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Wieviel Moral braucht der Reiz des Verbotenen?

Wieviel Moral braucht der Reiz des Verbotenen?
Wie frei von den oft verpönten Moralvorstellungen ist man eigentlich selbst, wenn man immer betont, dass der Reiz gerade im Verbotenen liegt?

Geht es bei der Moraldiskussion wirklich darum, alte Moralvorstellungen als überflüssig zu erkennen oder einfach nur darum, sich drüber hinwegzusetzen, etwas zu tun, obwohl es verboten ist?

Ich finde, darin liegt ein Widerspruch.

Wenn jemand wirklich frei ist von diesen Moralvorstellungen, dann kann der Reiz einer bestimmten Sexualpraktik ja nicht mehr aus dem "Verbotenen" kommen. Bzw. wenn es gar keine Moral mehr gäbe, wären dann einige Praktiken immer noch genauso reizvoll?

Auf der einen Seite liest man oft, dass diese Moralvorstellungen hinderlich seien und einen unfrei machen. Auf der anderen Seite sagen oft genau die Menschen, die für die Abschaffung der Moral plädieren, dass das "Verbotene" für sie so reizvoll ist.

Sind also die, die gern "Verbotenes" machen, nicht genauso in alten Moralvorstellungen verhaftet, wie die, die es aus Moralgründen ablehnen?
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
Ums vorweg zu nehmen: Nein, wer gerne Verbotenes tut ist keineswegs automatisch selbst in den dahinter stehenden Moralvorstellungen verhaftet. Denn ich sehe da keinen Widerspruch.

In meinen Augen machst du einen Denkfehler: du trennst nicht zwischen der Sicht der Person, die vorsätzlich etwas "Verbotenes" tut und der Sicht derjenigen Menschen, die diese Handlung als unmoralisch ansehen.

Das ist eine wichtige Unterscheidung, denn Moral ist subjektiv. Wer entgegen der Moral einer anderen Person handelt teilt diese konkrete Moralvorstellung ja offenbar nicht. Daher handelt die Person aus ihrem eigenen Standpunkt heraus korrekt.

Wenn ich also etwas Verbotenes tue, weil es verboten ist, dann anerkenne ich erst einmal nur, dass diese Tat aus der Sicht von jemand anderem falsch ist. Selber habe ich normalerweise eine davon abweichende Auffassung. Schwierig wird es da übrigens, wenn ich in einer Gesellschaft lebe, wo ich für die Moralvorstellungen anderer bestraft werde. Das passiert in freiheitlichen Demokratien wie bei uns eher selten. In der arabischen Welt hingegen ist das sehr ausgeprägt.

Was dabei aber nicht ausgeschlossen ist: Es kann natürlich sein, dass man aus einer bestimmten Situation heraus entgegen den eigenen Moralvorstellungen handelt. Z.B. bei Handlungen im Affekt. Oder wenn man ein bestimmtes Ziel als höher gewichtet - wozu durchaus auch zählen kann, dass man was Verbotenes tun will. Aber das ist wohl eher die Ausnahme. Oder irre ich mich da?
*******ust Paar
5.821 Beiträge
der Reiz des Verbotenen
ist nur ein Reiz für die Moralisten,
sie verlegen damit ihre Grenzen
und das ist doch gut so.

Wer kein Moralist ist,
tut auch nichts verbotenes.
Und ganz ehrlich:
Uns reizt nicht das Verbotene,
uns reizen die neuen Erfahrungen
und die können wir herrlich geniessen,
auch ohne das Gefühl,
etwas Verbotenes zu tun.
*******ust:
der Reiz des Verbotenen
ist nur ein Reiz für die Moralisten,

Genau das ist meine These.

****i2:
Wer entgegen der Moral einer anderen Person handelt teilt diese konkrete Moralvorstellung ja offenbar nicht. Daher handelt die Person aus ihrem eigenen Standpunkt heraus korrekt.

