hat vor einiger Zeit Anzeige erstattet, sie wäre als 17Jährige von vier Bundeswehr-Soldaten im Einsatz vergewaltigt worden! Warum sie dies erst nach vielen Jahren so darstellt, wissen wir nicht. Man hat den Beteiligten, so weit noch beim Bund, nahegelegt, den Dienst zu quittieren. Ob es zu einem Prozess kommt, steht noch in den Sternen über dem Balkan!“

Jürgen seufzte auf. Ihm war es sichtlich schwer gefallen, dass zu beichten.
Manchmal holte einen die Vergangenheit ein.

Natürlich sagten alle Kameraden das Gleiche aus, man hätte jener jungen Frau 200 D-Mark gegeben, aber es wurde weiter wegen Vergewaltigung ermittelt.

Jürgen trank aus, sah, dass auch Anja kaum noch etwas in ihrem Glas hatte, und bestellte eine zweite Lage Bier.
Für sich allerdings ein „bleifreies“, wie er es nannte, er musste ja noch Auto fahren.

Anja hätte jetzt diese Beichte ganz leicht mit der ganzen Wahrheit toppen können, aber die Entscheidung war vor dem Betreten der Kneipe gefallen.

„Ich…habe mein Studium teilweise als Escort-Service finanziert, nur gelegentlich, zwei, drei Mal im Monat. Aber vor einiger Zeit tauchte jemand mit pikanten Fotos auf, erpresste mich. Die Fotos würde man Markus Beyer und meinen Eltern zuspielen, auch im Internet veröffentlichen, aber nur dann, wenn ich nicht kooperiere…“

Der Kellner brachte ein alkoholhaltiges und eines ohne an den Tisch. Jürgen lauschte angespannt.
Okay, die Anja hatte für Geld andere Männer begleitet, und zwar nicht nur zum Theaterbesuch, sondern anschließend auch ins Bett, damit konnte er leben.

„Ich soll Interna aus dem Privatleben von Julia Lindner weiter geben, was diese Männer dann an die Boulevard-Presse verkaufen“, schniefte Anja.

Sie hatte sich diese Variante gerade erst vorhin einfallen lassen.

„Wer ist der Kerl? Name, Adresse? Soll ich ihn mir mal vorknöpfen?“

Jürgen ist ein lieber, netter Kerl, aber er unterscheidet sich in nichts von den anderen Männern, die sie bereits kennen gelernt hatte.
Wahrscheinlich reagierten alle männlichen Wesen auf dieser Welt so aggressiv.

„Aber wegen der anstehenden Reise ist es erstmal nicht relevant, bitte, beruhige dich, Jürgen!“ Anja versuchte, die Wogen zu glätten.

„Du musst mir versprechen, dass wir dies nach unserer Rückkehr klären – gebrochene Nasen inklusive!“ knurrte Jürgen, trank das alkoholfreie Bier aus und winkte dem Kellner wegen der Rechnung.

Anja konnte das nicht versprechen. Falls sie alle unversehrt zurück kehrten – was sie bezweifelte, würde man andere Sorgen haben…

Sie entkam diesem Sumpf aus Halbwahrheiten und Lügen, da sie Jürgen in sein Reich entführte, das sie schon kannte.
Sie huschte schnell ins Haus, damit Tom und Amy, die Nachbarn, nicht sahen, wer da über Nacht blieb und es Markus meldeten.

Als sie im Bett lagen und Jürgen ihre Handgelenke über Kopf streckte, an ihrem Ohrläppchen knabberte, fiel für diesen Moment alle Last von Anja ab.
Aber sie wusste, sobald der Morgen graute, würde sie wieder diesen Rucksack schleppen müssen.

„Ich möchte mit dir Schritt für Schritt eine neue Welt erkunden, Anja. Ist es okay für dich?“

„Nicht quatschen – machen!“ hatte es mal ein Berliner Comedian formuliert. Anja hatte den gleichen Gedanken.

„Alles, was du willst, Jürgen! Wenn du Handschellen, Augenbinde und anderes zur Hand hast, dann tu dir keinen Zwang an!“ hauchte Anja.

„Ich habe dich so kennen gelernt…Nur, wenn du es wirklich willst!“

„Fessle mich, benutz‘ mich!“ Diesen Mann musste man wirklich erst mit der Nase darauf stoßen, dass sie devot ist.

Jürgen ging so ran, wie es sich Anja gewünscht hatte, um zumindest für diese Nacht alles zu vergessen.
Er griff beherzt zu, drang hart in sie ein, bewegte sich immer schneller.

Es dauerte nicht lange, da stöhnten beide in einem gemeinsamen Orgasmus auf.

Am Sonntagmorgen hatte Jürgen in aller Frühe das Fahrrad wieder zusammen geschraubt, damit Anja nach einem zärtlichen, langen Kuss nach Hause radeln konnte, bevor die Nachbarn etwas merkten.

Alle trafen sich wie verabredet am Montagmorgen um acht Uhr auf dem Flughafen Tegel.

In einer der Drehtüren rempelte Anja ein südländisch aussehender junger Mann scheinbar versehentlich an, entschuldigte sich auf Englisch, legte einen Finger quer auf die Lippen – das vereinbarte Signal.

Anja schaute in der Tasche ihres Wintermantels nach. Wie vermutet steckte darin ein nagelneues Handy.
Nicht irgendein Mobiltelefon – sondern ein modernes Krypto-Handy.

Die wollten das wirklich durchziehen! Anja atmete tief durch. Es war niemand in der Nähe gewesen, weder Markus noch Jürgen.

Konnte sie mit Fehlinformationen noch das Schlimmste verhindern? Wahrscheinlich nicht!

Sie zog den Rollkoffer durch das Terminal, war in Gedanken, stieß mit jemand zusammen. Anja erschrak.

„Jedes Mal, wenn ich dich wieder treffe, bist du durch den Wind, Anja!“

Jürgen musste förmlich bleiben, konnte sie nicht mit einem Kuss begrüßen, da Markus, Julia und Ben nur zwanzig Meter weg waren – ihnen bereits zuwinkten.

Da Anja wie gewohnt nicht sofort reagierte, bastelte sich Jürgen seine eigene Theorie zusammen.

„Muss ziemlich anstrengend sein, für MBM zu arbeiten…?“

MBM stand für „Markus Beyer Management“ und Markus hatte dieses Kürzel mit Bedacht gewählt, da es wie MGM – Metro-Goldwyn-Meyer – an großen Hollywood-Kintopp erinnerte.

„Ja, da hat man keine Minute Ruhe“, bestätigte Anja – dabei hatte sie aus anderen Gründen kaum ein Auge zugemacht.

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Part II - Vergeltung
„Was es auch ist, ich bin an deiner Seite, liebe dich, Anja“, sagte Jürgen ganz leise, so, dass es die anderen nicht mitbekamen.
Es sollte vorerst ihr süßes Geheimnis bleiben.

Die Stars Markus und Julia flogen Business Class, die Entourage Holzklasse.
Beim Transatlantikflug Stunden später war der Unterschied noch größer, denn das Ehepaar saß in der First Class.

Anja störte es nicht. Man hatte Plätze in der ersten Reihe mit angenehmer Beinfreiheit.
Noch angenehmer war – sie saß neben ihrem Jürgen.
Man hielt Händchen beim Start und Ben kniff ein Auge zusammen.

Es war wohl am besten, ihm gleich reinen Wein einzuschenken.
Ja, sie wäre mit Jürgen zusammen, aber seine Bewerbung bei der Sicherheitsfirma und die Beschäftigung bei MBM hätten nichts mit ihr zu tun.

Ben tat so, als würde er ihnen das abkaufen, zwinkerte aber wieder mit einem Auge. Konnte man ihm trauen?
Würde er nicht eine Gelegenheit nutzen, um in die Erste Klasse zu huschen, zu Markus?

Er tat es nicht und Julia und Markus kamen jeweils nur einmal, um nach ihren Untergebenen zu schauen.

Anja genoss die Gesellschaft zweier attraktiver Männer in ihrer Nähe, plauderte mit ihnen.
Beinahe vergass sie, was man am Zielort von ihr erwartete. Zumindest gelang es ihr, dies eine Weile zu verdrängen.

