Blindfolded Dinner (22) – Stellas Ankunft in der Villa
„Wenn Sie jetzt so freundlich wären und Ihre Augenmaske anlegen, Madame … Wir haben unser Ziel gleich erreicht.“, sagte der Chauffeur mit ruhiger, gelassener Stimme. Für Stella allerdings wirkten die Worte eher wie fließende Lava. Erregende Hitze breitete sich über ihr aus und laut ausatmend zog sie sich vorsichtig die edle, filigrane venezianische Maske aus der Manteltasche. Sie wickelte das kostbare Stück aus dem Tuch, hielt es kurz in die Höhe, prüfte und band sie sich um.
Augenblicklich fühlte sie eine neue Energie in sich aufsteigen. Das Unbekannte nahm Besitz von ihr. Stellas ICH verschwand hinter der Maske. Zum Vorschein kam – so wie bei der ersten Anprobe, daheim in Frankfurt, vor ein paar Tagen – eine neue, sehr spezielle Lust. Eine andere Stella, eine andere Persönlichkeit. Das unbestimmte, das Verborgene und auch ein Stück weit das bis dahin Ungelebte, klopfte an. Lächelnd nahm Stella es zur Kenntnis, und ihre Augen begannen im dunklen Inneren des Wagens zu funkeln. Sie hatte sich vorgebeugt und versuchte etwas von ihrer Umgebung zu erkennen.
Der Fahrer war von der Landstraße abgebogen und hatte das Fernlicht eingeschaltet. Nach einer Weile bogen sie erneut ab, ein Sackgassenschild mit dem Zusatz: „Privatweg, Wendemöglichkeit!“, kündigte das Ende der Fahrt an. Stella erkannte gut, dass sie nun durch eine Allee fuhren, die Straße gesäumt war von hohen, alten Linden, das Anwesen ihrer Gastgeber näher rückte.
„Dort hinten ist es“, bemerkte der Fahrer und verlangsamte das Tempo. „Wir sind etwas zu früh und ich möchte nicht vor dem verabredeten Zeitpunkt eintreffen.“
Langsam rollte die Limousine weiter, sie passierten ein geöffnetes schmiedeeisernes, beleuchtetes Tor und kurz darauf kam nach einer weiteren Biegung am Ende der Straße das Haus in Sicht.
Stella erkannte kurzgestutze Platanen, hohe Papeln, Hecken, die die Auffahrt säumten. Die Villa!
Der Fahrer blendete die Scheinwerfer des Wagens ab und im Schritttempo näherte sie sich weiter an. Zwei Autos parkten bereits links neben dem Haus auf dem geschotterten Vorplatz. Wir sind also nicht die ersten Gäste, dachte Stella und ihre Unruhe und Aufregung nahm zu. Ganz in dem Bild, das sich ihr darbot vertieft, bemerkte sie doch fast schmerzhaft ihre Anspannung. Sie war alles andere als gelassen und cool. Die Villa beeindruckte sie. Prächtig, erhaben, alt und gepflegt. Eine Steintreppe führte hoch zu der Veranda, die den Eingang bildete. Mehrere Fackeln säumten die Stufen. Wo war M.? Stand er oben auf dem Balkon über der breiten, geschlossenen Eingangstür? Beobachtete er ihre Ankunft?
Mehrere Laternen aus dem vorigen Jahrhundert beleuchteten den Platz und das Haus. Ockerfarben war es gestrichen, das erkannte Stella. Zwei Etagen und das breite Dach, mehrere beleuchtete Fenster nach vorne heraus machten klar, dass diese Villa viele Zimmer beherbergte. Wie groß das Anwesen im Ganzen war, vermochte sie aber auf Anhieb nicht zu überblicken.
Mit knirschenden Reifen hielt der Fahrer unmittelbar vor der Treppe an. Stellte den Motor ab. Stille breitete sich aus und Stella hielt den Atem an. Aus dem Schatten der Veranda löste sich eine männliche Gestalt. Schemenhaft konnte Stella erkennen, dass der Mann einen altertümlichen Hut trug. Er trat ins Licht. Unheimlich sah er zunächst aus, denn er passierte einen im Boden eingelassenen Strahler. Seine mit Gold durchwobene Augenmaske blitzte auf. Schwarzer Anzug!
M.!
