Anora (2)
Nur ein leises „Klick“ und die geheime Tür öffnete sich. Es war fast wie damals, als sie den Anweisungen auf dem alten Papyrus folgte, nur dass sie da noch nichts "wusste"...
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Sie hatte gewartet bis zum richtigen Augenblick und in der Zeit den Inhalt der Rolle auswendig gelernt. Es war schwer gewesen, die Aufregung zu unterdrücken und den Brüdern glaubhaft zu machen, der Inhalt sei ein uraltes Gebet an AmunRe. Das war nicht mal gelogen, nur verschwieg sie ihnen, dass darin noch etwas anderes verborgen war. Unter keinen Umständen wollte sie, dass dieses Grab und sein Pharao beraubt wurden. Ihre Neugier aber war größer als jede Warnung, die dort geschrieben stand. Sie musste es einfach selber sehen. Die Rolle sollte anschließend im Grab bleiben, so dass niemand mehr diesem Weg folgen konnte. Angst hatte sie keine, denn ihr Leben gehörte seit ihrer Geburt den Gottheiten.
Viele Gänge und Abzweigungen lagen vor ihr und das Licht der Fackel flackerte, warf unheimliche Schattengestalten an die Wände. Aufmerksam schaute sie nach den kleinen Hinweisen, die in den Wandmalereien versteckt waren und den Weg markierten. Die Luft war stickig, roch muffig und uralt, doch musste von irgendwoher frische Luft hineinkommen.
Längst hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren, als der Tunnel plötzlich endete und sie vor einer Wand stand.
Sie hob die Fackel an und bestaunte ehrfürchtig die farbigen Malereien und Bilder. Sie zeigten Pharao auf seinem Weg ins Land der Binsen. Die einzelnen Stationen waren detailgetreu festgehalten und wirkten sehr real.
Anora wusste, dass es kein Zurück mehr gab.
Sie entzündete eine zweite Fackel und steckte beide in die dafür vorgesehenen Halterungen in der Wand.
Dann kniete sie nieder, entrollte den Papyrus und verbeugte sich in alle Himmelsrichtungen, bevor sie laut die alten Worte des Gebetes sprach.
Fast schien ihr, dass die Wandbilder vor ihr sich bewegten und ein Eigenleben entwickelten.
Besonders das eine wurde immer klarer, während alle anderen vor ihren Augen verschwammen.
Es war der falkenköpfige
Re-Harachte, der vor dem Thron der Göttin Hathor saß. Als Kopfschmuck trug der Sonnengott die große Sonnenscheibe, um die sich schützend eine Schlange ringelte.
Wie in Trance erhob sich Anora, streckt beide Arme aus und berührte gleichzeitig den Mittelpunkt der Scheibe und den Kopf des Gottes.
Die Schlange wurde lebendig, wand sich um ihren rechten Arm und biss zu.
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Wieder stand Anora vor jener Wand, aber im Gegensatz zu ihrem ersten Besuch, besaß sie nun den „Schlüssel“.
Es war ihr Anhänger, der in Form eines Ankh an einer Kette um ihren Hals hing.
Sie nahm ihn ab und drückte ihn auf das passende gemalte Ankhsymbol in die Wandmalerei.
Eine vorher nicht sichtbare Tür öffnete sich knirschend und gab den Zugang frei.
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Sie befand sich im Inneren der geräumigen Grabkammer. Dem heiligen Ort, an dem Pharaos Mumie „schlief.“
Das Letzte was Anora erinnerte, war der Biss der Schlange, danach waren ihre Sinne geschwunden.
Wie war sie hier hinein gekommen? Sie richtete sich langsam auf, blieb aber auf ihren Knien und schaute sich um. Vor ihr der mächtige steinerne Sarkophag in dem sich die anderen, prächtigeren verbargen. Mittig darauf saß ein steinerner Falke mit ausgebreiteten Schwingen.
Die Wände waren bemalt mit vielen Erlebnissen und Szenen aus dem alltäglichen Leben von Pharao. Sie ließ die Blicke schweifen und bestaunte die prächtigen Arbeiten.
