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SSC, RACK und verantwortungsbewusstes Handeln

****i2 Mann
11.691 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
SSC, RACK und verantwortungsbewusstes Handeln
Liest man sich die Beschreibung verschiedener Playpartys in SM-Clubs durch, so wird oft betont, dass alles gemäss SSC ablaufen muss. Sprich: Es muss Safe, Sane and Consensual sein, also sicher, vernünftig und einvernehmlich. Das ist gewiss eine vernünftige Forderung. Und gilt auch grundsätzlich als fundamentale Handlungsgrundlage von BDSMlern.

Nur gibt es aber auch noch ein anderes Akronym, das SSC konkurriert: RACK. Den Risk-Aware Consensual Kink. Diese Alternative verlangt keine absolute Sicherheit, sondern ein Sicherheitsbewusstsein und eine subjektive, individuelle Risikobeurteilung. Und selbstverständlich auch die Einvernehmlichkeit.

Der Grundsatz SSC wird oft dem schwulen Aktivisten David Stone zugeschrieben [1]. Er prägte ihn seinen eigenen Angaben zufolge für die Gay Male S/M Activists (GMSA) im Jahr 1984, um SM von krankem Sadomasochismus und strafrechtlich relevanter Gewalt abgrenzen zu können. Es war also in erster Linie ein Begriff für die Öffentlichkeit, um die SMler in ein besseres Licht zu rücken.

Ich habe nun einen sehr spannenden Artikel gefunden, der den Hintergrund dazu erläutert [2]. Diesen kann ich allen in voller Länge ans Herz legen - leider reicht der Platz nicht, hier wirklich auf diesen einzugehen. Offenbar kam es aber mit dem Modell SSC ziemlich rasch zu Reibungen, weil insbesondere die Sicherheit, aber auch die Vernunft subjektive Begriffe sind, die alle Menschen anders beurteilen. Daher wurde RACK als Alternative vorgeschlagen, um die Eigenverantwortung der beteiligten Personen in den Vordergrund zu stellen. Es geht also nicht länger darum, dass Aussenstehende über das Handeln Dritter urteilen. Sondern darum, dass die beteiligten Personen wissen, was sie tun.

Wikiedia listet hierzu die folgenden Fragen auf, um die Bevorzugung von RACK gegenüber SSC zu rechtfertigen:

  • Warum sollte etwas verwerflich sein, das einem objektiven Anspruch an Sicherheit zwar nicht genügt, wenn sich die beteiligten Spielpartner jedoch einig sind, es trotzdem praktizieren zu wollen?
  • Warum sollte etwas verwerflich sein, das einem Anspruch an logische Vernunft zwar nicht genügt, wenn sich die Spielpartner jedoch einig sind, es trotzdem praktizieren zu wollen?
  • Wenn aber dennoch von generalisierten Ansprüchen an Sicherheit und Vernunft ausgegangen werden soll, wer definiert und begründet diese, da doch die Beurteilung solcher Kriterien in erheblichem Ausmaß subjektiv ist?


Ich kann diesen Punkten sehr gut folgen. Zumal gar nichts im Leben absolut sicher ist - SSC könnte also auch ein unzutreffendes Gefühl von Sicherheit suggerieren. Und der Begriff führt folglich auch hin und wieder zu Missverständnissen und unnötigen Reibungen.

Es gibt immer Risiken, ganz egal was man tut. Und man geht jeden Tag Risiken ein. Man ist sich diesen aber bewusst und tut alles dafür, um eine grösstmögliche Sicherheit zu erreichen. Dabei beobachen dann manche Vögel und andere springen mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug. Beide würden von sich behaupten, eine Risikobeurteilung gemacht zu haben. Und beide fühlen sich sicher in dem, was sie tun. Auch wenn von aussen betrachtet beim Fallschirmspringen wesentlich mehr schiefgehen kann als beim durch den Feldstecher gucken. Und trotzdem kann der Vogelbeobachter beim Beobachten der Vögel von einem Baum erschlagen werden und der Fallschirmspringer wieder und wieder unversehrt landen.

