Ghosting... wer kennt dieses Phänomen?

er hat tatsächlich noch einen einzigen Kommentar in diesem Forum geschrieben und dann nie wieder etwas.

Das alles war schon sehr skurril und nahm mir auch für eine gewisse Zeit das Vertrauen, mich überhaupt auf eine Bekanntschaft im Internet einzulassen.

Dennoch konnte ich zumindest dieses Kapitel dann endlich schließen.

@********elle

Eine unfassbare Geschichte im Grunde.

Ich finde, "das kommt vor", wie Du es in Deiner Überschrift schreibst, bezeichnet das Geschehene nicht annähernd.

Es mag viele Gründe geben, wieso jemand sich ambivalent verhält. Wieso er Treffen zu- und dann wieder absagt. Vielleicht ist er doch nicht ganz so ledig wie er angegeben hat, vielleicht ist er schwer krank und möchte darüber nicht reden, vielleicht, vielleicht, vielleicht.

Aber: dafür, was letztlich mit Dir gemacht wurde, gibt es keine Entschuldigung. Punkt. Da Ihr Euch noch gar nicht in persona kanntet, schuldet er Dir keine Lebensbeichte, das gestehe ich zu. Aber ein klares "Du, ich würde gern, aber es gibt Dinge in meinem Leben, die machen, dass ich gerade nicht so kann wie ich möchte. Bitte entschuldige, dass ich Dich hingehalten habe." wäre das Mindeste, das einzig Richtige gewesen.

Ich frage mich - wirklich, ich frage mich das allen Ernstes - wieso Menschen zu diesem Mindestmaß an charakterlicher Größe nicht imstande sind.

ich habe mir überlegt, dass er eventuell zu einer jenen Persönlichkeiten zählt, die sich im Netz einen bestimmten Status aufbauen um von einem besseren Leben träumen zu können.

Nur hat er eben nie damit gerechnet, dass er einen so engen Kontakt zu jemandem knüpfen würde. Er wusste eigentlich genau, dass der Zeitpunkt, an dem er hätte Farbe bekennen müssen, sehr nah war. Also hat er dann lieber alles gleich hingeworfen.

So etwas ist nicht selten. Inzwischen sehe ich das nur noch als eine skurrile Erfahrung an, und das ist nicht die einzige, die ich erleben durfte. : )

Kaum eine Frau, die längere Zeit auf Datingseiten unterwegs ist, kommt ohne eine solche Erfahrung (oder mehrere) aus.

Dennoch ist es ein Verhalten, das nicht zu goutieren ist. In Zeiten der unpersönlichen Online-Kontaktanbahnung gilt das Gegenüber offenbar eine ganze Weile nicht als menschliche Person. Da wird das eigene Ego konstruiert und ausgebreitet, auf Kosten des anderen.

Ich kritisiere so etwas. So, wie ich alle möglichen Verhaltensweisen kritisiere, die so nur im Internet bestehen und geduldet werden. Ghosting, Trolling, Bullying, wie sie nicht alle heißen.

Dinge, die in der althergebrachten Art der Kommunikation (von Angesicht zu Angesicht) einfach nicht in diesem Ausmaß vorkamen, weil dann doch eine Art Schamgefühl einsetzt.

Aber solange einen keiner dabei sieht, wie man sich menschlich daneben benimmt, scheint es akzeptabel zu sein.

Was letztendlich für wen akzeptabel ist oder auch nicht, kann nur jeder für sich selbst entscheiden.

ich mag aber niemanden verurteilen. ich kenne die Lebensgeschichte solcher Menschen nicht, ich weiß nicht, was sie dazu treibt, eine solche Maskerade zu treiben. Wie kann ich es da verurteilen?

Natürllich tat das weh, und ich bin auch wesentlich vorsichtiger geworden. Schließlich liegt es auch an mir, wie unreflektiert ich jemandem alles abnehme, was er mir erzählt.

@********elle

Ich denke, die Tatsache, dass Dir damit weh getan wurde, gibt Dir das Recht, ein solches Verhalten zu verurteilen.