Überall im Raum verteilt standen Möbel und Truhen des Herrschers, auch alles andere was er sonst noch an persönlichen Dingen mitbekommen hatte.
Viele versiegelte Krüge in denen sich Speisen und Getränke für seine Reise befanden.
Unfassbar welche Reichtümer hier gestapelt waren. Anora staunte, auch wenn sie vieles wusste, mit dieser Pracht hatte sie nicht gerechnet. Kein Wunder, dass die Brüder so begierig waren die Schriftrolle zu entschlüsseln.
Aber etwas war komisch, die ganze Zeit über hatte sie das Gefühl beobachtet zu werden. Sie spürte die Blicke und bemerkte, dass ihre Haare sich aufstellten.
Langsam drehte sie den Kopf in Richtung der lebensgroßen Falkenfigur.
Die Augen des Vogels waren so intensiv und lebendig, als wolle er bis in ihr Innerstes blicken. Es war ihr nicht möglich wegzuschauen. Eine Stimme erklang in ihrem Kopf, stellte Fragen über den Grund ihres Hierseins und sie antwortete auf gleiche Weise, als wäre das völlig normal.
Plötzlich bewegte der Vogel sich, flog auf den Boden und wurde größer. Seine Gestalt löste sich förmlich auf und verwandelte sich, bis nach einem Moment ein hochgewachsener Mann vor ihr stand. Es fehlte nicht viel und sie hätte erneut das Bewusstsein verloren, aber er lächelte sie an und sprach zu ihr:
„Du brauchst dich nicht zu fürchten. Ich habe deine Seele erforscht und deine guten Absichten darin gelesen. Ich bin Marik, der Wächter des Pharao und auch Horus, dessen Mal du zwischen den Schultern trägst!“
Ehrfürchtig zitternd verbeugte sich Anora, so tief, dass ihre Nase den Boden berührte. Sie wagte nicht etwas zu sagen.
"Du hast die Schriftrolle und ihr Geheimnis gewahrt. Dafür gebührt dir der Dank des Pharao. Steh auf! Hast du einen Wunsch?" sprach er weiter.
Überrascht schaute Anora auf und direkt in seine Augen, dann erhob sie sich. Die Gedanken in ihrem Kopf wirbelten durcheinander. Was sollte sie sich wünschen? Ihr Leben war seit jeher den Göttern geweiht. Etwas anderes kannte und wollte sie nicht und doch regte sich eine ganz andere, neue Empfindung in ihr. Dieser Mann, Marik, schien einen Zauber auf sie geworfen und ein bisher nicht bekanntes Verlangen geweckt zu haben. Sie errötete, als sie sich selber bei dem Wunsch ertappte seine bronzefarbene Haut zu berühren und in seinen Duft einzutauchen.
Abrupt rissen die Gedankenfäden ab, als sie ihn leise lachen hörte.
"So soll es sein, aber du wirst noch mehr als jenes bekommen, das der Mann dir zu geben bereit ist."
Fassungslos beobachtete Anora ihn dabei wie er zu einem der Krüge ging und das Siegel brach, sich dessen bewusst, dass er ihre Gedanken hörte, wie gesprochene Worte.
Er hielt ihr den Krug hin:
"Trink, wenn du bereit bist alles anzunehmen, was dir gegeben wird, aber sei dir darüber klar, dass es keine Umkehr gibt!"
Sie zögerte keinen Augenblick, nahm den Krug entgegen und ließ die milchig weiße, fluorisierende Flüssigkeit die Kehle herunter rinnen.
Schon während des Trinkens fing jede Zelle ihres Seins an zu kribbeln.
Ihr Körper entzündete sich, wurde zu Licht und Leichtigkeit und schien "eins" zu werden mit dem Universum.
Marik beobachtete sie genau und las in ihren Gedanken, bevor er ihr den Krug aus den Händen nahm und abstellte.
Mit wenigen Handgriffen hatte er ihr das Gewand abgestreift.
Wortlos erforschten seine Hände jede Stelle ihres Körpers, hinterließen brennende Spuren auf ihrer Haut und entzündeten eine unbekannte Leidenschaft, deren Wellen über ihrem Kopf brachen.
