sehr komplexes Thema
Da habe ich schon versucht, mich so kurz zu fassen wie möglich.. und dann kommt so 'ne Länge dabei raus.
*******ber:
Beim erneuten Lesen finde ich diesen Thread sehr erfrischend. Dieses selbstverständliche "Hey, ich hab mal Bock, was auszuprobieren, hast du Bock, mitzumachen?" geht bei FemDom/MaleSub tatsächlich auf großer Strecke verloren.
Jetzt, wo Du das so sagst...
Weder meine devote noch meine dominante Ader reizt es sonderlich, wenn der Kontakt bloß oberflächlich ist.
Beim Vanilla gab es aber auch bei mir dieses spontane "Hey, ich hab mal Bock, was auszuprobieren, hast du Bock, mitzumachen?" Selten. Aber es gab es. Und da machte mir das gemeinsame Ausprobieren dann auch Spaß. Nicht soviel Spaß wie mit einem Menschen, den man kennt. Aber Spaß.
Dominant oder devot sind jedoch keine Praktiken, die ich einfach Mal ausprobieren könnte.
Hab's versucht. Aber es ist mir zuwider beim Sex etwas vorzuspielen. Da vergeht mir jede Lust.
Keine Lust? Wozu dann überhaupt Sex haben? Wenn ich phantasieren will, befriedige ich mich selbst.
Was die beiden Geschlechter anbelangt, denke ich, dass Männer im Leben grundsätzlich mehr auf die technische/ praktische Seite fokussiert sind als auf die zwischenmenschliche/ emotionale. Also ich bin immer wieder erstaunt, mit welchem Eifer Männer alle möglichen Sex-Praktiken studieren. Aber eigentlich ist es logisch. Warum sollten Männer beim Sex anders vorgehen als im Leben?
Das einzige Problem dabei ist: Dominanz und Devotion sind eben keine Praktiken sondern was Zwischenmenschliches.
Ich meine... Eine dominante Person giert nicht nach positiver Bestätigung und reagiert enttäuscht, falls diese ausbleibt. Die dominante Person selbst ist nicht von der Bestätigung abhängig. Das ist bloß die Beziehung. Wenn sich Bezüge zum Gegenüber offenbaren, kann man die Bezüge mit dem passenden Machtgefälle auswählen und damit arbeiten. Wenn nicht, wäre es vergebene Liebesmüh. Das kann keine Praktik der Welt wettmachen.
Wenn mir z.B. ein Dom befiehlt, mich hinzuknien, dann kann ich das tun, wenn ich lustig bin. Devot fühle ich mich deswegen noch lange nicht. Etwas anderes ist es, wenn ich mich hinknie, um meinen devoten Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Oder wenn vom Dom der Befehl zum Hinknien kommt, nachdem ich meine Devotion bereits irgendwie zum Ausdruck gebracht habe. Dann ist es eine Handlung mit Bedeutung. Eine symbolische Handlung. Das Sahnehäupchen obendrauf. Aber essentiell ist die Praktik nicht.
Und als dominanter Part macht es mir auch überhaupt keine Freude, wenn die Essenz fehlt. Das empfinde ich dann eher als Arbeit. Und Nein! Ich mach's auch nicht für Geld. Entsprechende Jobangebote hatte ich schon. Aber das ist nicht mein Metier.
Wobei es natürlich den enormen Vorteil einer sehr stabilen Beziehungsebene hätte. (Dienstleister - Kunde) Da kommt es nicht zu so vielen Verwicklungen wie im privaten Bereich.
JayLammon schrieb:
Ich bemerke, dass es im Joy (und auch außerhalb) meist doch professionelle Dominas sind, die Ihren Service anbieten. Und dass es die Frau einfach mal spielt, ohne rechte Freunde daran zu haben, beglückt mich auch nicht gerade. Schon ausprobiert...
Und genau dasselbe Gefühl hatte ich mit einem allzu technisch orientierten "dominanten" Mann. Dass er einfach bloß spielt, ohne rechte Freude - ja ohne einen echten Bezug - zu haben. Er befand sich auf einem Holzpfad... Die Technik zu verbessern... Und hey, seine Technik war super! Daran lag es nicht. Aber Menschen werden nicht durch einen Orgasmus devot. Höchstens süchtig nach Orgasmen. Aber nicht devot.
Am zwischenmenschlichen Kontakt haperte es. Wir hatten einfach keinen Bezug zueinander. Ich habe ja versucht ihn zu erreichen. Doch dies schien ihn bloß zu irritieren und zu verunsichern. Er war derart in die Technik vertieft...
Also beim Sex hatten wir mehr Distanz als zwei Vanilla-Single, die einfach Mal Bock haben, gemeinsam was auszuprobieren.
Eine Weile erwog ich noch Topping from the Bottom. Damit der Gute auch Mal seine Palme abschütteln kann. Doch als er im Brustton der Überzeugung sagte, er sei dominant, er hole sich schon, was er bräuchte, ich solle ihm einfach folgen, nahm ich ihn beim Wort, blieb ein braves Mädchen und genoß die Behandlung.