Aus dieser Betrachtung heraus befürworte ich klar den Ansatz RACK, würde aber SSC niemals als Richtlinie ablehnen. Wenn andere aber extreme Dinge tun und dies einvernehmlich geschieht, dann ist das doch in Ordnung. Selbst wenn es für mich zu wenig sicher wäre. Und auch bei den Dingen, die ich tue, gibt es psychische und physische Risiken. Wenn ich diese bewusst in Kauf nehme, dann verstehe ich nicht, warum es falsch sein sollte, diese Dinge zu tun.

Ich denke, in letzter Konsequenz geht es um Verantwortungsbewusstes handeln. Das bedeutet, nur Dinge zu tun, bei denen man vollkommen sicher ist, auch danach noch dazu stehen zu können. Wie seht ihr das?

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Safe,_Sane,_Consensual
[2] https://xcbdsm.com/education … s-and-resources/ssc-vs-rack/
******_13 Frau
16 Beiträge
SSC Rack und verantwortung
Da hast du recht SciFi2
***xy Frau
4.761 Beiträge
In einem sehr sympathischen Profil hier habe ich noch einen anderen Codex gefunden: HHH (Herz, Hirn, Humor). Das ist eigentlich der, der mich am meisten anspricht, denn er vermittelt am ehesten das Gefühl für beide Seiten, ernstgenommen und gesehen zu werden.


Trixy
Ich finde deine Argumentation sehr spannend und nachvollziehbar @****i2
Wobei ich mich bisher eher an SSC als Grundsatz gehalten habe. Ich glaube der Vorteil daran ist, dass jeder eine ungefähre Vorstellung der Begrifflichkeiten hat, auch wenn die genau Interpretation natürlich individuell verschieden ist. Aber anhand dieser drei Wörter kann man gut ins diskutieren kommen, wie man sich Sicherheit usw. in seinem BDSM denn nun vorstellt.

"Risk-aware" finde ich im Gegensatz dazu weniger klar umrissen. Natürlich hat es den Vorteil, dass es mehr Praktiken abdeckt, aber es ist eben auch schwieriger hier den gemeinsamen Nenner zu finden.

Deshalb würde ich sagen SSC ist für mich als Anfängerin eine gute Richtlinie. Aber die Überlegungen zu RACK finde ich ebenfalls sehr gut, also wer weiß, wo mein Weg mich noch hin führt *zwinker*
****i2 Mann
11.691 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
*********Kerl:
FYI

BDSM: SSC vs. RACK

Danke, die beiden Dokumente sind sicher sehr interessant zu lesen auf todo setz

Mir geht es übrigens nicht unbedingt um SSC vs. RACK sondern auch um den Punkt mit dem verantwortungsbewussten Handeln. Weil eigentlich sind sowohl SSC wie auch RACK nur Modelle, die als moralische Grundlage dienen können. Allerdings sind keine Modelle perfekt. Und beide Begriffe setzen voraus, dass man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Und zwar auf beiden Seiten.

Dass Clubs z.B. immer SSC propagieren ist naheliegend. Denn dies vereinfacht es den Betreibern im Bedarfsfall, einfach zu definieren, was sicher und vernünftig ist. Aber für sich selbst bräuchte es ja eigentlich weder SSC noch RACK. Wenn man halt eben verantwortungsbewusst handelt.

Ums mal ganz abstrakt zu formulieren: SSC wurde "eingeführt", um etwas was da war für die Masse begreiflich zu machen. Um sich abgrenzen zu können von dem, was uns vorverurteilend unterstellt wird, zu sein. Dann kam RACK, um näher an die Realität zu kommen.

Doch beide Begriffe versuchen etwas zu umschreiben, was schon war. Es ging also darum, zu beschreiben, was man tut. Und irgendwie wird der Spiess nun umgedreht und man versucht das zu tun, was die Begriffe umschreiben. Wobei es zu Meinungsverschiedenheiten kommt, was denn eigentlich genau gemeint ist.

***ah:
Ich glaube der Vorteil daran ist, dass jeder eine ungefähre Vorstellung der Begrifflichkeiten hat, auch wenn die genau Interpretation natürlich individuell verschieden ist.

