Herberts nächstes Abenteuer - Die Beichte
Ich bedanke mich für das geduldige Warten und hoffe für Dich, lieber Leser, es möge sich gelohnt haben... Viel Spaß also.
Vorwort: Der Pälzer an und für sich, ist ja oft katholisch. Das bedeutet, im Allgemeinen bemüht er sich um ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Seelenhirten. Der Nutzen ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, aber, wie der gewiefte „Bolidiger“ Karlfried Flöter als emol gern zu sagen pflegt: „Es schadet nischts e paar Freinde beim Klerus ze hän!“
Bickelmanns 3. Abenteuer
Die Beichte
„Häär, Parre! Das do Geschpräch steht unnerm Beichtsiegel! Vastehe ma uns?“
Pfarrer Schleicher nickte betrübt. Unter dem Beichtsiegel. Aha. Wenn seine Schäfchen so anfingen, war der tote Hund meistens schon in den Brunnen gefallen und stank. Angesichts von Ort und Zeit dieser Beichte, fühlte er sich jedoch veranlasst, ein paar Worte zu sagen. Schleicher war ein Auswärtiger und sprach fließend Hochdeutsch, manchmal sogar Latein. Seit er aber vor Stücker „fuffzehn Johr“ von seinem Bischof in die Palz geschickt worden war, versuchte er redlich und auch listig die Pälzer katholisch zu halten. Sogar den einen oder anderen Pälzer Sprachbrocken hatte er übernommen. Die „ächten Pälza“ lächelten natürlich über derlei kümmerliche Versuche. Hochdeitsch mit Striefen drein nannten sie das und machten ansonsten, graad selääds der seelsorgerischen Mühen, meist was sie wollten.
„Härbärt! Das do Geschpräch hat nie schtattgefunden. Isch hann dich nischt gesiehn und du mich aach nicht.“, quetschte der Pfarrer heraus.
„In Oadnung!“, sagte Herbert und kam gleich zur Sache. „Isch breicht do emol e Rood. S´is weeche meiner Schwiechamudder.“
„Jaja“, meinte Schleicher, der das Gejammer über die Altvorderen schon kannte, „der Herr prüft die hart, die er liebt, Herbert Und wenn dich jemand auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die Rechte hin! Also ertrage sie mit Demut, damit du dereinst…“
„Quatsch“, fiel ihm Herbert ins Wort, „ich will vun däm Luder hunnertzwäesibzich Euro Schadeersatz, awwer die will ned bezahle!“
Der Pfarrer guckte, man muss es leider sagen, an dieser Stelle ziemlich dümmlich in die Welt. „Ähhmmm…? Wie jetzt?“
„Ei weil se ma doch es Renade kabutt gemacht hat.“
„Das Renate? Kaputt? Die Oma heisst doch Ottilie? Was für ein Renate?“
„Nua langsam, Herr Parre, isch erklärs ihne. Also, de neilich, an meiner Silwerhochzeit, wo sie mit däm Flöder Briederschaft gedrunk hän…“
Schleicher wurde gerade ein wenig schlecht. Er erinnerte sich an seinen weisen Theologieprofessor, der während des Studiums am Priesterseminar zu Trier immer davor gewarnt hatte, mit seinen Schäfchen im Keller gemeinsame Leichen zu halten.
„… also domols hän ich jo uf Befehl vunn meiner Fraa die Oma hemmfahre gemisst.“, führte Herbert unbarmherzig aus. „Un uffem Rickwäch hann ich misse dänne Hecht vum Anglervaein ins Gaadeheisje bringe.“
Es war zwar kaum vorstellbar, doch Schleichers dümmliche Miene war noch steigerungsfähig.
„Komm endlich zur Sache, Bickelmann!“. Langsam fühlte er sich wirklich unbehaglich, die Luft war stickig und seine Arme begannen einzuschlafen. Herbert hingegen kniete warm und gemütlich auf seiner Holzbank.
„Gleich, Parre, gleich!“, fuhr Herbert ungerührt fort. „Also, jedenfalls han ich doch im Gaadeheisje das Renade vasteckelt gehät.“
„Was denn für eine Renate, zum Teufel?“, fuhr der Pfarrer dazwischen.
„Dass ihr Goddesmänna imma so wänich Geduld hän… tststs. Jäz waat dochemol, s´kummt jo glei.
Es Renade war e Gummibupp von Beade Uhse. Mit samdicher Latexhaut, Ächthaaperigg un drei gut begehbare Lecher mid wartungsfreia Dauaschmierung. Hunnertzwäesiebzich Euro im Sonnerangebot.“
Dem Pfarrer ging ein Licht auf.
„…Und mit der hast du, sozusagen, im Verborgenen ein… äh… Techtelmechtel gehabt?“
„So kinnt ma das nenne.“, gab Herbert kleinlaut zu.
