Ausflug der Landfrauen
Wer glaubt, DER PÄLZER habe es faustdick hinter den Ohren und auch sonstwo, sollte diese Haltung noch einmal überdenken. Im folgenden Kapitel werden wir sehen, dass auch DIE PÄLZERIN ihre Qualitäten hat, wenn auch manchmal anders als gedacht. Darüberhinaus wird es Zeit, den Blick samt Horizont zu erweitern und weitere Dorfbewohner kennen zu lernen.
Ich entschuldige mich bei meinen Lesern für die Länge dieses Kapitels und hoffe, es schläft mir keiner ein...
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz...
Schiller
Bickelmanns 6. Abenteuer und gleichzeitig das Erste,
bei dem er gar nicht so richtig dabei war
Teil 1:
Landfrauentag
„Jez gugg da denne do alde Esel mol widder aan. Die ganz Naachd gesuff un in da Klääder geschloof. Dehämm war der jedenfalls ned.“
Margarete Kleinschmidt, oder wie das in der Palz in Umkehrung von Vor- und Zunamen heißt: Kleinschmidde Gredel, grinste süffisant während sie in ihrer Handtasche nach dem vorbereiteten Programm suchte.
„Was määnschtn du, Oddi“, wandte sie sich diskret mit 110 Dezibel an die Oma, die mit Eva bereits böse Blicke tauschte „warer beim Kurt odder beim Rosi?“ Der Pälzer spricht im Allgemeinen etwas lauter, damit man ihn besser versteht und auch um die vielen verschluckten Silben zu kompensieren.
„Oh hoich“, meinte die Oma „beim Kurt wärder gewähn sin und uff de Deggel gesuff han. Fierm Rosi sei Puff had der gaa ne genuch Daschegeld.“
Eva blickte mit zusammengebissenen Zähnen und einer steilen Unmutsfalte auf der Stirn in Richtung Hermersberger Eck, aus der sich zwei Gestalten näherten, eine davon unverkennbar Bickelmanns Herbert in desaströsem Zustand.
„Hätt die Saufnas jezd ne waade gekonnt bis ich foat bin. Mussa mich schon vorher in aller Öffentlichkääd blamiere, vor meine ganze Freundinne. Waad nur wenn ich hemmkomme. Dir genn ich.“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und enterte, gefolgt von Oma, als erste den Bus.
Fünf Uhr morgens, der Tau hing noch auf Gräsern und Blättern. Die Landfrauen standen unter der bewährten Führung des Pfarrers auf dem Dorfplatz. Schwarze Erich, der Busfahrer, verlud schwitzend das Gepäck der Damen und machte aus seinem Herzen keine Mördergrube.
„Die hän jo Koffa debei als dääde se uff Weltreis gehen“, maulte er bei sich „dass do glaabt mir widder känner. Fier zwää Daach foat un jedes zwanzich Kilo Freigepäck. Was wärdn das eerschd, wenn die hemmfahre. Filleicht hädd ich bessa noch de Aanhänger mitgenumm…! Un dass de Scheff mir die Landweiwer widder uffgedriggt hat, vagesse ischm ned so schnell. Es näkschde Mol bin isch verzeh Daach vorher krank.“ Immerhin hatte er in weiser Voraussicht schon einmal rechtzeitig die Türklinke der Bordtoilette abgebaut. Er erinnerte sich nur zu gut an die vier Stunden Arbeit, die ihn das Reinigen des Kabuffs beim letzten Landfrauenausflug gekostet hatte.
Inzwischen hatten Herbert und Flöter den Ort des Geschehens erreicht.
„Dei Aldie hockt schon drin, Härbärt. Hasche grad nochemol Glick gehädd“, raunte Flöter dem stark derangierten Bickelmann zu, der noch immer sichtbar unter den Nachwirkungen der nächtlichen Erlebnisse litt.
