Ansichten über den Fall von Eva Herman
Das regt mich auf.Eine Fernseh-Moderatorin bekennt sich öffentlich zu ihren Ansichten darüber, daß sie selbst eigentlich viel lieber eine ganz normale Hausfrau und Mutter geworden wäre - wenn es das Schicksal so gewollt hätte, und wenn unsere Gesellschaft die Frauen heutzutage nicht geradezu zwingen würde, entweder Familie und Beruf irgendwie unter einen Hut zu bringen oder ganz auf eine eigene Familie zu verzichten.
Sie selbst würde es wenigstens genauso empfinden: früher zwang man die Frauen an den Herd - und heute zwingt man sie an den Arbeitsplatz. Aber Freiheit für die Frauen, d.h. echte Wahlfreiheit darüber, für welchen Lebensweg sie sich entscheiden wolle, die gäbe es für Frau doch heute so wenig wie eh und jeh.
Sie schreibt ein paar Bücher, in denen sie ihre Gedanken darlegt - und sofort erhebt sich ein Sturm der Entrüstung, in dem ihr auch prompt die gleichen unseligen Vorwürfe gemacht werden, wie sie bei dieser Diskussion anscheinend standard sind. Positionen wie ihre, heißt es, stünden nicht für das moderne Familienbild - und damit also für das veraltete Modell, für das Patriarchat, für die althergebrachte Unterdrückung von Frauen. Und wer sich für die Unterdrückung von jemandem ausspreche, so wie sie, der propagiere damit "faschistisches Gedankengut" (so äußerte sich etwa Thea Dorn schon vor mehreren Monaten über Eva Hermans "NS-Vokabular").
Dieser Vorwurf, eine "Faschistin" zu sein, ist bekanntlich eine der ausgesuchten Lieblingsmethoden mancher VertreterInnen des modernen Lebensweges, um dessen Kritiker und Kritikerinnen öffentlich fertig zu machen. Beate Uhse zum Beispiel. Die verkaufte in ihren Katalogen auch Lederklamotten und Peitschen - also war sie eine "Faschistin", sagte Alice Schwarzer (mehrfach). Esther Vilar kritisierte die Männer, die zu feige sind, zu ihrer Männlichkeit zu stehen - also war Esther Vilar eine "Faschistin", sagte Alice Schwarzer (und sie sagte es ihr offen ins Gesicht, bei einer Talkshow). Helmut Newton fotografierte sexy Miezen, die mit Handschellen an ein Bett gekettet wurden, und die auch noch lächelten auf diesen entsetzlichen Fotos - so, als ob es ihnen auch noch gefallen würde (was dann ja wohl eine besonders verwerfliche Darstellung verwerflicher alter Männerphantasien sei). Und deshalb sei auch Helmut Newton ein "Faschist", sagte Alice Schwarzer - wohlwissend, daß Newton Jude war und daß er seine ganze Familie durch den Holocaust verloren hatte. Bei Kritik dieser Art kennt Frau Schwarzer keine Gnade, kein Maß und keine Grenzen.
Ich will mich nicht über den Feminismus als ganzes ereifern. Es gibt eine Menge Feministinnen, die ich durchaus respektieren kann, und sogar mindestens eine, die ich wirklich liebe, von Herzen liebe. Nicht jede Feministin ist automatisch so eine dumme Gans, wie Alice Schwarzer, oder wie Thea Dorn, oder Luise Pusch, oder Andera Dworkin (Friede ihrer Asche), oder wie irgendeine andere Emanze aus der Schwanz-ab-Fraktion. Nein.
Es ist diese Kategorie von unreflektierten amoklaufenden Fanatikerinnen, die mich anekelt und ankotzt, und die nicht nur mir als Mann seit eh und jeh das Leben schwer macht, sondern letztlich auch den Frauen selbst - mit genau der Art von Entscheidungen gegen die Familie, die Eva Herman kritisiert, zum Beispiel. Was mich anwidert ist diese unmögliche Art und Weise, jemanden regelrecht öffentlich hinzurichten, wenn sie oder er anderer Meinung ist als man selbst, indem man ihn öffentlich als "Faschisten" apostrophiert - und sich damit Methoden bedient, die selbst nichts anderes sind als gottverdammter Faschismus in Reinkultur. Übelste Demagogie, verleumderische Hetze und öffentliche Schauprozesse, das sind demokratische Methoden nicht.
Ich bin nicht der erste, dem das aufgefallen ist, und auch Eva Herman war, soviel ich höre, durchaus auf entsprechende Reaktionen gefaßt. Sie reagierte auch bis jetzt immer sehr gelassen auf diese unausrottbaren Stereotypen, die zu erwarten waren, und aus denen man sich im allgemeinen nicht allzu viel machen muß, weil einem halbwegs intelligenten Menschen die Meinungen von irgendwelchen ausgeklinkten Neurotikern im allgemeinen vollkommen gleich sein dürfen.