Als sie müde wurde, ging sie das Entertainment-Angebot durch. Auf einem Kanal wurde auch „Das Leben der Leah Levni“ in der von der Kritik hoch gelobten deutschen Synchron-Fassung angeboten.
Anja hatte diesen Film noch nie in voller Länge gesehen und setzte sich die Kopfhörer auf.

Vielleicht lag hier der Schlüssel, warum zumindest einige Leute Julia hassten.
Sie war bereits nach zehn Minuten schlauer. Araber richteten ein übles Gemetzel unter jüdischen Siedlern an.
Aus der Sicht der Palästinenser war dies ein zionistischer Propagandafilm und wahrscheinlich wurde auch Produzent Steven Spielberg von Security bewacht ebenso wie Julia…

Anja fielen fast die Augen zu, aber sie blieb wach. Sie verstand jetzt, wofür ihre Chefin den Oscar bekommen hatte:
Das Gesicht konnte in einem Moment mehrere Emotionen ausdrücken und man fieberte mit der Heldin mit.
Anja war todtraurig, als man Leah ermordete. Die Darstellerin lebte noch.

Würde man mit ihr pfleglicher umgehen? Das war keineswegs sicher…

Anja fiel in einen unruhigen Schlaf, sie sah sich in eine Pfütze hinter einem Auto stürzen, ein Mann rüttelte sie, schrie sie an…

„Anja! Anja!! Aufwachen, wir setzen zur Landung an, du Murmeltier!“ Jürgen hatte nicht einmal laut gerufen, aber sein Mund war nahe an ihrem Ohr gewesen.

Eigentlich hätte sein Lächeln ihr das Herz wärmen müssen – aber das tat es nicht.
Ihr Verrat rückte jede Stunde näher.

Indianerhäuptlinge lebensgroß an der Wand, dumpfe Trommelschläge, archaische Gesänge – so empfing sie Denver.
Die Musik kam natürlich von versteckten Lautsprechern.

Julia und Markus als First-Class-Passengers kamen als Erste durch die Immigration, das Hilfspersonal musste sich anstellen.
Tage zuvor hatte Markus sie alle online angemeldet.

In den USA hatte man fanatische Angst vor der Einreise von Terroristen.
Anja wusste, die waren längst da, die kannten alle Tricks, kamen auf dem Seeweg oder über die kanadische Landgrenze.

Noch ein Foto für den Immigration Service, das FBI und alle Geheimdienste, dann weiter zum Gepäckband, wo Markus auf die Uhr an seinem Handgelenk trommelte.

„Wo bleibt ihr denn? Ah, da sind ja unsere Koffer!“

Drei davon gehörten allein Julia, sie hatte Übergepäck zahlen müssen.
Noch lagen die Gagen nicht in dem Bereich, dass der Manager dies mit einem Lächeln quittieren würde.

Der Mietwagenverleih war nicht gleich um die Ecke, wie man vermutet hätte, sondern ein, zwei Meilen weg.
Markus beauftragte Ben, mit einem Taxi dahin zu fahren und mit einem Van wieder zu kommen.

„Planänderung! Wir buchen nur ein Auto, Hauptsache, wir bekommen alle Koffer weg“, setzte er mit einem finsteren Blick auf Julia hinzu.

„Danke für den Tipp, Anja!“ sagte Julia.

„Welcher Tipp?“ – „Na den mit den Wintersachen! Ohne dicken Mantel würde ich mir hier den Hintern abfrieren!“

Anja zwang sich zu einem Lächeln. Ben ließ auf sich warten. Gerade wollte Markus vorschlagen, ein Flughafenrestaurant aufzusuchen, da brauste ein schwarzer Dodge Grand Caravan heran, ein Sieben-Sitzer.

„Gewöhnungsbedürftig, das Automatik-Getriebe“, schniefte Ben und lud mit Jürgen das Gepäck ein.

Von hier aus sahen die Rocky Mountains gar nicht so hoch aus, wie Anja fand.
Erst als man das Gewirr der Highways in Denver verlassen hatte, wurde die Landschaft mit jeder Meile westwärts beeindruckender.

Vor 150 Jahren waren hier Siedlertrecks mit Planwagen monatelang unterwegs gewesen, um in Kalifornien in eine neue Zukunft zu starten.
Manche waren bei Indianerüberfällen, durch Krankheiten, Erschöpfung oder Unfälle ums Leben gekommen.

Die Sonne ging zwischen den Bergen im Westen unter, tauchte alles in ein goldenes Licht.

„Schau‘ mal, Anja, sieht das nicht toll aus!“ freute sich Julia wie ein kleines Mädchen.

Sie hatte ungeachtet ihres Starruhms noch nicht die Fähigkeit verloren, sich an kleinen Dingen zu erfreuen. Anja bewunderte sie dafür.

„Wir schieben einen Termin dazwischen.“

Markus wurde förmlich, er war schließlich Chef de Mission.
Bei Dreharbeiten wurde die Organisation durch die Produktionsfirma übernommen – hier lastete vieles auf ihm.
Dafür hatte er seine Juristen-Karriere aufgegeben, aber er bereute es nicht.
Diese Tätigkeit war abwechslungsreicher und aufregender.

„Morgen 10:00 Uhr Ortszeit Video-Dreh mit der Band ‚Shadowmen‘ oberhalb von Breckenridge. Einverstanden, Julia?“

Die Angesprochene zuckte mit den Schultern. Was sollte sie groß dazu sagen? Wenn es ihr Ehemann und Manager für eine gute Idee hielt, würde sie da mitmachen.

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Part II - Vergeltung
Manchmal entschied sie auch selbst etwas, wie bei dem Auftritt in der Nachmittagsshow des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig.

„Es handelt sich um den neuen Hit ‚Darkness‘“, fügte Markus hinzu.

Er hatte die Anfrage unterwegs erhalten und gleich den Song herunter geladen, spielte ihn jetzt vom Tablet ab.

Für Julia und auch Anja klang das altmodisch, Markus fand es toll.
Die Band aus New York bediente sich bei Black Sabbath und Led Zeppelin – Kapellen, mit denen die jungen Frauen nichts anfangen konnten.
Anja spürte, wie Jürgen neben ihr mit den Füßen wippte.
Okay, der war ja auch ein paar Jahre älter. Selbst Ben befand, das wäre ein Ohrwurm.

Das Hotel Blue Sky hatte nur dreieinhalb Sterne, wirkte aber wie eine Fünf-Sterne-Herberge, passte in die Berglandschaft und hatte einen dampfenden Außenpool.

Alle hatten einen guten Eindruck, waren gut drauf.
Nur Anja musste sich zwingen, fröhlich zu wirken, hoffte, Jürgen und die anderen würden es nicht bemerken.

Breckenridge – jetzt gab es kein Zurück mehr! Oder doch? Wenn sie sich nicht meldete, würden d i e sich melden – und zwar nachdrücklich.

Wahrscheinlich würde man ihr sogar eine Waffe in die Nieren drücken – und zwar in dem Augenblick, wenn die Security-Männer Ben und Jürgen gerade nicht hin sahen…

Anja schloss die Tür zu ihrem gemütlichen Zimmer, atmete tief durch, griff nach dem Krypto-Handy und setzte die Meldung ab:
„Tomorrow 10 a. m. Breckenridge Ski Resort. Video production with rock band The Shadowmen.“

„Hasan“ Mohamed Al-Faruq las es und freute sich.

Zwei Zielpersonen auf einem Haufen – eine Einladung zum Zuschlagen!
Aber er traute der Deutschen immer noch nicht wirklich. Was, wenn dies eine Falle war?

Es würde doch die Security von dieser Schauspielerin und von diesen Amis, die den Krach, den sie fabrizierten, als Musik bezeichneten, zugegen sein…
Nein, man würde abwarten und getrennt zuschlagen. Außerdem wartete er noch auf die dritte Zielperson, diesen Zeitungsschmierer Jeff Milner…

Anja war gerade beim Auspacken, da klopfte es an der Tür. Wer mochte das sein? Jürgen?

Anja öffnete die Tür einen Spalt und staunte nicht schlecht, Julia in Badelatschen, im Bikini und gehüllt in einen flauschigen Bademantel zu sehen.

„He, die haben einen beheizten Außenpool! Hast du nicht Lust, mit mir da rein zu springen? Komm‘, zieh‘ dich um“, forderte die Chefin sie auf.