Sicher kennt man manchmal die Lebensgeschichten nicht, aber das muss man auch nicht. Wie ich bereits schrieb: Gründe für Rückzug, für ein "Ich kann jetzt im Moment doch nicht" oder für ein "Es geht nicht mehr" gibt es immer und wenn man sich noch gar nicht gut kennengelernt hat, dann gibt es auch keinen Grund, diese Gründe alle zu nennen.

Dennoch muss eine klare Ansage gemacht werden. Weil das einfach davon zeugt, dem Gegenüber ein Mindestmaß an Respekt entgegenzubringen, den Schaden und die Verletzung gering halten zu wollen, ein gewisses Grundinteresse an den Gefühlen des anderen zu haben.

Ganz egal, was einen zum Rückzug treibt, es ist zu verurteilen, diesen Rückzug ohne Worte der Erklärung oder der Beendigung anzutreten. Und zwar deswegen, weil ein solches Verhalten andere verletzt und zwar zuweilen sehr tief.

ich war einfach nur erleichtert, dass er tatsächlich noch lebte und ich ihn nicht zu Unrecht verdächtigte.

Danach habe ich das Thema wirklich nur noch als skurrile Anekdote angesehen. Die Gründe, warum jemand sprachlos ist, kann ich zum Teil nachvollziehen und konnte ihm verzeihen, und ich konnte mir verzeihen, dass ich so lange auf ihn hereingefallen bin.

Möglicherweise kann ich auch deswegen darüber nun ganz gelassen reden. ich muss über niemandes Verhalten urteilen, warum auch? ich verhalte mich sicherlich auch nicht immer korrekt, ohne es beabsichtigt zu haben.

Du meinst also, @********elle, er hat sich mehrmals mit Dir verabredet und Dich dann sitzen lassen und Dir Treffen zugesagt und platzen lassen und das völlig unbeabsichtigt?

Ok... ich denke, das ist eine Art, das zu interpretieren.

Was sind denn Gründe, aus denen Du Sprachlosigkeit nachvollziehen kannst? Ich wäre an Beispielen interessiert.

ich beschrieb doch ganz deutlich, dass die geplatzten Treffen deutlich inszeniert waren. Im Nachhinein muss ich mir eingestehen, dass ich auf diesem Auge blind war, weil ich es nicht erkennen wollte.

Dreh mir bitte nicht das Wort im Mund um.

Tu ich gar nicht... ich hatte Dich so verstanden.

Ist doch auch ok, wenn wir in dieser Sache nicht genau einer Meinung sind.

Dafür ist es ja ein Diskussionsforum.

sämtliche Verantwortung bei dem der - aus welchen Gründen auch immer - ghostet (und es wurden ja auch Gründe genannt, die nicht in Richtung bewußtes Ausnutzen anderer gehen, sondern eher in Richtung eigene Hilflosigkeit).

Man/frau hat selbst eine Menge Verantwortung sich selbst gegenüber - was eigene verletzte Gefühle in einem anrichten können.

Man kann sich wappnen gegen verletzte Gefühle. Man kann lernen, gut mit diesen umzugehen, und diese schnell zu verarbeiten.

Und schon ist ein Ghosting - zumindest innerhalb einer anfänglichen Flirtphase - schnell und problemlos verkraftet...

@*********unke

Du meinst also, man entbindet jeden, dem man begegnet, aus der Verantwortung dafür, sich fair zu verhalten, indem man sich selbst einen solchen Selbstschutz aneignet, dass einen ein egal wie krasses Fehlverhalten einfach nicht mehr penetriet.

In der Konsequenz ist dann niemand mehr zu sozialem Verhalten verpflichtet, weil ja jeder Mensch sich dazu erzogen hat, sich von anderen nicht mehr verletzen zu lassen.

Richtig?

habe ich nicht gesagt. Ich sagte nur, man hat auch selbst für sich eine gewisse Verantwortung.

Natürlich hat man die.

