@FotoManie
Das, was Du unter »vielleicht« geschrieben hast, gibt mir den Hinweis auf einen wichtigen Punkt: Als Schöpfer fotografischer Werke wissen wir natürlich, was in unseren Bildern gesehen werden soll und welche Partien wichtig sind. Wir konzipieren sie, bereiten sie vor, erarbeiten sie und erschaffen sie. Anschließend bearbeiten wir sie nach und betrachten sie sicherlich auch so noch eine Weile. Insgesamt verbringen wir also reichlich Zeit mit ihnen, vermutlich mehr Zeit als irgendjemand anderes nachher dem fertigen Bild widmen wird. Wir kennen unser Werk in- und auswendig.
Dabei verlieren wir manchmal aus den Augen, wie der Blick desjenigen auf dem Bild umherwandern wird, der es zum allerersten Mal sieht. An welchen Punkten sein Auge verweilt, welche Bereiche er länger, welche er kürzer anschaut und schließlich, welche Gedanken sich daraus entwickeln. Letzteres können wir am wenigsten beeinflussen, weil das immer auch mit dem persönlichen Erfahrungshorizont des Betrachters zusammenhängt, den wir nicht kennen.
Die anderen Aspekte können wir schon eher beeinflussen, indem wir die Partien, in denen die wichtigen Informationen enthalten sind (in diesem Fall die, die das Gefühl transportieren sollen), betonen, also mit Reizen für das Auge belegen. Die Fotografie verfügt hierbei bekanntermaßen über mehrere Möglichkeiten: unter anderem die der Schärfe/Unschärfe, der Farbintensität und der Lichtführung.
Im vorliegenden Fall sind alle diese Aspekte zu finden: Es gibt einen Schärfebereich, es ist ein Farbfoto mit stark leuchtenden Flächen, und beleuchtet ist die Szenerie auch. Man könnte die Mittel allerdings so einsetzen, dass der Blick des Betrachters stärker geführt wird und er auf diese Weise deutlicher die Bereiche des Fotos erkennt, in denen die für das Verständnis wichtigen Informationen bereitgehalten werden. In diesem Falle das Gesicht.
Der Betrachter kann nicht wissen, welche Gedanken der Fotograf sich bei der Entstehung des Fotos gemacht hat, welche Partien der Fotograf für wichtig hält und welche Bereiche der Fotograf geneigt ist zu übersehen, damit sie ihn nicht stören. Es sei denn der Fotograf liefert eine textliche Erläuterung oder aber er setzt fotografische Mittel ein, um genau dies zu transportieren. Die letztgenannte Möglichkeit halte ich für die bessere, weil geschicktere und angemessenere.