Resultat nach dreieinhalb Stunden:
Ich kam auf meine Kosten (mehrfach), er gar nicht.
Ich war auch bei Weitem nicht die Erste, mit der es so lief. Und mit meinem Hinweis, dass Dominanz nichts mit den verwendeten Sex-Praktiken oder dem Bescheren von Orgasmen zu tun habe, konnte er überhaupt nichts anfangen.
Aber das war nun wirklich nicht mein Problem.
Ich denke mir, dass Dom viel leichter in diese Falle tappen als FemDom. Schließlich wurden wir Mädchen von klein auf darauf getrimmt, primär die Beziehungen zwischen den Menschen wahrzunehmen und zu berücksichtigen und erst sekundär die technische/ praktische/ die Sachebene. Und beim Spiel mit der Macht ist diese Wahrnehmung nun mal von Vorteil. Damit stößt man schneller auf die Lösung.
Zum anderen... Da eine Frau beim Ausleben ihrer Dominanz eh den gängigen Geschlechtsstereotypen widerspricht, läuft sie gar nicht erst Gefahr, sich damit ihre "Geschlechtsidentität" beweisen zu wollen.
Zum dritten reicht vielen Frauen die subtile Dominanz völlig aus. Das Topping from the Bottom. Darin haben wir uns das ganze Leben geübt, fühlen und sicher und kommen nicht in Konflikte mit der Geschlechtsidentität. Offensichtliche Dominanz ist doch erst beim Einsatz extremerer Praktiken (Hypnose, Bondage, SM...) von Nöten. Oder aber, wenn Frau die ganze Heimlichtuerei leid ist und sie die offensichtliche Dominanz um ihrer selbst willen liebt.
Was die Lockerheit beim Flirt betrifft:
BDSM braucht ein hohes Maß an Kommunikation auf emotionaler Ebene.
Bottom MUSS die Fähigkeit besitzen, offen über seine Emotionen zu sprechen und eigenständig den Bezug zwischen XY und sich selbst herzustellen. Bei Gesprächen über Sex haben selbst viele Frauen damit Probleme. Aber grundsätzlich ist deren Fähigkeit zur emotionalen Kommunikation schon recht ausgeprägt und sie können es in vielen Themenbereichen ganz locker und flockig. Bei Männern allerdings ist selbst dies i.d.R. nicht gegeben. Wenn persönliche Bezüge gefragt sind, kommen viele Männer schnell ins Schleudern. Rationalisieren, machen Witze, lenken ab oder werden völlig sprachlos.
Als dominanter Part mag ich mich jedoch nicht auf einen völligen Blindflug mit einem Menschen einlassen, der sich nicht verständlich ausdrücken kann. Da kann ich es nur "verkehrt" machen.
Verzichte ich auf die emotionale Kommunikation sind Abstürze vorprogrammiert und ich muss zum Großteil auch auf das Auffangen verzichten. Sowas wünscht sich kein Bottom. Und mir macht das auch keinen Spaß. (Dazu fehlt mir wohl die sadistische Ader.)
Wenn ich so einen Mann auf die notwendige Ebene der emotionalen Kommunikation bringe, dann stellt sich ein anderes Problem:
Dann bin ich (neben Mutti) plötzlich die erste Frau, der er sich derart emotional geöffnet hat und er misst dem eine völlig überhöhte Bedeutung bei. Dabei fällt es als devoter Part eh schon schwer, zwischen Liebe und dem Genuß des Machtgefälles zu unterscheiden...
Könnt ihr euch ausmalen, zu was ein Mann im Stande ist, wenn er felsenfest davon überzeugt ist, bei einem kleinen Sexabenteuer zufällig der Frau seines Lebens begegnet zu sein?!
So oder so: An ein lockeres Sexabenteuer ist bei Bottom ohne ausgeprägte Fähigkeit zur emotionalen Kommunikation überhaupt nicht zu denken.
Darüber habe ich mich auch schon ausführlich mit einer Domina unterhalten. Die Geschäftsbeziehung gibt dem Mann enorme Sicherheit. Sie schützt ihn vor einer Vielzahl innerer Konflikte, welche mit dem Grundkonflikt
"Devotion" versus "Ich-Ideal: Geschlechtsidentität"
zusammenhängen. Dadurch, dass sie eine "Dienstleisterin" ist, wird das erlebte Machtgefälle sofort wieder relativiert. In Wirklichkeit hat sie dem Mann "gedient". Und er hat bloß Mal ein paar andere "Sexpraktiken" ausprobiert. Alles in Butter. Dementsprechend muss die Domina gar nicht mehr so oft so tiefgehende Gespräche auf emotionaler Ebene führen wie sie im privaten Rahmen erforderlich sind.
Also wenn ich Bock hätte, ohne große Komplikationen bloß ein paar Dinge auszuprobieren, dann würde ich ins Geschäft einsteigen.
Liebe Grüße!
Galinthias