Und der, der aus seiner Sicht korrekt handelt, erklärt einen Atemzug später, dass dies ganz besonders reizvoll ist? Hier sehe ich einen Widerspruch.
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
****he:
Und der, der aus seiner Sicht korrekt handelt, erklärt einen Atemzug später, dass dies ganz besonders reizvoll ist? Hier sehe ich einen Widerspruch.

Es kommt wohl sehr stark auf die Motivation an. Wenn ich etwas aus gesellschaftlicher Sicht Verbotenes tue, kann ich damit auch einfach nur provozieren oder rebellieren wollen (das passiert z.B. andauernd mit neuen Musikstilen). Also mich damit auch von der Gesellschaft distanzieren. Oder im Fall des tiefen Niveaus kann ich mich einfach daran erfreuen, wie sich jemand aufregt weil ich unmoralisch handle. In all diesen Fällen ist es aufregend, etwas Verbotenes zu tun. Und ich sehe nicht, inwiefern daraus gefolgert werden kann, dass hier insgeheim dennoch die angegriffenen Moralvorstellungen akzeptiert werden. Dagegen spricht übrigens auch, dass aufgrund solcher Gruppierungen manchmal auch tatsächlich Anpassungen der gesellschaftlichen Sicht resultieren.
In der Regel bekommt es aber doch niemand mit, welche Art Sexpraktik einer im Schlafzimmer ausübt. Da erkenne ich keine Abgrenzung und Provokation.
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
Dass es bei manchen nur im Schlafzimmer passiert, ist hingegen ein guter Punkt - da muss ich dir Recht geben. Aber auch hier fällt mir auf Anhieb eine Motivation ein: Wenn man selber überzeugt ist, eine bestimmte Handlung ist richtig und überhaupt nicht moralisch verwerflich, hat man sie vielleicht dennoch noch nie getan. Vielleicht weil bisher alle PartnerInnen der Moralvorstellung verfallen waren. Wenn sich dann die Gelegenheit ergibt, ist es doch reizvoll, es endlich mal zu tun.

Vielleicht ist ja der Drang, was verbotenes zu tun, im Grunde auch einfach nur der Drang, etwas neues zu erleben und in unbekannte Gewässer vorzudringen?
Mond 1
*******f_56 Mann
17.512 Beiträge
..... dass das "Verbotene" für sie so reizvoll ist.
An was Verbotenes denkt ihr denn da..?
Nur an Dinge die von der Moralvostellung her "verboten" sind..?
Ich setzte mal voraus dass das gemeint ist, denn sonst kommen wir schnell in den Bereich des Gesetzlich Verbotenen. Da gibt es klare gesetzliche Regelungen, aber auch sehr schwammige.

....

Habt ihr vll Beispiele an was ihr denkt, wenn ihr von "Verbotenen" hier schreibt..?
Fände ich gut zu wissen,denn dann weiss ich um was es genau geht.

Lg

edit Mod sandra42
****he:
Wie frei von den oft verpönten Moralvorstellungen ist man eigentlich selbst, wenn man immer betont, dass der Reiz gerade im Verbotenen liegt?

Geht es bei der Moraldiskussion wirklich darum, alte Moralvorstellungen als überflüssig zu erkennen oder einfach nur darum, sich drüber hinwegzusetzen, etwas zu tun, obwohl es verboten ist?

Ich finde, darin liegt ein Widerspruch.

Jene Antimoralapostel, die du da beschreibst, kann ich auch nicht ernst nehmen. Ich denke, du hast deren Widersprüchlichkeit treffend beschrieben *top*


Mein eigenes Moralempfinden und meine persönliche Lust am Tabubruch verhalten sich aber ganz anders. Ich kenne sowohl den Kick des "Unmoralischen" als auch die befreite Lust durch Fallenlassen von Tabus.

Der Kick des Unmoralischen besteht darin, dass mir die gängigen Moralvorstellungen durchaus auch anerzogen und verinnerlicht sind, ich sie aber bewusst und mit gutem Gewissen übertreten kann, und es mir ein gewisses diebisches Vergnügen bereitet, Dinge zu tun, die für den größten Teil der Menschen die ich kenne unvorstellbar sind.
Ich würde nie dafür eintreten, dass das jeder so sehen sollte, und nie darüber schimpfen, dass andere diese Tabus aufrecht erhalten.

