Ein sehr spannendes Thema, vor allem zu lesen, wie andere damit umgehen, welche Wege sie wählen.
Ich habe seit Jahren mit meinem Mann keinen Sex. Wir sind seit fast zwanzig Jahren zusammen, lieben uns sehr, er ist der Mann, mit dem ich alt werden werde. Irgendwie wurde es erst Routine, dann langweilig, ich hatte dadurch immer weniger Lust und habe öfter abgelehnt (immer liebevoll), dadurch hat er sich aber immer weniger getraut. Ab und an wollte ich dringend mit ihm schlafen, aber es wurde immer schwieriger, den Anfang zu machen, je länger die Pause dauerte. Darüber zu reden, war ebenfalls schwierig, wir wurden bei dem Thema immer gehemmter. Irgendwie wurden wir beide richtiggehend asexuell.
Ich habe zwischendrin ähnliche Versuche wie du, Limay, gestartet: 'Erzwungenen' Sex, lass es uns einfach tun, die Lust kommt schon - aber wir fühlten uns beide sowas von unwohl, dass wir es gelassen haben. Selbst Selbstbefriedigung war ein Problem (bei beiden), war alles eher lästig und störend.
Vor ein paar Wochen habe ich auf einer Party gut angeschickert einen Mann geküsst. Sowas von heftig. Und gierig. Und geil. Ich bin drei Tage lang wie Falschgeld rumgelaufen. Ich wollte Sex!
Und so haben wir geredet. Und gelesen. Und nachgedacht. Und noch mehr geredet.
Und wir haben gemerkt, dass wir uns für eine geile, versaute, sabbernde Sexualität viel zu Nahe sind. Zu zärtlich verbunden. Und dass wir in unserer Beziehung unsere Geschlechterrolle verloren haben.
Wir haben uns dafür entschieden a) unsere Rollen neu zu definieren, bzw. zurück zu erobern. Und b) ähnlich wie bei euch, Matrixangel, die gemeinsame Sexualität in unserer Beziehung als nebensächlich anzusehen. Ich war eh nie monogam, habe aber, um ihn nicht zu verletzen, nie etwas mit einem anderen angefangen. Er dagegen ist absolut kein eifersüchtiger Mensch, er hatte nur immer Sorge, dass ich ihn verlasse. Nachdem wir diesen Punkt geklärt haben, haben wir unsere Beziehung geöffnet und werden weitere Menschen einladen, uns zu lieben und von uns geliebt zu werden. Und mit denen gedenken wir dann zu vögeln, bis wir nicht mehr laufen können.
Inzwischen habe ich mich in einen anderen Mann verliebt (das Tempo, in dem sich alles verändert, macht mir manchmal echt Angst). Wir haben erste heftigste Knutschereien hinter uns. Ich mastubiere zum ersten Mal in meinem Leben auf eine Weise, die nicht nur lästigen Druck abbaut, sondern mir richtig viel Spaß bringt (irgendwie muss ich die Zeit zwischen den Treffen ja überbrücken und er schreibt mir so verdammt sexy Nachrichten...) und lerne dabei unheimlich viel über mich selbst.
Ich fühle mich wie erwacht. Aus unserer Beziehung wurde ein unheimlicher Druck genommen (wir
müssen unbedingt mal wieder...) und darf einfach nur zärtlich verkuschelt sein. Ich fühle mich selbstbewußter, erotischer und genieße unsere neue Situation einfach. Und mein Mann wird ebenfalls selbstsicherer, er macht erste Versuche, mit anderen Frauen zu flirten, versucht wieder, ein Körpergefühl für sich zu entwickeln und freut sich über seine gut gelaunte Frau.
Wir hätten uns fast getrennt, weil ich unbedingt wieder Sexualität erleben wollte und er durch die Jahre einfach zu gehemmt war. Aber eine Trennung war das Letzte, was wir wollten. Vielleicht schlafen wir irgendwann wieder mal miteinander. Vielleicht nicht. Hauptsache, wir bleiben zusammen und sind glücklich.