Das stimmt. Ich finde es auch vollkommen in Ordnung, diese zu benutzen.

***ah:
Deshalb würde ich sagen SSC ist für mich als Anfängerin eine gute Richtlinie. Aber die Überlegungen zu RACK finde ich ebenfalls sehr gut, also wer weiß, wo mein Weg mich noch hin führt

Guter Punkt! SSC ist wohl gerade für AnfängerInnen gut, weil es dazu animiert, sich die richtigen Fragen zu stellen. Und vielleicht wiederspiegelt ja ein allfälliger Wechsel von SSC zu RACK in der Tat auch den persönlichen Erfahrungsgewinn?

Wobei ich mich dann frage: Ist es denn überhaupt notwendig, sein Handeln in ein Akronym zu pressen? Sind diese denn nicht eher wichtig für die Aussenwirking? Womit wir dann wieder bei der Frage sind: Reicht es nicht, einfach nur verantwortungsbewusst zu handeln?
Ist es denn überhaupt notwendig, sein Handeln in ein Akronym zu pressen? Sind diese denn nicht eher wichtig für die Aussenwirking? Womit wir dann wieder bei der Frage sind: Reicht es denn nicht, einfach nur verantwortungsbewusst zu handeln?

Genau dafür wurden die Begriffe geschaffen:
Anderen die Hintergründe des Geschehens in Kurzform verständlich zu machen.
Es sind, wie Du ja schreibst ("Modelle"), abstrakte Begriffe für komplexe Entscheidungs- und Handlungsmuster. Ausführlich beschrieben variieren die Inhalte wiederum je nach Individuum.
"Verantwortungsbewusst" ist als Mindestmass nicht ausreichend und auch zu diffus.
Ein wesentliches Kriterium etwa ist die Strafbarkeit/Straffreiheit - und die variiert wiederum je nach Land (UK, CH, DK, D oder gar US).
Ein weiteres könnte ein Szene-Kodex sein: Doch welche Szene? "Wir Joy-Foren-BDSMler"? Einigen uns nicht mal auf den Begriff BDSM...
**********eaena Paar
63 Beiträge
Ich halte die ganze Diskussion und den Versuch einer Abgrenzung zwischen SSC und RACK für Augenwischerei.

Wie SciFi2 schon geschrieben hat: "sicher" gibt es eh nicht. Man kann sich auch mit dem Kuschelflogger ein Auge ausschlagen, oder über seine High Heels stolpern und sich das Genick brechen. Vor dem Kontext ist das ganze Leben "risk aware" (auch wenn manche Menschen generell im Leben weniger "aware" sind). Dementsprechend heißt "safe" eigentlich nur "so sicher, wie es die Möglichkeiten zulassen - vor dem Hintergrund des gewünschten Spiels". Und damit - für mich - das gleiche wie "risk aware". Man kann beim Hände Zusammenbinden mit Kuschelseil problemlos Nerven beschädigen. Genauso wie heftige Atemkontroll- und Würgespiele ihre Konsequenzen haben können.

Wo ist also wirklich der Unterschied? Ich spiele immer SSC - safe im Sinne von so sicher, wie es der gewünschte Spielrahmen zulässt. Sane im im Sinne von geistiger Zurechnungsfähigkeit und gesundem Menschenverstand. Und consensual im Sinne gegenseitigen Einvernehmens zwischen konsenzfähigen Menschen - durchaus auch im Sinne von Metakonsenz.

Alles andere ist für mich der Versuch eine Gegenposition zu schaffen oder abzugrenzen. Im Endffekt hat es aber auch nicht viel mehr Erfolg, wenn ich 50 Auslegungen von zwei Begriffen statt 100 Auslegungen von einem Begriff habe.

Ich stimme auf jeden Fall zu, dass es um verantwortungsbewusstes Handeln geht. Die Label sind nebensächlich und irreführend, da sie jeder anders auslegt. Bei der "vollkommenen Sicherheit" stimme ich nicht zu. Gerade im weiten Feld vom BDSM gibt es so viele Grauzonen und vermeintliche Grenzen. Es spricht für mich eher für Unreflektiertheit, wenn jemand "vollkommen sicher" bezüglich irgendetwas ist.