Aber das macht doch das Verhalten eines Menschen, der sich wortlos und erklärungslos aus dem Staub macht, nicht richtiger.

Das sind für mich zwei verschiedene Dinge.

Man trägt eine Verantwortung für sich selbst, klar. Aber man ist auch keine Insel. Das heißt, man bewegt sich innerhalb eines sozialen Gefüges und das verlangt ein soziales Verhalten auf dem Grundsatz basierend "Verhalte Dich anderen gegenüber so, wie Du auch möchtest, dass man sich Dir gegenüber verhält". Und das bedeutet, dass man darauf achtet, Menschen nicht zu verletzen.

Das ist alles richtig. Nur, ich weiß nicht, ob dieser Idealismus jemals Realität wird. Egoismus wird wohl nie auszurotten sein, Gedankenlosigkeit auch nicht, Unerfahrenheit auch nicht... und aus all diesen Dingen heraus geschehen zwischenmenschliche Fehler, und werden wohl auch immer geschehen.

Gerade in diesem Umbruch des modernen Sozialverhaltens, das angesprochen wurde (Internet-Dating, ex-und-hopp usw.) weiß ich nicht, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird.

Wird sich der menschliche Anstand weiter durchsetzen, oder die Unverbindlichkeit?

Wahrscheinlich ist es gar nicht so verkehrt, viele neue Bekanntschaften schnell und problemlos "durchzuprobieren" (nicht zwingend verbunden mit Ghosting). Das erhöht wohl die Chance, denjenigen zu finden, der dann wirklich zu einem paßt.

Das ist wohl Geschmackssache. Ich finde den Gedanken, Menschen "durchzuprobieren" wie neue Käsesorten an der Aufschnitttheke eher nicht so sympathisch.

Darüber hinaus ist es sicher so, dass man egoistisches und rücksichtsloses Verhalten vielleicht (oder sogar mit Sicherheit) nicht ausrotten kann. Aber das heißt nicht, dass man es irgendwann gleichgültig hinnehmen oder gar als normal betrachten sollte.

Ich fände es zumindest bedauerlich, wenn unsoziales Verhalten, Unehrlichkeit und Egoismus sich irgendwann zur Norm entwickeln und man wahnsinnig erstaunt sein muss, wenn man noch einem korrekten Menschen begegnet.

Mal ganz davon abgesehen, dass eine Verschiebung der Verantwortlichkeit auf die Verlassenen gerade in einem Internetforum auch dazu führen kann, dass es zur Verantwortungslosigkeit aufruft....so nach dem Motto "ich mach, was ich will, sollen die anderen sehen, wie sie damit umgehen"....

Und da wir gerade bei Verantwortung sind....
Eigenverantwortung haben nicht nur die Verlassenen, sondern auch die, die zum Geist werden. Viele der hier angeführten Gründe verschwinden nicht durch das Ghosten, sondern bleiben bestehen, wie z.B. das Gefühl des Überlastetseins. Hier ist doch also die Eigenverantwortung gefragt, um die Gründe zu bekämpfen....
Und....wir haben nicht nur Verantwortung für uns selbst, sondern auch für andere, Verantwortung die wir z.B. in einer Beziehung freiwillig übernehmen und die beinhaltet nicht, sich wie ein Geist aus der Verantwortung zu stehlen.

Ich kenn wen, dessen ganze Erfolgsstrategie in Bezug auf Mitmenschen auf diesem Prinzip beruht

Das klingt brutal. Wie probiert man eine Bekanntschaft schnell und ohne Probleme aus?


Seele in Beton?

Aaah, so nennt man das ... dann war's aber ein sehr hungriger Ghost, der mich zum Essen in ein schönes Restaurant eingeladen hatte, sich die teuersten Speisen kredenzen ließ und gute Weine, dann nach dem Essen draußen eine Zigarette rauchen wollte und nie wieder erschien, auch nicht zum zahlen ...

eine besondere Art der Zechprellerei

Leomhann, leider schon. Heute kann ich zum Glück drüber lachen. Schlechtes Karma für ihn