Eine
offene Beziehung beschreibt ein Beziehungsmodell (also mind. 2 Menschen in Beziehung zueinander).
Allgemein wird damit von der sexuellen Exklusivität Abschied genommen, die emotionale Seite aber oft trotzdem als exklusiv angesehen.
Polyamor beschreibt den Abschied von der emotionalen Exklusivität, vom "The One And Only"-Prinzip.
Das bezieht sich wahlweise auf eine Beziehung oder auf eine einzelne Person.
Unser "Kulturkreis" setzt das TOaO-Prinzip voraus, impft es uns ein..,
Wenn du mich wirklich liebst, dann...
Quasi alle großen Liebesgeschichten in Romanen/Filmen führen uns dieses Prinzip vor Augen.
Kommen aber Gefühle für jemand Anderen auf, dann stellt sich zumeist die Frage: Entweder er/sie oder der/die.
Immer ein (ausschließendes) entweder oder.
Polyamorie erlaubt ein " und oder".
Polyamorie erlaubt es, nicht wählen zu müssen, sondern fühlen zu dürfen und diese Gefühle (im Idealfall) auch ausleben zu können.
Liebe steckt im Wort polyamor gleich mit drin, aber Liebe ist facettenreich...
Manche "Liebe" ist einem wichtiger, manche stärker, manche schwächer.
Gleichberechtigt lieben ist (meiner Meinung nach) eine Illusion.
Unterschiedlich lieben - das kennen eigentlich auch alle monogamen Menschen - Freunde, Familie, Partner.
Unterschiedlich kann man auch mehrere "Partner" lieben.
Hier stößt einfach unsere Sprache an eine Grenze.
Es fehlen die Worte um einigermaßen verständlich zu beschreiben, wie unterschiedlich "Liebe" sein kann.
Was ist denn schon "wahre" oder wirkliche Liebe? Wir hören / denken diese Worte und haben Bilder und Gefühle dazu im Kopf - aber diese für andere verständlich auszusprechen ist schier unmöglich.
Interessant in dieser Hinsicht ist auch immer die eigene Vergangenheit, in welchen "Rollen" man sich schon gefunden hat.
Kann ich mich als polyamor bezeichnen ohne entsprechende Gefühlserfahrung?
Und hab ich den Kernpunkt des Ganzen überhaupt begriffen? Das nicht nur ich "mehr" empfinden kann, sondern auch mein(e) Partner?
Mir persönlich sind Aussagen wie: "Liebe wächst, wenn man sie teilt." schleierhaft...
Was heißt es denn, Liebe zu teilen?
Ich liebe mehrere Menschen (sexuell und nicht sexuell, freundschaftlich, familiär, etc).
Aber was ich dem Einzelnen gegenüber empfinde ist völlig unabhängig von den Anderen.
Ich liebe den einzelnen Menschen nicht mehr oder weniger, kein bisschen anders, nur weil es die Anderen gibt, weil ich sie auch liebe.
Polyamor ist fast schon ein irreführendes Wort...
In einer polyamoren Beziehung kann ich dann leben, wenn ich meinen Partner unabhängig vom TOaO-Prinzip liebe.
Wenn ich lieben und diese Liebe auch leben kann und will, unabhängig davon wen mein Partner liebt.
Wir alle möchten möglichst frei sein - die Kernfrage in Beziehungen ist immer: können wir das auch dem anderen zugestehen?
Ich selbst bin seit langem "offen" - habe aber nicht in offenen Beziehungen gelebt, weil meine Partner andere Ansichten hatten.
Ich weiß nicht, ob ich mehr als einen Menschen auf die gleiche Art, auf diese sexuell-beziehung-partnerschaftliche Art lieben kann... aber ich weiß, dass ich dass bei meinem Partner zulassen kann.
Und ich habe nicht nur einen Mann, sondern auch einen Freund.
Aber unsere Beziehung ist deswegen noch nicht "polyamor" - noch nicht mal wirklich offen.
Es gibt einfach noch zu wenig Begriffe um alle Facetten des Lebens abzudecken