Atme, Stella, atme!, redete sie sich zu und starrte auf den hochgewachsenen Mann, der erhabenen die Steintreppe herab schritt und seinen Blick auf den Wagen gerichtet hielt.
Kurz sah sie hoch, am Eingang tat sich noch etwas. Ein weiterer Mann trat vor die Tür. Ebenfalls im schwarzen Anzug. Er verblieb aber dort im Licht der Laterne, der Fackelschein tauchte auch ihn in höchst dramatisches Licht.
Gott, dachte Stella, die haben sich hier richtig etwas einfallen lassen! Sie sah wieder zu dem Mann hin, der ihr nun entgegen kam. Er ist größer als ich, dachte sie, dazu mit sportlicher Figur. Der Anzug sitzt perfekt. Elegante Schuhe. Dunkle Haare. Aber dieser Hut? Durchaus venezianisch, keine Frage, aber irgendwie … surreal. Der Fahrer blickte unbeteiligt nach vorne, Ihre Tür wurde geöffnet. Sie blickte hinaus, M. trat einen Schritt zurück. Sie lächelte ihn an. Er tat etwas überraschendes, was sie noch mehr lächeln ließ. Entwaffnend, herzlich. Er verbeugte sich! Mit nonchalanter Geste zog er seinen Hut, hielt ihn sich vor die Brust, lächelte sie an, sprach mit leiser doch markanter Stimme:
„Stella … herzlich willkommen! Darf ich bitten?“
Er trat zwei Schritte auf sie zu, hielt ihr die Hand entgegen. Sein Lächeln war echt, war herzlich, war einladend. Fast ein wenig durchtrieben kam es ihr vor, und sie zögerte nicht, seine Hand anzunehmen. Langsam schwang sie die Beine nach draußen, stieg aus dem Wagen, spürte die frische, kühle Luft an ihren nackten Schenkeln. Wurde sich ihrer Nacktheit unter dem Mantel bewusst, und auch … ihrer Lust! Präsentierte ihm ihre High Heels, spürte M.s anerkennendes Lächeln sich vertiefen.
Verdammt, sieht der gut aus! Männlich! Markant! Stella atmete leise aus, wollte sich nicht schon jetzt verraten, wie es um sie stand, schmolz regelrecht dahin, M.s Einlage war formvollendet. Gedanken an eine Diva stiegen in ihr auf, ihren eigenen Auftritt würde sie selbst als filmreif bezeichnen. Und doch war es nicht übertrieben, oder gestelzt, oder kitschig. Sondern … ja, formvollendet. Angemessen. Sie spürte M.s Blick körperlich. Oh ja, er wusste, wie es um sie bestellt war! Mit Sicherheit! Und so vertiefte sie ihr Lächeln, legte eine Spur Frivolität hinein, zeigte sich ein wenig.
Er hielt weiterhin ihre Hand. Nicht fest oder fordernd, doch recht bestimmend. Fast beiläufig legte er seinen Hut auf das Wagendach, ließ seinen Blick nicht von ihren Augen, zog Ihre Hand an seine Lippen.
„Bonsoir, Madame, du siehst traumhaft aus, Stella!“, sagte er und blickte ihr tief in die Augen. Auch diese Geste brillant, offen, ehrlich, würdevoll. War sie schon jemals so dermaßen stilvoll begrüßt worden? War es nicht ein Traum einer jeden Frau, eines jeden Mädchens? Die rotgoldene Augenmaske verlieh M. den letzten Touch eines Verführers, der genau wusste, was er tat und was er wollte. Nicht schwarz war seine Maske, sondern edel, fast ein wenig schrill. Auffallend, sich zeigend, zu sich zu stehend. Selbstbewusstsein ausdrückend. Genauso wollte Stella es! So und nicht anders! Auf Anhieb fasste sie Vertrauen. Konnte es nicht beschreiben, es war ein Gefühl, ein unbeirrbares Gefühl. Sie wusste, sie war in besten Händen. Nicht nur in dominanten Händen, sondern auch in liebevollen Händen. Sie sah es in M.s Augen. Es waren weiche und warme Augen. Zumindest jetzt, dachte sie, mit Sicherheit würden diese Augen auch noch ganz anders gucken können.
