Ganz klare Antwort: nein.
Kann ich mir nicht vorstellen.
Absolut nicht meine Baustelle.
Ich glaube, eine "Scheidungsparty" ist etwas für a)komplette Zyniker und/oder b)Menschen, die tatsächlich feiern, dass sie den bösen Expartner endlich los sind, weil der Vollhorst/die Kuh ja alles versaut hat, was an der Ehe schön war.
Und a)bin ich zum Glück nicht (und finde ich auch eher bedauernswert) und b)... nein. So hat sich Scheidung für mich wirklich nicht angefühlt.
Als der Tag kam, da ich vor den Scheidungsrichter musste, waren mein Ex-Mann und ich bereits seit 2 Jahren getrennt und führten völlig neue Leben. Neue Partner inklusive.
Ich saß da morgens früh in dem mit kaltem Neonlicht ausgeleuchteten Gang vor dem Richterzimmer, zusammengesunken auf der Bank neben meinem Anwalt (unserem Anwalt, um genau zu sein, es war eine sehr zivile, einvernehmliche Scheidung ohne Kindesanhang oder Vermögenswerte) und zitterte. Mir war elend. Dann kam mein Ex um die Ecke. Ich hatte ihn seit zwei Jahren nicht gesehen. Wir waren über zehn Jahre ein Paar gewesen und plötzlich kam er da auf mich zu und wirkte wie ein Fremder auf mich. Ein Fremder, der mit meinem Leben nichts mehr zu tun hatte und der etwas blass und irgendwie auch grün um die Nase war.
Ich sah ihm an, dass er ebenso wenig wusste, wie er sich verhalten sollte, wie ich. Ich stand auf, ging auf ihn zu und wir lächelten beide etwas schief. Dann trat er noch einen Schritt näher und murmelte: "Ach, komm her, Du..." und ich ließ mich erleichtert von ihm in den Arm nehmen.
Das Gespräch im Richterzimmer war irgendwie wie ein außerkörperliches Erlebnis. So, als würde das gerade jemand anderem passieren, der mir nur zufällig ziemlich ähnlich sah. Mein Ex sah die ganze Zeit über so aus, wie ich mich fühlte und wir bemühten uns, aneinander vorbei die erbsengrün gestrichenen Wände anzustarren.
Wir wurden beide einzeln gefragt, ob es unser Wille ist, diese Ehe zu beenden. Ich habe das "Ja" kaum hervorgebracht und obwohl es die einzig realistische Antwort war, war da diese kleine, verzweifelte Stimme in meinem Kopf, die brüllte "Neeeeeeein, ich will das alles hier überhaupt nicht!!!"
Ich habe ihr kein Gehör geschenkt und so getan, als sei ich erwachsen.
Danach standen wir wieder draußen auf dem neonbeleuchteten Gang. Der Anwalt verabschiedete ich und zwischen meinem Ex und mir war betretenes Schweigen. Ich hatte schon den ganzen Morgen über immer wieder einen Tränenklos im Hals gehabt und als er jetzt so auf mich runterschaute und ich da immer noch freundliche Gefühle in seinen Augen entdeckte für mich, da konnte ich nicht mehr. Ich fing an, zu heulen und presste mir die Hand auf den Mund. Er nahm mich wieder in den Arm und ich schluchzte an seiner Schulter "Das ist alles so scheiße... es tut mir so leid... so ein elender Mist..." und ich fand es sehr schwer, mich wieder zu beruhigen. Irgendwann heulte er auch und so standen wir eine Weile da herum und beweinten den Scherbenhaufen, der unsere Ehe war.
Ich habe mich selten so sehr wie ein kompletter Versager gefühlt wie an diesem Tag. Ganz egal, wie neu unsere getrennten Leben zu dem Zeitpunkt schon waren, es tat trotzdem weh. Es mit jemandem nicht geschafft zu haben, den man zehn Jahre seines Lebens (oder mehr) geliebt hat und zu verstehen, dass man künftig mit dem Leben des anderen rein gar nichts mehr zu tun hat... das ist schwer.
Für mich war das so und ich könnte mir alles mögliche vorstellen, aber so ein Gefühl auch noch zu befeiern, das ist für mich ein absurder, gar ein abstoßender Gedanke.
Wenn eine Ehe scheitert, dann scheitern beide Partner. Und zu scheitern, das ist ein mieses Gefühl. Ganz egal, was die Gründe waren, es gibt nie nur einen Schuldigen. Manchmal gibt es sogar gar keinen.
Und ich glaube, nur die Leute, die das nicht verstanden haben, die feiern. Oder die, die in ihrem Kern verroht sind.