Anja musste erst einmal nachschauen, ob sie überhaupt Badesachen eingepackt hatte.
Ja, hatte sie, in Erwartung dessen, mal in einen Whirlpool steigen zu können.

„Es ist verrückt, Julia, wir holen uns den Tod! Draußen sind es gefühlt null Grad!“

Ungeachtet dessen schlurfte sie nach dem Umziehen hinterher und stieg vorsichtig in den Pool.
Ben hatte das mitbekommen und patroullierte am Beckenrand.

Anja bemerkte die sehnsuchtsvollen Blicke, die Julia dem Security-Mann zuwarf.
Hatte sie etwas verpasst, da sie nur mit sich selbst und Jürgen beschäftigt gewesen war? Lief zwischen den beiden etwas?

Die gaben sich alle erdenkliche Mühe, es nicht so wirken zu lassen.
Anja bekam eine Ahnung davon, dass hinter den Kulissen einiges mehr lief, dem sie bisher zu wenig Beachtung geschenkt hatte.

Man schwamm ein paar Runden, dann machten die beiden jungen Frauen eine Pause am Beckenrand. Anja rückte näher heran.

„Bitte, sei vorsichtig morgen, Julia!“

„Was veranlasst dich zu dieser Bemerkung, Anja?“

Die Assistentin hatte sich etwas zurecht gelegt, was ihr die Schauspielerin vielleicht abkaufen würde.

„Die Shadowmen haben einen Song gemacht, der die Religionsstifter als bekiffte normale Menschen darstellt, die man später überhöht hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Fundamentalisten, egal, aus welchem Lager, das nicht so toll finden. Es gibt nach meiner unmaßgeblichen Meinung eine nicht zu unterschätzende Bedrohungslage, Julia!“

Anja fand, mit diesem Satz wäre sie reif für den diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland.

Sie hatte Julia gewarnt, ohne irgend etwas preis zu geben.
Natürlich wusste sie nicht, dass man die Band oder zumindest den Lead-Sänger auch entführen wollte – aber die Vermutung lag nahe.

„Wir können es auf Grund eines vagen Verdachts hin nicht absagen. Aber wenn es dich beruhigt, Anja, dann nehmen wir Jürgen und Ben mit – und dich übrigens auch!“

Sie spritzte Anja warmes Wasser ins Gesicht, so dass es für Ben aussehen musste, als würden sich zwei Frauen im Pool wie Teenager gebärden.

Markus nutzte wie immer das Frühstücks-Buffet für eine Besprechung.
Zu den Mahlzeiten hatte er alle seine Schäfchen beisammen.

„Das Breckenridge Film Festival beginnt erst morgen. Erster Auftritt von Julia übermorgen…“

Dazu sollte es nicht kommen, was aber an diesem Tisch niemand ahnte – außer Anja natürlich.

„Wie besprochen nachher Video-Dreh oben in den Bergen nahe der Ski-Lifts. Noch Fragen?“

„Ja, ich hätte gern Anja, Jürgen und Ben dabei“, sagte Julia leichthin, wohl wissend, dass ihr Mann ihr nicht alle Wünsche abschlug.

Dabei erwähnte sie mit keinem Wort, dass Anja von einer diffusen Bedrohungslage gesprochen hatte.
Die Gefährdungsbeurteilung wäre eigentlich Aufgabe von Jürgen gewesen, dem allerdings die Informationen fehlten, die Anja hatte.

„Okay“, sagte Markus, der keine Lust auf eine Diskussion hatte.
„Ich komme nicht mit, da ich Termine mit den Presse-Fritzen, den TV-Stationen und den Organisatoren des Film Festivals habe. Wir treffen uns dann wieder zum Abendessen hier im Hotel. Alles klar?“

Alle nickten, widmeten sich der Plörre, die man in Amerika Kaffee nannte, aber Rührei und Toast schmeckten.

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********mann Mann
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Part II - Vergeltung
Pünktlich 10:00 Uhr traf man auf dem Berg ein, wo neben einer Ski-Baude der Video-Dreh stattfinden sollte.

„Auf die Sekunde pünktlich, die Deutschen, alles andere hätte mich auch überrascht!“ lärmte der Manager der Band Shadowmen, die schon jetzt, am Beginn ihrer Karriere, weltweit gefeiert wurden, vor allem von älteren Herrn, die sich noch an Led Zeppelin erinnerten.

Julia war dieser aufdringliche, schmierige Tim Burke unsympathisch.
Der Eindruck verstärkte sich noch, als der schmuddelig wirkende, aber von sich selbst überzeugte Lead-Sänger Frank Moneghan auftauchte.

Aber Julia wäre nicht so erfolgreich geworden, wenn sie nicht die Fähigkeit entwickelt hätte, ihr unsympathische Kerle mit einem Lächeln um den Finger zu wickeln, ihnen zu vermitteln, dass sie die ganz toll fand.

Allerdings hatte sie in ihrer noch jungen Karriere bisher keine so arrogante Arschlöcher getroffen, wie diesmal.
Das machte es schwierig, aber nicht unmöglich, gedeihlich mit denen zusammen zu arbeiten.

Jürgen sprach mit der Security, die hier herum schwirrte und bekam ganz schnell heraus, dass die zur Firma gehörten, die den Video-Dreh produzierte, und nicht zur Band.

Die Firma hatte mittels einer Schneekanone einen Nordhang weiß überzuckert, Julia musste sich Ski anschnallen, machte erste Versuche und fiel natürlich hin.

In Potsdam geboren, in Berlin groß geworden, da gab es nur Eishockey und Eisschnelllauf als Wintersportarten.
Man hatte einen Skilehrer engagiert, der ihr ein paar Schwünge und das unfallfreie Anhalten beibrachte.
Nach diesem Crashkurs ging es besser.

Anja in ihrer Rolle als Assistentin des Managements fragte mal nach, ob es sich vielleicht um ein Missverständnis handele, denn sie war davon ausgegangen, dass es sich um den Video-Dreh zum Titel „Darkness“ handele.
Weshalb filmte man dann im strahlenden Sonnenschein im Schnee?

„Nein“, sagte der Regie-Assistent der beauftragten Firma, „wir drehen hier Szenen zum Video für den Titel ‚Day And Night‘ der Shadowmen!“

Nach einigen schmerzhaften Versuchen bekam Julia es hin, die Ski wie eine alpine Rennläuferin zu verkanten, damit der Schnee bis zum Kameraobjektiv spritzte.
Sie war stolz auf sich, dies als Flachlandtirolerin so gut hinbekommen zu haben, aber dieses arrogante Arschloch namens Frank Doneghan maulte:

„Wir hätten doch Lindsey Vonn engagieren sollen!“

Ben und Jürgen hatten nicht übel Lust, den in einen Kunstschneehaufen zu befördern – aber sie waren ja zur Sicherheit von Julia hier – nicht, um Ärger zu provozieren.

Julia verstand zwar das Drehbuch nicht, warum man hier herum alberte wie einst die Beatles im Film „Help!“ – aber das sollte ihr egal sein, sie wurde dafür bezahlt, rang sich sogar hin und wieder ein Lächeln ab und befand, die anderen Bandmitglieder wären gar nicht so übel wie ihr Sänger.

Auch Anja, Ben und Jürgen entspannten sich zusehens. Die Sicherheit war gewährleistet und das Catering hervorragend.
Es gab Burger, Hot Dogs und alkoholfreien Punsch, auf Wunsch natürlich auch Tee.

Gegen 15:00 Uhr konnten alle den Song „Day And Night“ mitsingen und selbst die jungen Frauen fanden die Musik inzwischen gar nicht mehr so altmodisch.

Gegen 18:00 Uhr wurden dann die Szenen in der Dunkelheit gedreht.
Es wurde ein Lagerfeuer entfacht, Frank Doneghan spielte mit der Band eine Akustikversion und es kam so etwas wie Romantik auf.

Anja schmiegte sich an Jürgen, hatte für Stunden vergessen, was noch passieren würde.
Bis auf Markus wussten inzwischen alle Bescheid, dass sie und der Security-Mann ein Paar sind.

Im Blue Sky Hotel schlich sie sich ins Zimmer von Jürgen und sie verbrachten eine unvergessliche Nacht.
Die Handgelenke wurden mit einem Schal gefesselt und am Bettgestell fixiert.