„Liewer Gott mach, dass der Bus e Unfall hat, odder wenischdens die Oma de Herzkaschber kriet!“, flehte Herbert „Un loss diesen Kelch an mir vorübergehen, wenn die Weiwer zerick kumme.“
„Karlfried! - Karlfried!“, tönte es aus der Menge und Flöters Frau Anke, klein, zierlich mit hübschem Gesicht und niedlich anzusehen wuselte heran. „Du wirst dich doch anständig benehmen während ich weg bin, mein starker Held?“ Flöter, der sich auf seine Weltläufigkeit nicht wenig einbildete, hatte Anke vor achtundzwanzig Jahren kennengelernt, als die Junge Union auf einer Weiterbildungsreise die Aachener Printen Fabrik besichtigt hatte. Anke war in der Produktionsstätte für die Schokoladenglasur zuständig gewesen und hatte mit messerscharfem weiblichem Instinkt und Verstand sofort erkannt, dass Flöter ein Mann mit Zukunft sei. Sie hatte ihn mit Gebäck gefüttert. - Sechs Wochen später waren sie verheiratet und Anke zog in die Pfalz. Pfälzisch hatte sie zwar nie gelernt, aber getreu dem Motto:
„Aus jedem schwachen Mann kann etwas werden, wenn nur die richtig starke Frau hinter ihm steht.“
war sie Karlfrieds Stütze in jeder Lebenslage und lenkte und leitete ihn. Meistens so, dass er es gar nicht bemerkte. In den Kreisen der weiblichen Dorfbevölkerung verfügte Anke über beträchtlichen Rückhalt und Einfluss und so manche politische Entscheidung wurde von diesem listigen Weib getroffen, als kleines Samenkorn in Flöters großes Politikerhirn gepflanzt und dort gehegt und gepflegt. Natürlich wusste sie sehr genau um die diversen Eskapaden ihres Gatten und auch dessen Kumpel Herbert. Als geborene Diplomatin spielte sie aber, im Gegensatz zu den anderen, etwas grobschlächtigen Pfälzer Damen ihre Trümpfe nur dann aus, wenn es sich auch lohnte.
„Ei joh, mei Sternsche. Du wääsch doch, uff dei Karlfried is Verloss!“, strahlte Flöter. Anke stellte sich kurz auf die Zehenspitzen, küsste Flöter auf den Mund und schenkte Bickelmann ein bezauberndes Lächeln, das dieser dümmlich grinsend erwiderte.
„Na, mein Lieber? Hattest du eine schwere Nacht?“
„Frooch ned, mir is jez noch ganz schlächt“, gab Herbert zurück und bekam bei der Erinnerung an seine, im wahrsten Sinne des Wortes, traumatischen Erlebnisse in der großen Oper Darmkrämpfe.
Währenddessen hatten die Landfrauen es sich im Bus gemütlich gemacht und Anke folgte ihnen. Ganz vorne saß Pfarrer Schleicher und sonnte sich in soviel holder Weiblichkeit. Eva und Oma Otti blickten streng geradeaus. Herbert war nicht unglücklich darüber. Flöter winkte seiner Anke. Die Gatten der übrigen Damen freuten sich auf das sturmfreie Wochenende und machten zum Teil schon Pläne. Alles lief prächtig.
„Wääsch du, wo mir hinmisse?“, wandte sich Kleinschmidde Gredel als Organisatorin des Ausflugs an den Busfahrer.
„Wo ier eigentlich hinmisste, das wisst isch schon“, grinste der zurück „awwer mei Scheff hat gesaad isch soll eisch no Rüdesheim fahre. Was isch awwer noch ned wääs is, was ihr moins um halb acht dort wolle…“
„Wieso halb acht, du Dummschwätzer, es is doch eerschd fümf?“
„Das wääs isch aach, du Deppschees, awwer in zwää Stunn sin mir dort, und dann?“
„Ei do mache ma unnerweechs emol e Paus un de Rescht siema dann schon. Aussadäm hän mir jo eichentlich in de Saualandstern gewollt, awwer de Parre hat gesaat das wär ein Ort der Sünde und do dääda ned mitfahre und fier dorthin hädde mier jo fill länger gebraucht. Desweeche simmer so frieh.“
„Meinetweje!“, resignierte der Fahrer kopfschüttelnd, schloss den Kofferraum, schwang sich hinters Lenkrad und gab Gas.
„Gehmir glei bei de Kurt zum Frieschoppe?“, fragte Flöter in die Runde und erntete nichts, -außer zustimmendem Gemurmel und heftigem Kopfnicken.
„Awwer Kaffee misse mir doch käänner drinke, Flöter, odder?“
„Ei wohär dann, mir wärre schon was aanstännisches finne.“ Der Trupp rückte ab und der Bus mit den Damen verschwand Richtung Thaleischweiler.
Der Fahrer schaltete das Mikrofon ein und hielt seine Standartansprache in fast fehlerfreiem Hochdeutsch:
„Willkomme an Bord vun unserm Vier-Sterne-Luxus-Reisebuss. Unser Fahrt führt uns heute am Gelterswoog vorbei iwwer die B270 nach Kaiserslautern und dann über die Autobahnen A63 und A61 zueerschdt nach Bingen, wo wir den Rhein mit der Fähre überqueren werden. In der Mitte des Busses, glei iwwerm Lokus, befindet sich die Station midder Gedrängge an der sie sich bediene können, eine Preisliste liegt aus.