Das Fallenlassen von Tabus dagegen bedeutet für mich, von unnötiger Scham und Angst befreit zu sein oder auch entspannt genießen zu können, was völlig überflüssigerweise tabuisiert ist, wie z.B. Nackheit oder gleichgeschlechtlicher Sex.



Moralisch tatsächlich verwerflich finde ich alles, womit Menschen sich selbst oder anderen Kummer oder sonstigen Schaden bereiten, wie Fremdgehen, Benutzen von Menschen, emotionales Abstumpfen, oder exhibitionistische Handlungen die andere beschämen oder schockieren.
*****a42 Frau
13.557 Beiträge
JOY-Angels 
Ich möchte hier ausgegebenem Anlass auf unsere Tabus im JOYclub hinweisen.

Bitte beachtet, dass diese hier nicht thematisiert werden dürfen!
Man kann trotzdem sehr gut differenzieren und diskutieren!

http://www.joyclub.de/hilfe/2955.spielregeln.html#regeln_fuer_inhalte

*danke*
sandra42
JOY Team
****on Mann
16.223 Beiträge
Der Reiz des Gelernten
Ich glaube, Sexualität ist sehr abhängig von Prägungen. So, wie Konrad Lorenz' Gänse nach dem Schlüpfen auf ihn oder einen Fußball als Mutter geprägt wurden, so werden Menschen offenbar geprägt in ihrer Sexualität. Begleitet das Erwachen der Geschlechtsempfindungen die kirchliche Sündenmoral, wird gerade diese dadurch heiß. Mensch wird dabei auf "Sünde" geprägt - nicht umsonst ist die Hölle in vielen Fantasien ein riesiger, überheizter Swingerclub.

Die Sünde bleibt selbst dann ein Geschmacksverschärfer, wenn der wahre Glaube an sie verloren gegangen ist. Der Widerspruch zwischen Freiheit von Sexualmoral auf der einen Seite, und dem teilweisen Angewiesensein auf die Sünde als Aufpimper der Geilheit ist, vermute ich, nur ein Scheinwiderspruch. Die beiden Aspekte befinden sich auf unterschiedlichen Ebenen: Die eigene moderne Haltung, in der Sünde keine Rolle spielt ist ethisch-intellektuell. Die Prägung auf Sünde ist ein paar Etagen tiefer angesiedelt, nicht erreichbar vom Denken an sich. Beide Aspekte können daher nicht zusammenprallen.

Man kann Veganer sein, und trotzdem von Nachbars fleischbepacktem Grill angeleckert werden. Die Haltung wird vom Geschmack nicht berührt - unterschiedliche Ebenen.
******uja Frau
6.956 Beiträge
Ich stimme dahingehend mit SciFi2 überein, dass zwischen den eigenen Moralvorstellungen und denen der umgebenden Gesellschaft unterschieden werden muss.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob wirklich das der Knackpunkt dabei ist. *nachdenk*

Ich habe beides schon getan:

Zum einen Dinge, die zwar den gängigen Moralvorstellungen zuwiderlaufen, aber für alle direkt und indirekt Beteiligten (soweit ich das absehen konnte) völlig OK waren. Was hier den "Reiz des Verbotenen" ausmacht, ist m. M. n. erstens der Reiz des Nicht-Alltäglichen bzw. der Kick an sich, und zweitens der Gedanke des "Wenn die wüssten …" im Nachhinein.

Und zum anderen Dinge, die auch meinen eigenen Moralvorstellungen eigentlich zuwiderlaufen. Was hier ausschlaggebend war, war die Tatsache, dass die Versuchung dermaßen groß war, dass ich tatsächlich dazu bereit war, entgegen meinen Idealen zu handeln. Entsprechend war natürlich auch der Kick enorm, und der Adrenalinspiegel dürfte durch die echte Angst, erwischt zu werden, eher noch steigen.