„Ich möchte noch viele solcher Nächte mit dir verbringen, Anja“, hauchte ihr Jürgen ins Ohr, dann wanderte der Mund zu den erigierten Nippeln, in die er zärtlich biss.
Anja hoffte auch, dass es noch vieler solcher Nächte geben würde – vermutlich aber nicht…

Man nahm hastig das Frühstück ein, denn Julia hatte bereits um 9:00 Uhr einen Pressetermin, wie Markus den anderen mitteilte.

Julia wusste es ja bereits seit gestern Abend. Als Fahrer und Bodyguard wurde Ben bestimmt.

Anja erschrak, entschuldigte sich, rannte auf die Toilette, setzte die Meldung ab und kam zu einem Entschluss:
Sie würde auf jeden Fall verhindern, dass man Julia umbrachte!

Sie würde es so arrangieren, dass man sie mit entführen musste! Dann hatte sie wenigstens Einfluss auf das Geschehen – es sei denn, die waren so skrupellos und brachten sie gleich als Mitwisserin um. Mit diesem Risiko musste sie leben.

Sie kehrte zum Tisch zurück, zwang sich zu einem Lächeln und fragte Markus, ob sie als Vertreterin des Managements wieder mitfahren dürfe.

„Da es gestern so gut geklappt hat – warum nicht, Anja?“ sagte Markus und kaute weiter auf seinem Toast.

Anja plumpsten Steine vom Herzen – hoffentlich hörte niemand das Poltern.
Die Hürde war schon mal umschifft. Und es war keineswegs sicher, dass es jetzt gleich passieren würde.

Sie holte Julia aus ihrer Suite ab, die sie gemeinsam mit Markus bewohnte.

Die Schauspielerin hatte sich noch einmal umgezogen und das Make-Up überprüft.

„Was machst du für ein Gesicht, Anja? Bist du immer noch wie gestern der Meinung, dass irgend etwas geschehen wird? He, Anja, das ist wie Urlaub hier, wir sind nicht in Israel!“

Sie nahm die Assistentin in den Arm. „Du alte Unke, was soll schon passieren?“

Ben hatte draußen vor dem Hotel den Dodge Grand Caravan vorgefahren, stieg aus und sicherte den Gehweg.

Im gleichen Augenblick parkte vor dem Dodge ein großer, schwarzer Geländewagen...

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Julia und Anja traten auf den Gehweg, es machte kaum hörbar „Plop!“ – Ben griff sich an den Hals und kippte um.

Zwei Männer in schwarzen Overalls und dunklen Skimasken sprangen aus dem Geländewagen, griffen nach Julia und verfrachteten sie in das Fahrzeug.
Sie wollte schreien, aber ihr wurde ein Stück Stoff vor den Mund gepresst.

An ihrer Stelle schrie Anja. „Nehmt mich mit! Ich will mit Hasan reden!“

Das interessierte die professionellen Entführer nicht die Bohne, Anja wurde zurück gestoßen, taumelte, trat auf die Bordsteinkante und stürzte in Richtung einer Tauwasserpfütze.

Der herbei geeilte Jürgen wollte sie auffangen, aber seine Geliebte hatte zu viel Schwung, riss ihn mit sich zu Boden.

Der schwarze Geländewagen fuhr an. Das alles hatte nur wenige Sekunden gedauert.

In dem Moment, als Jürgen eine Waffe zog, richtete sich Anja wieder auf und verdeckte das Schussfeld.
Jürgen stieß sie fluchend beiseite, aber die Entführer waren schon mehr als dreißig Meter weg.

Ihm blieb nur noch, Anja, die völlig verschmutzt war, aufzuhelfen, noch einen Fluch auszustoßen, um dann nach seinem Kumpel Ben zu sehen.

Zwischen Hals und Schulter steckte ein Betäubungspfeil, den man wahrscheinlich aus einer Luftdruckwaffe abgefeuert hatte.

Jürgen schüttelte den Kopf, so etwas hatte er noch nicht erlebt, das gab es doch nur im Film!

Natürlich waren auch in Afghanistan Leute entführt worden. Meist steckten Stammesführer dahinter oder die Taliban – aber die waren nicht so professionell vorgegangen, wie die gerade eben. Top-Profis – erste Liga!

Da er für die Schutzbefohlene nichts mehr tun konnte, griff der Notfallplan.

Jürgen rief die Polizei an, versprach sich aber nicht viel davon.
Da würde in ein paar Minuten nur ein behäbiger, inkompetenter Sheriff aufkreuzen, von dem er dann die Nummer des FBI erfahren würde.

Er zog vorsichtig den Betäubungspfeil heraus, gab Ben eine Ohrfeige, der langsam wieder ins Leben zurück kehrte. Er half ihm auf.

„Krankenwagen, Ben? Oder geht es?“

„Scheiße! Was – und vor allem wer war das?“ keuchte er.

Ganz in der Nähe stand eine Person, die das wusste, aber im Moment Hoffnung schöpfte, denn ihr Plan war zwar nicht aufgegangen – aber bis jetzt hatten die auch niemand umgebracht.
Ben hätte auch gut eine Kugel in den Hals bekommen können…

Als Nächstes knöpfte sich Jürgen die zitternde und blasse Anja vor.

„Warum zum Teufel hast du mir das Schussfeld versperrt?“ schnauzte er.

„Ich…ich hatte Angst, du triffst Julia! Und wo hast du überhaupt die Waffe her?“ drehte Anja den Spieß um, wohl wissend, dass die nächsten Stunden noch sehr unangenehm für sie werden konnten.

Jürgen zuckte mit den Schultern. In den USA ein Kinderspiel – ihm hatte ein gefälschter US-Führerschein genügt, um eine zu kaufen.

Inzwischen hatte auch Markus mitbekommen, was draußen vor dem Hotel vor sich ging.

Seine Frage nach Julia ging im Sirenengeheul unter.
Mit quietschenden Reifen hielt ein Wagen vor dem Hotel, auf dem unübersehbar stand: „Sheriff of Summit County.“

Wie von Jürgen befürchtet entstieg dem Wagen ein beleibter Mann in Uniform, der seinen Hilfssheriff erstmal anwies, die Straße zu sperren.

Der Mann war übellaunig – wahrscheinlich hatte man ihn beim Frühstück gestört.

Da es in seinem County keine Terroristen gab, mussten diese übereifrigen Deutschen folglich spinnen – so seine festgefasste Meinung.

Jürgen und Ben, der sich wieder erholt hatte, merkten sehr schnell, so kam man nicht weiter.

Während Jürgen geduldig auf Englisch das Geschehen beschrieb, freundete sich Ben mit dem jungen Hilfssheriff an und fragte höflich nach der Nummer des FBI, Terrorismus-Abwehr.
Der junge Mann erschrak. Terroristen? Hier in Breckenridge?

Nach einigem Hin und Her bekam Ben auch die Nummer und rief dort an, während Anja die Angaben von Jürgen gegenüber dem Sheriff bestätigte.

Da diese Deutschen nach Meinung des Sheriff gequirlten Blödsinn erzählten, ließ er sie erstmal im Foyer des Blue Sky festsetzen.
Die waren alle verdächtig. Vielleicht wollte der Ehemann ja die untreue Ehefrau los werden und hatte das alles selbst inszeniert?

Sheriff Walker war stolz darauf, in alle Richtungen zu ermitteln und nicht auf das Geschwätz herein gefallen zu sein.

Währenddessen verstrich wertvolle Zeit.
Zwei weitere Teams hatten Frank Doneghan, den Sänger der Band Shadowmen, sowie den Pulitzer-Preisträger Jeff Milner entführt.


Julia starrte Frank an, nickte unmerklich. Den anderen Mann kannte sie nicht. Sie wurden in einen dunkel lackierten Hubschrauber des „United States Forest Service“ – so zumindest die Aufschrift - verfrachtet und donnerten bald darauf Richtung Nordwesten.

Während des Fluges hatten alle drei Gefangenen Zeit, darüber nachzudenken, warum man gerade sie entführt habe und was sich diese bestens ausgestatteten Kidnapper davon versprachen.

Julia kam als Erste auf den Trichter, Anja hatte sie darauf gebracht mit ihrer Bemerkung, die Shadowmen hätten mal ein Spottlied auf die Religionsstifter verfasst, darunter auch Mohamed.