Wenn Sie am Ende der Fahrt zufrieden waren, freit sich ihr Fahrer über eine kleine Gabe, wo sie hier vorne in das Sparschwein werfen können. Leider ist unsere Bordtoilette defekt. Ich hoffe awwer, dass wir auf der nur zweistündigen Fahrt vielleicht darauf verzichten kinnen. In dringenden Fällen, laufen mir selbstverständlich einen Parkplatz an. Ich winsche Ihnen viel Vergnüchen auf der Fahrt nach Rüdesheim, lehnen sie sich zurück und genießen sie die Reise.“
„Ach Gott“, sagte die Oma klar und deutlich in die Stille „isch glaab die Uffreechung is mer uff die Bloss geschlaa…“
„Werrsch dich doch jez noch zwää Stunn beherrsche kinne“, maulte Eva sie an „mir sin doch grad eerschd losgefahr!“
„Ei unn, wenn ich muss, dann muss ich!“
Inzwischen hatte Pfarrer Schleicher sich in bester seelsorgerischer Absicht das Mikrofon gegriffen.
„Guten Morgen, meine Damen. Ich hoffe, sie haben alle gut geschlafen und sind fröhlich und guter Dinge.“
„Das glaabschde awwer, Parre!“, lachte jemand zustimmend.
„Ich freue mich über unseren gemeinsamen Ausflug“, fuhr er mit warmer Stimme fort „und wünsche uns allen ein paar friedvolle und genussreiche Stunden. Bevor wir damit beginnen, darf ich sie alle zu einer kleinen Morgenandacht einladen, in der wir dem Herrn dafür danken, dass er uns diesen schönen Ausflug geschenkt hat und seinen Schutz für eine gute Reise und gesunde Rückkehr erflehen wollen“
„Jetzt machese awwer kä Dinga, Herr Parre! Fier Geschenke bedankt mer sich doch ned schon vorher. Määne se ned, die Andacht sollte mer uff de Häämwääch verschiewe?“ tönte es aus den hinteren Reihen. „Wer will Kaffee und beleede Brote?“ Eifriges Geschnatter war die Antwort.
So leicht gab Schleicher allerdings nicht auf: „Wir wollen doch…“
„Jäz saach demm Fahrer er soll emol gleich aanhalle, schunsch gäbds do e Uunglick!“ Oma Otti hatte ihre Fistelstimme erhoben und erntete ringsum Spott.
„Haschde heit die Windel ned um Oddi? Mir sin jo kaum zwää Kilometer gefahr.“
„Das isch mir grad egal isch muss jäz e Bach und zwa sofort!“
Eva stürzte fluchend nach vorne zum Fahrer. Sie kannte ihre Mutter. Der Pfarrer wurde mit einem Bodycheck unsanft aus dem Weg gerempelt und beschloss seine Andacht im Stillen zu halten. Diese Landpomeranzen waren schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. Ihm schwante: das würde kein Wochenendspaziergang mit netten, gläubigen Schäfchen werden.
„Erich, mir misse sofort aanhalle, die Oma muss bachele!“, brüllte Eva dem Fahrer ins Ohr.
„Bisch Du noch ganz kloor? Mir sin midde uff da Landstross, wo soll ischn do aanhalle?“, gab der Fahrer wütend zurück.
„Wäma net aanhalle, macht die in die Hosse un du kannsch nohde dei Sitzpolschder reiniche losse, also, wie häddchdes gäre?“
Dem Fahrer stank es gerade mächtig. Da ging sein schön ausgeheckter Plan zur Verhinderung der Toilettenreinigung flöten.
„Scheiße. Da sollse halt uffs Klo gehen! Do is de Schlissel.“
„Isch han gedenkt de Lokus is kabutt?“
„Das is jetzt egal. Es wärrd schun irgendwie gehen.“
Eva kämpfte sich durch den Mittelgang des schlingernden Busses zurück. Von weitem war schon zu erkennen, dass die Oma nicht mehr ganz dicht war. Im hinteren Teil hatte derweil unter dem Regiment von Kleinschmidde Gredel und Flötersch Anke die Frühstücksausgabe begonnen. Der Pfarrer und die vorne Sitzenden wurden vom Kaffeeduft angelockt und machten sich auf den beschwerlichen Weg. Eva packte die Oma, schob sie die zwei Stufen hinab, schloss die Tür zum Kabuff auf, schob sie hinein, zwängte sich dazu und knallte die Tür hinter sich ins Schloss.