Was aber jetzt passiert, das dürfte vermutlich auch für Eva Herman eine üble Überaschung sein, weil es in dieser Art und Weise (soweit ich das beurteilen kann) in Deutschland bislang absolut beispiellos ist. In einer öffentlichen Präsentation ihres neuen Buches äußerte sich Frau Herman zu mehreren dutzend Fragen von Journalisten, und unter anderem fiel dabei auch eine kritische Randbemerkung, die anscheinend wenig über dieses Buch selbst aussagte, sondern eher eine Marginalie war, ein Statement unter vielen, das niemandem weiter aufgefallen wäre, sofern nicht jemand in böswilliger Absicht dafür gesorgt hätte. Frau Herman sagte, das traditionelle Familienmodell sei seit 1968 in dieser Gesellschaft passé, es sei bis dahin vorherrschend gewesen, und auch in der Nazizeit - von der sich Frau Herman in einem Nebensatz sehr deutlich distanzierte - sei es ja politisch propagiert worden.
Was Frau Herman dabei sagte, war weder ein Lob für die nationalsozialistische Familienpolitik, noch war es eine Unwahrheit. Die Nazis haben das traditionelle Familienmodell propagiert, weil ihnen alles, was modern war, zuwider war. Sie wollten ausdrücklich, daß die deutsche Frau nicht berufstätig ist, sondern daß sie sich zuhause um die Familie kümmert und dort haufenweise weitere Kinder zur Welt bringt (bei vier Kinderlein erhielt sie ein "Mutterkreuz" als Orden, bei acht das "Mutterkreuz in Gold") - wenn auch nicht zu dem Zweck, daß diese Kinderlein, sobald sie einmal groß werden würden, dann irgendwann mit anderen groß gewordenen deutschen Kinderlein ganz genauso weitermachen sollten. Die Forderung des Reiches an die deutsche Frau lautete, dem Führer möglichst viele Kinderlein zu schenken, damit dieser möglichst viele deutsche Kinderlein zur Verfügung hätte, um sie an der Ostfront zu verheizen.
Eva Herman wußte das natürlich, sie brauchte darüber von niemandem belehrt zu werden, ihre Bemerkung war dafür klar und kritisch genug. Eine Frau wie sie, die sich seit Jahren aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit engagiert (in der Aktion "Laut gegen Rechts") äußerte nichts als eine kritische kleine Binsenwahrheit, über die sich vermutlich kein Mensch weiter aufregen würde - wenn nicht jemand in böswilliger Absicht dafür gesorgt hätte.
Eine blöde Zeitung von blöden Redakteueren und blöden Lesern besaß heute die unglaubliche Schamlosigkeit, Eva Herman tatsächlich für ihr vermeintliches "Lob der Nazizeit" öffentlich und bewußt und vollkommen absichtlich tief in die rechte Ecke zu stellen - in der Top-Schlagzeile auf ihrem Titelblatt, geschmückt mit dem Konterfei des Führers und unterlegt mit diversen empörten Stellungsnahmen etlicher empörter Bürger, die die Blöd-Zeitung am Tag zuvor zu diesem selbstgemachten "Skandal" befragt hatte.
Wie die Bild-Zeitung vorgeht und arbeitet, ist allgemein bekannt, das bedarf eigentlich keiner weiteren Worte. Aber dieses Blatt, so blöde es auch ist, besitzt leider bis zum heutigen Tage sehr viele Leser, und damit auch sehr viel Einfluß und Macht. Und wie groß diese Macht ist, und was für ein Lehrstück für die schleimigen Abgründe unserer Gesellschaft sie darstellt, das konnte heute bei den Reaktionen auf diese Schlagzeile beobachtet werden.
Ihr bisheriger Arbeitgeber, der NDR, ist sich nicht zu stolz dazu, einer langjährigen Mitarbeiterin wie ihr bei diesem unglaublichen Fall von nichts als nacktem Rufmord seine Solidarität zu versagen - und feuert sie, weil man dort meint, man müsse sich von jemandem distanzieren, schon wenn er nur im Verdacht stünde, die Nazi-Braut zu sein, als die BILD sie öffentlich darstellt. Mir persönlich will scheinen, daß man sich beim NDR schon lange darüber ärgerte, daß Frau Herman es öffentlich wagte, andere Dinge zu denken und andere Dinge zu sagen als die, die unter gescheiten Journalisten als anerkannte gesellschaftsfähige Meinungen gelten.
