Lieber MovieMeister,
Vielen Dank für Dein ausführliches Feedback. Und für mich ist nun noch klarer, wo das Problem liegt
Gehen wir ganz an den Anfang:
Wir wollten ein null Budget Community Filmprojekt auf die Beine stellen, bei denen alle Projektaufgaben in der JOYclub Gemeinschaft verteilt werden.
Bedeutet das, es ist völlig egal, ob das Ergebnis gefällt, hauptsache die Aufgaben werden verteilt und durch JC Mitglieder erledigt? Aber wie sollte der Film nun werden? Es gibt ja ganz viele Möglichkeiten. Die drei deutlichsten:
1.) Amateurporno in guter Qualität (HD, gute Ausleuchtung, Ton)
2.) Professioneller Porno, der aussieht wie ein Amateurporno
3.) Amateurporno, der aussieht wie ein professioneller Porno
Ich glaube, ihr sagt zwar immer ihr wolltet Typ 1 machen, aber eigentlich wolltet ihr Typ 3. Warum ich das denke? Ganz einfach...
Für die technische Qualität brauche ich sehr wenig Equipment. Einen guten Scheinwerfer, eine (oder mehrere) gute Kamera, ein Standmikrofon. Das Standmikrofon lasse ich die ganze Zeit durchlaufen (z.B. an einer Kamera die eine Totale der Szene aufnimmt), damit habe ich meinen Grundton und ein Grundbild, auf das ich immer schneiden kann, wenn sich z.B. die 2. oder 3. Kamera bewegt (ausser ich will den Schwenk).
Das ist alles. Damit beeinflusse ich sowohl die Bildqualität und die Tonqualität. Und damit kann ich einen Amateurporno machen, der sauber aussieht (HD).
Ihr seid aber noch einen Schritt weiter gegangen. Mit Drehbuch, Drehplan, Kamerakran, Making Of..., 3D-Titel usw. Und damit kommt ihr automatisch zu Typ 3. Ihr WOLLTET professionell wirken, deshalb auch der ganze Aufwand.
Und jetzt kommt die Krux... der ganze Aufwand hat sich einfach nicht ausbezahlt. Durch das "Making Of..." und die Hinweise auf das ganze Equipment haben sich die neutralen Zuschauer ganz einfach viel mehr erwartet/erhofft. Die ganze Arbeit und Planung werden aber im Film nirgends sichtbar. Ihr vertraut einfach darauf, dass die Leute den Film mögen, weil er als Projekt gestartet wurde und ihr soviel Zeit dafür verwendet habt.
Und es kommt noch etwas weiteres dazu... ihr habt zwar in Teilbereichen gutes Equipment und leider auch zuwenig Wissen, aber das reicht nicht um ein professionelles Ergebnis zu erhalten. Ein kleines Beispiel: der 3D-Titel.
Ihr erwähnt selber, dass das Zeit gekostet hat. Aber leider eben nur, weil ihr euch damit nicht (oder nicht genug) auskennt. Für jemanden der das regelmässig macht ist das ein Klacks. Es ist "nur" eine 3D-Schrift, dazu ne Spiegelung, das ganze mit nem Alpha-Kanal rendern, die Schwenkszene nehmen, 3D-Titel reinfaden und die Bewegung des Schwenks übernehmen, fertig. Mit Adobe After-Effects in 1-2 Stunden erledigt. Aber, ich gehe nun einmal davon aus, dass ihr das Wissen eben nicht oder nur zum Teil hattet, aber einen 3D-Titel wolltet, der dann eben plötzlich viel, viel Zeit kostet. Und das Ergebnis? Ein Titel, der völlig unspektakulär ist und irgendwie sogar störend wirkt. Zusammengefasst: Schade für die Zeit.
Viele motzen jetzt, können leider aber auch nicht sagen oder zeigen wie man es besser macht.
Und das ist das gute Recht derjenigen, die motzen. Darf ich nur dann sagen, ein Film ist schlecht wenn ich selber Regisseur in Hollywood bin? Darf ich nur dann sagen, ein Buch gefällt mir nicht, wenn ich einen Bestseller verfasst habe?
Was ihr wollt ist nicht Kritik, ihr wollt Lob. Ihr wollt, dass Euch die Leute auf die Schulter klopfen und sagen "Boah, das habt ihr aber toll hingekriegt. Und das als Amateure mit keinem Budget! Das ist ja der Wahnsinn!". Das ist aber leider nicht das, was die Leute beim Schauen empfinden. Und deshalb fühlt ihr euch gekränkt.
Ihr müsst euch nun entscheiden, was ihr eigentlich als Feedback wollt...
• Feedback zur Projektarbeit? Die fällt durchwachsen aus. Ihr habt viele Ziele nicht erreicht, musstet den Drehplan abändern und habt sehr viel Zeit benötigt. Aber ihr habt eben auch sehr viel erreicht und mit viel Arbeit und Aufwand das Projekt zum Abschluss gebracht.
• Feedback zum Film (Standpunkt Amateurporno): Gutes Ergebnis, aber eben nicht unbedingt Mainstream tauglich. Amateurfilme haben ein eigenes Zielpublikum. Und wer darauf steht, der hat sicher Spass daran. Wer eher auf "professionelle" Filme mit tollen Darstellern und Locations steht wird wohl enttäuscht werden. Ein Anhänger von Kuschelsex wird einen BDSM-Streifen auch nicht mögen. Wer auf Massen-Gang-Bangs steht wird bei einem Lolita-Film enttäuscht.
• Feedback zum Film (technischer Standpunkt): Hier schneidet ihr für mich schlecht ab. Mit dem Equipment kann man viel mehr rausholen. Dazu benötigt es aber viel mehr Zeit und noch mehr Wissen. Und eben Bereiche, die ihr gar nicht abgedeckt habt wie Make-Up. Dazu kommt eine schlechte Regie. Sorry, aber es darf nicht passieren, dass Regie-Anweisungen zum Problem bei der Vertonung werden. Und dann kommt schlechte Beleuchtung, schlechte Kamerapositionen, nicht Einhalten des Drehplans und weiteres hinzu. Und sorry, aber eine Auflistung des Equipments und der Software gehört nicht in den Abspann des Hauptfilms. Das ist "Fishing for Compliments"...
• Feedback zum Making Of...: Gut gemacht, aber eben... es schwingt ständig die Grundaussage "Schaut mal alle her was wir für tolles Equipment haben und welchen Aufwand wir betreiben" mit. Wenn ihr euch dazu entscheidet, einen 3D-Titel zu machen, dann ist das ja ok... aber nutzt das nicht als Ausrede warum das Ganze so aufwändig war. Es wurde so aufwändig, weil ihr das so wolltet. Wer A sagt...
Zusammengefasst: für einen Hobbyfilm gut gemacht, der aber nur einen Teilbereich der Leute anspricht. Darauf zu hoffen dass ihr nur für das Projekt und die Arbeit eine Menge Lob bekommt, ist illusorisch. Ihr dachtet hoffentlich nicht, dass das alleine reicht? Der überaus grösste Teil der Mitglieder hier schaut sich den Film einfach an und entscheidet dann aus dem Bauch ob er gefällt oder nicht. Genauso wie sie auch alle anderen Filme hier oder im TV oder im Kino schauen. Und ich finde auch, da darf die Arbeit dahinter kein Kriterium sein. Wenn ich ein Bild male darf ich kein besseres Feedback erhoffen, nur weil meine Staffelei super teuer war und ich 2 Jahre gemalt habe. Das Bild gefällt, oder nicht.
So einfach ist das.