Lupus
****i2:
Wie seht ihr das?

Ich sehe den Unterschied zwischen SSC und RACK nicht so drastisch, wie es landläufig dargestellt wird.

Betrachten wir es mal etwas objektivierter:
• Consensual steckt in beiden Abkürzungen!
• Sicherheit wird in vielen Bereichen erst durch Risikobewusstsein und bewussten Umgang mit den Risiken erreicht, d.h. auch da sehe ich nur einen graduellen Unterschied zwischen beiden Konzepten.
• Was bleibt ist Sane vs. Kink

Das wiederum ist ein Trend, der nicht unbedingt einmal BDSM-spezifisch ist!
Man muss sich nur mal die Trends in den Fun-Sportarten anschauen, auch da findet man immer mehr Leute, die für den Reiz am Besonderen die Vernunft bereitwillig hinten an stellen.
Wobei der Übergang (genau wie bei verschiedensten Fun-Sportarten) recht fließend ist.
Wichtig erscheint mir nur, in diesem Punkt vorab recht klar zu kommunizieren.
Dumm gelaufen ist's nämlich, wenn sich Sub glaubt, sich auf ein SSC-Spiel einzulassen und keine Einwände gegen Knebeln und Fesseln hat, dann aber im Laufe des Spiels feststellt, dass jetzt der Moment für ein Stopwort gekommen wäre, weil es zu extrem wird.
****i2 Mann
11.691 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
*********Kerl:
"Verantwortungsbewusst" ist als Mindestmass nicht ausreichend und auch zu diffus.

Dass es keine hinreichende Bedingung sein könnte, kommentiere ich gleich. Aber was du offen lässt: Warum sollte das diffus sein? Verantwortung ist ja eigentlich sehr gut definiert. Ich würde es zusammenfassen als: Wenn man etwas tut, dann muss man sicher sein, nach der Tat dahinter stehen zu können. Selbst wenns schiefgeht.

*********Kerl:
Ein wesentliches Kriterium etwa ist die Strafbarkeit/Straffreiheit - und die variiert wiederum je nach Land (UK, CH, DK, D oder gar US).

Finde ich nicht. Weil einerseits weiss man sowieso erst vor dem Richter, ob etwas eine Straftat ist oder nicht. Selbst bei Vanillasex. Und andererseits würde ich ein Gesetz ignorieren, das besagt, dass ich nicht geschlagen werden darf. Es ist ein persönliches Bedürfnis und dieses erfülle ich mir, ganz egal was die Gesetzgebung sagt.

*********Kerl:
Ein weiteres könnte ein Szene-Kodex sein: Doch welche Szene? "Wir Joy-Foren-BDSMler"? Einigen uns nicht mal auf den Begriff BDSM...

Warum? Inwiefern sollten andere ein Recht haben, darüber zu bestimmen, ob meine Bedürfnisse in Ordnung sind? Da sehe ich noch eher eine Legitimation in Verboten durch den Staat, wenn diese z.B. über Freiheitsrechte begründet sind.

**********eaena:
Wo ist also wirklich der Unterschied?

Die beiden S in SSC sind eine absolute Aussage, die nicht so absolut gemeint sind, wie sie oft verstanden werden. Aber leider werden sie häufig so absolut verstanden, wie sie da stehen. RACK ist nichts anderes als eine andere Sichtweise auf die gleiche Sache. Ich finde übrigens auch den Ansatz HHH (Herz, Hirn, Humor) in Ordnung.

