Treue
Buzzzer hat ja schon mal einen Vergleich mit Vereien oder Berufen angestellt, von daher würde ich gerne mal eine
allgemeine Definition aufstellen.
Und da sich kaum jemand mehr mit Definitionen befasst als Juristen kann man ja mal sehen was sie schreiben:
§ 266 StGB - Untreue
Wer die ihm ... eingeräumte Befugnis, über ... zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm ... obliegende Pflicht, fremde ...interessen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen ...interessen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird ... bestraft.
Die Norm behandelt ein Vermögensdelikt, aber ich finde im Kern ist sie für jede (Un-)Treue zutreffend. Dieser besteht darin Befugnisse nicht zu missbrauchen und Interessen des Partners, die auch gemeinsame Interessen sein können, nach Möglichkeit zu förden, aber zumindest nicht zu stören.
Dazu sei gesagt, dass ich Beziehungen auf 3 Ebenen sehe:
Zum einen gibt es die biologische Ebene - Duft, Pheromone und andere Signale lösen im Gegenüber tatsächliche körperliche Reaktionen aus, die zu einer Anziehungskraft führen.
Zweitens, die Liebe - die ich an dieser Stelle gar nicht zwischen elterlicher Liebe, Nächstenliebe oder der Liebe im Paar unterscheide. Liebe ist die Bereitschaft zu vertrauen, zu verzeiehen, einen Menschen so anzunehmen wie es ist. Sie wächst in der Regel mit der Zeit und schafft teife Verbundenheiten.
Drittens gibt es die rationale Ebene: Der gleiche Job schafft Kollegen, gleiche Interessen schaffen z.B. Vereinskameraden. Für unsere Ziele suchen wir Menschen, die uns helfen sie zu erreichen (oder finden sie einfach auf dem Weg).
Treue bedeutet für mich auf dieser rationalen Ebene zusammenzuhalten, um gemeinsam Ziele zu erreichen. Das Treue mit sexueller Exklusivität gleichgesetzt wird, scheint mir vor allem auf das traditionelle Partnerschaftsziel der Zeugung und Erziehung gemeinsamer Kinder zurückzugehen. Ein weiteres Ziel das monogame Beziehungen begünstigt ist gemeinsame Zeit miteinander verbringen zu wollen.
Die Exklusivität zu brechen weckt die Angst zu kurz zu kommen - Kinder außerhalb der Partnerschaft oder andere Partner erfordern Zeit, Zuwendung oder auch Geld, welche(s) dem Paar dann nicht mehr zur Verfügung steht und auch nicht für die Gemeinsamen Ziele genutzt werden kann.
Treue auf biologischer Ebene scheint mir nicht möglich. Auch in Jahrelangen Beziehungen wird es immer wieder Reize geben die uns ansprechen und körperliche Reaktionen, wie z.B. Glücksgefühle auslösen - wir können nur rational Entscheiden, ob wie ihnen nachgehen - und dies hängt wieder von den Absprachen und Zielen im Paar ab.
Treue in der Liebe ist schwierig. Im Bereich zur Polyamorie habe ich allerdings ein interessantes Thema gelesen in dem die Frage auf kam, ob es so etwas wie monoamorös denn überhaupt gibt - immerhin lieben wir neben Partnern auch Kinder, Eltern, etc.
Sowohl religiöse, philosophische und esoterische Lehren sehen das Ideal in einer allumfassenden Liebe - sich auf eine kleine Gruppe oder gar eine Einzelperson zu fixieren wäre mit solchen Weltbildern gar nicht vereinbar.
Liebe kann bei mir aber nie Besitz bedeuten, ideale Liebe wünscht sich immer das Glück des anderen und kann daher nie beschränkend wirken.
Probleme der Treue liegen also vor allem in unterschiedlichen oder sich verändernden Zielen. Wenn die Abweichung der individuellen Ziele sich Gegenseitig ausschließt (z.B. Impulse ausleben vs. Exklusivität), akzeptiert dann die Liebe die Ziele des Partners (und opfert die eigenen) oder bleibt man seinen Zielen treu und erwartet man auch vom Partner (aus Liebe) treu zu diesen Zielen zu stehen (und seine zu opfern) ...