Für mich sind das zwei ganz verschiedene Paar Stiefel!
*****lnd Mann
27.765 Beiträge
Zu dem Thema
gibt es ein schönes Buch (ca 1970 erschienen): "Die Gesellschaft und das Böse" Arno Plack dröselt darin auf, welche zweifelhaften Dienste Moral für die Gesellschaft bietet. Ausschlaggebend, um Menschen regierbar zu machen, sei, die Anforderungen der Moral so hoch zu setzen, dass es praktisch unmöglich wird, ein moralisch einwandfreier Mensch zu bleiben. Das schafft schlechtes Gewissen und damit ist man beherrschbar (erpressbar) geworden.

Im Hinblick auf die FSK ist ganz besonderes Augenmerk auf den Unterschied zwischen Freigaben für sexuelle und denen für gewaltbetonte Freigaben zu richten.

Für mich gilt, dass mein Gewissen mein Wächter ist. Und das schließt aus, dass einem anderen Menschen von mir Schaden zugefügt wird, der das nicht ausdrücklich möchte. Sein Wollen hebelt allerdings mein eigenes Gewissen und meine Tabus nicht aus.
****on Mann
16.223 Beiträge
Familienmoral
Den Reiz des Verbotenen, den Appeal des Sündigen verspüre ich nicht, habe dies auch nie zuvor getan. Ich entstamme einer technokratischen, religionsfernen Familie und konnte kein Gefühl für Sexualmoral entwickeln. Erlaubt ist alles, was keine Schäden verursacht, das ist die einzige Moral, von der ich erfahren habe. (Entsprechend exotisch wirkte die komplexe Sexualmoral auf mich, die in der Mitschülerschaft sichtbar wurde.)

Ich habe Respekt vor denen, die mit Sexualmoral geprägt wurden und es schaffen, sich darüber hinwegzusetzen. Wenn diese unterschwellig von ihrer Prägung weiter geplagt werden, so zeigt es nur, welcher Power es bedarf, sich zu befreien. Die so entstehenden inneren Widersprüche sind Ehrennarben.
****on:
Die eigene moderne Haltung, in der Sünde keine Rolle spielt ist ethisch-intellektuell. Die Prägung auf Sünde ist ein paar Etagen tiefer angesiedelt, nicht erreichbar vom Denken an sich. Beide Aspekte können daher nicht zusammenprallen.

Das glaube ich nicht. Bzw. hast du vielleicht recht, dass dieses Vergrabene vom Denken nicht erreichbar ist. Andersrum aber erreicht und beeinflusst das Unbewusste unser Denken und Handeln sehr wohl. Je tiefer etwas in uns vergraben ist, desto weniger können wir es überhaupt erkennen.

****on:
Man kann Veganer sein, und trotzdem von Nachbars fleischbepacktem Grill angeleckert werden. Die Haltung wird vom Geschmack nicht berührt - unterschiedliche Ebenen.

Was diesen Vergleich hinken lässt, ist dass der Veganer keinen Kick erlebt, weder wenn er Fleisch isst, noch wenn er drauf verzichtet. Ich finde dieses sexuelle Trigger-/Belohnungssystem so verräterisch. Für mich ist es immer der Wegweiser zu teilweise sehr tief vergrabenen Überzeugungen, die einen immens großen Einfluss auf unser Bewusstsein haben.
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
****he:
Für mich ist es immer der Wegweiser zu teilweise sehr tief vergrabenen Überzeugungen, die einen immens großen Einfluss auf unser Bewusstsein haben.

Ich glaube, wir sehn das ähnlich. Für mich ist dieses Versteckte aber nicht zwingend ein moralisches Wertesystem. Das ist vielleicht der Grund für die unterschiedlichen Sichtweisen?
****i2:
Für mich ist dieses Versteckte aber nicht zwingend ein moralisches Wertesystem.