„Ei geht es Klo jäz doch?“, fragte Gretel „gudd dass isch das wääs, isch misst nämlich aach bal emol. Do kinne ma jo noch ään, zwää Tässjer Kaffee dringge“, kicherte sie. Die umstehenden Damen nickten und schenkten noch einmal nach.
„Un do hädd ich noch“, mischte sich Funke Berta ein „ e bissje Geschmack fier de Kaffee!“, während sie triumphierend eine Flasche Asbach schwenkte.
„Du kummsch ma grad recht!“, freute sich Gretel lautstark, „machmer glei mol e Schlugg eninn!“ Sie hielt ihren Kaffeebecher hin und Berta füllte auf.
„Wollese aach e Schliggche Herr Parre? Un vielleicht e Salamibreedche, odder liewer Käs? Un ään zwei haddgekochte Eier vielleicht? Ma wääs jo nie wie mer so mol brauche kann, hihihi?
„Ich würde eine Tasse Kaffee und zwei Brötchen nehmen, wenn es gestattet ist.“ Er erhielt einen Kaffee mit ordentlich Geschmack, packte seine zwei Brötchen und beschloss die geplante Andacht auf den Nachmittag zu verschieben.
Indessen waren Bickelmanns Eva und die Oma auf dem Lokushäuschen in arger Bedrängnis.
„Warum haschn du do jäz noch enin gemisst, isch kann mei Geschäft schon allään!“, herrschte die Oma ihre Tochter an. Die Damen standen Nase an Nase in drangvoller Enge und konnten sich nicht rühren.
„Du hasch doch die Hosse schun nass gemacht. Isch wollt da doch nur helfe.“, gab Eva genauso unfreundlich zurück. „Aussadämm hasche schun e Fleck in da Bux. Do is schon e bissje rausgelaaf…“
„..und do wird glei noch fill meh e rauslaafe wenn isch ned bal uf die Schissel kumme. Jäz geh doch enaus, dass isch mich hiesetze kann.“
„Das geht ned, isch krien die Scheissdier ned uff.“
Das Kabüffchen war nun wirklich nicht für zwei Personen geschaffen und verlangte schon unter normalen Umständen einiges an gelenkiger Akrobatik.
„Isch mache mich jez so dinn wie ich kann. Dann lossch du die Buxe runner un sitz dich do druff un machsch dei Geschäft.“, befahl Eva.
„Isch kann awwer ned pingele, wämma jemand zuguckt!“, bockte die Oma und versuchte Eva Richtung Tür zu schieben.
„Ei do hall ich mer ewe die Aue zu. Jäz mach endlich!“
Immerhin ließ Oma die Hosen herunter und quälte sich auf den Topf. Während sie picherte spann sie schon wieder Rachepläne.
„Denne do Fahrer zeich isch aan. Weje Körperverletzung un seelicher Grausamkeit. Wenn der glei aangehal hätt, wär das do alles ned bassiert.“
Derweil spürte Eva feuchte Wärme in ihren nagelneuen Lackballerinas.
„Momme! Hal aan! Du pinkelsch ma jo uff die Fiess! Hassch du de Deggel net uffgemacht?“, schrie sie verzweifelt.
„Ei wie dann?“, gab die Oma giftig zurück „Isch bin jo an denne Deggel ga net draankumm! Un aanhalle kann isch nimmi. Es is jo schon alles eraus! Herr Gott nochemol. Do laaft ma die ganz Brie die Bään enunner.“
„Un mir in die neie Schuh…“, jammerte Eva.
„Ach Gott“, begann die Oma in dem Tonfall, dem normalerweise eine umfangreicher Schwank aus ihrer Jugend folgte „ich wääses noch wie heit. Wie mei Vadda domols aussem Kriech kumm is, hadder immer gesaad: wenn die Knowwelbächer ned gebassd hän, hämmer enin geschifft uns sin so drei Daach drin rumgelaaf. Do ware das Lädda budderweich…“
„Oma! Schluss jäz. Mir misse was mache, dass mir do rauskumme!“
Karlfried hatte gerade einen launigen Trinkspruch ausgebracht:
„Wenn die Katze fort sin, sin die Meis alläns. In diesem Sinne, ihr Buwe: Hopp, in de Kopp!“ Unter beifälligem Gemurmel kippten die Mitglieder seiner Entourage ihren Schnaps.
„Kurt, noch e Rund uff misch. Der do Daach muss gefeiert gänn…, der wärd noch spassisch!“ Dass dies ein geradezu prophetischer Satz von biblischem Ausmaß war, konnte Flöter noch nicht wissen. Kurt, der sich über den unverhofften Umsatz zu früher Morgenstunde freute, begann die Gläser zu füllen.
