Was macht einen Dom aus (...)?
Sofern es ein Titel ist, wird er für einen Mann verwendet, dem man damit Glaubwürdigkeit in dieser Rolle attestiert. Es ist abhängig von der Perzeption, mithin vom psychologisch verstandenen Begriff des Image, also der Wahrnehmungswelt der Betrachter, die diesen Titel verleihen. Abgesehen von den gruppenspezifischen und selbstvergewissernden Images, gibt es empirisch belegbare Übereinstimmungen in einem definitorischen Punkt, wer als "Dom" zu bezeichnen sei: Es ist die Präferenz, zur Befriedigung der sexuellen Lust jemand zu dominieren.
Es werden kaum zwei Menschen mit einem Wort wirklich dasselbe meinen, aber es finden sich zuverlässig mehrere, die sich im Rahmen des Möglichen soweit auf einen Bedeutungsbereich verständigen können, dass sie interaktiv werden. Innerhalb der Gruppe gibt es augenscheinlich den Konsens, dass ein Dom danach strebt, jemand sexuell zu dominieren und der Anerkennung in dieser Rolle zumindest eines Sexualpartners sicher war, ist oder chancenreich sein wird.
Davon ausgehend gibt es verschiedene Erweiterungen.
Beansprucht er diesen Titel, folgt aber nicht seiner Neigung, so ist er für die eine Gruppe, in der sich auslebende Doms der vorherrschende Typ sind, ein Möchtegern-Dom. Verstößt er nachhaltig gegen den Codex der Gruppe, so ist er ein Dumm-Dom. Dann gibt es natürlich noch den Spiel-Dom, den Vollzeit-Dom usw. Den idealtypischen Dom entwerfen BDSM-Anhänger in Anlehnung an ihre Images, mit denen sie sich durch die Welt - auch als sexuelles Wesen - bewegen. Physisch ist dies nicht selten für die Petplayerin etwas anderes als für die Frau, die geschnitten werden möchte; psychisch für die Wortliebhaberin etwas anderes als für die Frau, die auf Grunzlaute steht.
(...) wodurch oder wie wird er/sie zum Dom?
Deine Kriterien sind nur phänotypisch und für mich daher in meiner Betrachtung nicht hilfreich. Sofern es kein Titel ist, der verliehen wird: Neigungen existieren (auch) unabhängig vom Gegenüber, sie mögen schlummern oder verenden, doch können sie erst durch einen anderen entstehen oder werden sie nur (wieder)erweckt? Bei mir begann es so früh, dass ich nicht sagen kann, an welchem Tag ich die rote Pille nahm, die mich aus der Matrix riss. Mir sagte nie Morpheus: "Vieles von dem, was Du gleich erfahren wirst, mag erstmal unglaublich klingen, jedoch ist es leider die Wahrheit. Ich habe nicht gesagt, dass es schön wird, ich hab nur gesagt, dass es die Wahrheit ist."
Ich habe das nie gewählt. Indes wusste ich sehr früh, dass es mich erregt, sexuell zu dominieren - und dass es mich sexuell erregt, zu dominieren. Dem bin ich als Kind nachgegangen, habe es sofort auszuleben begonnen und hatte nie Skrupel: Weder dabei, denen sexuell Leid zuzufügen, die es brauchen, noch denen Leid zuzufügen, die es verdient haben. Ich lebe den Sadisten in zwei per Firewall getrennten Bereichen aus: In einer sexuellen Sandbox und in einem beruflichen Umfeld.
Im Arbeitsleben werde ich als dominant wahrgenommen, während ich von ausgesuchter Höflichkeit und charmantem Auftreten bin. Ein gewinnendes Wesen, das seine Befriedigung daraus zieht, dadurch die Kontrolle zu haben. Und ein absolutes Arschloch, das seine Befriedigung darin findet, jemand erledigt zu haben. Der Unterschied zwischen Sex und Job ist, dass ich mich nach dem Sex nie so dreckig fühle.
Nennt man mich Dom oder Top, widerspreche ich nicht. Es löst keine kognitive Dissonanz aus und scheint für mich zu passen.