Damit nicht genug. Wie ich eben erfahre, wurde Frau Herman auch von einer geplanten Talkshow mit Johannes B. Kerner im ZDF ausgeladen, aus den genau gleichen Gründen: man wolle doch lieber nichts mit Frau Herman zu tun haben angesichts der kontroversen Diskussion um ihre Person, usw. Natürlich ist die von einem Schmierblatt ausgelöste kontroverse Diskussion eine Sache, und wie die tatsächlichen Verhältnisse aussehen schon wieder eine ganz andere, aber sicher ist sicher, nicht wahr?
Lese ich mir heute durch, was ausnahmslos alle anderen Medien über diesen Fall schreiben, dann packt mich das blanke Entsetzen über die Degeneriertheit und charakterliche Erbärmlichkeit, über diese Verlogenheit und Feigheit, die sich in der Medienwelt anscheinend heute breit gemacht hat: nichts als Schmähreden beim STERN. Dämliche Klugscheißereien beim SPIEGEL. Nichts als Häme bei "heute". Die "tagesschau", deren bekannteste Sprecherin Frau Herman bis vor einem Jahr war, hält sich bedeckt, gegenüber einer bewährten Kollegin, die offenbar "einen Fehler gemacht" habe. Ihr Chef und Ralph Giordano werden zitiert mit den Worten, sie seien zwar gute Freunde, aber dieses Lob für die Nazi-Zeit sei natürlich nicht hinnehmbar.
Schöne Freunde. Und sogar meine geliebte ZEIT kann sich nicht entblöden zu schreiben, daß "so eine" wie sie bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern in der Tat nichts verloren habe: "es reichte", meint ein weiterer moralisch höchst entrüsteter Kommentator dort.
Und jeder, ich sage: JEDER einzelne von diesen erbärmlichen kleinen Feiglingen weiß dabei natürlich verflucht genau, daß diese Frau eben nicht "so eine" ist, und daß das, was man jetzt mit ihr macht, nichts anderes ist als eine einzige öffentliche Vergewaltigung. Eine Frau wie Eva Herman aufgrund dieser einen kritischen Randbemerkung allen Ernstes in die rechte Ecke zu schieben - eine der schwerwiegendsten Vorwürfe, die man jemandem überhaupt machen kann - das ist nicht einfach nur "einseitig", oder ein Zeichen von Blindheit, sondern es ist noch weitaus mehr als nur das: es ist spitzfindig. Es ist die gleiche hysterische Logik der Spanischen Inquisition, die Dich auf den Scheiterhaufen wirft, weil Du am letzten Sonntag bei der Predigt des Pfarrers gegähnt hattest - um damit allen zu zeigen, daß Du dem Antichristen verfallen bist. Wir wissen bescheid! Und wenn Du nicht gestehen willst, dann haben wir Mittel und Wege, um Dich zum sprechen zu bringen und aus Deinem eigenen Munde alle Beweise dafür zu erfahren, was für ein schlechter Mensch Du bist, im Gegensatz zu uns.
Es ist dies die Logik von Menschen, die feige sind, die dumm sind, die erbärmlich sind, die geistig nicht in der Lage dazu sind, zwei Seiten einer Medaille ausgewogen zu betrachten, bevor sie darüber ein Urteil abzugeben wagen, und die schon gar nicht dazu in der Lage sind, angemessen darauf zu reagieren, wenn das ein anderer tut, der allem Anschein nach weitaus intelligenter und mutiger (oder vielleicht auch etwas dickfelliger) ist, als sie selbst. Dieser Dein Mut, den wir kleinen Feiglinge nicht haben, wird Dir von uns niemals verziehen.
Was auf diesem erstaunlichen blauen Planeten stattfindet seit den Zeiten von Zarathustra dem Einsiedler ist nichts anderes als ein blutrünstiger Krieg zwischen Dummheit und Intelligenz, zwischen Feigheit und Rückgrat, zwischen blöder Hammelherde und denkenden Menschen. Zuweilen gelingt es der ganz richtigen Seite, der anderen Seite einmal wieder tüchtig eins auszuwischen - was auch gar nicht so schwer ist, denn Dummköpfe sind nun mal Dummköpfe. Zuweilen gelingt das aber auch mal der falschen Seite, so wie heute - denn Dummköpfe besitzen viel Macht, sobald sie sich zusammenrotten zu dem Rudel, das allein sie wirklich gefährlich machen kann.
Vor allem aber machen sich die Dummköpfe seit Urzeiten ihr Leben schon ganz alleine schwer, und gegenseitig schwer, indem sie es vorziehen, feige in den engen Käfigen ihrer eigenen charakterlichen Begrenztheit eingesperrt zu bleiben, mit all den jammervollen Konsequenzen die sich daraus ergeben, und seien sie auch noch so haarsträubend und hirnverbrannt.
Soll das ein Trost sein?
O nein, kein Trost.
Ein Tritt in den Arsch!