„Awwer ned, dass mir nohde Ärjer krien, weje derer Sperrstunn…“
„Ach wohär dann“, beruhigte ihn Flöter „geschlossenie Gesellschaft. Do kinne mir saufe solong wie ma wolle. Kenne ihr dänne do schon?
E Wallhalbener Bauer fahrt mit soim Tregger an de Zeidungslade un spielt es eerschde mol in soim Läwe Loddo. Soi gudkadholisch Fraa hat ebbes geeches Gliggspiel un desweeche machta das heimlich. Prompt hadder de sechser mit Superzahl.
Oleck, denkta sich, was vazehlich dann jäz meiner Ald? Ei die kriet e nei Audo und ferdisch. Gesaad gedon. Er fahrt mit seim Tregger bei de Audohändler, kummt eninn. Zack! Hunnerdausendscher Kunde. Nei Audo va umme.
Das do glaabt mir widder kään Sau, was mach ischn jäz, frogt sich der Bauer? Am bäschde, isch fahr miderer in Urlaub, do reecht se sich schunn widder ab.
Also, ab ins Reisebürro, dort Werbeveranstaltung, Pardy, Glicksrad, Paff, Hauptgewinn, Reise gewunn.
Ich werre noch bekloppt, saad es Beiersche. Er fahrt hääm, schenkt sich eerschd emol e Schnaps in un waad am Fenschder uff soi Fraa. Do kommt de Bus, die Fraa steit aus, geht iwwer die Stross un bumms! wärd vumme Laschdzuch dod gefahr.
Leck mich am aasch, saad der Bauer un gießt sich noch änner in:
Wenns emol laaft, da laafts awwer…“
Die Truppe gackerte, wieherte und klopfte sich auf die Schenkel.
„Aussgerechent e Wallhalbener“, brüllte Kleinschmidde Hans und Funke Gerd ergänzte nach Luft schnappend „Jojo, wenns bei mir nur aach äämol so laafe dät…“ Die Gläser waren wieder gefüllt.
„Mir drinke uff de Landfrauevaein un insbesondere uff unser Parre, wo sich fier uns geopfert häd! Mögen sie zwei spassische Daache hän. – Un mier aach!“ Die Schnäpse verschwanden hinter durstigen pälzischen Männerkehlen.
Just in diesem Augenblick, klingelten simultan fünf oder sechs Handys.
„Jesses, mei Fraa!“
„Moini aach!“
„Un moini!“
„Ruich emol all, befahl Flöter. Kääner rührt sich. Mir schloofe noch!“
Nach und nach beruhigten sich die Geräte wieder. Nur Karlfrieds Handy klingelt nach kurzer Pause erneut. Er warf einen Blick darauf, der nichts Gutes verhieß und meldete sich:
„Flöter, was issn?“
„Karlfried, Gottsei Donk. Ich bins. Schwarz, Erich. De Busfahrer.“
„Ei, Erich was gäbts? Sinner schun do?“, lachte Flöter meckernd.
„Nix do. In Waldfischbach an da Moschelmiehl uffem Parkplatz vum Aldi simma. Karlfried, du musschd sofort kumme. Mit da Feierwehr.“
„Jesses, was is dann bassiert? Waad emol, isch stelle mol uff Lautsprecha…“ Karlfried sprang auf. Seine Genossen blickten gespannt.
„Die Oma un es Eva sin uffem Lokus vum Bus ingesperrt un kumme nimmi raus un die annere Weiwa do hinne spiele varrickt.“ Das, nach einem Augenblick atemloser Stille, nun entstehende Tohuwabohu war unbeschreiblich. Alles lachte und brüllte durcheinander. Flapsige Bemerkungen waren zu hören.
„Losse doch drin!“
„Die sin dort guut uff gehob!“
„Weeche so Klänigkääde rufsch du uns aan, Erich?“ Und dergleichen mehr.
In schwierigen Situationen zeigte sich, warum Karlfried Flöter nicht nur Ortsbürgermeister sondern auch erfahrener und routinierter Feuerwehrchef geworden war. Sein dahingezischtes „Ruich!!“ sorgte augenblicklich für atemloses Schweigen.
