lieben oder geliebt werden wollen?
Aus der Sicht eines Monogamen wird er natürlich bestraft - für ihn gibt es nur schwarz oder weiß, lieben in einer Beziehung oder gar nicht. Die Kompromisse, die ein Monogamer in einer Mehrfachbeziehung eingehen müsste sind meistens schmerzhaft für ihn (dann wären es in meinen Augen zwar keine Kompromisse, aber das lass ich jetzt mal außen vor). Für ihn sieht es so aus, als ob nur der polyamore Part das ganze Glück abstaubt, während er leidet. Ist doch nur verständlich, dass man das dann als "Bestrafung" empfindet, oder?
Andersrum könnte auch der Poly argumentieren, dass er aufgrund des eingeschränkten Liebeswillens des Monos bestraft wird - weil er dann in die Verantwortung genommen wird, die Beziehung zu beenden, weil er eine monogame Person nicht so glücklich machen kann, wie diese es von ihm erwartet. (Dabei sollte man eigentlich niemanden für sein Glück verantwortlich machen - meine Meinung.)
@**b:
Was hindert uns denn daran, andere Menschen weiterhin zu lieben, wenn sie uns nicht mehr lieben? Sind wir gezwungen, Liebe sterben zu lassen, nur weil der andere Fehler macht oder uns nicht mehr liebt? Oder ist es nicht eher so, dass wir aus irgendwelchen Verletzungen, Missstimmungen oder rationalen Gründen heraus einfach beschließen, dass die andere Person es nicht mehr wert ist, dass wir ihr unsere Liebe zeigen?
Könnte es nicht sein, dass viele Leute heutzutage "geliebt werden wollen" und "lieben" verwechseln"? Liebe, so scheint es mir, ist zu einer Ware geworden. Begrenzt in der Menge, der Stückzahl, der Größe. Man denke nur an "sein Herz verschenken". Es ist nur eine Floskel - aber für viele symbolisiert diese dumme Floskel die Liebe. Man hat nur ein Herz, das man verschenken kann, und das ist in seiner Größe beschränkt. Das kann man nicht teilen, sonst würde es ja brechen. Also wartet man vorsichtig ab.
Liebst Du mich? Dann will ich Dich auch lieben.
Ist Liebe etwa ein Tauschgeschäft?
Wenn Du mich so und so liebst, dann liebe ich Dich auf diese Weise, aber wenn dann mein Prinz vorbeikommt, der mich so und so und so liebt, dann liebe ich den auf eine andere Weise und ich muss Dir mein Herz wieder wegnehmen und meinem Prinzen schenken.
Die Welt ist lieblos geworden. Die Menschen geizen mit ihrer Liebe, behalten sie für sich, sind vorsichtig und misstrauisch. Jeder kleine Fehler beendet eine Beziehung, weil man sich nicht genug geliebt fühlt, verletzt wurde oder weil man meint, was Besseres verdient zu haben.
Auf der anderen Seite wächst der Hunger nach Liebe, wollen die Menschen geliebt werden. Von Liebesfilmen und -Romanen geschürter Hunger nach romantischer Liebe entfacht in jedem ein unstillbares Sehnen - Liebe soll verzaubern, soll glücklich machen - wie jedes Objekt, das wir uns von unserem hart erarbeiteten Geld leisten.
Es ist Konsumdenken. Ich tue etwas, und dafür werde ich belohnt. Und wie es scheint, vermeinen einige dies auch von der Liebe. Wenn ich etwas dafür tue, eine Frau umwerbe z.B., dann werde ich mit Liebe belohnt und die macht mich glücklich. Aber wenn sie ihr Herz einem anderen schenkt, kann sie mich nicht mehr glücklich machen und ich muss leiden.
Niemand muss. Und geliebt zu werden allein macht auch nicht glücklich. Was bringt einem denn die Liebe von zwei oder drei anderen, wenn man selbst diese nicht liebt? Wenn man sich selbst nach etwas anderem sehnt?
Lieben ist ein aktiver Prozess. Ich entscheide mich dafür, jemanden zu lieben. (Auch wenn das jetzt sehr rational klingt, ist es eher emotional gemeint) Ich entscheide mich dafür, ein Stück meines Lebensweges mit dieser Person zu beschreiten.
Wenn nun aber beide mit der Erwartung an diese Liebe gehen, dass dieser Anspruch und jene Erwartung erfüllt werden muss, dann ist das doch eher wie in einem Kaufhaus. "Ich brauche ein Waschmittel für Buntes, das ich aber auch für Feines verwenden kann und Flecken sollte es bitte auch noch gut rausmachen..." Liebe ist aber kein Waschmittel, was man kaufen kann.
Ich liebe diesen Menschen, weil ich es will (und nicht, weil er mich liebt, mit mir eine Beziehung führt, eine Familie mit mir gründen will, ein tolles Auto hat...). Ich übernehme die Verantwortung für mein Fühlen - Ja, ich liebe ihn. Aber wenn er keine Beziehung mit mir führen möchte, heißt das nicht, dass ich ihn nicht mehr liebe. Meine Liebe ist doch nicht abhängig von so nebensächlichen Randbedingungen! Und doch scheint mir, dass für viele Menschen ihre Liebe eben davon abhängig ist.
