S/M nach ICD auch ohne den Teil des persönlichen Leidens unter der Neigung dagegen schon
Der ICD muss ja auch alle Vorkommnisse definieren. Das ist letztlich der Sinn dieser Kategorisierung, um allen Phänomenen und Leiden, auch allen psychischen, einen klaren Schlüssel zuordnen zu können. In erster Linie, um dies gegenüber den Krankenkassen abrechnen zu können, denn ohne Zuordnung gibt es kein Geld.
Das ist auch der Grund, warum sich die große Mehrheit der Ärzte gegen den ICD-Katalog wehren. Sie geben an, dass sich das Leben nicht definieren lässt und damit auch nicht jedes Leiden. Man trage der Vielfalt des Menschen nicht Rechnung, es könne und dürfe keine Abrechnungslisten geben, die für Schlüssel A soundsoviel Geld bereitstellt und für Schlüssel B einen anderen.
BDSM ist in diesem Zusammenhang ein sehr schönes Beispiel. Denn wenn jetzt jemand wirklich in eine Praxis stiefelt und darunter leidet, dann wird zwar nach F65.5 abgerechnet. In der Mehrzahl der Fälle trifft der Schlüssel aber gar nicht auf den Betreffenden zu, weil die Definition überhaupt nicht auf diese Person zutrifft.
D/s ist da ja zum Beispiel gar nicht aufgeführt. Man tut dann aber so als träfe es zu, denn sonst ließe es sich ja gar nicht mit der Kasse abrechnen.
Kurzum: Der ICD-10 ist selbst nur eine Krücke. Ein Hilfsmittel, das jenen helfen soll, die krank sind und Hilfe in Anspruch nehmen möchten.
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Zum Thema selbst: Gemeiner_Kerl hat da einen, finde ich, wichtigen Punkt getroffen. Selbst
wenn Missbrauchserfahrungen die Ursache dafür sein können dass sexuelle Neigungen der Sorte BDSM entstanden sind, heißt das noch lange nicht, dass dieser BDSM krankhaft ist oder sein muss. Denn eine Krankheit ist ad definitionem etwas, das dem eigenen Körper oder der eigenen Psyche schadet. Gut, das mit dem Körper könnte man unmittelbar nach einer Session so stehen lassen
, aber es gibt ja auch genug Fälle, in denen dieser Aspekt der Seele ihr nachweisbar gut tut und deswegen nicht einmal mehr objektiv von einer Krankheit reden kann.
Kurzum: Egal, was die Ursache dafür ist, es zählt dennoch nur das Hier und Jetzt. Es zählt, was BDSM aus einem macht. Was es einem gibt oder auch nicht gibt. Ob es einem eher oder gänzlich schadet oder einem eher oder gänzlich etwas bringt.
Etwas ist nur dann pathologisch, wenn es Schaden zufügt.
Das trifft beim BDSM manchmal zu. Manchmal nicht. Und manchmal kann man es nicht so genau sagen.
Weswegen es genauso krank oder wertvoll oder nichts von beidem ist wie alle anderen sexuellen Vorlieben auch.