Sie selbst hatte eine jüdische Friedensaktivistin gespielt und dafür einen Oscar bekommen. Das „Verbrechen“ des dritten Mannes kannte sie nicht.

Wenn sie mit ihren Annahmen richtig lag, dann waren das arabische Terroristen – und zwar nicht irgendwelche – denn sie flogen mit einem Hubschrauber quer durch die USA!

Julia wurde blass. Das hatte die Dimensionen des 11. September – und sie selbst war mittendrin!

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wird spannend intersant war es ja schom immer
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Sheriff Walker rieb sich die Hände. Diese Deutschen hatten doch tatsächlich das FBI angerufen und sich damit selbst eine Grube gegraben!
Denn der leitende Agent, ein erfahrener Mann mit grauen Haaren, bestätigte ihm, dass man zunächst mal die Hotelzimmer durchsuchen würde.
Bei Terrorismusverdacht brauchte das FBI dazu keinen Wisch, den ein Richter unterschrieben hatte.

Anja vergewisserte sich, dass sie das Krypto-Handy immer noch in der Manteltasche trug und nicht etwa im Hotel-Zimmer liegen gelassen hatte.
Ein kleines Glück von kurzer Dauer – denn eine aufmerksame FBI-Agentin hatte das bemerkt, trat hinzu und befahl mit stechendem Blick, die Manteltaschen auszuleeren.

Es war nur so ein vager Verdacht gewesen, aber an der Reaktion der Deutschen sah sie, dass sie richtig lag.
Anja wusste nicht, wie weit die Befugnisse des FBI gingen – wahrscheinlich ziemlich weit.

Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich selbst auszuliefern.
Und vor allem hatte sie keine plausible Erklärung parat, warum sie so ein Gerät überhaupt benutzte.

Die Agentin mit den stechenden braunen Augen wendete das Handy hin und her, schüttelte den kurzen Haarschopf, gab es weiter an einen anderen Agenten, der nach draußen rannte, wahrscheinlich zu einem IT-Spezialisten, der sich mit so etwas auskannte.

Anja streckte die Arme nach vorn, so als wolle sie gefesselt werden und sagte zu der verblüfften Agentin:
„Ich weiß, wer die sind, und glauben Sie mir – es wird Ihnen nicht gefallen!“

Agentin Carter griff schon mal nach den Handschellen, legte sie aber nicht um die Handgelenke der zitternden Anja.

Markus, Ben und Jürgen steckten die Köpfe zusammen, zeigten auf sie.
Markus wollte sie zur Rede stellen, aber Agentin Carter versperrte den Weg, ließ es nicht zu.

Es dauerte nur rund zehn Minuten, da kam der andere Agent wieder und sagte:

„Drei verschlüsselte Textnachrichten mit konkreten Angaben, wann Mrs. Lindner das Hotel verlässt!“

Anja staunte. Die waren wirklich auf Zack! Sie hatte keine Gelegenheit, weiter darüber nachzudenken, denn jetzt klickten die Handschellen und sie wurde abgeführt.

Für Jürgen machte plötzlich alles einen Sinn. Anja hatte zugegeben, dass man sie erpressen würde, nur waren das weder Berliner Gauner noch Journalisten gewesen, sondern Terroristen!

Anja fragte draußen Agent Carter. „Wohin bringen Sie mich?“

„Das erfahren sie noch früh genug, Miss Ludwig!“

Sie hatte beinahe etwas Mitleid mit der Deutschen, die man vermutlich gezwungen hatte, Informationen zu liefern.
Die „Jäger“ – eine spezielle Truppe von Zielfahndern, würden sich um Miss Ludwig kümmern.
Und die waren dafür bekannt, sich nicht um Recht und Gesetz zu kümmern.
Zu dem hatte es bei von ihnen befragten Zeugen auffällig viele „Unfälle“ gegeben. Nein, die junge Frau war nicht zu beneiden, hatte sich das allerdings selbst zuzuschreiben…


Julia war nicht gut in Geografie, konnte aber rechnen. Der Hubschrauber schien zur Landung anzusetzen.
Ihrer Schätzung nach waren sie nicht länger als 60 bis 70 Minuten geflogen, folglich hatte man den Bundesstaat Colorado verlassen und befand sich jetzt in Wyoming oder Montana.

Sie bekam eine Kapuze über den Kopf gestülpt, genau wie die beiden Männer auch und man stieß sie hangaufwärts.

Julia hatte eine sehr feine Nase. Durch den Stoff hindurch roch es nach verfaulten Eiern.

Wenn sie sich nicht gründlich irrte, dann war man im Yellowstone National Park, denn da gab es Schwefelquellen, die genau so rochen.

Was waren das für Geiselnehmer, die sich nicht einmal die Mühe machten, mit den gekidnappten Personen die USA zu verlassen?

Dahinter musste eine große, mächtige Organisation stecken, die sich ziemlich sicher fühlten und der Meinung sein mussten, man könne sie hier nicht orten.
Waren die so clever oder nur größenwahnsinnig?

Julia hoffte, sie würde es bald erfahren. Wenn sie die US-Regierung erpressen wollten, müssten die sich ja mal zu erkennen geben.

Man riss ihr die Kapuze vom Kopf. Julia fand sich in einer Höhle wieder, nur erleuchtet von den Lichtkegeln der Taschenlampen der Entführer…


Anja wusste nicht, wo sie war. Graue Betonwände, kärgliches Mobiliar.

Sie saß auf einem Stuhl, die Hände immer noch gefesselt, musste dringend auf die Toilette, hatte Durst – aber niemand kümmerte sich um sie.
Zermürbungstaktik?

Hatte sie nicht der Agentin gesagt, sie wüsste, wer die Entführer sind? Warum ging man darauf nicht ein?
Sie war doch bereit zu kooperieren, den Schaden zu begrenzen.

Nach einer Ewigkeit erschienen zwei Männer, die zunächst nicht auf ihr Gejammer achteten, sie müsse auf die Toilette.
Sie unterhielten sich über die Chancen der Denver Broncos, auch in diesem Jahr wieder die Play Offs im American Football zu erreichen.

Einer der beiden trug sogar ein orangenes T-Shirt mit einem Pferdekopf.
Anja kam sich vor wie in einem Film von Quentin Tarantino.

Noch während die beiden miteinander plauderten, riss man sie aus dem Stuhl, entfernte die Handschellen, dann griff der eine beherzt nach ihrem linken Arm und kugelte ihn aus.

In Anja explodierte ein orangener Feuerball, der die gleiche Farbe wie das auffällige Fan-T-Shirt hatte.

Der Schmerz, der ihren Körper flutete, war so stark, das sie keine Kraft zum Schreien hatte, sondern zusammen sackte und wimmerte.

„Du willst, dass wir das wieder einrenken? Okay, dann erzähl uns etwas!“

Der eine Mann grinste sie unverschämt an. Der Fan der Denver Broncos gab zu bedenken, dass sie in diesem Zustand keine zwei zusammen hängenden Sätze sagen würde.

„Wahrscheinlich hast du Recht, Peter, renken wir es wieder ein!“

Anja war wieder am Rande einer Ohnmacht, ihr wurde schwarz vor Augen, sie wollte nur noch sterben – aber der linke Arm war wieder an Ort und Stelle.

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Part II - Vergeltung
„Please – I have to go to toilet!“ weinte sie zum Steine erweichen, nur hatte sie keine Steine vor sich – die Leute waren härter drauf.

„Okay, bevor die uns den Stuhl einsaut! Paul, du bist dran mit aufzupassen, dass sie sich nicht runter spült!“

Sicher waren Peter und Paul nicht die richtigen Namen – aber das war im Moment die geringste Sorge von Anja.

Sie wurde zu einer Toilette gebracht, grauer Beton, schmuddelige Fliesen.
Sie verrichtete ihr Geschäft, der linke Arm schmerzte immer noch höllisch.
Wie erwartet kein Fenster, nichts, keine Chance, zu entkommen.

Diese Sadisten würden sie jetzt ausquetschen wie eine Zitrone und dann umbringen.
Anja erinnerte sich an den mitleidigen Blick von Agent Carter, als sie gefragt hatte, wohin man sie bringen würde.
Das FBI als Bundesbehörde unterstand doch den Gesetzen der USA? Aber diese perversen Schweine schien das nicht zu interessieren…

Unter Schmerzen zog Anja den Slip wieder hoch, strich die Kleidung glatt, die zwar getrocknet war, aber ihrer Meinung nach vor Schmutz starrte.
Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, sich umzuziehen.

