Ich hab nun lange über diese Frage nachgedacht.
Vielleicht liegt es unter anderem daran, wie autenthisch und nah bei sich selbst man überhaupt ist, nicht nur in Bezug auf das Thema Sex.
Die spontane Antwort der meisten wird sein, ich bin wie ich bin / ich verstelle mich nicht / ich bin immer echt usw.
Klar, ist wünschenswert, aber wie realistisch ist das? Haben nicht fast alle ein paar "vorgefertigte Gesichter" parat(zum Beispiel um auf der Arbeit noch freundlich zu lächeln, obwohl einem gerade hundeelend ist)? Wieviele Rollen lernt man im Lauf seines Lebens, sei es nun durch Erziehung, Gruppendruck, positive Vorbilder (positiv - nicht gleich passend!) usw.?
Ich vermute, nach dieser umfassenden "Schauspielschule" ist es für viele erstmal wieder ein hartes Stück Arbeit, überhaupt festzustellen, was wirklich zum Kernbereich ihres Wesens gehört, und was nur ein Teil des in Fleisch und Blut übergegangenen Verhaltensrepertoires ist.
Auch hinsichtlich der Kommunikation - wie oft erfassen wir eine Frage wirklich bewußt, und überdenken dann auch genau, wie unsere ehrliche Antwort darauf aussieht - und wie oft wird eher reflexartig eine Standardformulierung abgeschossen? "Mußt Du da noch Nachdenken?" ist in Gesprächen ja eher eine negativ behaftete Bemerkung.
Ich denke, erst wenn man in dieser Hinsicht nah bei sich selbst ist, ist man überhaupt in der Lage, auch halbwegs durchweg wahrhaftig zu kommunizieren (wobei auch vorher ehrlich
gemeinte Antworten drin sind).
Zum anderen ist Sex ja das wichtige unwichtige Thema. Wer sich hier umschaut bekommt deutlich vorgeführt, wie leicht da Differenzen dazu führen können, die ganze Partnerschaft in Frage zu stellen.
Finde ich hier nun an mir eine Neigung, die ich vielleicht auch noch selbst ein wenig schräg finde - wie soll das dann erst der andere finden? Also bleibe ich da eher vage, oder spreche es gar nicht an und hoffe vielleicht ein wenig auf die Gedankenlesefähigkeiten des anderen.
Andersherum - wer sich schonmal mit einer etwas spezielleren Idee an sein Partnerwesen gewandt hat, in bestem Vertrauen über alles reden zu können, und dann erstmal nur komische Blicke kassierte (auch da gab es in diesem Forum schon genug Textstellen) wird da wohl auch beim nächsten Mal vorsichtiger sein.
Bin ich selbst da immer offen und ehrlich gewesen? Ich denke schon. Ob ich vor mir selbst in einer genaueren Prüfung da immer bestehen könnte ob ich wirklich wahrhaftig war, oder doch auch die "Standardreflexe" im Spiel waren - mal weniger und (in zunehmendem Maße hoffe ich) mal mehr.
Darki