Da stimme ich dir zu. Ich fühle mich selbst gefangen in irgendwelchen unbewussten Überzeugungen. So richtig deutlich geworden ist es mir erst in den letzten Jahren ganz besonders beim Sex. Es sind Wertvorstellungen, die meine ganz eigene Moral bilden. Sie hat nichts mit religiösen Themen zu tun. Sie ist auch sehr wenig von äußeren Maßstäben geprägt. Ich habe sie mir selbst erschaffen.

Es ist aber so, dass ich in irgendeiner Form an sie glaube. Auch wenn ich mir ihre Unsinnigkeit bewusst mache, kann ich sie nicht einfach auflösen. Und witzigerweise verschaffen mir diese Themen beim Sex einen besonderen Kick.
*****lnd Mann
27.765 Beiträge
Interessant
ist immer die Fehleinschätzung von Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ohne die Hintergründe der betreffenden Religion zu kennen. Immer wieder wird zum Beispiel behauptet, wir Katholiken seien die moralinsauersten Christen. Aber Karneval ist eine katholische Erfindung, die Beichte eröffnete ohnehin stets neue Möglichkeiten. Im Landkreis hier gibt es einen Ort, der von einer protestantischen Sekte dominiert wird, da ist es ähnlich wie in den USA. Ich war gerade in Istanbul, konnte, da die Zahl der eigentlichen Touristen zurückgegangen war, im Hotel und Restaurants und bei Besichtigungen mit privaten Führern auch dort sehen, dass Glaube nicht gleich Glaube ist, weiß das allerdings den Islam betreffend, seit die ersten mohammedanischen Gastarbeiter hier ankamen und ich beruflich ständig mit ihnen zu tun hatte.

Ich hüte mich davor, aus Einzelfällen, die mir in Medien gezeigt werden, aus einzelnen Menschen, die ich kenne, Rückschlüsse auf eine ganze Menschengruppe zu ziehen. Wer mich oberflächlich kennt, würde mich nie für einen Katholiken halten. Denn das ist es, was oft übersehen wird: Zwar gibt es auch Menschen, die den Vorgaben ihrer Kirchen (nicht Religion!) blind folgen, den Eindruck vermitteln, Denken sei ihnen verboten, aber ich kenne eigentlich nur Menschen, die sich mit ihrer Religion intensiv auseinandergesetzt haben und dann für sich eine Entscheidung fällten, bleibe ich oder gehe ich. Wenn ich bleibe, was mache ich dann daraus? An wem orientiere ich mich? An den Vorgaben von Priestern/Vorbetern/Predigern oder doch lieber radikal , also an der Wurzel (bei mir Jesus). Es ist dort schwierig oder gar unmöglich, wo Religion und Staat verschmolzen sind (was für die Türkei seit Ata Türk nicht galt, aber jetzt wohl wieder in Gang gesetzt werden soll).

Wir haben in Europa die Möglichkeit, vorzuleben, dass Religionsfreiheit funktionieren kann. Es gibt diese uralte Parabel, die Lessing in "Nathan der Weise" aufgriff, die mit den drei Ringen (Christentum, Judentum, Islam). Es gibt ein Original, aber zwei Duplikate. Jeder der Söhne erhält einen der Ringe, aber wer hat nun den echten? Man kann das natürlich auf alle Religionen erweitern. Indem ich aber glaube, den richtigen Ring zu haben, muss ich einräumen, dass die Anderen ihn auch haben könnten. Menschen sind wir alle- und wenn mir das mit den Ringen bewusst bleibt, darf es für mich keinen Grund geben, andere Menschen wegen ihres Glaubens (oder Unglaubens, denn auch die Religionslosen könnten den richtigen Ring haben) zu verfolgen. Das ist meine Moral, ausgedrückt mit (auf Hochdeutsch übersetzt) "Leben und leben lassen".
****on Mann
16.223 Beiträge
Prägung plus Glaubenssätze
@****he

Ich zitier jetzt nicht, aber ich habe dich verstanden, glaube ich. Ja, neben der sexuellen Prägung, die ich angesprochen hatte, gibt es noch den komplexen Apparat aus mehr oder weniger unbewussten Glaubenssätzen, ohne die mensch vermutlich nicht auskommt. Glaubenssätze sind Wegweiser, die vor Komplexität schützen, aber eben nicht wirklich zutreffen.

