Geschichten wichtig wie Essen und Trinken
Dieser Thread fragt ja, soweit ich es richtig verstehe, wie es möglich ist, dass das gesellschaftliche Bild von Weiblichkeit so sehr vom wirklichen Verhalten von Frauen abweichen kann, ohne mal inzwischen an die Realität angepasst zu werden.
Ich meine: Es muss ein gesellschaftliches Interesse und eine gesellschaftliche Beharrungskraft geben, die das unbedingt so wollen. Gesellschaften erzählen sich ihre Geschichten, und diese werden gefühlte Realität, tatsächlich unabhängig davon, ob sie überhaupt zutreffen. Zu diesen Geschichten gehören in meinen Augen die Geschlechterunterschiede. Sie treffen nicht zu, sollen es aber unbedingt. Menschen hängen mehr oder weniger dran, wohl auch, weil sie eine Identifikationsvorlage liefern.
Und so helfen sogar Frauen kräftig mit, unzutreffende Vorurteile gegen ihr eigenes Geschlecht selbst zu verbreiten:
Im Beruf habe ich die Frage:"Kann das nicht ein Mann machen?" sobald eine Aufgabe ein bisschen Eier erfordert, so oft von Frauen gehört, dass es mir zu den Ohren raushängt
Die unzutreffenden Bilder werden gern auch mit unzutreffenden Deutungen der Wirklichkeit lebendig gehalten: Frauen sind zickig, Männer durchsetzungsfreudig, Männer sind aggressiv, Frauen emotional. Die Aggressivität beider Geschlechter, "leider" gar nicht unterschiedlich, kann für beide Geschlechter ihren Rollen gemäß mal positiv (emotional/durch setzung freudig), mal negativ (aggressiv/zickig) gesehen werden.
Und weil tatsächlich auch unvoreingenommene, rationale Wissenschaftler ebenfalls an den Geschichten über die Geschlechter hängen, deuten auch sie ihre Forschungsergebnisse so, dass sie dazu passen. Stichworte Hormone und Evolution. Das kommt allgemein sehr gut an, denn damit kann die Irrealtät der Geschichten weiter verdeckt werden. Sie sind halt so schön.
Das immer krassere Gendern von Produkten illustriert, wie sehr die Geschlechterunterschiede weiter gewünscht werden. Rosa Bohrmaschinen, Rasierer und Schubkarren, kantige Faltencremes für Männer etc.