Wie du schon sagst, ist eine Abgrenzung zwischen den verschiedenen Modellen mehr Augenwischerei als was anderes. Denn schlussendlich sollten diese Akronyme einfach etwas abbilden, was bereits da war, aber nach wie vor oft missverstanden wird: Menschen, die ihre Bedürfnisse erfüllen.
*****n_N Mann
9.752 Beiträge
****i2:
SSC könnte also auch ein unzutreffendes Gefühl von Sicherheit suggerieren.
Das "könnte" hättest du ruhig rauslassen können...meiner Meinung nach *zwinker*
Auch wenn viele Leute sich "SSC" groß ins Profil oder auf ihre Fahnen schreiben, die wenigsten machen sich bei "normalen" BDSM Praktiken überhaupt Gedanken, welche Folgen es haben könnte und welche Risiken es gibt.
Sie orientieren sich an BDSM-Filme, Sachen die sie mal irgendwo im Internet gelesen haben oder an Dingen die ihre Fantasien hergeben...etc. und das ist dann "SICHER!"
Naja, Ansichtssache...was man so, ab und an, von SSC Anhängern so sieht halte ich nicht zwingend für "sicher"

Nicht das es bei Rack anders währe...
Für mich gibt es aber wenig was "verantwortungsbewusster" sein könnte als zwei Menschen die sagen "Ja, wir stehen auf dieses "extrem" und wir sind uns bewusst das es Risiken gibt, auch wenn wir nicht alle kennen und bedenken können!"
Zudem wäre es auch ehrlicher *ja*

Auch wird oft (eigentlich immer) Rack mit "extremen Praktiken" gleichgesetzt.
Das kann zwar sein, muss aber nicht sein...
Ich kenne zumindest keine sub die vor ihren ersten Griffen an den Hals gefragt wurde, ob in ihrer Familie Probleme mit Aneurysmen gab oder erstmal nen Kernspin hat machen lassen...Warum auch? Ist ja ne normale Praxis und so fest drückt er ja nicht zu...also ist es SSC!
Bondage...ach, so ein bissel fesseln, da passiert ja nix=SSC und doch gibt es immer wieder Gliedmaßen, durch unfachmännisches fesseln, die ohne Gefühl für Wochen und Monate entstehen.
Im Vergleich dazu ist es ungefährlicher (aufgrund der Hitze) jemanden ein Branding zu verpassen...das MUSS aber Rack sein, weil es ja extrem ist...wobei DAS eigentlich SSC ist.

Also lässt sich Lieschen Müller weiter von Alpha Kevin die Brüste abbinden und bunt hauen unter dem Schein von SSC, das in dem Moment des ausleben gab und wundert sich 20 Jahre später über dem Brustkrebs der sicher durchs Rauen und die falsche Ernährung kommt.

****i2:
Wobei ich mich dann frage: Ist es denn überhaupt notwendig, sein Handeln in ein Akronym zu pressen? Sind diese denn nicht eher wichtig für die Aussenwirking?
Wofür sonst sollte man es brauchen?
Für sich selbst braucht das keiner außer er will sich nach außen "verkaufen".

Gute Nacht *wink*
********iebe Mann
10.679 Beiträge
Ich sehe es ähnlich wie der mit dem Seil:
Das wahrscheinlich Einzige, das wirklich wichtig ist, steckt in beiden Begriffen, das ist das große C: Consensual. Freiwillig, einvernehmlich, wie immer man es übersetzen will. Ist das gegeben, kann das Spiel auch ruhig unsicher, unvernünftig (nach wessen Definition?) sein. Es muss nicht einmal risk aware, sich der Risiken bewusst sein, auch wenn das natürlich wünschenswert wäre. Wenn zwei oder mehr Erwachsene (das als einzige Einschränkung) freiwillig und einvernehmlich dabei sind, dann sind sie auch alt genug, eventuelle Folgen zu tragen. Und keiner braucht sich auf den anderen ausreden. Verantwortung tragen auch alle gleichermaßen, weil jede/r die Session, den Sex oder was auch immer abbrechen können muss. Also, selbst bei Abgabe und Verschiebung von Macht und Kontrolle ist das so. Die Hauptsache ist, dass alle (grundsätzlich) freiwillig und gern dabei sind. Alles andere ergibt sich.

Gruß vom Drachen
********iebe Mann
10.679 Beiträge
Gordon:
SSC könnte also auch ein unzutreffendes Gefühl von Sicherheit suggerieren.