Ist bei mir seit einiger Zeit ein großes Thema, und ich habe das Gefühl, schon einige Glaubenssätze aktiv losgeworden zu sein. Indem ich sie genau betrachtet habe, und ihr Wirken am offenen Herzen verfolgt. Dadurch erlebe ich sie nicht nicht mehr nur als ihr Ihnen Unterworfener, sondern auch als distanzierter Beobachter von oben. "Ach schau, jetzt denke ich automatisch wieder dies oder jenes, und außer dem Glauben daran habe ich keinen Beleg für dieses Denken." Sie haben dadurch ihre Kraft verloren.

Der Kick hingegen, der scheint mir ein Produkt der oben erwähnten sexuellen Prägung zu sein.
*****lnd Mann
27.765 Beiträge
Inzwischen
hatte ich einen Nachtrag geschrieben, der leider verschwunden ist.

Man wird von Anfang an von Verboten eingekreist und konditioniert. Mit der Pubertät wurde mir verdeutlicht, wie schlimm die Selbstbefleckung sei und die Mutter achtete darauf, dass die Hände auf der Bettdecke blieben, keine zweifelhafte Bildchen angeguckt wurden. Aber die Hormone sorgten stets dafür, dass man die Verbote umging, sie waren einfach stärker. Fragte das Denken noch "Darf ich das?" taten es die Hände schon.

Im Lauf der Zeit war klar, dass es da oben überm Tellerrand viel zu entdecken gab- und je verbotener etwas schien, desto eher wollte ich wissen, was passiert, wenn ich es erforsche. Das Verbotene wurde zum Antrieb, weil es musste ja einen Grund geben, dass es verboten wurde. Und nun blicke ich zurück auf jede Menge interessanter Eindrücke und bin mir bewusst, dass man mich im Grund nur nicht zügellos werden lassen wollte. Manchen Menschen dünkt Zügellosigkeit wie Chaos, wehe, wenn sie losgelassen.... Man gönnt ihnen nichts, wozu man selber sich nicht traut.
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
*****lnd:
Ich hüte mich davor, aus Einzelfällen, die mir in Medien gezeigt werden, aus einzelnen Menschen, die ich kenne, Rückschlüsse auf eine ganze Menschengruppe zu ziehen.

Das ist sehr wichtig und sehr gut.

*****lnd:
Zwar gibt es auch Menschen, die den Vorgaben ihrer Kirchen (nicht Religion!) blind folgen, den Eindruck vermitteln, Denken sei ihnen verboten, aber ich kenne eigentlich nur Menschen, die sich mit ihrer Religion intensiv auseinandergesetzt haben und dann für sich eine Entscheidung fällten

Das hoffe ich doch. Es wäre schlimm, würden die Menschen ihre Religion exakt so ausleben, wie es im "Moralspender" (bei den Christen die Bibel) steht. Denn diese Ansichten sind uralt und daher nicht zeitgemäss. Es ist nur logisch, dass ein moderner Mensch diese auch modern auffasst - und teilweise ignoriert.

Als Atheist bin ich überzeugter Humanist und bevorzuge daher eigene ethische Überlegungen. Und bin sehr froh, dass dies auch viele Gläubige so tun.

Einmal mehr ist das übrigens ein Beispiel dafür, dass etwas Verbotenes zu tun in der Tat auch bedeuten kann, dass man die betroffene Moralvorstellung ablehnt. Das Wissen, selbst gedacht zu haben und die Freiheit zu fühlen, nicht an diese vermeintlich gottgegebene aber sinnlose Regel gebunden zu sein, kann doch auch ein Kick sein. Oder etwa nicht?
****on Mann
16.223 Beiträge
Hände auf der Bettdecke
*****lnd:
Man wird von Anfang an von Verboten eingekreist und konditioniert. Mit der Pubertät wurde mir verdeutlicht, wie schlimm die Selbstbefleckung sei und die Mutter achtete darauf, dass die Hände auf der Bettdecke blieben, keine zweifelhafte Bildchen angeguckt wurden.