„Erich, is jemand verletzt?“
„Nä, nur die zwä Weiwer hogge im Heisel, gaggere wie die Hinkel und mir bringe die Dier ned uff. De Griff von der Dier is ab un es Eva innedrinn hat de Schlissel mitgenumm.“
„Un warum sperrtse ned ääfach uff?“
„Weil die Oma aach mid drinsitzt un sich das Eva ned umdräe konn. Ausserdämm kamma des Heisl von inne nur ver- un entriechele. Der Schnabber geht aber nur mit derer Dierklink uff. Jäz frooch ned so lang, Karlfried, kumm liewer un helf mer. Die annere Weibse dohinne drähe schon am Rad und lache sich kabutt. Die hänn midm Parre schun e Flasch Asbach gesuff un mache sisch lustisch“
„Alles klar Erich. Mir kummen. Beruhig die zwää Weiwer im Kabuff un saach mir wäre uffem Wääch.“
Nun zeigte sich Flöters Klasse als Wehrführer und Oberbrandmeister. Routiniert gab er seine Befehle, was ihm dadurch erleichtert wurde, dass praktische die gesamte freiwillige Feuerwehr Höhfröschen schon anwesend war.
„Achtung Männer! Ihr hänns geheert. Mir misse zum Einsatz. Mir hänn vier Leit, die wo am Reddungssatz ausgebild sin. Die uffs Feierwehrauto. Dodezu de Maschinist, de Gerd als Ersatzmonn und de Herbert als Fahrer. Ich iwwernemme es Kommando. Kurt, du melschd uns bei da Leitstell ab. Noch Frooche?“
„Eijo!“ meldete sich einer derjenigen die nicht mitdurften. „Un was is mit uns? Wolle ihr denne ganze Spass fier eich alläns?“
„Mir hänn ned genuch Platz fier all, un die Löschgrupp kann ich jäz wärklich ned brauche. Awwer wer määnt, kann jo midm Privatauto hinnerher fahre und soi Schatz tröste“, meinte Flöter ärgerlich.
„Von weeche hinnerher. Bis ihr kummen, sin mir schun längsch dort.“
„Machen mir kää Bleedsinn, Männer. Des is ernscht. Isch will hinnerher kää Diskussione iwwer unauthorisierte Handlunge fiere. Also, ihr wissen Beschääd. Hopp jetzt.“
Glücklicherweise befand sich das Feuerwehr-Hauptquartier nur wenige Meter vom Hermersberger Eck entfernt und binnen weniger Minuten saßen die eingeteilten Feuerwehrleute abfahrbereit im gut gepflegten HFL 10/10. Herbert startete den Motor.
„Solle mir die Sireen aanmache?“, fragte er.
„Nä“, antwortet Flöter, „mir bleiwe liewer inkognito. Un es Funkgerät mach isch aach aus. Manchmol isses besser wemma nischt erreischbar is.“
Herbert schaffte die acht Kilometer nach der Moschelmühle in sieben Minuten, was für ein zwölftonner Feuerwehrauto ohne Blaulicht und Martinshorn keine schlechte Leistung ist. Er spielte mit dem Gedanken eine Panne vorzutäuschen, in der wahnwitzigen Hoffnung, Frau und Schwiegermutter lägen vielleicht schon im Koma, wenn die Rettung eintraf. Andererseits, beruhigte er sich, wenn ER kam um die beiden zu retten, hätte er für künftige Eskapaden einiges gut. Der Wagen bog auf den Aldiparkplatz ab und stoppte neben dem hinteren Einstieg des Reisebusses um den sich in eifriger Diskussion und bei lautem Gelächter zweiundzwanzig Landfrauen, Pfarrer Schleicher und der Busfahrer scharten. Dazu gesellten sich etwa ein Dutzend dienstfreie Feuerwehrleute, die mit insgesamt acht Privatfahrzeugen bereits voraus gebrettert waren.
„Absitzen!“, befahl Flöter „Hans und Robert mache de Reddungssatz klar. Herbert sichert das Auto. Gerd begleitet mich als Melder, ich gehe erkunden!“
Anke stürzte ihrem Mann entgegen und himmelte ihn fröhlich an. „Karlfried, mein Held, kommst du um uns zu retten?“
„Ja, mein Has´, später rett isch disch, awwer jäz muss isch eerschd emol gugge. – All emol hergeheert! Jeeder der wo an däm Bus nix valor hat verpisst sich sofort hinner das Fahrzeuch.“
Keine Sau rührte sich vom Fleck. Im Gegenteil. Alle schnatterten beschwingt weiter durcheinander. Die Hinzugekommenen gaben gute Ratschläge, was man alles noch unternehmen könne, wohingegen die Landfrauen samt Busfahrer behaupteten, schon alles Mögliche getan zu haben. Der Pfarrer hielt eine, bis auf einen kleinen Rest leergesoffene Flasche Asbach in der Hand und machte das, was er am besten konnte: einen guten Eindruck. Einzelne schrille Stimmen gellten aus dem Gewirr:
„Scheen, dass na aa schon do sin. – Jo, die Feierwehr, wenns kä Bier gäbt, brauche se imma e bissel länga. – Ei die sin doch noch voll vun geschder, riech doch nur…“ Alle schwurbelten durcheinander und Flöter platzte die Murmel. Er griff sich das Megaphon und plärrte:
„In zehn Segunde is der Platz geräumt schunsch säzt zisch de Wassawerfer in! Hans, werf die Bumb aan!“ Diese Drohung wirkte. Blitzartig räumten die sachverständigen Pälzer die Eingangstür und Karlfried konnte endlich zum Ort der Handlung vordringen.