Das "könnte" hättest du ruhig rauslassen können...meiner Meinung nach *zwinker*
Auch wenn viele Leute sich "SSC" groß ins Profil oder auf ihre Fahnen schreiben, die wenigsten machen sich bei "normalen" BDSM Praktiken überhaupt Gedanken, welche Folgen es haben könnte und welche Risiken es gibt.


Auch das ist in meinen Augen völlig richtig.
Hätte man mich gefragt, ich hätte immer im Brustton der Überzeugung geantwortet, selbstverständlich spielte ich völlig SSC. Und im Nachhinein stellte sich dann erst heraus (manchmal lange danach), wie wenig von S und S, sogar von C, doch vorhanden war.
Hätte ich mich an RACK orientiert, dann hätte es das Problem vielleicht besser getroffen, aber auch da: ich dachte ja immer, der Risiken bewusst zu sein! Aber das kann man eben nur, wenn man die Risiken auch kennt, und da beißt sich die Katze in den Schwanz. Vanitas vanitatum et omnia vanitas.

Somit kann man diese Begriffe ruhig beiseite lassen. Die gute Absicht macht es in diesem Fall nicht aus.

Gruß vom Drachen
******uja Frau
6.957 Beiträge
********iebe:
Die gute Absicht macht es in diesem Fall nicht aus.

Ist das nicht in etwa das, was du mit "verantwortungsbewusst" meinst, SciFi? Das eigene Handeln so weit wie möglich abzusehen und im besten Wissen und Gewissen zu handeln?

*****.de:
Verantwortung
1. a. [mit einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Stellung verbundene] Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass (innerhalb eines bestimmten Rahmens) alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht
b. Verpflichtung, für etwas Geschehenes einzustehen [und sich zu verantworten]
2. Verantwortungsbewusstsein, -gefühl
3. (veraltet, noch landschaftlich) Rechtfertigung

********iebe Mann
10.679 Beiträge
Ist das nicht in etwa das, was du mit "verantwortungsbewusst" meinst, SciFi? Das eigene Handeln so weit wie möglich abzusehen und im besten Wissen und Gewissen zu handeln?

Auch wenn ich nicht gefragt bin: das habe ich mich natürlich immer bemüht. Dennoch - reicht das wirklich aus um "risk aware" zu sein, das eigene Wissen und Gewissen?
****i2 Mann
11.691 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
********iebe:
Auch wenn ich nicht gefragt bin: das habe ich mich natürlich immer bemüht. Dennoch - reicht das wirklich aus um "risk aware" zu sein, das eigene Wissen und Gewissen?

Zuerst noch eine Metastufe mehr: Ist es sinnvoll, zwanghaft ein Akronym zu erfüllen?

Aber ja, ich denke schon, dass das risk-aware ist. Das Wissen ist notwendig, um die Risiken zu kennen. Und das Gewissen sorgt dafür, dass du dein Wissen erweiterst, sollte es nicht ausreichen, um die Situation zu beurteilen. Allerdings beinhaltet verantwortungsbewusstes Handeln sicher auch gesunden Menschenverstand. Und Erfahrung (diese unterscheidet sich von Wissen).
Man kann sich noch so viele Abkürzungen ans Revers heften gänzlich no Risk ist es nie.

Da müssen sich beide Seiten drüber im klaren sein.

Und auch dieses freiwillig kommt da meiner Meinung nicht immer gut bei weg. Wenn ich zu etwas gezwungen werde, ist es eben nicht mehr freiwillig.
****ei:
Man kann sich noch so viele Abkürzungen ans Revers heften gänzlich no Risk ist es nie.

Das ist zwar nicht falsch, aber auch nicht zielführend.

Grundsätzlich liegt es in der Natur von natürlichen Sprachen, dass die verwendeten Wörter zwar nicht eindeutig definierbar sind, aber trotzdem ein gewisses Grund-Einvernehmen über deren Bedeutung besteht, sodass man sie verwenden kann, um sich über bestimmte Dinge zu verständigen.