Das ist, wie ich finde, ein gutes Beispiel, was an Kindern verbrochen wurde, und sowas löst gleich zwei Folgen aus: Zum einen wird Lust jedesmal mit Verboten und ihrem Übertreten assoziert - Verbote, das Verbotene tun und die Gefahr des Erwischtwerdens bekommen eine lustvolle Konotation, die sich tief einprägt. Zum anderen werden diese ursprünglich von der Kirche erfundenen Tabus zu Glaubenssätzen, die sogar Eltern weitergegeben haben, die mit der Kirche nichts am Hut haben.

Und heute werden sie zu Glaubenssätzen, die intensiv abgelehnt werden und beispielsweise Chuck Spezzano zufolge gerade deshalb ihre unterminierende Kraft behalten. Spezzano empfiehlt, diese Glaubenssätze zu neutralisieren, indem sie als Bestandteil des eigenen Glaubenssystems liebevoll angenommen werden. Gute Idee, wie ich finde.
*****lnd Mann
27.765 Beiträge
Irrtum
wie es im "Moralspender" (bei den Christen die Bibel)

was mich betrifft: für mich zählt nur das Neue Testament, das Alte ist nur die Kulisse zum Neuen.

Entsetzlich finde ich, dass man in manchen Gegenden der Welt so viel Angst vor der Wirkung der Hormone hat, dass man sie nicht nur zu unterdrücken sucht, sondern sogar mit grausamen Strafen ahndet. Würden Menschen dieser Zonen denken, dass auch Hormone gottgegeben sind, könnten sie diese niemals verdammen. Sie pfuschen Gott/der Natur ins Handwerk.

Was mich an der Themenstellung irritiert, ist das Wort Moral, ich würde es durch Ethik ersetzen. Bei Moral, denke ich zum Beispiel an Fußballspieler, die den eigenen Schweinehund hinter sich lassend die Zähne zusammenbeißen, um ein Spiel doch noch für sich zu entscheiden.
*****011 Frau
2.467 Beiträge
Moral und Ethik
Eigentlich bedeuten beide Worte dasselbe, nur einmal lateinischen und einmal griechischen Ursprungs, nämlich ein wie auch immer gefülltes Wertesystem und das daraus folgende Handeln. Nur ist Moral bei vielen mit moralinsauer konnotiert, und die bevorzugen dann Ethik.
*klugscheisser* -Einwurf zu Ende.
****i2 Mann
11.686 Beiträge
JOY-Team 
Du meinst wohl eher Ethos?

Ich erlaube mir, Wikipedia zu zitieren, denn dies ist ja eine zentraler Punkt um die Frage der TE diskutieren zu können [1]:

Moral beschrieb ursprünglich vor allem, wie Menschen faktisch handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet wird bzw. für richtig gehalten wird. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt einer Moral wird auch als Sittlichkeit oder Ethos bezeichnet und umfasst „regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen“, ohne dass die rationale oder moraltheoretische Rechtfertigung derselben beurteilt oder bewertet wird. Eine solche Beurteilung wird als „Reflexionstheorie der Moral“, oder „Ethik“ bezeichnet.

Ich will gar nicht die genaue Definition diskutieren - denn eigentlich gehts mir nur darum, klarzustellen, was ich gemeint habe. Also so wie du es beschreibst ist es eben nicht. Wenn man betont, ethisch zu handeln, dann meint man damit, dass man reflektiert hat vor der Handlung. Wenn man hingegen moralisch handelt, kann das auch unreflektiert sein - man kanns einfach tun, weil mans halt (vermeintlich) so tut. Gerade im Kontext von Religionen und deren Einfluss auf die Sexualität ist das ein wichtiger Punkt. Wenn man ein keuschheitsgelübde ablegt, dann handelt man in der Regel wohl moralisch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand aus ethischen Überlegungen zum Schluss kommen kann: Es ist falsch, vor der Ehe Sex zu haben.

[1] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Moral
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