Traenensee schreibt:
Ich träume davon, figürlich passe ich nicht in das Bild einer Frau, Perücken sind mir immer zu klein. Ich bin einfach "oversized". Zu Hause und nachts auf den Straßen trage ich gerne Strumpfhosen, Röcke, Tücher und Mützen
Ich kenne sehr wenige Männer, bei denen eine komplette weibliche Verkleidung wirklich gut aussieht. Ich selbst bin nicht "oversized", sondern rank und schlank, aber ich trage gern meinen 3-Tage-Bart und würde auch sonst in vollständig weiblicher Verkleidung ziemlich albern aussehen.
Aber ich bin längst dabei, auch den Mut aufzubringen, einige erkennbar weibliche Facetten an meiner Kleidung zu zeigen. Da ich das vorsichtig, aber mit Kontinuität betreibe, "verwandele" ich mich quasi langsam, aber dafür sehr stetig weg vom erstarrten typisch männlichen Outfit und finde in ganz kleinen Schritten auch gesellschaftkliche Akzeptanz.
Ich möchte da nämlich zunächst die Frage aufwerfen, ob der oft recht starke Drang zum "Crossdressen" und zum "Rollentausch" nicht vor allem vom ziemlich erstarrten Rollenbild in der Gesellschaft an sich herrührt, genauer gesagt:
Die Rollenbilder in Beziehungen sind zwar eigentlich längst aufgebrochen, Männer dürfen selbst vor ihren Parterinnen die "weichen" weiblichen Seiten zeigen, aber das nach außen in der Gesellschaft auch sichtbar Machen durch ihre Kleidung dürfen sie nicht. Die Männermoge, die völlig erstarrt und tot ist, verunmöglicht das durch das gesellschaftliche Klischee.
An meinen Knöcheln luken schon seit Jahren unterm Saum des Hosenbeines die Feinstrümpfe hervor. Ich trage regelmäßig Blusen "aus der Damenabteilung", die in der Machart schon erkennbar weiblich sind, aber deswegen nicht "tuntig" wirken. Auch Tücher um den Hals gehören regelmäßig zu meinem Outfit. Meine Freunde und bekannten haben sich längst daran gewöhnt, meine Frau hat sich anfangs damit schwer getan, aber sie akzeptiert jetzt vieles und stört sich auch nicht mehr daran.
Die Lieferanten an der Tür von DHL und dergleichen - es sind glücklicherweise nicht die allen bekannten "Postboten im Dorf" wie früher - treffen mich schon öfter mit Feinstrümpfen und Shorts an, bemerken das auchg sichtlich, aber sie blicken mich weder irritiert noch abfällig an.
In dem Kilt, den ich sonst vorwiegend zum Besuch von Mittelaltermärkten anhabe, werde ich bald auch in der Freizeit in der "normalen" Öffentlichkeit tragen.
Ich bin (wenn auch bisher nur allein) schon gelegentlich mit blickdichten Strumpfhosen und Shorts einkaufen gegangen, wenn auch nicht in den Supermarkt, in dem man mich kennt (ich lebe auf dem Lande, da kennt irgendwie Jeder Jeden...). Da habe ich zwar den einen oder anderen interessierten Blick abbekommen, aber habe nicht von Abfälligkeite erlebte, und der junge Kassierer, der da schon mehrfach saß und mich sah, schien mir eher sogar noch ein wenig freundlicher als bisher zu werden.
Irgendwie glaube ich - das ist meine These - rührt der Wunsch nach "Crossdressing und Rollentausch" eigentlich aus dem inneren Wissen, dass man tief in sich selbst nicht so sehr "schwarz und weiß" nur einem bestimmten Rollenmuster entspricht, was man nicht nur als kleines inneres Geheimnis für sich behalten und verwahren, sondern gern nach außen zeigen möchte.