Und so ist es eben auch mit SSC und RACK.
Da gibt es eben ein Einvernehmen darüber, dass RACK für die "härtere Gangart" steht, wo der Reiz am Besonderen über die Vernunft gestellt wird.
Inwiefern das dann einer "objektiven Prüfung" standhält und vergleichbar ist, das ist nochmal eine ganz andere Frage, denn letztendlich ist eine Selbst-Einschätzung und Positionierung eines jeden Menschen auch eine sehr subjektive Angelegenheit.
******_13 Frau
16 Beiträge
SSC Rack
Da hat er recht der mit dem Seil.
******Cut Frau
2.959 Beiträge
Jinsei
Und auch dieses freiwillig kommt da meiner Meinung nicht immer gut bei weg. Wenn ich zu etwas gezwungen werde, ist es eben nicht mehr freiwillig.

Darauf würde wohl mancher jetzt schreiben, das es das eben doch ist und entsprechende Argumente anführen.

In der Situation selber aber spielt all das keine Rolle mehr. Denn da reagiert nur noch der Instinkt und dem sind vorherige Vereinbarungen, Regeln, Diskussionen, Definitionen und Ansichten sowas von egal...

Da ist nur der Gedanke an Ausweglosigkeit und manche kickt das eben. Ob das in allen Augen politisch korrekt ist oder nicht. Ob das vernünftig ist oder nicht, ob andere dafür verurteilen, als dumm, doof oder vollkommen imkompetent bewerten..all das spielt da längst keine Rolle mehr.

Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
Und grün des Lebens goldner Baum.
Johann Wolfgang von Goethe
****ei:
Und auch dieses freiwillig kommt da meiner Meinung nicht immer gut bei weg. Wenn ich zu etwas gezwungen werde, ist es eben nicht mehr freiwillig.

Das wiederum ist falsch und auch nicht zielführend!
Wenn ich mein Einverständnis gebe, dass der Andere mich bis auf Widerruf zwingen darf, dann ist das freiwillig! Nennt sich Meta-Konsens, wird zwar gern immer wieder kontrovers diskutiert und von diversen Wort-Akrobaten in Frage gestellt, ist aber formal-juristisch wie auch moralisch völlig einwandfrei!
**********eaena Paar
63 Beiträge
*********Seil:
Wenn ich mein Einverständnis gebe, dass der Andere mich bis auf Widerruf zwingen darf, dann ist das freiwillig! Nennt sich Meta-Konsens, wird zwar gern immer wieder kontrovers diskutiert und von diversen Wort-Akrobaten in Frage gestellt, ist aber formal-juristisch wie auch moralisch völlig einwandfrei!

Die Definition von Metakonsens schließt explizit die Möglichkeit des Widerrufs in der angestrebten Situation aus. Wenn jederzeit widerrufen werden kann herrscht kein echter Zwang vor. Der Metakonsens fängt an, wenn eine Person für (spezielle) zukünfige Ereignisse einen Konsenz ausspricht, der während des Ereignis möglicherweise nicht mehr vorliegt. Mit Safeword und Abbruchmöglichkeit ist jederzeit Einwilligung vorhanden - sonst würde die passive Person abbrechen (lassen wir Subspace und andere geistige Zustände, die den Widerspruch erschweren, mal außen vor).

Und genau hier fangen die rechtlichen und moralischen Probleme an. Es gibt in Deutschland kein gesetzliches Konstrukt des Metakonsens, folglich sind entsprechende Handlungen ohne Einwilligung und strafbar (wo kein Kläger, da kein Richter. Aber es kann dünnes Eis sein). Moralisch ist ein anderes Thema, das man vermutlich beliebig lange diskutieren kann.

Für mich fällt Metakonsens aber auch unter das C von SSC oder RACK. Es ist Konsens - wenn auch in einer speziellen Form.

Ein anders interessantes Konzept ist übrigens 4C: Consent, Communication, Caring, Caution. Ich mag den Aspekt Caution - impliziert das Risikobewusstsein, ohne von medizinischer Sicherheit zu sprechen.