„Also Herbert“, begann Schleicher, trotz seiner unbequemen Haltung, salbungsvoll und seelsorgerisch versiert „darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Das ist kein Ehebruch. Ehebruch wäre es nur mit einer lebenden Person. Das hier subsumieren wir unter der Position Selbstbefleckung, das ist keine Todsünde. Drei Vaterunser und drei Ave Maria. Ego te absolvo.“ Der Segen war in dieser Haltung etwas schwierig. Wenn der Gottesmann nun aber glaubte, damit sei es gut und er wäre Herbert los, sah er sich getäuscht.
„Tja“, knirschte der „ganz so äänfach isses ned. Jez häär doch erschmol ze änn!“
„Misereátur nostri omnípotens Deus et, dimíssis peccátis nostris, perdúcat nos ad vitam aetérnam.“*, deklamierte der Pfarrer unter leisem Seufzen.
(*Für die Nichtlateiner unter uns: Der allmächtige Gott erbarme sich unser. Er lasse uns die Sünden nach und führe uns zum ewigen Leben.)
„Von mir aus“, meinte Herbert und holte schon mal Luft: „ also jezzemol unna uns zwä Paschdore-Dechter, un mir kenne uns mid Sadomaso jo aus, gell Parre…“, Herbert lachte meckernd und der Pfarrer tat seinem Theologieprofessor, in dessen Vorlesungen er gern mal ein Schläfchen gehalten hatte, heftig Abbitte, „das Renade hän isch mer als Sklavin gehall. Imma wänn mei Efa ihre eheliche Plichte ned nokumm is, hat es Renade das ausbade gemisst. Meischdens hann ichs geschwaad und dann…“, er verstummte. Aber Schleicher konnte den Satz gedanklich mühelos fortsetzen. Er schüttelte sich. So genau wollte er das alles gar nicht wissen.
„Wird’s jetzt bald, Bickelmann? Ich hab nicht ewig Zeit.“
„Jez kummts, bass uff, Herr Parre! Also isch uffem Heemwech noch ins Gaadeheisje, das Renade klar gemacht un grad wie ich…“
„Herbert!!!“, fuhr Schleicher dazwischen.
„Also jedenfalls genau in dem Mommänt, kummt das Efa mit der Oma. Die zwä gleich uff mich los und dann uffs Renade, das wo midm Bauch uffem Disch gelä is. Desdeweeche han die zwää Weiwer ned gleich geschbannt, dass das Renade jo ga ned ächt es. Also es Efa uff se druff un die Oma mitm Scherrm…“
Schleicher konnte es nicht mehr halten. Er bekam einen heftigen Lachkrampf. Seine zum Platzen gefüllte Blase überwand problemlos den Widerstand des Schließmuskels. Dank der Windel blieb er von Schlimmerem verschont.
Herbert wartete geduldig, bis Schleicher sich ausgelacht hatte. Das dauerte aber.
„Wie ma hemmkumm sin, hads Efa sich in da Schlofstubb ingespärrt, nochdäm ´s mer mei Beddzeich vor die Fieß geschmiss hot. Seitdäm schlof isch in da Wohnstubb. Die Oma hat mer ´s Haus vabott. Ich wär e dräggischer Sodomist, saadse un isch soll mich jo nimmi bligge losse.“
Der Pfarrer hing in den Seilen und schüttelte sich. So eine Story hatte er nicht einmal in den vielen geilen Stunden im Beichtstuhl gehört. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder bei sich war.
„Und… Herbert…“, fragte er, immer wieder von Lachanfällen unterbrochen „was kann ICH jetzt für dich tun?“
„Ei isch hädd gäre emol gewusst, was e Sodomist is. Kann ich die Oma desweeche uf Beleidichung vaklache und aach weeche dänne hunnertzwäesiebzich Euro…“
Schleicher hatte Schnappatmung. Zu seinen Füßen breitete sich eine kleine Pfütze aus.
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Dort, wo sich im dunklen Forst am Rande des Pfälzer Waldes die Rodalb mit dem Schwarzbach paart, liegt seit Jahrhunderten der Weiler Biebermühle. Nicht ganz so lange existiert ebendort in einem alten Gemäuer unter alten Bäumen die Rosi-Bar, in der nebst gepflegten Getränken und unter der sachkundigen, liebevollen und außerordentlich diskreten Führung durch die Inhaberin, noch ein paar speziellere Dienstleistungen angeboten werden.
Rosi´s Weltbild war an diesem Abend kurz vor dem Zusammenbruch. Gerade war sie dabei, die Aushilfsdomina vor der massiven Holztür zum „Wuzzestall“ gehörig in den Senkel zu stellen. So etwas hatte sie in dreißig Jahren ehrbarer Geschäftstätigkeit nicht erlebt.
„Bist du noch zu retten? Das darf doch alles nicht wahr sein. Das ist Geschäftsschädigung. Morgen kann ich Konkurs anmelden. Wenn das rauskommt…!“
„Das konnte ich doch nicht wissen“, verteidigte sich die Jungdomse.
„Hättst ja mal fragen können!“, schnauzte Rosi „dann hätt ich dir schon gesagt, dass du den Windelpfarrer nicht ohne Maske und Knebel zum Gummisackherbert hängen kannst.
Wenn ich bloß wüsste, was die beiden da drin so lustig finden.“