Schade, dass immer alles original, echt und so wie man es kennt sein muss. Und genau das ist hier ja eigentlich die Frage: ist der Mann (was auch immer
der Mann auch sein mag) überhaupt noch echt? Das Original, so wie man ihn kennt und wie er sein soll?
Da es keine DIN-Norm für den Mann gibt, muss man fast auf eine biologische Definition zurückgreifen. Und da kann man in den meisten Fällen sagen: wer ein Y-Chromosom hat, ist ein Mann. Daran ändert weder die Gleichstellung der Frau was, noch der Fakt, dass auch Männer am Kochherd stehen oder stricken. Natürlich ist es in der Realität komplexer, da es noch das subjektiv empfundene Geschlecht gibt, wodurch auch ein Mensch mit Y-Chromosom eine Frau sein kann und umgekehrt.
Wodurch wir beim Verhalten sind. Gerade der Fakt, dass ein Mensch mit Y-Chromosom sich als Frau fühlen und verhalten kann, legt schon nahe, dass es ein gesellschaftlich verankertes Selbstverständnis von Mann und Frau gibt. Nur ist es ja nicht so, dass man als Gesellschaft hingeht und auflistet, wie sich die beiden Geschlechter zu verhalten haben. Sondern umgekehrt leiten wir aus unseren Beobachtungen heraus ab, wie sich der Durchschnittsmann und die Durchschnittsfrau verhält. Und aus einem seltsamen, unerfindlichen Grund dreht man das dann um und sagt: um ein Mann oder eine Frau zu sein, muss man sich genau so verhalten, wie es die Mehrheit tut.
Das ist schade, weil man dann blind dem Ideal des Kollektivs nacheifert und dabei an Individualität verliert. Für mich ist ein Mensch langweilig, wenn er die perfekte Kopie eines Ideals ist. Weicht er hingegen davon ab, dann zeugt das von Charakter. Das ist spannend und es macht den Menschen sympathisch. Ausserdem ist es ein Zeichen von Intelligenz, bewusst nicht alles mitzumachen, was einem vorgekaut wird. Ich mag Menschen, die manchmal gezielt davon abweichen, was die Masse als richtig empfindet. Und auch mal was vermeintlich Falsches tun.
Gerade in der heutigen Zeit können wir mehr uns selbst sein denn je. Denn wir müssen keine Rollen mehr spielen, um zu überleben. Wir haben viel Zeit, um zu tun, was uns Spass macht und was uns ausmacht. Meine Meinung: der Mann ist mehr Mann denn je. Und die Frau ist mehr Frau denn je.