So, jetzt noch einmal in Ruhe.
Jeder bringt bei diesem Thema seine eigenen Wertvorstellungen, Erfahrungen und moralische, wie ethische, oft durch Erziehung geprägte Einstellungen hier mit.
Fremdgehen ist deswegen immer ein brisantes Thema, dann wir haben (fast?) alle irgendwann mal gelernt, dass Fremdgehen böse ist und sich nicht gehört. So kommen dann auch Sätze zustande wie "jeder, der Fremdgeht, hat eine Beziehung nicht verdient".
Theoretisch stimmt das ja auch.
Dann gibt es aber jene, die es schon erlebt haben. Um dann festzustellen, dass es in der Praxis viel komplizierter ist, als es uns die Erziehung damals weis machen wollte. Meist entscheidet man sich nicht fürs Fremdgehen. Es "passiert" vielmehr. Man unterschätzt einen Flirt oder bemerkt nicht einmal, dass es einer ist, um dann, wenn dann zwei knutschend den Abend verbrachten oder sogar im Bett, selbst davon überrumpelt zu sein. "Das wollte ich doch alles gar nicht" ist so ziemlich der erste Satz, den man von so ziemlich jedem, der es hinter sich hat, zu hören bekommt.
Sprich: Die Eigendynamik, und auch die "Erlösung", endlich mal wieder sich begehrenswert zu fühlen, überhaupt mal wieder begehrt zu werden, setzt dann vorübergehend das Denken und die gute Erziehung aus, man gibt sich diesem Augenblick hin, wird
einmal schwach, nachdem man es vielleicht viele Jahre zuvor nicht war.
Um dann daraus "aufzuwachen". Und dann zwei Dinge festzustellen:
1. Mist, ich bin fremdgegangen. Das, was man nicht tun darf, ist passiert. Ich muss ein schlechter Mensch sein.
2. Hilfe, das tat aber so GUT! Das Herz will mehr, will die Affäre noch mal, immer wieder, es atmet auf nach dem ganzen Leidensdruck zuhause, man fühlt sich sexuell ENDLICH angekommen! Aber:
3. Ich gehe dann aber weiter fremd. Hilfe, was mache ich denn jetzt? Mein Herz schreit "weitermachen ist das Richtige, deinem Mann schuldest du gar nichts, er hat mich schließlich die ganzen Jahre nicht befriedigt und damit dieses, mein Bedürfnis ignoriert", mein Kopf schreit "Nein, du gehst fremd, das darfst du auf keinen Fall weiter tun, so etwas tut man einfach nicht!" und man selbst ist ratlos, wer von beiden jetzt eigentlich recht hat.
Genau hier, so vermute ich es, steht die Threaderstellerin hier. Sie weiß schlicht nicht, was tun, was das Richtige ist. Mann verlassen scheint keine Option wegen Kinder und Geld, die Affäre aber aufgeben hieße, weiter zu leiden, also scheint das auch keine Option. Sackgasse par excellence.
Ich versuche jetzt mal so objektiv wie möglich zusammen zu fassen, was für Möglichkeiten es jetzt gibt:
1. Dem eigenen Mann die Pistole auf die Brust zu setzen, eindringlich zu sagen "so geht es nicht weiter" und es klar und direkt zu forcieren, dass das eigene Liebesleben wieder angekurbelt wird. Und ja, ohne zu sagen, dass die Motivation diese Affäre ist. Es genügt zu sagen dass die sexuelle Frustration groß genug ist, dass eine Trennung nicht mehr ausgeschlossen werden kann, weil man einfach nicht mehr kann. Eine Möglichkeit im Zuge dessen wäre auch, die Beziehung zu öffnen.
Hier besteht das Risiko, dass der Mann den Braten trotzdem riecht oder dennoch den Ernst der Lage nicht erkennt oder nicht erkennen will. Also das Risiko eines "Unhappy Ends", an dessen Ende dann doch Option Nummer zwei steht.
2. Wenn dieser Weg bereits gegangen wurde, da alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden: Sich informieren, inwieweit sich eine Trennung nicht vielleicht doch wuppen ließe. Dass der bisherige Lebensstandard nicht gehalten werden kann muss sicher einkalkuliert werden, sollte es aber nicht bitterste Armut bedeuten, erhält man dafür ja auch etwas dafür, etwas Existenzielles: Die eigene Freiheit. Natürlich bleibt da die eigene Entscheidung, wie viel Einschränkung einem diese (sexuelle, aber auch sonstige) Freiheit wert ist.
Hier besteht das Risiko, dass dann, wenn es geschehen ist, man feststellt, dass die eigene Freiheit einem im Nachhinein gesehen doch nicht so viel gibt wie die Sicherheit, die es zuvor miteinander gab. Alternativ auch, dass man den Partner doch mehr liebt als man dachte und es erst nach der Trennung erkennt.
3. Sieht man auch hier keinen Weg, oder möchte man diesen nicht gehen, gibt es noch die Option, die Affäre heimlich weiter zu führen. Dies birgt auch Vorteile, denn möglicherweise belebt diese Affäre auch das eigene Sexualleben mit dem eigenen Mann wieder, sodass die Affäre nur der "Dosenöffner" ist, um die eheliche Sexualität ebenfalls wieder aufzuwecken. Einfach, weil Frau wieder glücklicher, gelöster ist, und es dann auf einmal auch im Bett zuhause wieder klappt.
Oder auch jenen, dass die Affäre tatsächlich dauerhaft weitergeführt werden kann, der Mann es nie herausfindet, und alle glücklich bleiben.
Der Nachteil dieses Vorgehens ist, dass früher oder später, meist früher, gelogen werden muss. Das wiederum führt dazu, dass das Vertrauen des Mannes, wenn er dann doch mal dahinter kommt, aufgebraucht ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit dann nicht nur die Beziehung dann doch im Eimer ist, sondern auch nicht mehr im Guten vonstatten geht. So eine Verletzung, angelogen worden zu sein, über Wochen oder Monate, lässt sich nur selten wieder kitten. Da muss er sie dann schon sehr, sehr lieben.
Oder alternativ ebenfalls nüchtern sagen "finanziell und der Kinder wegen will ich mir auch eine Trennung nicht leisten". Eine Beziehung der Gefühlskälte folgt. Eine neue Affäre vermutlich ebenfalls. Bis er es erneut herausfindet und sich erneut der Frage stellen muss, ob er sie nun nicht doch verlässt.
Das Risiko besteht hier vor allem im Risiko des Auffliegens.
4. Es gibt auch noch Option Nummer vier, dass aus der Affäre "mehr" wird und dann automatisch eine Trennung ansteht, denn ohne Scheidung kann man bekanntlich nicht jemand anderen heiraten
Das birgt allerdings das Risiko, dass das die Affäre gar nicht will und/oder auch jenes, dass sie auf einmal nicht mehr spannend ist, sobald es "ernst" wird und am Schluss beide Männer weg sind: Der Ehemann und die Affäre.
Ohne Risiko ist keine dieser Optionen. Anstrengend sind sie alle. Einen Haken haben sie ebenfalls alle.
Es gibt nicht
den Königsweg.
Es gibt lediglich jenen Weg, der da heißt: "Entscheide dich und lebe mit den Konsequenzen, die sich aus dieser Entscheidung heraus ergeben."