„Ready, Sir!“ sagte sie, wusste aber genau, die konnte sie nicht um den Finger wickeln.

Die hatten den gleichen emotionalen Quotienten wie eine Eisenbahnschiene.

„Wurde aber auch Zeit, ich möchte mir in meiner Stammkneipe noch ein Baseball-Spiel anschauen, Beeilung!“

Der Mann im neutralen dunklen T-Shirt stieß sie den spärlich beleuchteten Gang entlang wieder in das Zimmer mit dem Schreibtisch und dem Stuhl.

Der andere mit dem T-Shirt der Denver Broncos stand gelangweilt in der Ecke.

„Wieso hat das so lange gedauert? Hast du dir von der Krautfresserin einen blasen lassen?“

Anja wurde auf den Stuhl gestoßen. Ihr linker Arm schmerzte immer noch, ebenso der rechte Knöchel vom Sturz vor dem Blue Sky Hotel.

Sie begann stockend, erzählte vom Escort Service, von den Fotos, die zeigten, wie sie Männern den Schwanz lutschte, man gedroht habe, dies ihren Eltern zu zeigen, im Internet zu veröffentlichen und Markus Beyer zu stecken.

„So kommen wir nicht weiter, Peter! Haben wir noch was von dem Wahrheitsserum?“

„Wahrheitsserum?“ echote Anja, bekam für diese Zwischenfrage sofort eine schallende Ohrfeige von dem Mann, der sich Paul nannte.

„Halts Maul, Schlampe! Du bekommst davon Krämpfe in Organen und Muskelgruppen, die du noch gar nicht kanntest, sehr effektiv – aber leider auch mit Nebenwirkungen!“

Die Tür wurde aufgestoßen und herein trat eine Frau mittleren Alters mit schulterlangem blonden Haar.
Anja gab sich kurz der Hoffnung hin, eine Geschlechtsgenossin würde vielleicht anders mit ihr umgehen.

„Habe ich da gerade ‚Wahrheitsserum‘ gehört, Jungs? Ihr wisst genau, wir haben davon nicht mehr viel, zu dem gab es zu viele Todesfälle, weil es auch den Herzmuskel angreift!“

Anja lief ein Schauer über den Rücken. Wo war sie hier hin geraten?

„Sehe ich das richtig, Jane, du übernimmst und wir können in die City zum Feierabendbierchen?“ sagte der Football-Fan.

„Ihr bleibt, aber macht mal Pause, ich befrage die Lady!“

Die beiden Männer verließen angeregt plaudernd den kahlen Raum und Anja versuchte zu ergründen, ob sie es mit dieser Jane besser getroffen hatte.

Diese spitzte sofort die Ohren, als sie hörte „ISAF – Islamic State American Forces“.

Jane ließ Anja reden, unterbrach sie nur kurz, um zu ergründen, wie viel die anderen Deutschen wussten.
Sie habe denen nur Halbwahrheiten und Lügen aufgetischt, die würden nichts wissen.
Und sie selbst könne auch nur sagen, dass ihr Verbindungsmann in Berlin den Tarnnamen „Bülent“ trug – wahrscheinlich ein Türke, der in Deutschland lebte und der Chef von ISAF habe den Decknamen „Hasan“.


Es war nicht nur eine Höhle, in die man Julia verfrachtet hatte, es war ein ganzes Labyrinth.

Sie wurde von den beiden Männern, die man ebenfalls in Breckenridge entführt hatte, separiert.

Sie durfte Mineralwasser trinken und nach einer Stunde brachte man sie zur vorderen Höhle, wie Julia annahm.

Dort saß im Schein von Akku-Lampen ein kultiviert wirkender Mann, der angesichts der Umgebung overdressed wirkte.
Er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd ohne Krawatte. Haare und Bart wirkten sorgfältig gestutzt.

„Nehmen Sie doch Platz, Mrs. Lindner, oder wünschen Sie die Anrede Mrs. Beyer? Salam aleikum!“

„Aleikum salam“, antwortete Julia mechanisch ohne nachzudenken.
Sie hatte das während der Dreharbeiten zu „The Life Of Leah Levni“ aufgeschnappt.

„Julia Lindner ist mir recht. Ich habe als Schauspielerin meinen Mädchennamen behalten.“

„Ich sehe, wir verstehen uns. Sie beherrschen sogar die korrekte Begrüßung! Eine Tasse Tee?“

Ihr Gegenüber gab einem Mann, der die Sturmhaube ablegt hatte, ein Zeichen und bald darauf hielt Julia ein Schälchen heißen Tees in den zitternden Händen.

„Darf ich Sie fragen, mit wem ich es zu tun habe und warum ich hier bin?“

Julia versuchte, höflich zu bleiben. Provokationen würden ihre Gefangenschaft nicht leichter machen.

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Part II - Vergeltung
„Nennen Sie mich Hasan! Sie wurden von der ISAF, Islamic State American Forces, hierher gebracht, weil Sie an einem üblen zionistischen Propaganda-Machwerk beteiligt waren. Ich halte Ihnen zugute, dass Sie eine Schauspielerin sind, die den politischen Aspekt nicht hinterfragte, sondern nur die Chance sahen, an einer Hollywood-Produktion mitzuwirken um Ruhm zu erlangen – was ja auch geklappt hat!“

Julia staunte nicht schlecht. Ein Gentleman-Terrorist, der zudem perfektes Englisch sprach.

„Darf ich auch fragen, worin das Vergehen besteht, dass die beiden Männer begangen haben sollen, die mit mir hierher verbracht wurden?“

Hasan nahm einen Schluck inzwischen lauwarmen Tees.

„Da es Sie so brennend zu interessieren scheint: Dieser ungehobelte und ungewaschene Klotz hat in einem Lied den Propheten beleidigt…“

Der Chef der Entführer bestätigte das, was Julia schon von Anja erfahren hatte.

„Mr. Milner hat eine Reportage verfasst über kurdische Frauen, die in Kobane auf rechtgläubige Männer geschossen haben. Scharfschützinnen – was für ein perverser Gedanke…“

Das erste Mal hatte es den Anschein, als ob dieser kultiviert wirkende Mann die Contenance verlieren würde.
Er musste die Teetasse abstellen, damit nichts überschwappte.

Julia fand es eher pervers, dass die Kämpfer des IS Geiseln enthaupteten und in Museen unschätzbare Kunstwerke zerstörten – hielt aber lieber den Mund, um diesen Hasan nicht unnötig zu reizen.

„Und für diese Schmiererei hat der den Pulitzer-Preis bekommen!“

Julia fürchtete einen Moment, Hasan würde die Teetasse auf den steinernen Boden werfen, aber der hatte sich bald wieder im Griff.

„Ich weiß, was Sie denken, Mrs. Lindner…“

Julia lag ein ‚Ach ja, wirklich?‘ auf der Zunge, sie hielt diese aber im Zaum.

„Islamischer Staat – junge, ungebildete Männer, die in Syrien und im Irak Angst und Schrecken verbreiten. Unsere Bodentruppen, die den Weg zum Kalifat ebnen. Mir persönlich wäre es auch lieber, wenn es da weniger negative Meldungen geben würde. Wenn wir einmal die Macht haben, werden wir den Übereifer der jungen Burschen zügeln und wenn sie nicht hören wollen, schalten wir sie aus, so wie es einst Hitler mit der SA gemacht hat…“

Julia lief ein Schauer über den Rücken. Der Mann war schlichtweg größenwahnsinnig, hatte seine Macht aber bereits mit der Entführung demonstriert, flog mit einem Hubschrauber, der angeblich der US-Forstbehörde gehörte, übers Land und verschanzte sich im Yellowstone Park.

„Was kann ich tun, um diese Situation zu verändern?“ Julia blieb bei ihrer Taktik, jegliche Provokation zu vermeiden.

Hasan schnüffelte an der Teetasse, befand, das Getränk wäre zu kalt und setzte sie wieder ab.

