Nornen versus Norma
Selbstverständlich k a n n BDSM dazu führen, dass es zwischen zwei Menschen häufiger, heftiger und/oder final knallt. Und natürlich ist es beziehungsinhärent, dass eine steigende Anzahl an Elementen das System komplexer macht.
Doch ob das Ganze dadurch zugleich störungsanfälliger wird, läßt sich von außen genauso wenig beurteilen, wie der Blick auf zwei Fahrzeuge desselben Herstellers: mit der einen Kiste ist man ständig in der Werkstatt, mit der anderen frißt der Nachbar Kilometer. Fährt der Mann einfach nur anders? Gibt es so etwas wie ein Montagsmodell? Weshalb tauchen Dutzende verschiedene Fehler auf? Hier wird es dann auch in Beziehungen so unübersichtlich, dass es keine monokausalen Erklärungen mehr gibt.
Beispielsweise könnte ich argumentieren, dass klassische Stino-Beziehungen, in denen beide in derselben Firma arbeiten, viel fragiler sind, da sie mehr Konfliktpotenzial und weniger Impulse von außen haben. Sie können aber auch verbindende Elemente beinhalten, die so stark sind, dass sie die Zentrifugalkräfte überkompensieren.
Ich weiß nicht, ob es dazu Untersuchungen gibt; aber ohne eine empirische Studie wird es da kaum Gewissheit geben. Man könnte leicht in einer repräsentativen Umfrage ermitteln, wie viele Partner sich im selben Arbeitsumfeld gefunden haben (ich habe da so ein Viertel im Kopf, kann mich aber irren), wie viele davon in derselben Firma/Abteilung, in welchem Arbeitsverhältnis sie zueinander stehen, ob sie dann heirateten, Kinder bekamen, sich scheiden ließen usw.
Dann hätte man belastbare Ergebnisse, die Hypothesen erlauben, etwa: "Akademisch gebildete Paare mit einem Altersunterschied von nicht mehr als fünf Jahren, die im Automotive-Sektor arbeiten, bekommen 1,5 Kinder und trennen sich nach sieben Jahren, weil in 50% der Fälle der Mann mit einer anderen ins Bett geht, die zu 75% nicht im selben Sektor arbeitet." Die Frage ist: Kann die Firma was dafür?
Es wurde oben ja schon geschrieben: Zu jedem BDSM-Faktor gibt es ein Stino-Äquivalent, dem man fairerweise dasselbe Konfliktpotenzial zuschreiben müsste. Für mich beinhalten zwei Fragen im Grunde alles, was es da an Problemen geben kann: Müssen Submissive besonders stabil oder labil sein, um sich dem auszusetzen, was Dominante ihnen antun? Müssen Dominante besonders gefestigt oder durchgeknallt sein, um ihren Impulsen nachgeben zu können? Es gibt gute Argumente für alle vier Sichtweisen, die eine Vier-Felder-Matrix bilden, auf der wir bis zum Ende aller Tage zu Michael Schanzes irrsinniger Musik hüpfen können, ehe das Schlaglicht alles einfriert.
Um es kurz zu machen: BDSM ist nach meinem Dafürhalten kein Auslöser oder Verstärker von Beziehungsproblemen, der zur Letztbegründung taugt. Es mag sein, dass sich daran Probleme festmachen lassen (harhar). Entscheidend ist, ob das Paar a u c h wegen des BDSM zusammengekommen ist oder erst einmal n u r deshalb.
Im ersten Fall ist man den Nornen dankbar, dass sie es so glücklich fügten, weil man gar keine andere Wahl gehabt hätte, als sich (zumindest für den Anfang) auf Vanillasex zu reduzieren.
Im zweiten Fall ist BDSM nicht nur das Scharnier der Beziehung, sondern die Grundlage, von der aufgebaut wird. Im ersten Fall kann alles kaputt gehen, wenn nicht wesentlich mehr BDSM dazu kommt, im zweiten Fall kann alles kippen, wenn nicht wesentlich mehr als BDSM dazu kommt.
Der Disput in diesem Thread wechselt immer den Fokus zwischen Ursache, Wirkung, Symptom. Das macht ihn so unnötig hart, denke ich.