„Eva? Vastehsche mich?“ Er bumberte mit der Faust an die Tür.
„Karlfried, holl uns um Goddes Wille do raus, isch kann nimmi, isch hän so Platzangschd und die Oma schwätzt alsfort dumm Zeich und es riecht aach ned gudd dohinn.“
„Du bisch e gudder Bub, Karlfried“, tönte nun die Oma fröhlich „mach das nur ordentlich un genau. Ich freie mich dass de do bischd.“
Flöter betrachtet die Tür. Der Griff fehlte. Durch das Loch konnte er nichts erkennen. Innendrin schien es einfach nur Duster zu sein. Mit dem Schlüssel hätte man die Tür nicht nur entriegeln, sondern auch den Schnapper gegen die Feder öffnen können. Aber der fehlte. Ansonsten war die Tür deutsche Qualitätsarbeit. Kein Durchkommen.
„Hans, Robert! De Spreizer! Gerd, bring e Axt mit!“ Diese Worte hörte auch Schwarze Erich.
„Karlfried, bisch du noch ganz klor? Du willsch doch die Dier ned mitm Spreizer uffmache? Do is jo der ganze Lokus im Aasch! Wääsch Du was mei Scheff mit mir macht, wenn ich denne Bus so häämbringe?“
„Das is mir grad egal, do stehn Menschelääwe uffem Spiel! Wenn de ebbes Besseres wääscht, kotz dich aus, wann ned: vaschwinn und loss mich mei Aawet mache.“ Erich rang die Hände. Das roch verdammt nach gewaltigem Ärger. Nun bereute er den vorschnellen Hilferuf.
Die drei Feuerwehrmänner mit dem Rettungsgerät standen schon vor der Tür, Karlfried war soeben dabei, das Blatt der Axt in den Türspalt zu zwängen und auf diese Art Platz für die Rettungsschere zu schaffen, als ein kleiner Mann in einem grauen Arbeitskittel und einem braunen Cordhut auftauchte, der eine Werkzeugkiste in der Hand trug.
„Gemorje, isch bin de Hausmeischder vun dera Liegenschaft. Was gehtn do uff moim Parkplatz vor. Kann ich was helfe?“
„Es geht Dich zwar nix aan“, brummte Flöter „awwer mir miss die Dier vun dem Heisel do uffmache. Do fehlt de Griff.“
„Ei wenns weider nix is“, sagte der Kleine „dodefier bin isch Spezialist. Loss mich doch emol gugge.“ Flöter räumte widerwillig seinen Platz, aber ein Versuch kann ja nicht schaden, sagte er sich.
Der Kleine warf einen Blick auf die Tür, öffnete seinen Werzeugkasten und entnahm ihm einen Drahthaken, den er wohl selber einmal zusammen gebogen hatte. Er setze ihn routiniert am Türspalt ein und binnen weniger Sekunden sprang die Klotür auf. Eva fiel rücklings in die Arme des Hausmeisters.
Karlfried, der auf der nächsten Treppenstufe stand, schaute voller Entsetzen in das Kabüffchen, wo die Oma mit herunter gelassenen Hosen in einer Pfütze saß, freien Anblick auf ihr haariges Fegefeuer gewährte und fröhlich krähte:
„Karlfried, mei Knecht! Das do isch awwer scheen, dass de glei kumm bisch. Helf ma dochemol uff.“
Derweil trafen auf dem Parkplatz ein Rettungswagen des Malteser Hilfsdienstes sowie eine Polizeistreife ein. Dazu gesellten sich einige Dutzend Frühaufsteher aus den umliegenden Häusern. Kurt, der die Höhfröschener Feuerwehr wie befohlen bei der Leitstelle abgemeldet hatte, murmelte dort etwas von einem Rettungseinsatz durch Direktalarmierung, wollte aber außer dem Einsatzort keine Einzelheiten nennen und Flöter war über Funk nicht erreichbar. Das ist im engen Tal der Rodalb und des Schwarzbaches nicht weiter ungewöhnlich und so hatte die Leitstelle routinemäßig einen Sanka und die Polizei informiert.
