@ Antaghar
Die Frage wirft weitere Fragen auf.
Deine Definition von "Lust auf fremde Haut" und "satt" hatte ich immer auf die Situation einer monogamen in Relation zu einer nicht monogamen Beziehung verstanden.
Unbestritten macht es Sinn, diese Definition auf polyamore Beziehungen auszuweiten, um zur Klärung auch in diese Beziehungsform hineinzuschauen, da auch dies neue Erkenntnisse bringt.
Aber verliert die Definition dann nicht auch einen Teil ihrer Bedeutung? Wenn ich meine Bedürfnisse nicht durch einen Menschen abdecke, habe ich doch quasi einen Teil meiner Bedürfnisse durch "fremde Haut" abgedeckt, was Einfluß auf die Gesammtsituation hat.
Ein zweiter Aspekt ist, dass polyamore Beziehungen vom Gedankenansatz her offener als monogame Beziehungen sind. Der Aspekt, sich nur auf einen Partner zu konzentrieren, so nicht vorhanden ist und die Beteiligten auch offener gegenüber dem Beziehungsgeflecht und dessen Veränderung insgesamt sind, was u.U. ein ganz anderes Verständnis für die Situation mit sich bringt.
Betrachtet man das angeführte Modell einer polyamoren Beziehung, die in sich geschlossen ist und wo keine Lust auf "fremde Haut" besteht, so läßt sich nicht nur der Begriff "fremde Haut" auf diese Beziehungsform erweitern, sondern auch der Beriff Monogamie entsprechend erweitern.
So wie der Monogame sein Glück darüber definiert, dass er duch seinen Partner alles zu seinem Glück hat, wird der glückliche Swinger sich glücklich fühlen, dass er eine funktionierende Zweierbeziehung hat, die ihm ermöglicht seine Bedürfnisse vollständig auch über "fremde Haut" zu befriedigen.
Hier ist in beiden Fällen die monogame Prägung noch relativ deutlich zu erkennen. Darüber hinaus auch ein Faktor von "glücklich sein".
Dieses "glücklich sein" aber hat seinen Ursprung in der Monogamie. Es basiert darauf, dass ich nur eine glückliche monogame Beziehung habe, wenn ich "satt" bin.
Der Swinger wiederum geht nun her und wandelt dieses "glücklich sein" auf seine Bedürfnisse ab und hat nun wieder die glückliche Zweierbeziehung, die er zum glücklich sein braucht.
Aber auch der Polyamore ist in der Lage, sein Glück aus der monogamen Prägung herzuleiten. Er übernimmt sein "glücklich sein" aus der monogamen Herleitung von "satt" um daran seine polyamore Beziehung zu messen. Würde er zu dem Ergebnis kommen, Lust auf "fremde Haut" zu haben, wäre sein Glück u.U. auch nicht perfekt.
Muß nicht, aber es kann die Kombination von sich selbst "satt" zu empfinden und der herausgehobenen Situation einer polyamoren Beziehung sein, die bei ihm sein Glück ausmachen, was er sich nicht davon zerstören lassen will, dass er eigentlich noch nach seinem Glück sucht, weil er Lust auf "fremde Haut" hat, abgeleitet aus dem Modell der monogamen Beziehung.
Aber es lassen sich aus einer polyamoren Beziehung Indizien dafür finden, dass nicht jede Lust auf "fremde Haut" etwas damit zu tun haben muß, dass mir der eigene Partner nicht genügt.
Während bei serieller Monogamie die Partner oft gewechselt werden, weil der bisherige Partner "nicht mehr genügt", wird u.U. in einer polyamoren Beziehung ein neuer Partner aufgenommen, ohne das der Alte "verstoßen wird". Da die polyamore Idee nicht darauf beruht, dass ich den bisherigen Partner aus Mitleid beibehalte (dann würde er ggf. auch hier die Beziehung verlassen müssen), kann man hier in meinen Augen weit weniger von nicht mehr genügen sprechen, als es bei anderen Beziehungsformen der Fall ist.
LG bits