Moin, wewillfly,
Ich bin so frisch wie du, allerdings hatte und habe ich mir Zeit gelassen, bis zum ersten Mal. Nicht unbedingt freiwillig, es hatte sich nicht ergeben, aber ich bin froh darum. Es ist einfach zu tiefgreifend, um das mal eben auszuprobieren.
Es ist eines, z. B. mal AV auszuprobieren. Auch das kostet eine große Überwindung (für die meisten), kratzt an der Erziehung, man hat im Kopf, dass das irgendwie 'nicht richtig' ist. Aber wenn es einem gefällt, kann man der Gesellschaft lachend einen Stinkefinger zeigen und von den irren schönen Gefühlen profitieren, die man dabei hat.
Aber, wenn man geschlagen wird, sich benutzen lässt, gedemütigt wird, sich erniedrigen lässt. Freiwillig. Dann fällt es schwer, gelassen lächelnd auf die guten Gefühle hinzuweisen, die da entstehen. Schon sich selbst gegenüber.
Ich habe wochenlange Diskussionen mit meiner inneren Emanze ausgefochten. Mich mit anderen, schon lange submissiv oder dominant lebenden Menschen ausgetauscht. Stundenlang gelesen, gesurft, nachgedacht.
Und fühle trotzdem bei jedem "Schlampe", bei jedem Griff in die Haare, bei jedem Schlag die Widersprüche in mir. Sie werden langsam weniger. Aber die Scham, die Zweifel, die Peinlichkeit überwiegen noch.
Und machen auch irgendwie den Reiz aus. Ich lerne mich von einer Seite kennen, die mir völlig neu ist.
Und da helfen auch die immer wieder aufgeführten "Gespräche mit dem Dom" wenig. Denn da wohnt ne ganz fiese Möpp in mir, die denkt, dass er ja nicht ganz uneigennützig meine Zweifel zerstreuen will. Wenn mir mein Bäcker eine besonders leckere Torte anpreist, die mich ob der gewaltigen Kalorienmenge zurückzucken lässt, streuen sich Zweifel in seine Argumentation, dass da ja auch jede Menge Vitamine eingebacken sind.
Mein Liebster möchte, dass ich mich fallen lassen kann, das genieße, was er mir gibt. Aber genau davor habe ich ja Angst. Sicher, je länger wir zusammen sind, spielen, reden, uns lieben, desto größer wird mein Vertrauen.
Aber in der Zwischenzeit braucht es dringend auch Gespräche mit Außenstehenden. Ich finde es also richtig und gut, dass du im Forum fragst und sehe die Verantwortung, deine Zweifel zu entkräften nicht nur beim dominierenden Part, sondern in erster Linie bei dir.
Das einzige, was mir übel aufstößt, ist deine Formulierung
Gestern kam mir mit einem Schlag ein schlechtes Gefühl.
Das liest sich für mich, als wäre dieses Gefühl direkt in der Situation entstanden und nicht erst im Nachhinein. DAS musst du direkt ansprechen. Gerade am Anfang. Da bist du in der Pflicht, sofort die Notbremse zu ziehen. Dein Partner kann das nicht wissen, er kann das nicht riechen oder erahnen.
Würde dich ein 'normaler' Partner fingern und hat eine scharfe Kante am Fingernagel, würdest du auch sagen "Autsch, was hast du denn da? Das tut weh!". Du lässt dir ja nicht einfach stillschweigend die Scheidenwand aufribbeln, weil.. ja, was? Du ihn nicht stören willst? Es dir unangenehm ist, das nicht auszuhalten? Du denkst, das gehört dazu?
Er wird sich verwundert und möglicherweise verärgert fragen, warum du ihn nicht gleich darauf hingewiesen hast. Er will dir Lust verschaffen. Du lässt ihm in dem Glauben, während er das tut, das alles in Ordnung ist. Wie unangenehm auch für ihn, später mitzubekommen, dass es sich für dich schlecht angefühlt hat.
Und ich weiß, wie schwer das ist, gerade jetzt, wo wir noch nicht wissen, wie wir die Gefühle einsortieren sollen, Einhalt zu gebieten, zuzugeben, dass uns etwas nicht gefällt. Wir wollen ja alles richtig machen. Und wissen doch noch gar nicht, was richtig für uns ist.
Wenn du mit diesem Menschen noch öfter spielen möchtest (und spielen steht für mich jetzt als Platzhalter für jegliche BDSM-Handlungen), musst du das gestrige Empfinden ansprechen. Peinlich, ich weiß. Mach's trotzdem.
Dir alles Gute.