Bürotaugliche Pinup - Bilder
Ein kleine unzeitgemäße Betrachtung Was sind – um himmelwillen -“bürotaugliche Bilder“, die immer wieder gefordert werden, wenn sich wolllüstige Gliedmaßen genüsslich der Sonne entgegenstrecken oder andere mehr oder weniger bedeckte Körperteile präsentiert werden?
Die Frage lässt mich seit geraumer Zeit nicht mehr los, zumal ich mir überlege, wie ich mein spartanisch eingerichtetes Büro visuell und ästhetisch aufpeppen oder aufpoppen könnte. Ich möchte da auch irgendwie nicht eine befreundete Innenarchitektin ranlassen, von der ich vermute, dass sie ganz andere Vorstellungen hegt als ich – was das „Ran-lassen“ angeht. Also lasse ich das. Freundschaften sind mir heilig.
Nicht, dass ich auch in diesem Bereich einige Erfahrungen aufzuweisen hätte. Ich erinnere mich, dass ich vor vielen Jahren in einer Redaktion arbeitete, in der es einen latenten Männerüberschuss gab und nur eine Handvoll Kolleginnen. Der offene Büroraum war dementsprechend gestaltet mit Bildern diverser „Pinup - Girls“. Das störte keinen, auch nicht die Kolleginnen, die dies scheinbar gelassen hinnahmen. Männer, auch solche, die lesen und schreiben können, sind eben so.
Dennoch wurde immer dann Alarm ausgelöst, wenn der Chef vom Dienst nervös durch die Räume schlich und als Alt-68ziger mit kampffeministischem Blick vor jenen Posterwänden zu stehen kam, von denen all die Playboy-Schönheiten wohlwollend in den Büroraum strahlten. War nicht Pam Anderson der unerreichbare Traum eines jeden Nachwuchsredakteurs, der nur einmal während eines unerschwinglichen Kurzurlaubs in Malibu von ihr gerettet werden wollte?
Jedenfalls schwante uns Schlimmes. Pamela musste runter und verschwinden. Irgendein katholischer Jungfrauenverein hatte sich samt Lehrerinnen zur Betriebsbesichtigung am Nachmittag angekündigt. Da half auch kein Argumentieren, dass die Mädels sich doch früh an die rauhe Wirklichkeit des Nachrichtengeschäfts gewöhnen müssten. „Wir sind hier doch nicht bei der „Bravo“!“, sprach der Chef und verschwand mit Pamela. Das Poster tauchte übrigens nie mehr wieder auf.
Stattdessen pinnte Harry* eines seiner letzten Urlaubsbilder an die Stelle. Es zeigte ihn mit seinem stattlichen Bierbauch in knapper lila(!) Badehose, wie er in triumphaler Haltung dem Betrachter eine Bierdosen entgegenstreckte. Ein halb offener Mund, zu einem Grinsen verzogen, mit mindestens Fünf-Tagebart, dem Harry sichtbar keine Pflege angedeihen ließ. Warum auch: Robinson Crusoe im Urlaub auf einer Insel, wahrscheinlich mitten unter kannibalisierenden Ureinwohnern, denen er als freundlicher Fremder einen Rülpser als Willkommensgruss entgegen brachte. Vielleicht hatten sie ihm nach dem Fototermin zum Mittagessen eingeladen … Das wäre einer Recherche wert gewesen.
„Wo war das, Harry?“
„Südfrankreich, Cluburlaub … Weiber, Weiber, Weiber“, brummte er vor seinem Bildschirm.
„Okay, … das lassen wir mal so stehen!“ Nun waren wir es, die grinsten.
Die Kollegin besah sich das Bild, schmunzelte, und rief uns zu, bevor auch sie verschwand: „Und wenn die Mädels hier durchgehen, guckt nicht so lüstern, Jungs und vergesst nicht, Harry für die Stunde wegzusperren! Nicht, dass noch ein ganz falscher Eindruck von unserem Laden entsteht.“
Die Internatsmädel besichtigten dann auch die Redaktionsräume und stellten artig Fragen, die wir auch professionell zu beantworten suchten. Harry´s Bild würde geflissentlich übersehen, aber uns fiel dann doch auf, dass die Gruppe einen großen Bogen um unseren Robinson-Pinup-Men machten. Was übrigens Harry nicht sonderlich berührte. Er hatte wohl schon zu Mittag gegessen.
Über bürotaugliche Fotos diskutierten wir nicht mehr. Schade, dass Pamela nie unsere Redaktion besuchte. Sie hätte sich sicherlich über ein Foto von Harry an ihrer Stelle gefreut.
©Dreamy2016
*Name geändert
Alle Rechte verbleiben beim Autor.