Making Movies
„Einen Sekt für die Damen, als Schlummertrunk?“
„Da sagen wir nicht Nein“, sagte Julia mit ihrem charmantesten Lächeln, das sofort wieder aus ihrem Gesicht verschwand, weil sie die Antwort von Amy erwartete.
„Markus hatte meinen Rücken flammend rot geschlagen, fing mich auf und daraus entstand diese besonders innige Umarmung, es tut mit leid, Julia, ich konnte nicht ahnen, dass du…Wie auch immer: Nur Dom-Sub-Beziehung, ich nehme dir den Mann nicht weg, obwohl ich ihn attraktiv finde…“
Die Flugbegleiterin brachte zwei Sekt.
„Schwöre es mir, Amy!“ zischte Julia.
Amy war geneigt, ebenfalls mit den Augen zu rollen, beherrschte sich aber, blieb gelassen.
Sie hob Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand und sagte: „Ich schwöre, dass ich dir den Mann nicht ausspanne!“
„Ich möchte, dass es wieder so wird wie in New York, als wir alles gemeinsam machten“, sagte Julia und stieß mit Amy an.
Dabei lag New York gerade einmal zwei Flugstunden hinter ihnen…
Berlin im Spätsommer, aber sie hatten keine Zeit, es zu genießen.
Markus‘ Vater besorgte ihnen aufgrund seiner ausgezeichneten Kontakte eine bezahlbare Villa, die sie mieteten, gab sogar einen Zuschuss.
Ideal für BDSM-Spielchen zu Dritt, die sie so gerne trieben.
Es gab nur das Problem, dass sie meistens zu müde dafür waren.
Täglich acht Stunden Arbeit im Synchronisations-Studio. Julia brachte ein, was sie in New York gelernt hatte.
Sie konnte mit ihrer Stimme in ihrer Muttersprache viel mehr Emotionen ausdrücken.
Wochen später würden Kritiker sagen, die deutsche Synchron-Fassung von „Jagd auf John Meyers“ wäre besser als das französische Original.
Nur einer war nicht zufrieden: Der Synchron-Regisseur.
Er wollte, dass ihre Stimme genau so gehetzt klang, wie im Original, schickte Julia los, damit sie eine Runde um den Block rannte.
Sie verblüffte alle, in dem sie einen Flickflack machte, über einen Tisch und einen Sessel turnte und schnell atmend sagte: „Okay, weiter!“
Markus und seine Eltern trieben die Hochzeitsvorbereitungen voran, denn es stand noch die standesamtliche Trauung ins Haus.
Julia telefonierte mit ihrer Mutter, die sich über die Annäherung erfreut zeigte und sich für den lieben Brief bedankte.
„Wir haben beide Fehler gemacht, Julia, es tut mir leid, danke für die Einladung zur Hochzeit!“
Julia traf sich mit ihrer Mutter in Potsdam, dort, wo sie groß geworden war.
Nein, sie umarmten sich nicht nach so langer Zeit, aber beide spürten, die Eiszeit war vorbei und Tauwetter angesagt.
„Es tut mir leid, Mutti, was ich dir damals alles an den Kopf geworfen habe. Ich war ein rebellischer Teenager, kann sein, dass es viele Mädchen in dem Alter gibt, die die eigene Mutter zum Teufel wünschen…“
„Du bist ohne Vater groß geworden, Julia, ich wollte alles richtig machen, aber es kam bei dir anders an. Jetzt bist du wieder da, Julia, nur das zählt!“
Frau Lindner nahm nun doch ihre Tochter in den Arm. Beide hatten feuchte Augen.
„Ich hoffe nur, du hast jetzt das gefunden, wovon du immer geträumt hast, sowohl den richtigen Mann als auch die richtige Berufung?“
„Ja, Mutti, habe ich!“ Julia zückte ihr Handy und spielte den zweiten Trailer ab. Diesmal hatte ihn ihr Markus sofort gezeigt.
Frau Lindner rückte ihre Brille zurecht und staunte: Viel nackte Haut, noch mehr Action, exotische Schauplätze.
Dann die Einblendungen der Namen, ganz groß, auf Französisch:
„Avec…Julie Renard…Markus Beyer…Ben Kingsley…Francois Cluzet…Mathieu Amalric…“
„Aber wo ist dein Name, Julia?“ fragte Frau Lindner über den Brillenrand.
„Na, ja, Julie Renard ist ein Künstlername, eine Reporterin am Eiffelturm hat mich mal für eine Französin gehalten und seitdem…“
„Schämst du dich für den Namen Julia Lindner?“ Martina Lindner warf die Brille auf den Tisch.
„Nein, Mutti, gewiss nicht, das ist ein Mißverständnis, das weiter verbreitet wurde. Ich werde es in einem Interview klar stellen, versprochen…“
Sie hatten sich gerade versöhnt und nun stand wieder etwas zwischen ihnen.
„Ich bitte darum, Julia“, sagte Frau Lindner pikiert. „Moment mal, Renard? So hieß meine Großmutter!“
„Genau, Mutti, daher der Name, irgendwie haben wir doch französische Wurzeln, oder?“
Sie ließen sich vom Kellner Kaffee und Kuchen bringen und plauderten weiter. Sie hatten viel nachzuholen.
„Mein künftiger Schwiegersohn, dieser Markus, groß, blond, stattlich, eine gute Wahl, Julia!“ sagte Frau Lindner, versöhnlicher gestimmt.
„Ja, Mutti, ich liebe ihn!“
Was da noch so alles lief zwischen ihr, Markus und der amerikanischen Assistentin musste die Mutter nicht unbedingt wissen, sie wäre aus dem Stuhl gekippt.
Julia fuhr mit der S-Bahn zurück, spürte die Blicke der Männer, aber noch wurde sie nicht erkannt.
In der Villa wurde sie von Markus und Amy erwartet, die umher flatterten, als hätte jemand eine Blendgranate in einen Hühnerstall geworfen.
wird fortgesetzt...