Noch in der ersten Hingabe vertieft spürte sie plötzlich einen leichten Ruck in ihrer Hand, die M. nach wie vor hielt. Ein Ziehen. Wie beim Tanzen. Eine führende Aufforderung. Er zog sie zu sich. Eine kurze Wahrnehmung. Stella hielt den Blick und trat einen kleinen Schritt auf ihn zu. M.s andere Hand glitt an ihren Rücken, beließ sie dort. Und wieder ein Zeichen. Jetzt mit der Fingerkuppe an ihrem Rücken. Nur ein leichter Druck, der sie jedoch durchzog wie Strom. Der Tänzer führt, gibt den Ton an, bestimmt. M. lächelte sie weiter an, sein Blick war nach wie vor mild. Erhaben, aufrecht und stolz stand sie ihm gegenüber. Jetzt zählte es. Sie war sich ihrer Ausstrahlung bewusst, die Maske verlieh ihr zusätzliches Selbstvertrauen. Sie wusste, was für eine Wirkung sie auf Männer besaß, und nicht wenige waren an genau diesem Punkt eingeknickt. M. aber nicht. Im Gegenteil. Er übernahm die Führung, er bestimmte das Spiel. Sanft glitt seine Hand hinauf. An ihren Nacken. Die Fingerkuppe berührte ihre Haut, ein Schauer durchlief sie. Sofort und automatisch. Halb geöffnete Lippen, verhangener Blick, Stella genoss diesen magischen Moment.
„Schöne, bezaubernde Stella“, sagte M. leise und seine Hand fuhr unter ihr Haar. „Wie gut du aussiehst, wie schön du bist. Wie geheimnisvoll!“
M. trat einen winzigen Schritt auf sie zu, dicht standen sie sich gegenüber. Dann wieder der sanfte Druck in ihrem Nacken, ihrem Hinterkopf. Pochendes Herz, flacher Atem, weiche Lippen auf weichen Lippen. Zarter Kuss. Geöffnete Augen, Verwunderung ausdrückend. M.s Augen lächelten, strahlten sie an. Durch die Schlitze der venezianischen Maske. Stella ahnte seine Lachfalten, spürte seine Freude, ließ sich fallen. Vertrauen vom ersten Moment. Lippen, die weich blieben, sich berührten, ganz im Fühlen waren. Der weiche Kuss. Seine Hand in ihren Haar, sorgsam darauf achtend, ihr nicht die Frisur zu ruinieren, nur ein sanfter Druck. Zärtlich und sinnlich. Doch plötzlich … die hauchzarte Veränderung. Zurück an ihrem Nacken spürte sie zunächst wieder die Fingerkuppe, die bis zur Schulter auf der einen Seite strich, dann hinüber zur anderen. Unter den Kragen ihres Mantels glitt, Stella erogene Zone zu kennen schien, dies aber weder ausnutzte oder forcierte. Er begrüßte sie und urplötzlich veränderte sich sein Blick. Stella sah es genau! Die Augen in der Maske waren sehr gut zu erkennen, ähnlich große Aussparungen wie auch in ihrer Maske. Ihre Brustwarzen richteten sich schmerzhaft auf, sie keuchte kurz. Sehr kurz nur, dann zog M. ihren Kopf mit Bestimmtheit zu sich heran. Hielt sie fest, küsste sie aber dennoch weich weiter. Nicht hart und fordernd. Ein Widerspruch, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Kein zügelloses Hervorbrechen der Lust, er hielt sie im Gegenteil weiter im Unklaren, was als nächstes passieren wird. Nur die Geste war es, die er ihr vermittelte. Dass er bestimmte, dass er führte, dass er ihr zeigte, wie gut er das Nonverbale beherrschte. Und sie reagierte. Gab die Führung ab, gab sich selbst das Einverständnis für diese Nacht. M. hielt sie, ließ ihr die Zeit, die sie benötigte, ihren inneren Entschluss zu erfassen und sagte erneut:
„Darf ich bitten?“
M. hielt ihr charmant den Arm hin, und Stella hakte sich unter. Sie konzentrierte sich auf das Gehen. Von grazilem Schreiten konnte auf dem Kiesboden keine Rede sein, auch das Hinaufsteigen zur Veranda verlief schweigend. M. passte sich ihrem Tempo an, hielt den Gleichschritt, und sie war froh – hatte es geahnt – dass sie sich für genau diese High Heels entschieden hatte und nicht für die Stilettos.
