Das Schöne an Beziehungen ist doch, dass man sich alles sagen kann und gegenseitig unterstützt. Und mit alles meine ich alles - es besteht ja ein Vertrauensverhältnis, das den Unterschied zwischen einer einfachen Freundschaft und der Partnerschaft überhaupt erst ausmacht. Ehrlichkeit und Offenheit ist für mich sehr wichtig, weshalb ich meinen Partnerinnen auch alles erzähle, was mir auf dem Herzen liegt. Im Gegenzug erwarte ich aber auch, dass sie das gleiche tun. Anders kommts doch früher oder später zu unnötigen Konflikten.
*****ann:
Was denkt ihr, wie es sein kann, dass in der heutigen Zeit, in der der Zugang zum Thema Sex und deren Auslebung überall greifbar ist, es immer noch (erwachsene) Menschen gibt, die Hemmungen haben, dies mit ihrem Partner verbal zu erörtern?
Ich muss gestehen, dass ich ganz am Anfang auch Probleme damit hatte, meinen Partnerinnen zu erzählen, dass ich z.B. auf Füsse, Schläge und gefesselt sein stehe. Allerdings war der Grund dafür, dass ich damals noch dachte, ich sei krank oder zumindest abnormal. Und selber versuchte, diese Vorlieben zu verdrängen. Seit ich diese Bedürfnisse als Teil von mir zulasse, habe ich dieses Problem nicht mehr.
Eine weitere Erklärungsmöglichkeit ist die heuchlerische Doppelmoral, die tagtäglich gelebt wird. Einerseits müsste allen klar sein, dass die Milliardenumsätze der Pornoindustrie bestimmt nicht von ein paar wenigen "Perversen" kommen. Dann ist da noch die Werbung, die von sexistischen Inhalten regelrecht überschwemmt wird. Nackte Haut überall.
Und parallel dazu wird bei allen möglichen Situationen so getan, als ob die Sexualität eine Nebensache ist, über die man besser nicht redet. Weil man halt einfach nicht darüber redet. Menschen verlieren ihren Job oder ihr Amt, wenn herauskommt, dass sie zu denen gehören, die ein freizügiges Sexleben haben. Die also das tun, was diejenigen, die am lautesten schreien, wohl jeden Abend in ihrem Kopf abspielen, wenn sie ihren Lieblingsporno gucken. Genau den Porno, den sie verurteilen würden, würden sie öffentlich nach ihrer Meinung gefragt.
Natürlich ist das überspitzt beschrieben. Aber diese Doppelmoral existiert und wird uns tagtäglich suggeriert. Wir werden dazu konditioniert, dass es normal ist, nackte Haut zu sehen. Dass es normal ist, klassischen Sex zu haben. Was aber über Monogamie und allenfalls Oralsex hinaus geht, das ist mit einer gewissen "iiih-Haltung" verbunden. Es wird drüber gelacht. Und es wird genuschelt.
Mich erstaunt es nicht, wenn daraus eine gewisse Zurückhaltung entsteht.
****ot2:
Eines der Hemmungen könnte natürlich sein, dass man seinen Partner/seine Partnerin nicht unnötig emotional verletzen möchte.
Wenn ich meine Partnerin emotional verletze, wenn ich ihr meine innersten Bedürfnisse offenbare, dann ist es die falsche für mich. Ich lege das daher auch von Anfang an offen. Es ist sehr wichtig, dass man gerade sexuelle Bedürfnisse ehrlich kommuniziert, wenn die Beziehung Bestand haben soll. Dazu gehört z.B. auch die gewünschte Beziehungsform (monogam, offen, polyamor, ...).
*******rlin:
Aber mit Sex hat das alles gar nichts zu tun. Es ist in allen Bereichen so und keiner Diskussion wert.
Kommunikation ist eines der spannendsten Dinge überhaupt. Ich finde dieses Thema sehr interessant und bedanke mich beim TE dafür. So unterschiedlich können Meinungen sein :).