Das Alter ist relativ
Es gibt Frauen und Männer, die haben mit über sechzig noch eine Ausstrahlung und eine Anziehungskraft und wirken auf einem, als wären sie zwanzig Jahre jünger. Sie sehen für ihr Alter noch sehr attraktiv aus und sind zudem sehr sympathisch. Auch wenn man sich mit ihnen unterhält, gewinnt man den Eindruck, dass sie up to date sind und mitten im Leben stehen. Sie haben noch Pläne und Ziele, geniessen das Leben und sind glücklich.
Sie haben sich die Jugend auf ihre Art bewahren können, wo viele mit Anfang vierzig diese beim „Jugendamt“ abgegeben und sich freiwillig den „Seniorenmantel“ überstreifen. Aber es liegt nicht nur an denjenigen selbst, sondern auch ein grosses Stück an unserer Gesellschaft. Wir sind es die die die Generation 45+ als Alt und „unbrauchbar“, als „verwelkt“ klassifizieren. Für viele beginnt das Tertianum, die dritte Lebensphase schon ab vierzig, obwohl die WHO jährlich unsere Lebenserwartung um ein Jahr nach oben korrigiert. Die durchschnittliche Lebenserwartung wird immer höher und laut der Statistik der WHO sind wir im Grunde genommen unsterblich. Heute ist man mit 65 noch nicht alt und mit 70 oder 75 kann man noch eine ganze Menge vom Leben leben.
Wir kennen in unserem sozialen Umfeld einige, die mit Anfang 70 noch was auf die Beine Stellen und ihr Leben in vollen Zügen geniessen. Sie sind aufgeschlossen und noch sehr fit in vielen Belangen. Allerdings müssen sie gegen eine gesellschaftliche Meinung ankämpfen, in der es oft darum geht, dass man das in diesem Alter ja nicht mehr macht. Sprüche wie, je oller desto doller, in eurem Alter usw. sind nicht selten zu hören. In was für einer Gesellschaft leben wir?
Egal wo man hinschaut, für viele ist es ab Mitte vierzig schon schwer, sich noch zu den jungen Menschen zählen zu können. Sei es im Berufsleben oder in zwischenmenschlichen Beziehungen. Überall wird auf das Lebensalter geachtet und wenn eine 53-jährige Frau einen 28-jährigen Mann als Lebenspartner hat, kommen gleich die Sprüche wie z.B. „Das könnte ja die Mutter sein“. Klar könnte sie das, aber sie ist es nicht! Oder die Aussage, dass es ja die eigenen Kinder sein könnten, man spricht vom Mutter- / Vaterkomplex usw.
Es ist nicht das Alter, denn das ist relativ. Es ist die Schere in unseren Köpfen und unsere verklemmte Moral. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden können und keiner von uns hat das Recht, über den Altersunterschied eines Paares zu urteilen, geschweige denn, Menschen jenseits der 45 als alt zu bezeichnen. Vor allem dann nicht, wenn man heute davon ausgeht, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei denen die jetzt geboren werden, bei 100 Jahren liegen wird. wenn wir weiterhin in unserer Gesellschaft auf unserer Meinung vom Alt sein beharren, dann wird die künftige Generation den überwiegenden Teil ihres Lebens als Senioren fristen müssen, wenn man schon ab 45 zum alten Eisen gehört. Schon pervers, wenn man nur 45 Jahre jung ist und dann 55 Jahre alt sein soll!