Heike, meine Liebe, ich danke dir ebenso wie Kathrin für deinen Offenheit. Nicht alle sind bereit, über ihre Probleme so intensiv zu reden.
Warum mir deine Beiträge hier so sehr ans Herz gehen, bei uns war es damals die gleiche Situation, nur anders herum. Ich war derjenige, der ein Problem mit seinem Schwanz hatte. Ich schreibe bewusst von er, da du auch von deinem Ehemann schreibst. Damals war ich nämlich auch ein Ehemann.
Ob dir mein Beitrag nun weiterhilft, ich weiß es nicht, aber ich möchte ehrlich zu dir sein.
Kathrin hat in einigen Dingen vollkommen Recht, was sie dir schreibt. Zunächst sollte dein Männe in sich kehren, um für sich heraus zu finden, was er (sein) möchte, bzw. was er ist. Denn ich ich habe ebenso die Befürchtung, es könnte sich um Transsexualität handeln.
Um das jedoch heraus zu finden, es ist schon einmal ein guter Anfang, dass ihr offensichtlich gemeinsam an einem Outing arbeitet und du ihn dabei unterstützt bzw. vielleicht sogar die treibende Kraft dabei bist. Schon dafür hast du meinen Respekt verdient.
Was dann kommt, braucht ein wenig Zeit, wie viel Zeit, das lässt sich nicht vorhersagen, es können Jahre vergehen. Möglicherweise findet dein Männe selbst heraus bzw. es kristallisiert sich von alleine heraus, dass er transsexuell ist.
Was ich aber auf jeden Fall für von Nöten halte, ist zumindest der Beginn einer Paar-Therapie, wo ihr die Probleme gemeinsam ansprecht. Du von deinen nicht erfüllten sexuellen Sehnsüchten, er von seinem Frau sein zu Hause. Wir hatten es damals nicht anders gemacht, ich bekam dann einzelne Termine bei einem anderen Therapeuten.
Dieser führte eine Differential-Diagnose durch. Eine Differenzial-Diagnose schließt zunächst sämtliche in Frage kommenden Möglichkeiten ein, um dann nach und nach einzelne Möglichkeiten auszuschließen, was man nicht ist. Jedoch wird eine Differential-Diagnose in den seltensten Fälle alle Fälle bis auf einen ausschließen. Da bleiben dann schon zwei, drei oder auch vier Möglichkeiten offen.
Aber ihr habt dann gewisse Gewissheiten, über die ihr dann auch zu zweit reden könnt. Ein guter Therapeut wird euch auch dabei begleiten. Entscheiden müsst ihr dann, ob ihr mit der gegebenen Situation miteinander zurecht kommen könnt oder nicht.
und das kann das traurige an eurer Geschichte sein, aber es muss es nicht. Denn, meine liebe Heike, wenn ihr euch liebt, manchmal ist es besser, einen geliebten Menschen seine Wege gehen zu lassen und selbst seine eigenen zu gehen.
Es kommt dann auf die Art und Weise an, wie man damit umgeht, wenn eine Trennung als Paar unvermeidlich ist. Wenn es als Paar nicht mehr geht, eine enge Freundschaft und Verbundenheit ist trotzdem nicht ausgeschlossen.
Ich und meine Ex sind ein Beispiel dafür. Als es bei klar war und ich meine Diagnose in den Händen hielt, meine Ex hat es versucht, damit klar zu kommen, sie hat sich auch umfassend über das Thema Transexualismus informiert.
Aber, sie wollte einen Mann, keine Frau. Ich jedoch war an einem Punkt angelangt, ich konnte nicht mehr anders als wie eine Frau zu leben. So habe ich meiner damaligen Frau ihre Freiheit wieder gegeben, um einen Partner zu finden, der ihren Vorstellungen entsprach. Trotz aller Schwierigkeiten während der Ehe, die meine Ex und ich hatten, wir sind heute gute Freundinnen.
Wir hatten uns auch den ganzen Hickhack ums Sorgerecht wegen der Tochter erspart, unsere Tochter entschied sich (sie hatte die Wahl), bei ihrer Mutter zu leben. Ich habe das von Anfang an akzeptiert, jedoch konnte ich meine Tochter sehen, wann immer ich wollte. Und sie rief mich an, wann immer sie wollte.
Heike, ich möchte dich ganz sicher nicht depressiv stimmen. Aber mache dir Gedanken über alle Eventualitäten. Denke bitte auch darüber nach, wenn bei deinem Männe Transexualität in Frage kommt, ob du damit leben kannst. Ob du mit einer Frau leben kannst. Das Leben von Transsexuellen lässt nun mal leider nicht all zu viele Kompromisse zu. Ich kenne es aus eigener leidvoller Erfahrung.
Liebe, die ich bei deinen Schilderungen heraus lese, setzt nicht immer zwingend einen gemeinsamen Weg voraus. Es kann auch ein getrennter Weg nebeneinander sein, auf dem es Punkte gibt, an denen man sich trifft.
Es sind in einer Partnerschaft so viele Jahre vergangen, die wirft man nicht einfach so weg. Aber wenn es nicht gemeinsam geht, dann sollte man trotzdem in tiefer Verbundenheit seinen eigenen Weg gehen. Hellhörig sollte man dann werden, wenn ein neuer Partner im Spiel ist und dieser sagt, "Was willst du denn noch von diesem Vogel.".
Da ich nun seit Jahren wie eine Frau lebe, wünsche ich mir auch einen Mann an meiner Seite. Diesen hatte ich gefunden, aber dann gab es eben diese Situation, in der er mein Umfeld um meine Ex herum in Frage gestellt hatte. Nun ist auch er mein Ex.
Liebe Heike, ich hoffe, ich habe dich mit meinem Text nicht erschlagen, aber es war mir wichtig, dich auf einige Eventualitäten hinzuweisen.
Für deine und eure Zukunft wünsche ich von ganzem Herzen das Beste.
Liebe Grüße
Jeanny