Für mich ist "fremdgehen" einfach ein hübscheres Wort für "betrügen".
Und wer betrügt, lügt. Und wer lügt hat in meinem Leben keinen Platz.
Als jemand, der gerne genau auf Sprache achtet - hier und auch im Alltag - und der weiß, was gesellschaftlich auch mit Sprache angerichtet werden kann, ob in einer Partnerschaft oder in einer öffentlichen Debatte zur Moral und menschlichen Befindlichkeiten in der einer Gesellschaft, möchte ich noch einmal zu bedenken geben:
Ich muss in einer Debatte unterscheiden zwischen dem subjektiven Empfinden und dem, was ein Moralist, Moralapostel und jemanden, der sich selbst zum ethischen Maßstab dieser Welt macht und dieses als objektiv hier darstellt.
Also nochmals - auch in der durchaus relevanten historischen Bewertung von Ehe, Partnerschaftsformen und Praxis menschlichen Verhaltens (und das ist nicht nur theoretisch, sondern geht bis in die Wirklichkeit von Familiengerichten hinein):
1. Jeder kann natürlich seine gefühlte Wahrheit leben und von "Betrügen" sprechen, in Wahrheit trifft es "verletzte Gefühle eines Partners" besser und zutreffender.
2. "Betrügen" ist ein "Besitzstandsverletzung". Ein Täter vergeht sich am Besitzstand des Anderen, egal ob dieser sich in seinen Gefühlen verletzt sieht oder nicht. Dies ist objektiv und wird dann strafrechtlich relevant. Deshalb hat es heute in unserem Eheverständnis nichts verloren, so davon zu reden. Es ist sinnlos.
3. Und hier hat sich historisch sehr wohl etwas geändert: In vergangenen Zeit war "Fremdgehen", Ehebruch etc. nicht eine Tat, die als "Verletzung des Partners" verstanden wurde - das war der Gesellschaft nämlich ziemlich schnuppe! - sondern als ein Einbruch in ein Rechtsverhältnis oder Vertragsbruch. D.h. eine Art "Diebstahl" und ein Vergehen an einem Besitzstand. Und das meist zulasten der Frauen. Von daher sprach man von Betrug. Die verheiratete Frau gehörte als Eigentum ihrem Mann, und wenn sie die Ehe brach (was z.B. nicht für das Fremdgehen des Mannes mit einer Prostituierten galt!), dann verletzte sie (!) den Besitzstand ihres Mannes. Und so sprach man von "Betrug"!
4. Dieses Verständnis von Ehe und Partner haben wir heute überwunden, allerdings spuken in solch Debatten wie hier noch heute in den Köpfen einiger solche Verständnisse noch herum. Und das prägt oder behindert die eigentliche Diskussion, worum es geht: um verletzte Gefühle - und nicht anderes.
5. Ob sich jemand subjektiv "betrogen" fühlt ist eine sehr private Ansicht, ist aber kein Argument zu einer Wertung in einer Debatte und taugt schon gar nicht mehr in einer heutigen ethischen Debatte über Partnerschaftsformen und Verhaltensmustern. Und schon gar nicht, um ein Verhalten anderer Menschen als moralisch verwerflich oder unethisch zu bezeichnen. Denn das verdeckt die wahren Ursachen von Partnerschaften, die scheitern.