„Oh, Mrs. Lindner, das ist denkbar einfach! Wir bauen hier heute noch ein provisorisches Studio auf. Sie distanzieren sich von der politischen Aussage des Films ‚The Life Of Leah Levni‘, Sie solidarisieren sich mit dem palästinensischen Volk und geben ein Bekenntnis zum wahren Gott ab: Aschhadu an la-ilaha-ill-allah wa aschhadu anna muhammadan rasulullah. Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah und ich bezeuge, dass Mohamed sein Gesandter ist…“

In Julia schrie alles „Nein!“. Sie hatte am Kreuzigungsort von Jesus Christus gestanden, sie war Christin.

Sie gab keine Antwort, berührte aber das goldene Kreuz aus Jerusalem so auffällig, dass es auch ihr Gegenüber merken musste.

„Ich bezeuge, dass es einen Gott gibt, der unsere Welt und all die Universen um uns herum erschaffen hat. Menschen haben ihn in verschiedenen Epochen verschiedene Namen gegeben, aber es gibt nur einen Gott!“

„Verstehe!“ sagte Hasan, der merkte, ein größeres Zugeständnis würde er heute nicht mehr erwirken von dieser Frau, die viel intelligenter war, als er vermutet hatte.

„Ich verspreche Ihnen, darüber nachzudenken. Darf ich gehen, Mr. Hasan?“

Der Chef von ISAF nickte. Zumindest war eine Verhandlungsbasis geschaffen worden, auf der man aufbauen konnte.
Er fürchtete allerdings, bei den Männern würde er auf Granit beißen…


„Peter! Paul! Wo seid ihr?“ hallte es durch den kahlen, von altmodischen Neonleuchten erhellten Flur.

Bald darauf standen der Mann im neutralen dunklen T-Shirt und der im auffälligen Dress der Denver Broncos in Verhörraum.

„Die Zeugin kann entsorgt werden und dann ab mit euch in den Feierabend!“

Das würde Nachfragen des Auswärtigen Amtes in Berlin bedeuten, die Deutschen waren ziemlich hartnäckig, wenn jemand einfach so verschwand.
Manchmal schickten die sogar eigene Ermittler, aber diese Anja Maria Ludwig war dafür nicht bedeutend genug.

Zu dem hatte man Rückendeckung durch die Chefs, die bei der Terrorismus-Bekämpfung stets alle Hühneraugen zudrückten.

„Tja, meine Süße, wer uns gesehen hat, bekommt keine Gelegenheit, es herum zu erzählen. So sind nun mal unsere Spielregeln!“

Ehe Anja protestieren konnte, sie unterstünden doch dem Kommando des FBI, wurde sie gefesselt – diesmal einfach mit Kabelbinder – und man stülpte ihr einen Sack über den Kopf.

Auf der Treppe nach unten wäre sie beinahe gestürzt, aber die Männer hielten sie fest.

Sie brausten etwa zwanzig Minuten eine befestigte Straße entlang, dann spürte Anja am Poltern der Reifen, dass man die Straße wohl verlassen habe.

Sie wurde aus dem Auto gezerrt und zu ihrer Überraschung nahm man ihr die sackartige Kapuze ab und zerschnitt die Kabelbinder.

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Part II - Vergeltung
Wahrscheinlich wollten diese Sadisten die Todesangst in ihren Augen sehen.

Anja befand sich auf einem Plateau, vor ihr ein mit Steinbrocken übersähter Abhang – es ging bestimmt zwanzig Meter in die Tiefe.
Ein letzter Blick auf das Panorama der Rocky Mountains.

„Warum das alles? Ich bin doch nur ein kleines Licht, eine Informantin, die man erpresst hat, bitte, bringt mich zu einem Haftrichter!“

„Auch kleine Lichter werden ausgepustet…“ sagte der im dunklen T-Shirt, worüber er jetzt ein Jackett trug.

Es wurde abends immer noch empfindlich kühl.

Die beiden Männer waren kurz abgelenkt, weil über ihnen ein Hubschrauber hinweg donnerte.

Anja nutzte die Chance und sprang einfach.

Sie würde sich alle Knochen und den Hals brechen, aber die beiden hätten sie sowieso erschossen…


Angesichts der Tatsache, dass es sich um Killer, Terroristen und Entführer handelte, wurde Julia zur zweiten „Audienz“ geradezu herzlich empfangen.

Noch Minuten vorher hatte Hasan beinahe die Beherrschung verloren und man hatte diesem arroganten Möchtegern-Sänger mal ein scharf geschliffenes Schwert an den Hals gehalten, damit er Ruhe gab.
Der hatte doch die Frechheit besessen, die widerliche Textzeile „They all smoked dope…“ aus seinem gotteslästerlichen Machwerk anzustimmen.

Es hätte nicht viel gefehlt, und Hasan hätte den Befehl gegeben, die Wände der Höhle mit Blut zu bespritzen und der amerikanischen Nation zur besten Abendsendezeit einen abgeschlagenen Kopf zu servieren.

Aber nein, man schlug dem Kerl nur zwei Zähne aus, so dass er jetzt in Stereo pfeifen konnte.

Hasan hatte einen ganz anderen Gag parat, gegen den Flugzeuge, die in Hochhäuser rauschten vergleichsweise harmlos wirkten.

Zunächst musste er sich der deutschen Schauspielerin widmen, die sich kooperativ und lernwillig zeigte.

„Ah, Mrs. Lindner – oder darf ich Sie Julia nennen?“ wurde sie beinahe überschwänglich begrüßt.

Julia nickte zur Bestätigung.

„Ich brauche Ihre Hilfe, Julia!“ sagte Hasan freundlich.

„Ich wüsste nicht, was ich für Sie tun könnte, abgesehen von dem, was Sie bereits vorgeschlagen haben. Darf ich Sie auch an meinen Status als Geisel erinnern?“

Die Deutsche wurde ein wenig kesser, formulierte aber noch immer sehr geschickt.

„Sie sind Medienprofi, Julia, ich möchte nur, dass sie den unerfahrenen Männern Tipps geben, wenn sie bei Kameraführung und Beleuchtung etwas falsch machen…“

Julia staunte nicht schlecht, welchen Aufwand man hier trieb. Die ganze Technik, die man gerade aufbaute, fraß sicher eine Unmenge Strom, wozu Spezialakkus benötigt wurden.

Sie verstand davon zu wenig, um sich all das zu erklären. Das TV-Signal musste doch auch zu einem Satelliten, oder wie machten die das?
Wahrscheinlich über das Internet über viele Server, so dass man es nicht so einfach zurück verfolgen konnte…

Julia wurde aus ihren Gedanken gerissen, denn Hasan setzte sich auf einen thronartigen Stuhl, hinter ihm die grüne Flagge des Propheten mit einer Koran-Sure.
Er ließ sich ausleuchten und fragte Julia, ob es so in Ordnung sei.

Sie wollte sich nicht zur Helfershelferin von Terroristen machen, auch wenn sich deren Chef wie ein Gentleman benahm.
Deshalb antwortete sie ausweichend:

„Ich habe immer nur vor der Kamera agiert, Anweisungen ausgeführt, ich fürchte, ich bin nicht die richtige Expertin!“

„Ach was, Sie haben doch ein Auge dafür, um mich ins rechte Licht zu setzen!“

Seufzend fügte sich Julia ihrem Schicksal. Sie musste nicht an sich, sondern auch an das ungeborene Leben in ihr denken.
Kooperatives Verhalten half sicher, das hier lebend zu überstehen – hoffte sie.

Julia stellte sich neben Hasan, ging in die Hocke, um auf gleicher Höhe zu sein, eilte zum Kameramann und blickte auf den Bildausschnitt des kleinen Monitors.
Das war ein richtig gutes, teures Gerät auf einem stabilen Stativ.

Sie erinnerte sich an die Zusammenarbeit mit dem preisgekrönten französischen Kameramann Luc Besson, der ihr tatsächlich manches erklärt hatte.

Julia korrigierte die Einstellung, stellte fest, dass auch die Kumpane von Hasan ausgezeichnetes Englisch sprachen, als hätten sie in Oxford studiert.
Vielleicht hatte das der eine oder andere sogar.