Polizeiobermeister Rudi Schuhmacher, genannt Schuricke, weil er im Kirchenchor so schön den ersten Tenor sang, übernahm routiniert die Ermittlungen.
„Wehrführer und Stellvertreter zu mir!“, befahl er. Flöter und Bickelmann erschienen flott und gehorsam vor dem Auge des Gesetzes, weil: so ganz wohl fühlten sie sich nicht in ihrer jeweiligen Haut.
Flöter berichtete von dem erfolgreichen Einsatz, versicherte, alles im Griff zu haben und erklärte die Aktion für beendet.
„Jäz mach doch ned so e Gedöns, Rudi, do lohnt sich jo das Babier fier de Bericht ned. Die Klodier hat geklemmt un mir hän se uffgemacht.“
„Wer hadse uffgemacht?“, kläffte der kleine Hausmeister, der nur zwei Meter abseits stand. Karlfried wollte keine Komplikationen.
„Alla, guud, mir hänse unter dem Einsatz vun Special Forces uffmache gelosst. Isses so bässa, Määschda?“ Der Kleine strahlte und warf sich in die Brust. „Special Forces? Eijoh, so isses gudd!“ Schuricke grinste sich eins. Er winkte Flöter und Herbert auf die Seite.
„Uff e Wort, ihr zwää Helde. De Morje um vier sin mir midm Streifewaache am Hermerschberjer Eck vorbeigefahr und han eich feiere geheert. Wie ich die Sach siehn had kääner von eich wenicher wie ään Promille Restalkohol. Wenn ich jäz mei Reercher auspacke un eich blose losse däät, misst ich e paar Kolleche mit Nachschub kumme losse un hädd nohde mindesten e Dutzend Fiererscheine ingesammelt. Also, was mache ma?“
Bickelmann rutschte sofort das Herz in die Hosen:
„Awwer, awwer, awwer, das konnschde doch ned mache, Rudi. Mier brauche doch all unser Fiererscheine.“
„Das mache ich jo aach ned“, meinte Schuricke „ mer kenne uns, mer helfe uns. Basse mol uff Karlfried: Du vasammelscht jäz doi kompleddie Mannschaft und zwar aach die Deppe wo privat do sin und vakliggersch denne was isch jäz sahn:
Das Feierwehraudo bleibt do. Bei da Leitstell melle ihr e Betriebsschade, der eersch heit omend behob werre kann. Die Privatautos werre ordentlich geparkt und abgeschloss. Der Hausmeischder kriet e Hunnerder dass er es Maul halt und werd e bissje gebauchbinselt. Anschließend fahrt eich de Erich mitm Bus widder enuff no Höhfrösche, dort geht jeda hemm und schlooft sich aus. Heit Omend um sechs sinn das Feierwehrauto und die annere Karre do verschwunn und mier vagesse die Sache, odda…?“
„Nix odda, Rudi, das is e subba Vorschlach. So mache mers.“ Flöter wusste, wann es Zeit war aufzugeben. „Herbert, ruuf emol die Kolleeche her!“
Als man eine halbe Stunde später in Höhfröschen unter dem Gespött der stark erheiterten Landfrauen den Bus verließ, waren alle recht zufrieden. Der Fahrer hatte die Klotür repariert. Kurt hatte den Weibern für die weitere Fahrt noch drei Flaschen Schnaps spendiert und Pfarrer Schleicher schlief auf der hinteren Bank des Busses den Schlaf der Gerechten.
Eva hatte die Schuhe gewechselt und der Malteser Hilfsdienst die Oma mit einer Camelia-Extra-Schutz Maxi gewindelt. Die bedröppelten Herren der Schöpfung verpissten sich unauffällig und versuchten dabei, nicht in das Auge des Gesetzes zu blicken.
Schwarze Erich sah auf die Uhr: Halb acht. Egal, dachte er, um die Zeit hätte mir in Rüdesheim sowieso nur dumm rumgestann. Er legte den Gang ein, winkte noch einmal und startete zum zweiten Mal an diesem Tag, den Ausflug der Landfrauen.
Flöter sah dem Bus noch lange nach, dann drückte er seinem Kumpel Schuricke die Hand:
„Du hasch was gudd bei ma, Rudi. Das do vagess ich da ned!“
„Wolle mers hoffe, Karlfried, woller mers hoffe… ich muss jo aach an mein Karriere denge.“
„Eijoh“, sagte Karlfried „die muss ma imma im Au hän!“ Er strahlte Rudi an, klopfte ihm noch einmal auf die Schulter und machte sich mit Bickelmann auf den Heimweg.