Aber ist das wirklich so? Ist es nicht vielleicht doch eine bedingungslose Liebe, die wir nur in das Korsett von Erwartungen an eine Beziehung zwängen? Und wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, behalten wir unsere Liebe lieber wieder für uns, als sie mit einer Person zu teilen, die sie gar nicht verdient hat.
Erst wenn ich es schaffe, meine Liebe von der Vorstellung zu lösen, dass die empfangende Person Punkt 1, 2 und 3 zu erfüllen hat, damit ich glücklich bin, kann ich mich auch davon befreien, dass diese andere Person für mein (Liebes-) Glück verantwortlich ist. Ich bin es selbst. Jeder ist selbst dafür verantwortlich, glücklich zu werden. Eine feste Partnerschaft kann dabei unterstützen und beträchtlich zur Lebensqualität beitragen, weil einige ureigenste Bedürfnisse (wie Kuscheln, Sex, Intimität...) erfüllt werden - aber ob ich mit meinem Leben zufrieden und glücklich bin, entscheide ich immer selbst und mit meiner geistigen Haltung.
Wer immer darauf aus ist, das Haar in der Suppe zu suchen, wird schon was finden, worüber er sich ärgern kann. Wer sich mehr auf die Verletzungen konzentriert, die er in einer Beziehung kassiert, wird die positiven und liebevollen Signale auch mal überhören.
Ich möchte nicht sagen, dass jeder ganz egoistisch seine Liebe leben sollte - denn lieben heißt geben und nicht nehmen!
Wenn ich nur darauf aus bin, einen Menschen, eine Liebe, zu "nehmen", im Sinne von: eine Beziehung mit nur diesem Menschen zu führen, dann ist das weniger lieben, das ist Begehren, geboren aus unserem gewohnten Konsumdenken. Wir wollen diese Person für uns, damit sie uns glücklich macht. Wie das neue Auto. Oder der Garten hinter dem Haus.
Und wenn nun dieser Mensch sich einer anderen Person zuwendet, dann ist das, als würde uns unser neues Auto gestohlen werden. Wir sind unglücklich. Aber ist es wirklich sinnvoll, seine Auffassung von Glück an einen Gegenstand oder gar eine andere Person zu ketten? "Nur mit Dir kann ich glücklich werden!" Bullshit! Das Leben bietet hunderttausende Möglichkeiten, um glücklich zu werden, und wir fixieren uns auf nur eine, auf die romantisierte Liebe, die wir "haben" wollen.
Warum ist es so schwer zu sagen: Ich führe ein tolles Leben, ich habe das, das und das erreicht. Und dann ist da noch dieser tolle Mann in meinem Leben, der mich liebt.
An dieser Stelle kommt meistens ein gedanklicher Wunsch der Art: Wenn wir zusammen sind, bin ich so glücklich, fühle mich so geborgen und wohl in seinen Armen. Am liebsten wäre ich für immer in seiner Nähe.
Diesen Wunsch, dieses Sehnen kennt wohl jeder. Aber was ist, wenn dieser Mann nun eine andere hat, die er ebenfalls liebt? In diesem Fall fangen die meisten an rumzuzicken, weil sie meinen, das größere Recht auf "von diesem Mann glücklich gemacht zu werden" zu haben, weil sie sich auf diese Person fixiert haben, weil die Gefühle in seiner Nähe so stark und mächtig waren, dass alles andere daneben verblasst.
Warum aber kann man dann nicht seinen Wunsch nach "Glück" von dem Mann loskoppeln? Er ist nicht dazu da, um mich glücklich zu machen. Er tut es aber mit seiner Anwesenheit. Ja dann genießt man sie doch und jammert nicht rum, weil er die letzten drei Tage bei einer anderen war und nicht bei einem selbst! Wenn ich jetzt anfange, aufzurechnen "drei Tage bei der anderen, wo ich mich schrecklich einsam gefühlt habe und jetzt nur ein Tag bei mir", dann lasse ich zu, dass mein Neid mich runterzieht und kann nicht mehr das Geschenk der Liebe genießen. Es liegt also an mir selbst, das Glück(lichmachende Gefühl) anzunehmen oder in miesepetrige Stimmung zu versinken.
Ja, natürlich will ich auch geliebt werden. Tut er das denn nicht? Warum kann ich seine Liebe nur annehmen, wenn er eine Beziehung mit mir führt? Ist das dann "Liebe", die ich mir wünsche? Oder etwas anderes? Aufmerksamkeit? Nähe? Und warum muss dann ausgerechnet diese Person meine Wünsche erfüllen? Weil es mein empfundenes Glück steigern würde und meine Zuneigung zu dieser Person grenzenlos würde?
Vielleicht löst sich ein gedanklicher Knoten, wenn man Bedürfnisse und Liebe trennt?