Auf der Veranda löste sich der andere Mann aus der Starre und kam ihnen entgegen. Auch er verbeugte sich leicht und ergriff geübt ihre rechte Hand, führte sie sich an den Mund und hauchte einen Handkuss zur Begrüßung.
„Guten Abend, hinreißende, reizende Stella. Darf ich mich vorstellen? Alfred von Hohenwald. Ich bin erfreut, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und entzückt, ihre Bekanntschaft zu machen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“
Die Stimme des Gastgebers war angenehm, sein Verhalten das eines Gentlemans. Mit M. im Arm schritt sie Herrn von Hohenwald hinterher, nun wieder festes Terrain unter den Füßen.
Alfred öffnete die Flügeltür und bat M. und Stella mit einer einladenden Geste in das Haus. Sie traten in ein Foyer und M. blieb stehen, wartete auf Alfred. Stella blickte in M.s Gesicht, und sein Lächeln verriet ihr, dass die Lust von ihm Besitz ergriffen hatte. Eine weitere Durchgangstür blieb geschlossen, sie befand sich mit den beiden Herren allein in dem hohen Empfangszimmer. Ein großer, gläserner Leuchter warf gedimmtes Licht in den Raum. Langsam kam Alfred auf sie zu.
„Öffne nun deinen Mantel, Stella“, sagte er mit leiser Stimme, sah ihr direkt in die Augen. „Es ist ein Gesetz des Zirkels, dass vor Eintritt in die Räumlichkeiten des Abends, die Garderobe der Gäste geprüft wird.“
M. hatte ihr seinen Arm entzogen und positionierte sich seitlich von ihr und Alfred. Sie blickte von einem der Herren zum anderen, verriet mit keiner Mine, wie es in ihrem Inneren aussah, zeigte keinerlei Nervosität und knöpfte sich langsam und auch ein wenig lasziv, von oben beginnend, einen Knopf nach dem anderen auf. Langsam tat sie dies und sehr bewusst. Alfred stellte sich vor sie und zog ihr ebenso langsam den Mantel von den Schultern, schaute ihr auf den schwarzen Umhang auf die Brüste, legte den Mantel beiseite auf einen Stuhl. Dicht stand er vor Stella, seine Fingerkuppen glitten an den Seitenaufschlägen des Capes entlang.
„Stell die Füße etwas auseinander, Stella!“, wies M. sie an. „Und steh aufrecht und gerade. Schultern nach hinten. Und rühr dich nicht!“
Bedächtig zog Alfred vorne den Umhang auseinander, entblößte ihre Brüste, den Bauch, ihre Scham. Prüfend glitt sein Blick an ihr entlang, hinunter zu den Schenkeln. Er besah sich die halterlosen Strümpfe und auch die Pumps. Er lächelte und nickte zufrieden, schien die Agent Provocateurs zu erkennen, sah M. an. Der begab sich dicht hinter Stella. Nur mit Mühe konnte sie ein erstes Stöhnen unterdrücken. Die Begutachtung der beiden Männer in aller Stille erregte sie und sie reckte die Brüste ein wenig weiter hervor. M.s Hände glitten von hinten über ihre Schultern nach vorne hinunter. Auch er zog nun Stella den Umhang vorne auseinander, präsentierte dem Gastgeber seine Begleitung für die Soiree.
„Noch ein wenig weiter auseinander die Füße!“, wies Alfred knapp an und schaute ihr ins Gesicht. Ihre halbgeöffneten Lippen und der kurzer Atem zeigten ihm ihre Erregung. „Du scheinst ein wahres Lustluder eingeladen zu haben, mein lieber M. Sieh nur!“
Stellas Brustwarzen waren hart und fest. Fast schmerzhaft spürte sie das Ziehen und das Verlangen.
„Halte du den Umhang für uns auseinander“, sagte M. hinter ihr. „Wir wollen dich nun prüfen.“
„Anforderung ausgeführt, meine Herren“, antwortete Stella. „Nackt unter dem Umhang. Bedienen und prüfen Sie mich, wie es Ihnen gelüstet. Ich stehe Ihnen und der Gesellschaft heute Nacht zur freien Verfügung!“
Diesen Satz hatte Stella sich überlegt. Sie fand, er passte ausgezeichnet. Als devotes Stück wollte sie sich keinesfalls präsentieren. Die Männer sollten spüren, wen sie sich da ins Haus geholt hatten.