Wenn niemand gekommen wäre, um meine Dominanz zu wecken, wäre ich heute vielleicht immer noch eine sexuell frustrierte Vanilla. Aber sie war schon immer da. Lernen konnte ich "Dominanz" nicht, sehr wohl aber das Vertrauen darauf, dass jemand mich akzeptiert, wenn ich diese Seite weiter auslebe, und viele, viele Feinheiten. Haltung, der ganze SM-Krams in sicherer Variante sowieso, auch berufliche Seminare über Menschenführung waren interessanterweise hilfreich für das Schulen von Dominanz im BDSM-Sinn.
Ich fürchte, jemanden zum Dom erziehen, der es nicht ist, wird scheitern bzw. sich immer für beide frustrierend anfühlen. Wenn dagegen jemand diese Seite latent in sich trägt und unterdrückt, kann man sie wecken. Achtung: Man kann beim Wecken auch viel falsch machen. Es gab bei mir - heute kaum noch nachvollziehbar für mich - eine Phase, in der ich dem einen oder anderen Sub zuliebe Dinge in genau der Form gemacht habe, die er sich wünschte, und mich dabei mittelfristig super scheiße gefühlt habe. Gehorsamer Wunscherfüller/in zu sein fühlt sich nun mal nicht dominant an, dabei kommt der Kick nicht rüber, den es auf Dom-Seite doch eigentlich bringen soll. (Es spricht nichts gegen gelegentliches liebevolles Wünscheerfüllen - aber liebevoll zu sein bedeutet einen anderen Kick als das Ausleben von Dominanz.) Ich habe viel Mut und Selbstvertrauen gebraucht, um irgendwann zu sagen: Wenn ich Dom bin, bedeutet das, das ich bestimme - und ich will es jetzt so und so - und du, süßer Sklave, du willst auch gar nicht, dass ich genau das mache, was du mir vorgeschlagen hast, stimmt's? In Wahrheit sehnst du dich danach, dass ich die Kontrolle übernehme und dir meinen Willen aufzwinge." Das war ein unglaublich befreiender Augenblick für mich, und der Blick in den Augen des damaligen Mannes bewies mir, wie recht ich gehabt habe.
Dieses Ereignis hat mir aber auch gezeigt, dass es selbst bei Menschen mit astrein echter dominanter Veranlagung möglich ist, durch den Versuch, jemanden zur/zum Dom zu erziehen, die natürliche Dominanz kaputtzumachen und in ein verkrampftes Wunscherfüll-Dienverhältnis zu verwandeln, was am Ende beiden weit weniger Befriedigung gibt als sie sich wünschen.
Was hilft? Reden. Nicht nur darüber, was man sich wünscht, sondern auch, wie man die Situation sieht, was für Schwierigkeiten man sich vorstellen kann, wie wichtig es einem ist, einen Weg zu finden, der für beide Seiten am Ende befriedigend wird - und auch zuhören, wirklich, ehrlich und unvoreingenommen zuhören, was der andere sagen will, wenn man ihm die Zeit und den Raum dafür gibt. Gerade, wenn er schüchtern ist und dafür vielleicht eine Weile braucht.