•sechs• Geheimnisse (3/3)
Etwas "Dunkles" wurde ihr über den Kopf gestülpt, die Arme wurden nach hinten gedreht und kraftvoll festgehalten. Ihre Versuche, sich zu wehren, verpufften wirkungslos. Als sie schreien wollte, wurde dies im Keim erstickt und etwas wie ein Knebel außen über den Stoff gelegt und festgezurrt.
Wütende Verzweiflung machte sich in ihr breit - mit anschließender Panik, als nadelspitze Zähne sich in ihr Fleisch bohrten. Gleich an mindestens drei Stellen saugte es mit Macht an ihr. Drei Angreifer? Ihre Versuche, sich aus dem festen Griff zu wenden, wurden immer schwächer und ihr Lebenssaft immer weniger.
Klares Denken war nicht mehr möglich, und sie wurde von Angst überflutet. Nach wenigen Minuten fühlte sich Ivana schwach wie ein kleines Kätzchen. Durch eine Art Nebel bemerkte sie, dass sie hochgehoben und getragen wurde. Alles andere war verschwommen und gedämpft wie hinter Bergen aus Watte. Sie konnte nicht einmal feststellen, ob sie in einem Auto war. Das nächste, was sie registrierte: dass sie abgelegt wurde wie ein Sack Mehl. Leise Stimmen drangen gedämpft durch den Stoff. Die Schwäche breitete sich immer mehr aus und ein unmenschlicher Hunger fraß in ihren Eingeweiden.
Wieder wurde sie hochgehoben und komplett entkleidet - bis auf die Kapuze. Fast apathisch ließ sie alles über sich ergehen. Nicht einmal, als sie an einer Art Kreuz befestigt wurde, kam Gegenwehr von ihr.
Sie war so furchtbar müde. Wo war Fearghas, der sie doch beschützen wollte?!
Sie versuchte, an seine Berührungen und die unglaubliche Nacht in der Abbey zu denken. Sie spürte wieder seine Hände, die wild fordernd ihre Lust bis an die Grenzen getrieben hatten. Aber da waren noch mehr Hände, die sanft streichelnd über ihren Körper fuhren. Zungen, Lippen und Zähne, die an allem zugänglichen Stellen Reaktionen einforderten. Ihr Körper bäumte sich noch einmal auf. Ein Funke der brennenden Erregung mobilisierte die letzten Kraftreserven. Traum, Erinnerungen und Erleben vermischten sich in einem unglaublichen Strudel, der sie über alle Grenzen trug. Wellen von Orgasmen überrollten sie so sehr, dass sie schreien wollte, hätte sie nur gekonnt.
Eine weibliche Stimme säuselte ihr ins Ohr: "Ivana, ist es das, was du wirklich willst? Das Geschenk der Ewigkeit, die Last der Lust für alle Zeiten?"
Welch eine Frage! Ivana, deren Lebensgeister sich aufbäumten unter den letzen Zuckungen, konnte nur energisch nicken.
"So sei es!"
Die Kapuze und der Knebel wurden abgenommen und im sanften Licht des Raumes sah sie als erstes die Sprecherin. Eine wirklich große Frau mit tizianrotem Haar und tiefgrauen Augen, die sie sehr weich anblickten. Dahinter Fearghas und Santos, die sie fast frech angrinsten.
Bevor sie etwas sagen konnte, legte die Frau ihren Zeigefinger über Ivanas Lippen und bedeutete ihr zu schweigen.
"Wir sind noch nicht fertig. Nachdem du nun auch offiziell zugestimmt hast, empfange das Blut der Drei, aufdass du kraftvoll und stark sein wirst!"
Mit diesen Worten trat sie dicht an Ivana heran und bot ihren Hals so dar, dass Ivana ihn erreichen konnte. Diese zögerte etwas, konnte dann aber dem drängenden Hungergefühl nichts entgegensetzen. Sie schlug ihre Zähne in die weiße Haut und trank, als hinge ihr Leben daran, was ja in gewisser Weise auch stimmte. Nach der Frau nahm Santos deren Platz ein und zwinkerte ihr auffordernd zu. Fearghas trat als letzter heran und lächelte sie liebevoll an.
Mit verschleierten Augen nahm Ivana wie in einer Art Rausch wahr, dass sie losgebunden wurde und eine fast unheimliche Kraft sie überschwemmte. Das Blut der drei alten Wesen vermischte sich mit ihrem eigenen. Hatte sie früher erfreut bemerkt, wie stark sie war, so wurde dieses Gefühl noch um einiges übertroffen. Ihr wurde gleichzeitig bewusst, dass Navarre sie schwach gehalten hatte, indem er sie alleine und ohne ihr Einverständnis gewandelt hatte.
Staunend schaute sie auf die drei vor ihr Stehenden. Es störte sie nicht, dass sie nackt da stand. Im Gegenteil, sie sonnte sich in den Blicken von Santos und Fearghas. Die Frau wusste sie noch nicht einzuordnen.