Lupus
****i2 Mann
11.691 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
Oh, diese Frage ist mir auch schon länger durch den Kopf und war gestern beim Formulieren des Posts auch wieder da. Allerdings dachte ich, das ist was für eine separate Diskussion. Daher habe ich gestern noch diesen Thread in einer Gruppe eröffnet:

BDSM für Anfänger: Die Sache mit der Einvernehmlichkeit

**********eaena:
Die Definition von Metakonsens schließt explizit die Möglichkeit des Widerrufs in der angestrebten Situation aus. Wenn jederzeit widerrufen werden kann herrscht kein echter Zwang vor.

Ja, so sehe ich es auch.


**********eaena:
Mit Safeword und Abbruchmöglichkeit ist jederzeit Einwilligung vorhanden - sonst würde die passive Person abbrechen (lassen wir Subspace und andere geistige Zustände, die den Widerspruch erschweren, mal außen vor).

Es gibt auch Situationen, wo man gar nicht wiederrufen könnte, selbst wenn man es will (z.B. wenn man geknebelt ist). Ausserdem arbeiten manche auch ohne Safeword.

**********eaena:
Moralisch ist ein anderes Thema, das man vermutlich beliebig lange diskutieren kann.

Ich finde, es ist aus ethischen Überlegungen heraus immer in Ordnung, wenn Sub das Einverständnis klar äussert und auch wirklich so meint. Es ist legitim, wenn Top dann bis zum Ende vom Einverständnis ausgeht und die Sache durchzieht (sprich: den Metakonsens annimmt). Da muss man eben vorsichtig sein, was man sich wünscht.

Dass dann irgendeine Moral im Weg stehen kann, mag sein. Aber das ist irrelevant. Denn wenn es das nicht wäre, müsste man auch auf Sex vor der Ehe verzichten.

**********eaena:
Für mich fällt Metakonsens aber auch unter das C von SSC oder RACK. Es ist Konsens - wenn auch in einer speziellen Form.

Für mich gibt es sogar keine andere Option als dass damit Metakonsens gemeint ist. Ansonsten dürfte ich ja nie geknebelt sein, wenn ich geschlagen werde. Und ich müsste zwingend ein Safeword haben. Das wäre ja doof.
****tia Frau
1.994 Beiträge
Entweder hat man Hirn oder nicht,die ganzen Begrifflichkeiten sind alles nur Orientierungshilfen,nicht mehr und nicht weniger.Man kann beim Akteur auch nur vorm Kopf schauen und nicht hinein und ob dieser dann verantwortungsbewusst handelt,davon geht man einfach mal aus,eine Garantie gibt es dafür jedoch nicht.Zwischendurch die Situation abfragen halte ich für sinnvoll,sofern Top es nicht schafft die Körpersprache richtig zu deuten.
********iebe Mann
10.679 Beiträge
SciFi:
Zuerst noch eine Metastufe mehr: Ist es sinnvoll, zwanghaft ein Akronym zu erfüllen?

Ich denke, das sind zwei Fragen. Das Akronym symbolisiert ja on Kurzform einen längeren Begriff, den man nur nicht jedes Mal in der Langform aussprechen oder -schreiben möchte.
Ob man sich nun "zwanghaft" daran halten möchte oder ihn freier interpretieren, bleibt jedem selber überlassen. Grundsätzlich schadet es ja nicht, eine gemeinsame Terminologie zu haben, das erleichtert die Kommunikation. Aber man sieht ja an der Diskussion über die Einvernehmlichkeit, wie schwierig das schon vom Semantischen her ist, von der inhaltlichen Umsetzung ganz abgesehen.

Aber ja, ich denke schon, dass das risk-aware ist. Das Wissen ist notwendig, um die Risiken zu kennen. Und das Gewissen sorgt dafür, dass du dein Wissen erweiterst, sollte es nicht ausreichen, um die Situation zu beurteilen. Allerdings beinhaltet verantwortungsbewusstes Handeln sicher auch gesunden Menschenverstand. Und Erfahrung (diese unterscheidet sich von Wissen).

Ich weiß nicht, ob das allein schon ausreicht. Theoretisch würde auch ein blutiger Anfänger (der wir ja alle einmal waren) mit Wissen fast Null darunter fallen, wenn er nur Lernbereitschaft mitbringt. Wieviel Wissen über Risiken braucht man, um risk-aware sein zu können? Spannende Frage!
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