Ideal und Wirklichkeit
Ich sage einfach mal ganz provokativ: Lifestyle kann es nicht immer sein, denn viele Aspekte von BDSM sind für die Öffentlichkeit verstörend und vielleicht auch moralisch fragwürdig. Lifestyle bedeutet für mich zudem, daß Kleidung und Verhalten der betreffenden Szene identisch sind, z.B. bei der Punkerszene oder bei der Rockerszene.
Wenn ich als aktiver Spanker mit schwarzem Hemd und schwarzer Hose auf eine dominante Frau mit Latexkleidung im Essensraum treffe, während gleichzeitig im anderen Raum eine nackte Sklavin von ihrem strengen Herrn ausgepeitscht wird, dann ist das schon ein Kontrast.
Es ist leider so, daß es sehr viele unterschiedliche Untergruppen von BDSMlern gibt. Wenn ich z.B. bei einer sexuellen Vorführung die Sklavin eines Herrn benutze, dann wird das nicht von jedem Teilnehmer gerne gesehen. Es gibt immer noch BDSMler, die Sex und BDSM trennen.
Ich halte mich auch relativ wenig an Konventionen und Duze gelegentlich eine Domse (wenn sie mir bekannt ist) und Sieze eine Sklavin (wenn ich z.B. darum bitte, daß sie mir den Weg freigibt und ich eine Distanz aufbauen will). Natürlich werden jetzt D/Sler sagen, daß ich zu höflich oder zu dreist bin und wahrscheinlich auch kein "richtiger" Dom. Wenn viele unterschiedliche Menschen zusammentreffen, dann muß man sich arrangieren. Im Club ist nach meiner Meinung zunächst jeder ein Gast, auch eine Sklavin muß ordentlich behandelt werden und ein Dom kann sich nicht alles herausnehmen.
Außerdem kann nicht jeder BDSMler permanent so leben, wie er es möchte. Was würden die meisten Menschen davon halten, daß eine devot-masochistische Strafrechtlerin (30 Jahre alt) Sex mit mehreren Männern hat, die ihr Herr auch noch ohne ihre Zustimmung aussucht. Der Herr kontrolliert auch noch ihr gesamtes Leben und hat noch eine weitere Sklavin. Ist das ein Ideal, was man sich für die "moderne Gesellschaft" erhofft? Kann so eine Frau noch wirksam ihre Aufgaben versehen und "stark" sein, wenn sie innerlich scheinbar schwach ist und einem Mann wahrscheinlich auch noch hörig?! Natürlich kann man als liberaler Mensch sagen, daß dies ihr Privatleben ist. Aber was ist dann ihr Lifestyle? Eine starke Person, die komplexe Sachverhalte versteht oder eine schwache Frau, die noch nicht einmal alleine über ihre Sexualität verfügt und einen Mann mit einer anderen Frau teilt, obwohl es so viele andere attraktive Männer gibt und 90% aller Männer sie auf Händen tragen würden und sie dann auch in der Beziehung Macht hätte. Sie ist auf alle Fälle keine karrieregeile Frau, die über Leichengeht und den Männern zeigen will, was eine Frau so alles leisten kann. Das ist kein "Sex and the City", kein Klischee.
Klischees gibt es eher dort, wo Geld im Spiel ist, also eher bei "Dominastudios". Natürlich gibt es auch Dominas, die sich die Kunden aussuchen können, aber es gibt auch jede Menge Damen, die das machen, was der Kunde wünscht. Man ist ja schließlich Dienstleister!
@**lt
Ich teile Deine Ansicht, daß jeder freiwillig da ist, aber ob jeder wirklich den anderen respektiert, das weiß ich nicht. Es stehen in vielen Clubs viele Geräte, aber ob man sich auch mal untereinander bespricht und auch mal Kritik aushält, daß sehe ich nicht so. Es gibt junge BDSMler vs. alte Hase, alte Maledoms vs. jüngere Domsen, Kritik an Switchern, die sich nicht entscheiden können, etc. Es gibt für viele Zielgruppen sehr unterschiedliche Angebote, gerade im Ruhrgebiet!
Mit freundlichen Grüßen
Christoph