"Darf ich vorstellen? Das ist Anora, eines der ältesten unsterblichen Wesen", erklang Fearghas Stimme auf einmal in der Stille.
Anora nickte schmunzelnd, als sie Ivanas Blick auffing, der in diesem Augenblick klar wurde, wer diese Frau war. "Ich denke", sagte Anora mit einer Stimme, die kaum Widerspruch zuließ, "Ivana hat sicher einige Fragen und möchte sich vermutlich wieder ankleiden."
Etwas später saßen sie gemeinsam zusammen und erklärten Ivana abwechselnd, was sie noch so alles wissen musste. Und das war nicht wenig.
"Was wird jetzt aus Navarre?" wagte Ivana zu fragen, da ihr nun klar wurde, wie groß seine Schuld wirklich war. Dadurch, dass sie nicht die volle Kraft gehabt hatte, wäre es möglich gewesen, dass sie irgendwann die Lust auf Menschenblut überfallen hätte.
"Das hängt zum Teil an dir, Ivana, was aus ihm wird", antworte Santos.
"Momentan sitzt er in meinem Club 'Secret Black Rose' in Frankreich und wartet auf seine Strafe", mischte Anora sich ein.
Ivana war unschlüssig. "Eigentlich möchte ich nicht, dass er bestraft wird, zumindest was mich betrifft."
"Nun, dann sitzt er eben nur die nächsten 50 Jahre ab und darf den Club nicht verlassen", warf Anora ein.
"... und du darfst seine Übellaunigkeit ertragen!", ergänzte Fearghas lachend.
Anora stieß so etwas wie ein verächtliches Schnauben aus: "Das sollte er lieber nicht wagen!"
Jetzt musste sie lachen. "Ich nehme an, du gehst mit Fearghas, Ivana?" fragte sie dann.
Die beiden Angesprochenen, Fearghas und Ivana, sahen sich an, ihre Blicke versanken ineinander.
"Gut", stellte Anora fest. "Schon bald brechen wir auf und fliegen zurück. Falls dir noch Fragen einfallen, wird Fearghas dir alles dazu erklären."
Ivana bemerkte, dass der Morgen schon angebrochen war. Die Zeit war so schnell vergangen, dass sie staunte. Zu gerne würde sie noch mehr von Anora erfahren, die aus der Zeit der "großen Pyramiden" stammte, aber diese winkte ab. Man würde sich ja wiedersehen, meinte sie mit einem Blinzeln.
Fast freundschaftlich verabschiedeten sie sich. Fearghas hatte noch eine kleine Reise für sie geplant. Er tat sehr geheimnisvoll damit, wie immer. Am Abend würden sie nach Edinburgh aufbrechen. Bis dahin war noch Zeit, überlegte Ivana, während sie ein plötzlicher Appetit überkam, als sie ihren Blick über Fearghas streifen ließ.
"Wie wäre es mit einer Führung im Fearghas House, My Lady Ivana, wir könnten im Schlafzimmer anfangen?" Sein spöttelnder Spruch ließ keine Zweifel aufkommen, dass er sie beobachtet und die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hatte.
"Nur zu gerne, der Herr, wenn ich dich jetzt ans Kreuz fessele und ... " konterte sie ebenso spöttisch.
Sie hatte nicht mit seiner direkten Reaktion darauf gerechnet. Schneller, als sie etwas sagen konnte, hatte er sie geschnappt, sie übers Knie gelegt und ihr die Hose runter gezogen. Da half kein Zappeln, sein Griff war eisern, während die andere Hand ihre Backen einer Trommel gleich behandelte, bis sie flehte, er möge bitte aufhören.
"Du bist eindeutig zu frech, daran müssen wir dringend arbeiten!"
Ohne noch ein weiteres Wort trug Fearghas sie in sein unterirdisches Schlafzimmer und Ivana nahm keinerlei Notiz von der zweifellos bemerkenswerten Einrichtung. Völlig in ihrer Lust gefangen fielen sie übereinander her, bis der erste Druck sich gelöst hatte ... und immer noch war viel Zeit bis zum Aufbruch, die sie ausführlich nutzten.
*
Regungslos, einer Statue aus Bronze gleich, steht Ivana an der Reling des Dreimasters. Ihr Blick berauscht sich an den sich brechenden Wellen. Sie denkt an nichts, genießt das Gefühl der Naturgewalten.
Der Wind bläht die Segel mächtig auf und peitscht Ivanas Haare in alle Richtungen. Eine tiefe Ruhe breitet sich in ihr aus - angekommen in einem neuen Leben und im Gefühl, endlich dazu zu gehören.
Die starken Hände, die sich auf ihre Schultern legen, sind ein Teil dessen. Ein Lächeln auf ihren Lippen schmiegt sie sich an, nimmt die Geborgenheit und Liebe dieses Bandes in sich auf, den Blick fest auf den Horizont gerichtet ...
Ende
@****ris
08.07.17