Anora brannte lichterloh, fieberte nach immer mehr ohne das ihr Hunger weniger wurde. Instinktiv wusste sie, dass da noch mehr sein musste.
Marik streifte seinen Schurz ab, gönnte ihr einen kurzen Blick auf seine stolz erhobene Göttlichkeit, bevor er sie hochhob, als wäre sie eine Puppe. Seine Lippen umschlossen abwechselnd ihre erblühte Brust und seine Zunge entlockte ihr kleine Schreie der Lust. Der Druck in ihrem Innersten suchte ein Ventil zum abfließen, so das sie kaum noch an sich halten konnte. Genau in diesem Augenblick wechselte Marik unmerklich seine Position, überwand die Sperre und drang mit einer geschmeidigen Bewegung in sie ein. Anora schnappte nach Luft und war erstaunt über den kurzen Schmerz. Er gab ihr einen kleinen Moment, wartete auf ihre zaghafte Bewegung, stieß dann tiefer in ihren Schoß und zog sich wieder zurück, was Anora mit einem empörten Schnaufen quittierte. Lachend setze er sie ab, drehte sie auf alle Viere herum und ergriff sie bei den Hüften. Sie war in einem solchen Rauschzustand, als wäre sie trunken von Palmsaft, zitterte, bebte und jede Pore schrie nach Erfüllung.
Wieder drang er ein, aber dieses Mal schneller und tiefer, dann wieder langsamer. Sie wusste, dass irgendetwas in ihr gleich explodieren würde, aber wieder zog er sich zurück, wechselte die Position und trieb sie immer weiter in den schönen Wahnsinn hinein, bis sie Anfing zu betteln, ohne eigentlich zu wissen worum sie bat.
Letztendlich landete sie auf der steinernen Oberfläche des Sarkophags und er kam über und in sie, bis sie meinte, dass sie nun sterben würde. Sie schrie ihre Emotionen hinaus und konnte kaum fassen wie gut sie sich fühlte.
Das Zeitgefühl war ihr völlig abhanden gekommen. Waren sie Stunden oder Tage zusammen, sie wusste es nicht. Alles war verschwommen und doch klar. Marik erzählte ihr nicht nur seine Geschichte, sondern auch viele geheime Dinge. Sie verschmolzen viele Male miteinander, ohne dass sie jemals müde wurde, oder gar Hunger hatte. Es war die milchige Flüssigkeit, die sie getrunken hatte. Ein Elixier, dass sie, ebenso wie ihn unsterblich gemacht hatte. Er verriet ihr auch, dass sie selber diese Unsterblichkeit weiter geben könne, warnte aber gleichzeitig, denn das ging nur wenn jemand von ihrem Blut trinken würde. Diese Person musste sich dann weiterhin von Blut nähren. Nur wer das weiße Elixier trank, war davon ausgenommen.
Jede Minute ihrer gemeinsamen Zeit war über die Maßen erfüllend. Nichts weiter brauchte oder wünschte sie sich.
Doch dann kam der Moment, der schmerzhaft in ihr wurzelte. Marik eröffnete ihr, dass die Zeit der Trennung gekommen sei.
Drei Tage und Nächte waren sie unzertrennlich gewesen und nun musste sie wieder hinaus in die Welt, mit einer halben Seele.
~
Endlich! Anora betrat die große Grabkammer. Es war immer wie "nach Hause kommen" und die Zeit dazwischen erschien in dem Moment wie weggewischt, als würde sie nur im "Jetzt" wirklich leben.
Marik erwartete sie bereits und seine Miene spiegelte ihre Empfindungen. Sie könnte ihre Gefühle für ihn nicht in Worte fassen, sollte sie jemand danach fragen.
Freund, Geliebter, Lehrer oder einfach der zweite, fehlende Teil ihrer Seele.
Wortlos sank sie in seine Arme, trank von seiner Aura und war erfüllt von tiefen Glücksgefühlen.
Jedesmal, war wie das erste Mal.
@****ris
25.03.18