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Hallo!
Ehrlichkeit und Vertrauen sind meiner Meinung nach Grundbausteine einer erfüllenden Beziehung. Mit der absoluten Treue bin ich dagegen nicht so sicher.
Ich finde es - grundsätzlich - nicht verwerflich, hin und wieder einen sexuellen Kontakt mit anderen Menschen zu haben. Das würde ich meiner Partnerin und mir selbst gerne gönnen. Meiner Meinung nach muss das nicht die Liebe und Zuneigung berühren, die zwei Menschen füreinander empfinden, denn das ist für mich eine ganz andere Ebene. Mit dem richtigen Gefühl für passende und unpassende Gelegenheiten und in Maßen ausgelebt, könnte es sich vielleicht sogar positiv auf das gemeinsame Sexuelleben auswirken. Soweit die Theorie.
In der Praxis sieht es anders aus. Da spielen persönliche Empfindlichkeiten, die aktuelle Stimmung, ungeklärte Problemchen und Probleme und viele andere menschliche Eigenheiten und alltägliche Dinge große Rollen. Ich glaube, dass nur die wenigsten Menschen so locker, selbstbewusst und unempfindlich sein können, wie es für eine sogenannte "offene Beziehung" dauerhaft nötig wäre - mich eingeschlossen.
Dennoch ist meiner Ansicht nach der Wunsch nach sexuellen Kontakten zu anderen Menschen außerhalb der Beziehung - für sich genommen - weder zu verurteilen noch unmoralisch. Er ist, vor allem bei Männern, so gut wie immer vorhanden und rückt nur in manchen Lebensphasen zeitweise in den Hintergrund. Die immer wieder geäußerte Meinung, dass schon der Gedanke daran eine Beziehung in Frage stellt, halte ich, wenn sie von Männern kommt, für geheuchelt, ansonsten für naiv.
Viele Beziehungen scheitern irgendwann, weil schon die Phantasie an fremde Körper als böse angesehen wird und der so erzwungene Anschein der Harmonie die Beziehung erdrückt. Niemand hat im Laufe der Jahre bemerkt, dass die immer wieder propagierte Ehrlichkeit auch hier wichtig gewesen wäre - dass sie schlicht fehlte.
Also ist der Mann nur das Opfer seiner Triebe und sollte einen Freibrief erhalten? Nein! Die Angst davor, dass der Partner einen sexuellen Kontakt zu jemand anderen haben könnte, ist in Wahrheit die Angst davor, nicht gut genug zu sein und den Ansprüchen des Partners nicht zu genügen. Diese Gefühle sind ebenso real und ebenso wenig abschaltbar, wie der Trieb. Wenn man(n) eine Beziehung eingegangen ist, muss man die Gefühle des Partners akzeptieren und auf sie eingehen. Es wäre reiner Egoismus, sich auf den "unwiderstehlichen" Trieb zu berufen.
Wie sind diese Umstände zu vereinbaren? Dafür habe ich kein Rezept, das gibt es wegen der großen Unterschiede zwischen den Charakteren auch nicht. Ich bin mir aber sicher, dass es nicht der richtige Weg ist, sich auf die blinde Grundposition zurückzuziehen, dass eine gute Beziehung keinen Platz hat für erotische Phantasien mit anderen Menschen, dass sie sie nicht braucht.
Auch in diesem Punkt darf die Ehrlichkeit nicht fehlen und nicht wegen der Angst vor unangnehmen Wahrheiten unterdrückt werden, denn auf Dauer macht man sich damit eine schlechte Zeit. Hier bekommt die Bezeichnung "offene Beziehung" eine ganz andere Bedeutung. Die Offenheit untereinander ist der einzige Weg, gemeinsam glücklich und zufrieden zu bleiben.
Das sind meine Gedanken zu dem Thema - sicher nicht vollständig und ebenso sicher nicht universal richtig, für Anregungen bin ich offen. Wenn ich mich mehr auf die Position des Mannes bezogen haben sollte, dann deshalb, weil er solche Triebe meist viel stärker und vor allem "purer" hat, als Frauen. Ausnahmen bestätigen die Regel, ist ja klar
Grüße von Eulennebel (Er)