Sie gab ein Zeichen, dass es okay wäre, fühlte sich dabei wie eine Regieassistentin.
Wenn sie hier heraus kam, wäre das der nächste Schritt der Entwicklung: Selbst Regie führen, wie Angelina Jolie…

Hasan begann im charmanten Plauderton - als sei er der Moderator einer abendlichen Familien-TV-Show - davon zu reden, dass man zwei amerikanische und eine deutsche Bürgerin festhalte, weil sie politische Propaganda gegen den rechten Glauben gemacht hätten.

Er würde ihnen allerdings die Chance geben, es wieder gut zu machen, in dem sie bereuten und im Idealfall zum rechten Glauben konvertierten.

„Üblicherweise verlangen Geiselnehmer Lösegeld und die Freilassung von unrechtmäßig inhaftierten Kameraden. Geld habe ich selbst und auch wenn ich die Forderung erheben würde, dass man Glaubensbrüder freilässt – man würde nicht alle gehen lassen. Einzige Forderung: Die drei Personen in der Obhut der ISAF bereuen ihre Taten hier vor der Kamera, schwören, es nicht wieder zu tun und geben ein Bekenntnis ab zu Allah und seinem Gesandten…“

Hasan machte eine bedeutungsschwangere Pause.

Julia ging ganz in ihrer neuen Rolle als Regie-Assistentin auf, auch wenn sie sich indirekt zur Mittäterin machte, gab dem Kameramann ein Zeichen, näher heran zu zoomen.

„Sicher werden Sie sich besorgt fragen, was passiert, wenn diese Drei nicht darauf eingehen? Liegt mein Schicksal, das meines Landes, in den Händen von zwei Männern und einer Frau? Ja, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, genau so ist es! Für den Fall, dass sie nicht binnen drei Tagen hier vor der Kamera ein Statement abgeben, habe ich eine äußerst unangenehme Überraschung parat…“

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Part II - Vergeltung
Als er es lächelnd ausgesprochen hatte, sank Julia auf einen Hocker, wischte sich den Schweiß von der blassen Stirn.

Nein, das ist ein Bluff! Das macht er nicht! Gleich würde Daniel Craig um die Ecke kommen in seiner Rolle als James Bond und dem Spuk ein Ende bereiten…


Neben Anja schlug eine Kugel ein, Stein splitterte und traf sie an der Schläfe.
Sie rührte sich nicht, spürte aber, dass es bluten musste.

„Shit happens“, sagte der Mann im dunklen T-Shirt und der andere im orangenen mit dem Pferdekopf der Denver Broncos auf der Brust tippte sich an die Stirn:
„Ich bin nicht lebensmüde, ich klettere da nicht runter! Wir werden nicht drum rum kommen, dem Reinigungstrupp beim nächsten Bowling-Abend eine Runde Bier auszugeben. Soll ich anrufen oder…?“

Der Mann im dunklen T-Shirt hatte bereits das Handy am Ohr.
Der Football-Fan äugte noch einmal nach unten, konnte in der herein brechenden Dämmerung allerdings nicht viel erkennen.

Die da unten rührte sich nicht. Die war entweder mausetot oder bewusstlos.

Sollte man nicht doch lieber warten, bis Mike und sein Reinigungstrupp auftauchten?
Andererseits hatte er keine Lust auf dumme Sprüche, wie: „Immer müssen wir die Scheiße weg räumen, die ihr hinterlasst!“
Also schwangen sie sich ins Auto und fuhren zur nächsten Kneipe…

Anja wartete zehn Minuten, nach dem die Stimmen verklungen waren.
Dann erst begann sie mit den Tests, ob ihr der Körper noch gehorchte.

Sie konnte die Finger bewegen, die Füße, ihre Zuversicht wuchs! Sie war nicht gelähmt und hatte vermutlich keine Knochenbrüche!

Ursprünglich war es ihr egal gewesen, ob sie das überlebte oder nicht. Ihr Verrat wog zu schwer.
Selbst ihre große Liebe Jürgen würde sie dafür hassen.
Er hatte in Afghanistan gegen fanatische Muslime gekämpft.

Sie rollte ein Stück von den Steinen und dem Abhang weg, spürte die Prellungen und Hämatome, die sich unweigerlich bilden würden.
Anja versuchte aufzustehen, ignorierte den Schmerz im linken Arm und im rechten Knöchel.

Sie konnte laufen – auch wenn es schwer fiel. Sicher würden die jemand schicken, um ihre Leiche zu entsorgen.
Bis dahin musste sie im Wald verschwunden sein, der nahe schien, den sie aber erst nach knapp einer halben Stunde erreichte.

Sie würde Markus, Jürgen und Ben unter die Augen treten und sie um Verzeihung bitten.
Sie würde Tag und Nacht dafür beten, dass Julia es überlebte – sonst war alles vergebens…

Das entscheidende Problem war allerdings, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, wo sie sich befand.

Irgendwo in den Rocky Mountains in der Nähe von Denver? Anja würde erst am Morgen mit der aufgehenden Sonne feststellen können, in welche Richtung sie mutmaßlich laufen musste.

Nach Süden, nach Breckenridge? Nach Südosten, nach Loveland, Denver City?

Anja irrte sich gründlich – aber das wusste sie nicht…


Julia wagte nicht danach zu fragen, ob es sich um einen Bluff handelte. Was, wenn nicht?

Vermutlich gab es sogar ehemalige oder aktive Militärs in Russland oder Nordkorea, die so etwas verkauften.
Aber es dann auch einzusetzen war Größenwahn!

Sie hatte Hasan bisher so eingeschätzt, dass er genau wusste, was er tat.

Vielleicht hatte er auch prominentere Geiseln auf der Liste gehabt, aber sie drei waren in Breckenridge versammelt gewesen und man hatte zugeschlagen.

Hasan hatte lächelnd allen Ernstes behauptet, im Besitz eines Kernsprengkopfes zu sein.

Man hätte diesen irgendwo im Yellowstone National Park versenkt, wo die Erdkruste besonders dünn sei und würde ihn gegebenenfalls auch zünden.
Es würde zu einem Ausbruch der Caldera unter dem Yellowstone kommen, der größte Vulkanausbruch der Menschheitsgeschichte.

Hasan beendete seinen Vortrag mit Ausschnitten aus dem Film „2012“ von Roland Emmerich, den Julia natürlich kannte.

Julia raffte sich nun doch auf, Hasan zur Rede zu stellen.

„Bitte sagen Sie mir, dass dies nicht wahr ist, Hasan!“

„Wenn Sie bereit sind, sich zu unterwerfen, zu lernen und zu akzeptieren – dann vielleicht verrate ich Ihnen die letzten Geheimnisse, Julia!“

Unterwerfen? Julia verstand es völlig falsch, nahm es als Bezug auf ihre devote Ader…

Sie kroch zu Hasan, berührte ihn am Oberschenkel und ihre Hand wanderte höher.

„Ich bin bereit, Ihnen zu dienen!“

Der Chef der ISAF sprang auf und stieß sie zurück. Julia purzelte auf den harten Felsenboden und damit in die Realität zurück.

„Ich habe Sie bisher sehr geschätzt, Julia! Aber jetzt benehmen Sie sich wie eine läufige Hündin, wie eine Dirne! In meiner, in unserer Kultur läuft das anders! Sie sind verheiratet. Sagen Sie sich von Ihrem Mann los, geben Sie das Glaubensbekenntnis ab, dann denke ich darüber nach, Sie als eine meiner Ehefrauen zu akzeptieren!“

Hasan war aufgebracht, beruhigte sich aber zusehends, als man ihm mitteilte, die ersten TV-Stationen würden es senden, Einschaltquoten wie sonst nur beim Super Bowl.

Er griff nach ihrem Handgelenk, zog sie näher heran.
Die junge Frau gefiel ihm, aber sie war verheiratet und zu dem schwanger.

„Ich wünsche mir nichts mehr, als dass du wenigstens erkennst, worum es hier geht, Julia!“

Sie schöpfte neue Hoffnung. Das klang danach, als ob dieser Terrorist ein Herz habe und sie am Leben lassen würde.

„Ich bin bereit, zu lernen, Sir!“ sagte Julia.

„Das klingt schon besser!“ Hasan griff in ihr langes, hellbraunes Haar.

Nur für den Fall, Hasan habe tatsächlich irgendwo einen Kernsprengkopf platziert – würde man sie dann rechtzeitig ausfliegen?

Oder würden die koordinierten Geheimdienste der USA und das FBI herausfinden, wo sie waren und die Höhlen stürmen?

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